Parlamentskorrespondenz Nr. 1205 vom 17.11.2020

Nationalrat gibt grünes Licht für Budgetbegleitgesetz und weitere Gesetzentwürfe

Abänderungsantrag sieht Einrichtung eines neuen Bundesamts für Verbrauchergesundheit vor

Wien (PK) – Zum Auftakt der Beratungen über das Budget 2021 hat der Nationalrat heute grünes Licht für das Budgetbegleitgesetz und weitere mit dem Budget in Zusammenhang stehende Gesetzesvorlagen gegeben. Damit haben die Abgeordneten unter anderem den Weg für zusätzliche Corona-Hilfen, eine Verlängerung und Adaptierung der Kurzarbeit, die Anhebung der Mindestpension auf 1.000 € sowie budgetäre Vorbelastungen für den Bahnausbau geebnet. Auch weitere Sondermittel für die Länder, die Anhebung des Haftungsrahmens für die Österreichische Tourismusbank ÖHT, die finanzielle Absicherung des Vereins für Konsumenteninformation, die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die Beschaffung und Verteilung von COVID-19-Impfstoffen, Zahlungen an internationale Entwicklungshilfe-Organisationen, die Einrichtung eines COVID-19-Lagers für medizinische Güter und viele weitere Punkte gehören zum mit unterschiedlichen Mehrheiten beschlossenen Paket. Für die Parlamentssanierung wurde ein Kostenpuffer von 20 Prozent genehmigt.

Mit dem Bundesrechnungsabschluss 2019 lag dem Nationalrat überdies die Bilanz des Bundes für das vergangene Jahr zur Beschlussfassung vor. Mit einem deutlichen Budgetüberschuss von 1,49 Mrd. € konnte das veranschlagte Plus sogar übertroffen werden.

In Form eines Abänderungsantrags kurzfristig in das Budgetbegleitgesetz eingebaut wurden gesetzliche Grundlagen für die Einrichtung eines neuen Bundesamts für Verbrauchergesundheit und eines Büros für Tabakkoordination. Das Bundesamt wird unter anderem für die Kontrolle von Warenimporten in Bezug auf die Einhaltung lebensmittel- und veterinärrechtlicher Bestimmungen, die Ausstellung von Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen für exportierte Produkte und die Kontrolle des Internet-Handels, das Tabak-Büro für die Überwachung bestehender Tabakerzeugnisse bezüglich ihrer Inhaltsstoffe und die Bewertung neuer Produkte zuständig sein. Zudem erhält die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zusätzliche Aufgaben.

Die einzelnen Gesetzesvorlagen und Maßnahmen wurden von den Abgeordneten unterschiedlich beurteilt. So fanden etwa verschiedene Corona-Hilfen in Zweiter Lesung auch die Zustimmung von SPÖ und FPÖ. Auch für andere Vorhaben gab es breitere Unterstützung. Insgesamt ließen SPÖ, FPÖ und NEOS am Budget 2021 und an der Politik der Regierung aber kein gutes Haar. Die Zahlen würden aufgrund des zweiten Lockdowns nicht halten, zudem seien die geplanten Maßnahmen zu wenig ambitioniert und zu wenig in die Zukunft gerichtet, so der allgemeine Tenor.

Ein Rückverweisungsantrag der SPÖ zum Budgetbegleitgesetz fand jedoch ebenso wenig eine Mehrheit wie Abänderungs- und Entschließungsanträge der Opposition. Unter anderem wollte die SPÖ mit einem Abänderungsantrag erwirken, dass auch Pensionen über 2.333 € im kommenden Jahr um 1,5% erhöht werden. Erst ab der ASVG-Höchstpension hätte demnach ein Deckel von 54 € (statt derzeit 35 €) wirksam werden sollen. Zudem drängten SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und ihre FraktionskollegInnen auf Milliardeninvestitionen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, eine umfassende Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen im Ausmaß von 5 Mrd. €, mehr Hilfen für Gemeinden, eine höhere Dotierung des Gesundheitsbudgets, die Einführung einer Erbschaftssteuer für Millionenerbschaften, eine begleitende Evaluierung der Corona-Hilfen zur Prüfung der Treffsicherheit und Wirksamkeit der gesetzten Maßnahmen sowie eine Erhöhung des Stundenlohns für GerichtsdolmetscherInnen.

