Parlamentskorrespondenz Nr. 988 vom 05.10.2020

Dringende Investitionen bestimmten Aussprache im Landesverteidigungsausschuss mit Verteidigungsministerin Tanner

Hubschrauber-Beschaffung, Infrastruktur und Fuhrpark mit größtem Finanzierungsbedarf

Wien (PK) – Im Rahmen der heutigen Aussprache mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner wurde ein breites Themenspektrum im Landesverteidigungsausschuss diskutiert. Einleitend hob die Bundesministerin die wesentlichen Arbeitsschwerpunkte ihres Zuständigkeitsbereichs hervor, darunter die umfangreichen Beschaffungsvorgänge, Verbesserungen bei der Miliz sowie sicherheitspolitische Aufgaben. "Sichergestellt muss sein, dass das Bundesheer ausreichend ausgestattet ist, um den Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft begegnen zu können", so die Bundesministerin. Tanner würdigte die "erstklassige Arbeit und Durchhaltefähigkeit" österreichischer SoldatInnen und Zivilbediensteter. Neben regulären Einsätzen seien derzeit mehr als 2.500 SoldatInnen im In- und Ausland im Einsatz, davon mehrere hundert im Assistenzeinsatz für die Gesundheitsbehörden sowie ca. 800 zur Überwachung der Staatsgrenze in Burgenland, der Steiermark, Kärnten und Tirol.

COVID-19-Einsatz der Miliz als Grundlage für Verbesserungen

Der erstmalige Einsatz der Miliz in der Geschichte der Republik aufgrund der COVID-19-Pandemie habe aufgezeigt, wo Veränderungsbedarf und Notwendigkeiten bestehen. Dieser reiche vom Ankauf von Fahrzeugen und Ausstattung bis zu Fragen der Entlohnung und zu sozialversicherungsrechtlichen Notwendigkeiten. Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) erkundigte sich bei Bundesministerin Tanner nach den Maßnahmen für die Zukunft der Miliz und nach Verbesserungen beim Grundwehrdienst. Diese verwies auf die "gemeinsame Kraftanstrengung im Ressort", die die erste Teilaufbietung der Miliz gefordert habe, insgesamt habe man 1,3 Millionen Einsatzstunden geleistet. Zu einer Attraktivierung des Grundwehrdiensts bekannte sich Tanner ausdrücklich. Es müsse Anschlussfähigkeit bei der militärischen Ausbildung für eine Verwendung im öffentlichen Dienst bei Polizei und Justiz hergestellt werden. Im Sinne der Attraktivierung müssten Grundwehrdienst und Miliz in Zukunft enger verschränkt werden, so die Ministerin. Die persönliche Bereitschaft zur Miliz solle durch ein finanzielles Anreizsystem verbessert werden.

Neue Militärhubschrauber sind größter Beschaffungsvorgang seit den Eurofightern

Die Bundesministerin verwies auf den "größten Beschaffungsvorgang seit 17 Jahren", zu dem es nun eine Entscheidung gebe: Der Ankauf von 18 Hubschraubern des Typs Leonardo AW169M in der Gesamthöhe von 300 Mio. € würde derzeit mit der italienischen Regierung verhandelt. Diese ersetzen nach einem halben Jahrhundert die bisher genutzten Alouette III-Hubschrauber. Auf die Nachfrage des Abgeordneten Manfred Hofinger (ÖVP), warum die Kooperation mit Italien wesentlich und ob ein Einsatz der Hubschrauber auch bei Naturkatastrophen möglich sei, ergänzte Tanner, dass die Entscheidung anhand des Kriterienkatalogs des Generalstabs getroffen worden sei. Die Leistungsfähigkeit der Hubschrauber für die Aufgaben des 21. Jahrhunderts sei entscheidend gewesen, etwa die dreifache Kapazität an Löschwasser. Bei den Kooperationsfragen bezüglich Logistik, Ausbildung und Betrieb habe sich Italien in allen geforderten Punkten qualifiziert. Der Beschaffungsvorgang werde transparent in Form eines Government-to-Government-Vertrags erfolgen. Die Finanzprokuratur sei von Anfang an eingebunden, erklärte Tanner auch hinsichtlich der Bedenken des Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Die formelle Einleitung beginne von 7. Bis 9. Oktober in Italien mit Verhandlungen auf Ebene der Rüstungsdirektoren. Die Hubschrauber würden sowohl in Aigen im Ennstal als auch in Langenlebarn stationiert, temporäre Stützpunkte seien in Vorarlberg, Tirol und Kärnten geplant, so die Ministerin. In Richtung des Abgeordneten David Stögmüller (Grüne) antwortete Tanner zur Frage nach ausreichend PilotInnen, dass bereits die Ankündigung des Beschaffungsvorgangs zu einer Rückkehr von PilotInnen aus der zivilen Luftfahrt gesorgt habe.