Auch die FPÖ pochte erneut auf eine vorübergehende Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe. Zudem unterstrich sie ihre Forderung nach einem Österreich-Gutschein von 1.000 € für alle StaatsbürgerInnen und nach einem vollen Entschädigungsanspruch für alle von Betretungsverboten betroffene Betriebe mit zwei Entschließungsanträgen. Die NEOS wiederum machten sich für eine Beschränkung der überproportionalen Pensionserhöhung von 3,5% auf die Ausgleichszulage und für ein Gesamtkonzept für Wirtschaftshilfen für von der Krise besonders betroffene Unternehmen stark.

Finanzminister Gernot Blümel informierte die Abgeordneten darüber, dass bereits 30.000 Anträge zum Umsatzersatz eingegangen seien. 180 Mio. € seien bereits ausbezahlt worden.

Budgetbegleitgesetz bringt weitere Corona-Hilfen und Mindestpension von 1.000 €

Insgesamt umfasst das in Dritter Lesung mit ÖVP-Grüne-Mehrheit angenommene Budgetbegleitgesetz 33 Gesetzesnovellen und fünf neue Gesetze. So sind etwa zur Abfederung der Folgen der COVID-19-Pandemie zusätzliche Förderungen für Non-Profit-Organisationen in der Höhe von 250 Mio. €, eine weitere Aufstockung des Familienhärtefonds um 50 Mio. € und Einmalzahlungen für Sozialhilfe-Haushalte – je 100 € pro Kind und als Energiekostenzuschuss – vorgesehen. Der Ausgleichstaxfonds erhält sowohl 2021 als auch 2022 eine Sonderdotierung von 40 Mio. €. Den Ländern werden zur Abgeltung coronabedingter Aufwendungen 150 Mio. € überwiesen, zudem wird der Bund bis 2024 weiterhin jährliche Kompensationszahlungen in der Höhe von 300 Mio. € in Zusammenhang mit der Abschaffung des Pflegeregresses leisten.

Auch für psychiatrische Gutachten, die Entwicklung von COVID-19-Tests seitens der Universität Wien, die Aufarbeitung der Sammlung Essl durch die Albertina und die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben durch den Aero Club gibt es zusätzliche Budgetmittel. Anlässlich des 100. Jahrestags der Volksabstimmung in Kärnten macht der Bund 4 Mio. € - je 2 Mio. € für die Abstimmungsgemeinden und für Projektförderungen – locker. Neu sind überdies spezifische Prüfbefugnisse der Finanzämter in Zusammenhang mit Förderungen nach dem Investitionsprämiengesetz und Bestimmungen zur beschleunigten Auszahlungen von Seiten der betrieblichen Vorsorgekassen.

Im Zuge der gestaffelten Pensionserhöhung werden neben der Ausgleichszulage auch Pensionen unter 1.000 € und Opferrenten um 3,5% angehoben. Zwischen einer Pension von 1.000 € und 2.333 € geht der Anpassungsfaktor schrittweise auf die Höhe der Inflationsrate (1,5%) zurück, ab 2.333 € gibt es nur noch einen Pauschalbetrag von 35 €. Das Corona-Kurzarbeitsmodell wird bis März 2021 verlängert, zudem wurden Sonderregelungen für vom Lockdown betroffene Betriebe normiert.

Ergänzend zum Budgetbegleitgesetz hat der Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen die Einrichtung eines COVID-19-Lagers durch das Verteidigungsministerium beschlossen. In diesem Lager soll für die Dauer der COVID-19-Pandemie ein Notvorrat an Schutzausrüstung und medizinischen Materialien bereitgehalten werden, um im Fall von Engpässen oder Bedarfsspitzen ausreichend gerüstet zu sein.

Rendi-Wagner fordert wirksames Konjunktur- und Beschäftigungspaket

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner warf der Regierung im Rahmen der Debatte insbesondere vor, zu wenig gegen die "dramatische Lage" am Arbeitsmarkt zu tun. Im Oktober seien mehr als 420.000 Menschen arbeitslos gewesen, der zweite Lockdown werde die Situation noch verschärfen, warnte sie. Das sei nicht nur für die betroffenen Menschen dramatisch, sondern auch für die Wirtschaft, da Kaufkraft fehle. Die Pleitewelle habe bereits begonnen und werde "mit einer noch viel größeren Wucht" über Österreich hinwegrollen, befürchtet Rendi-Wagner.

Die SPÖ-Klubobfrau sieht es neben einem funktionierenden Management zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie als Hauptaufgabe der Bundesregierung, diese Entwicklung mit allen gebotenen Mitteln zu bekämpfen. "Diese Verantwortung muss endlich übernommen werden", sagte sie und mahnte unter anderem "ein wirksames und mutiges Konjunktur- und Beschäftigungspaket" sowie eine "historische Steuersenkung" für kleine und mittlere Einkommen ein. Ebenso braucht es ihrer Meinung nach mehr Druck auf Industriebetriebe, die Arbeitsplätze ins Ausland verlagern sowie ambitioniertere Programme in den Bereichen Pflege und Klimaschutz. Es sei ihr klar, dass die Wirtschaftshilfen viel Geld kosten würden, sagte Rendi-Wagner, das sei aber kein Grund, um Steuersenkungen zu verschieben. Auch für die geplante Abschaffung der abschlagsfreien Frühpension bei 45 Arbeitsjahren und Kürzungen bei Spitälern hat sie kein Verständnis.

Kickl: Budgetzahlen werden nicht halten

Sowohl Rendi-Wagner als auch FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sind außerdem überzeugt, dass die vorliegenden Budgetzahlen aufgrund des zweiten "harten Lockdowns" nicht halten werden. Der Nationalrat werde in den nächsten Tagen über ein Zahlenwerk diskutieren, das von der Regierung "zusammengeschossen und zertrümmert wurde", kommentierte Kickl die verschärften Ausgangsbeschränkungen und Geschäftsschließungen und plädierte vor diesem Hintergrund dafür, das Budget "zu schreddern". Dabei seien die Infektionszahlen zuletzt wieder im Sinken begriffen gewesen, meinte er.

Erneuert wurde von Kickl auch der Vorwurf, wonach die Regierung "als Totengräber der Zweiten Republik" fungiere. Sie treibe Unternehmen in den Ruin, zerstöre Arbeitsplätze und produziere eine verlorene Bildungsgeneration, kritisierte er scharf. Zudem würden die eigenen BürgerInnen "eingesperrt", "während Terroristen frei herumlaufen". Es brauche eine andere Corona-Strategie und nicht "ein Hanteln von einem Lockdown zum anderen", so Kickl. Seiner Meinung nach hat die Regierung es aber verabsäumt, das Gesundheitssystem auf solide Beine zu stellen. Die Zeche werde die Bevölkerung zahlen, rechnet er unter anderem mit Pensionskürzungen.

Mehrfach unterbrochen wurde die Rede Kickls von Nationalratspräsident Wolfang Sobotka, der für die Begriffe "Demenzpatient" gegenüber Finanzminister Gernot Blümel und "Sudelküche" auch zwei Ordnungsrufe erteilte.

Meinl-Reisinger hält Budget für nicht zukunftsfit

Wenig vom Budgetentwurf und den begleitenden Maßnahmen hält auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, wiewohl sie einen gemäßigteren Ton als Kickl anschlug. Es sei nicht nur notwendig, die aktuelle Krise zu bewältigen, sondern man müsse auch in die Zukunft schauen, mahnte sie. Von Zukunft sei im vorliegenden Budget aber "gar nichts" zu sehen. Vielmehr sei dieses "auf Sand gebaut", kritisierte Meinl-Reisinger und vergab ein "Nicht genügend". Der zweite Lockdown wird die Bevölkerung ihr zufolge "mit voller Wucht treffen", dabei hätte dieser ihrer Ansicht nach vermieden werden können, wenn die Regierung in den vergangenen Monaten weniger Fehler gemacht hätte.

Unter anderem beklagte Meinl-Reisinger, dass bei den ersten Hilfen für Unternehmen enorme bürokratische Hürden aufgebaut worden seien, während man nun plötzlich Großzügigkeit zeige. Dabei werde allerdings nicht unterschieden, welche Personengruppen von der Krise wirklich betroffen seien und welche nicht. Vor allem die Jungen würden zu doppelten Verlierern, prophezeite sie. Man müsse wegkommen "vom absoluten Krisenmodus" und Österreich durch "wirkliche Reformen" zukunftsfit machen, so die NEOS-Chefin. Neuerlich Kritik übte sie auch an den Schulschließungen, die zu Verunsicherung und Chaos geführt hätten.