Weitere Sonderfinanzierungen trotz hohem Verteidigungsbudget erforderlich

Um neuen sicherheitspolitischen Aufgaben gerecht zu werden, seien auf Grundlage des Regierungsprogramms neue Streitkräfteprofile bis Ende 2020 im Entstehen, über 400 Vorschläge seien von KommandantInnen des Bundesheeres eingebracht worden. Im Laufe des nächsten Jahres könne man die Umsetzung der Vorgaben des Regierungsprogramms einleiten, erläuterte Tanner. Mit besonderem Nachdruck verwies die Ministerin auf das Budget ihres Ressorts, das mit 2,545 Mrd. Euro und einer Steigerung von 9,9% zum Vorjahr das größte bisher sei. Dennoch werde sie sich für weitere Sonderfinanzierungspakete zu den Bereichen Covid-Assistenz, Cybersicherheit und Katastrophenschutz einsetzen. Auf die Frage von Abgeordnetem Axel Kassegger (FPÖ) ergänzte Tanner, dass auch zu den Hubschraubern "Sonderpakete notwendig" seien, letzten Endes habe das der Budgetausschuss zu beantworten. Neben dem bereits genannten kämen noch Finanzierungen bei der ABC-Truppe sowie im Sanitätsbereich hinzu.

Tanner: Investitionsstau bei militärischem Fuhrpark wird abgearbeitet

Geht es nach dem Bericht der Bundesheerkommission für 2018, so ist der Bestand an Fahrzeugen des österreichischen Bundesheers veraltet und ungenügend. Darauf wies Abgeordneter Axel Kassegger (FPÖ) hin. Es würden alleine für die Militärakademie 30 KFZ benötigt, die Ausbildung der Offiziere leide darunter. Dem pflichtete Bundesministerin Tanner grundsätzlich bei: "Ich war überrascht, wie viele Gerätschaften in diesem Ressort so alt sind wie ich. Es ist nicht zu verhehlen, dass wir einen Investitionsstau vor uns haben, den wir Schritt für Schritt aufarbeiten müssen", betonte die Ministern. Großteils sei die Nutzungsdauer der rund 3.500 militärischen Fahrzeuge überschritten. Ein erstes Mobilitätspaket umfasse die sofortige Nachbeschaffung von zahlreichen LKW, Bergeeinrichtungen, schweren Zugmaschinen, Kommandofahrzeugen, Bussen, PKW, Traktoren und Pickups, um die größten Bedarfsspitzen abzudecken. Allerdings sei dies nur ein kleiner Schritt zur Erneuerung des Fuhrparks, räumte Tanner ein. Den Weg des Regierungsprogramms, die Reduzierung bei schweren Waffen voranzutreiben, bestätigte die Ministerin gegenüber Abgeordnetem Kassegger, eine Modernisierung der Panzertruppe erfolge in Abstimmung mit dem Projekt "Unser Heer".

SPÖ besorgt über die Zukunft der Luftraumüberwachung, Verfahren zu Eurofightern noch offen

Sorge über die weitere Entwicklung der Luftraumüberwachung äußerte Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ) in Richtung der Ministerin und verwies auf diesbezügliche Bedenken aus der Schweiz und aus der Tschechischen Republik. Österreich befinde sich als neutrales Land "in einer militärischen Komfortzone", müsse aber seinen Verpflichtungen nachkommen. Laimer stellte in Frage, ob man mit den Eurofightern nach dem Ausscheiden der Saab 105 das Auslangen finde und erkundigte sich, ebenso wie Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS), nach dem aktuellen Stand des Rechtsstreits mit Airbus.

Verteidigungsministerin Tanner hielt dazu fest, dass die aktive Luftraumüberwachung durch die Eurofighter sichergestellt sei und verwies auch auf laufende Schulungsprogramme für die PilotInnen. Für die längerfristige Sicherstellung der Luftraumüberwachung habe sie am 8. Juli den Nationalratspräsidenten um die Einsetzung einer parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema ersucht.

Zu den laufenden Verfahren in der Causa Eurofighter verwies Tanner auf die Zuständigigkeit der Finanzprokuratur und der Justiz, betonte aber die Gesprächsbereitschaft, mit Airbus eine außergerichtliche Einigung zu finden.

Investitionsbedarf bei Kasernen, zahlreiche Baumaßnahmen bis zum Jahr 2022 geplant

Zum Zustand und Erhalt der Kasernenstandorte erkundigten sich die Abgeordneten Tanja Graf (ÖVP) und Robert Laimer (SPÖ), der einforderte, die militärischen Einrichtungen zeitadäquat auszustatten. Bundesministerin Tanner teilte mit, dass im Jahr 2020 absolut notwendige Baumaßnahmen in der Höhe von 120 Mio. € sowie in den kommenden Jahren bis 2022 insgesamt 379,43 Mio. € in die Gebäudeinfrastruktur investiert würden. Dies geschehe im Rahmen eines Kasernensanierungspakets für alle Standorte. Richtung Laimer verwies Ministerin Tanner auf die "chronische Unterdotierung der Budgets in den letzten Jahrzehnten". (Fortsetzung Landesverteidigungsausschuss) cke