Wöginger verweist auf Milliardenausgaben für Kurzarbeit

Nicht nachvollziehbar ist die Rundumkritik der Opposition für die Koalitionsparteien. Nicht nur Österreich befinde sich infolge der COVID-19-Pandemie in der größten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg, machte ÖVP-Klubobmann August Wöginger geltend und hob hervor, dass mehr als 50 Mrd. € für Hilfs- und Konjunkturpakete bereitgestellt würden. Diese Summe aufzustellen, sei nur möglich gewesen, "weil wir in den letzten Jahren gut gewirtschaftet haben", sagte er. Damit würden nicht nur Leben gerettet, sondern auch Arbeitsplätze und Unternehmen.

Wöginger bekräftigte, dass der Kampf um jeden Arbeitsplatz Priorität für die Regierung habe. So würden etwa heuer und im kommenden Jahr 8 Mrd. € für Kurzarbeit zur Verfügung gestellt. Damit habe man vielen Menschen ihr Einkommen gesichert und viele Unternehmen vor der Pleite bewahrt. Zudem habe man unter anderem mit der rückwirkenden Senkung des Eingangssteuersatzes, Einmalzahlungen für Arbeitslose und Familien sowie der Anhebung der Mindestpension auf 1.000 € konjunkturstärkende Maßnahmen gesetzt und werde 2021 und 2022 700 Mio. € für Arbeitsstiftungen und Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung stellen. Auch den bis zu 80%-igen Umsatzersatz im November für vom Lockdown betroffene Unternehmen und zusätzliche Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Sicherheit, hob Wöginger hervor.

Maurer: Budget 2021 ist ein "grünes Budget"

Das Jahr 2020 sei ein extrem herausforderndes, betonte auch Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer. Das Budget 2021 sei aber eine adäquate Antwort auf die Corona-Krise. Man müsse aus der Krise herausinvestieren, dem trage das vorliegende "grüne Budget" Rechnung. So werde etwa so viel Geld wie nie zuvor für Klimaschutz und eine "grüne Wende" im Verkehrs- und Energiebereich zur Verfügung stehen, bekräftigte Maurer. Zudem verwies sie u.a. auf die Corona-Arbeitsstiftung, eine geplante Nachwuchsoffensive für den Pflegebereich, die Aufstockung des Gesundheitsbudgets, den Digitalisierungsschwerpunkt im Bildungsbudget und die Zusatzmittel für die Justiz.

Bestätigt wurden von Maurer Pläne, noch diese Woche eine zweite Einmalzahlung für Arbeitslose sowie eine Abschaffung der sogenannten "Hacklerregelung Neu" zu beschließen. Von der abschlagsfreien Frühpension bei 45 Arbeitsjahren hätten bislang 7.000 Männer und eine einzige Frau profitiert, verteidigte sie das Vorhaben, die Hacklerregelung durch einen "Frühstarterbonus" zu ersetzen. Demnach sollen Beschäftigte, die bereits in jungen Jahren zu arbeiten begonnen haben, einen Zuschlag zu ihrer Pension erhalten, wobei Details noch offen sind. Scharfe Kritik übte Maurer an der Diktion von FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, dessen Wortmeldung sei unter jeder Niveaugrenze gewesen.

Opposition kritisiert unrealistische Budgetzahlen, fehlende Vorbereitung und falsche Schwerpunktsetzung

Im Zuge der weiteren Debatte bekräftigte SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer die Forderung seiner Fraktion nach einer Verschiebung des Budgetbeschlusses, weil im Haushaltsentwurf die Kosten des Lockdowns nicht abgebildet seien. Was die Schwerpunktsetzung angeht, so gebe das Budget in vielen Bereichen die falschen Antworten, urteilte Krainer. Als Beispiele führte er fehlende Mittel für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, für Spitäler und für die Gemeinden an, die laut Budgetdienst Einnahmen in der Höhe von 2,5 Mrd. € verlieren. Dazu brachte er einen umfassenden Entschließungsantrag ein, der unter anderem auch Forderungen nach einer Sondersteuer für Online-Konzerne, einer Millionärsabgabe und einer Erbschaftssteuer für Millionenerbschaften enthält. Sein Fraktionskollege Josef Muchitsch wiederum trat für eine "faire Pensionsanpassung" ein. Völlig unzureichend ausgestattet sei das Bildungsbudget, lautete die Einschätzung von SPÖ-Mandatarin Sonja Hammerschmid, die das neuerliche Schließen der Schulen äußerst kritisch beurteilte. Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ)  bemängelte, dass das Budget nicht "armutsfest und sozialfest" sei.

Harte Kritik an der Umsatzentschädigung für Glücksspielanbieter übte Christoph Matznetter (SPÖ), der die Regierung als "Pleiten-, Pech- und Pannendienst" titulierte. Andreas Kollross (SPÖ) plädierte dafür, eine Milliarde Euro des Kommunalen Investitionspakets sofort an die Gemeinden auszuzahlen. Auch Karin Greiner (SPÖ) schloss sich der Forderung nach mehr Unterstützung für die Gemeinden an. Selma Yildirim (SPÖ) forderte die aus ihrer Sicht längst überfällige Anpassung der Tarife für zertifizierte GerichtsdolmetscherInnen um "mindestens die Inflationsabdeckung seit 2007".

Der Ausspruch von Benjamin Franklin "Wer versagt, sich vorzubereiten, bereitet sein Versagen vor" beschreibe die aktuelle Situation der Bundesregierung trefflich, meinte FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs. Statt die notwendigen Hausaufgaben zu erledigen, hätten die politisch Verantwortlichen einen maximalen Schaden für die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und das Gesundheitswesen verursacht. Der aktuelle harte Lockdown hätte seiner Meinung nach verhindert werden können und auch müssen. Da dessen Kosten nicht im Voranschlag berücksichtigt wurden, sei das Budget schon vor der Beschlussfassung Makulatur. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) übte zudem massive Kritik an der Informationspolitik der Regierung, da offenbar befreundete Unternehmen schon Wochen vor den geplanten Schließungen der Betriebe darüber Bescheid wussten. Während die großen Konzerne die Gewinner der Krise sein werden, wolle die Regierung bei jenen einsparen, die 45 Jahre gearbeitet haben, zeigte sich Erwin Angerer (FPÖ) angesichts der geplanten Abschaffung der sogenannten Hacklerregelung empört.

Eine "Corona-Generation" ortet FPÖ-Abgeordneter Hermann Brückl aufgrund des Lockdowns. Für die Folgeschäden seien monetäre Mittel erforderlich, um Rückstände aufzuholen und Förderangebote zu schaffen. Sein Fraktionskollege Gerald Hauser hingegen setzte sich für eine bessere Berücksichtigung von Privatzimmervermietern und kleinen Gewerbebetrieben im Corona-Härtefonds ein.

Die Regierung hüpfe von einem Chaos in das nächste, beklagte NEOS-Vertreterin Karin Doppelbauer, die mutige, effiziente und treffsichere Maßnahmen vermisst. Blümel lege zum zweiten Mal ein Budget vor, von dem man ganz genau wisse, dass es nicht halten werde. Überdies enthalte es weder zukunftsweisende Investitionen in Bildung und Digitalisierung noch dringend notwendige Reformen wie eine Entlastung des Faktors Arbeit und eine Ökologisierung des Steuersystems. Als fatal im Sinne der jungen Generation beurteilte Doppelbauer die Pensionsanpassung "mit der Gießkanne". Außerdem würden es die Grünen zulassen, dass weiterhin 4,6 Mrd. € für "Umweltzerstörung und -schädigung" ausgegeben werden, führte Michael Bernhard (NEOS) ins Treffen. Es fehle einfach die Komponente Zukunft im Budget, schloss sich Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS) seinen FraktionskollegInnen an.

ÖVP und Grüne heben umfassende Hilfen hervor

Das vorliegende Budget 2021 wurde auf Basis der WIFO-Prognose erstellt und in der Zwischenzeit auch aktualisiert, hielt Abgeordneter Jakob Schwarz (Grüne) den KritikerInnen entgegen. Die Regierung habe ein Bündel an Hilfsmaßnahmen geschnürt und zudem mit der Klimamilliarde einen ganz wichtigen Meilenstein für die Zukunft gesetzt. Heike Grebien (Grüne) zeigte sich erfreut über die zusätzlichen 40 Mio. € für Menschen mit Behinderung, während Eva Blimlinger (Grüne) die Unterstützungsmaßnahmen für die Künstler und Künstlerinnen hervorhob.

Andreas Ottenschläger (ÖVP) appellierte an die OppositionsrednerInnen, sich an den Fakten zu orientieren und nicht Unsicherheit zu verbreiten. Die Unternehmen werden aufgrund des zweiten Lockdowns einen raschen und unbürokratischen Ersatz ihrer Umsätze erhalten, versicherten sowohl er als auch seine ParteikollegInnen Karlheinz Kopf, Peter Haubner und Angela Baumgartner. ÖVP-Wirtschaftssprecher Haubner ging insbesondere auf den Lehrlingsbonus und die Investitionsprämie ein, die zur Sicherung und Schaffung von neuen Arbeitsplätzen beitragen würden.

AGES erhält zusätzliche Aufgaben

Den im Zuge der Plenarberatungen eingebrachten umfangreichen Abänderungsantrag zum Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz (Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes) begründen die Koalitionsparteien unter anderem damit, dass es in Krisensituationen wie der aktuellen Pandemie für das übergeordnete Krisenmanagement ausreichender personeller und administrativer Unterstützung bedarf. In diesem Sinn ist etwa geplant, die AGES besser auszustatten, sie künftig in die Erstellung von Notfallplänen einzubeziehen und einen neuen wissenschaftlichen Beirat für öffentliche Gesundheit (Public Health) einzurichten. Auch wird der Agentur mehr Flexibilität bei der Verwendung budgetärer Mittel eingeräumt sowie anderen Bundes- und Landesbehörden ermöglicht, deren Ressourcen und Fachexpertisen – gegen zumindest marktübliches Entgelt – zu nutzen.

Darüber hinaus ist im Sinne der EU-Strategie "Vom Hof auf den Tisch" der Aufbau eines Kompetenzzentrums für Integrität in der Lebensmittelkette – Stichworte Echtheit, Herkunftskennzeichnung, Täuschungsschutz etc. – innerhalb der AGES in Aussicht genommen. Ebenso soll die bestehende Expertise der Agentur in Bezug auf das Essverhalten der Bevölkerung und Ernährungsrisiken ausgeweitet sowie die AGES mit der Qualitätsprüfung von medizinischem Cannabis (Saatgut, Sorten, Pflanzenteile) betraut werden.

Blümel: Bereits 30.000 Anträge zum Umsatzersatz; 180 Mio. € schon ausbezahlt

Man befinde sich noch immer mitten in einer globalen Wirtschafts- und Gesundheitskrise, die besondere Maßnahmen erforderlich mache, stellte Finanzminister Gernot Blümel fest. Er habe vollstes Verständnis für die Sorgen der Wirtschaft, für die ein Lockdown angesichts des anlaufenden Weihnachtsgeschäfts besonders schmerzlich sei. Es sei aber binnen kürzester Zeit das Instrument des Umsatzersatzes aufgesetzt worden, durch das - nach Branchen differenziert - rasch und unbürokratisch geholfen werden könne. Bereits zwei Wochen nach der Ankündigung seien 30.000 Anträge mit einem Gesamtvolumen von über 900 Mio. € eingereicht worden, informierte der Ressortchef, davon wurden schon 180 Mio. € ausbezahlt. Diese Hilfen betreffen noch das Budget 2020; dafür wurde auch entsprechend vorgesorgt. Was den Voranschlag für 2021 betrifft, so habe man durch einen entsprechenden Abänderungsantrag auf die aktuellen Wirtschaftsprognosen reagiert, bekräftigte Blümel.

Nationalrat genehmigt budgetäre Vorsorge für den Bahnausbau

Für den Bahnausbau werden in den kommenden Jahren bis zu 48,69 Mrd. € zur Verfügung stehen, wobei sich der Betrag auf geplante Investitionen für Bauprojekte samt langfristiger Zinsen (39,88 Mrd. €) und auf Zuschüsse zum Betrieb und zur Instandhaltung (8,81 Mio. €) verteilt. Verkehrsministerin Leonore Gewessler erhielt mit einem von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS gebilligten Bundesgesetz die Ermächtigung, das Budget entsprechend vorzubelasten. In diesem Zusammenhang stand im Plenum auch der aktuelle ÖBB-Rahmenplan 2021-2026 zur Diskussion: Er informiert über aktuelle Bauprojekte wie den Ausbau der Südbahn und den Brennerbasistunnel und wurde ebenfalls mit breiter Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Abgeordneter Hermann Weratschnig (Grüne) hob in der Debatte hervor, dass in den Jahren 2021 bis 2026 über 17,5 Mrd. € für den Bahnverkehr bereitgestellt werden. Diese Aufstockung um 3,6 Mrd. € gegenüber dem ursprünglichen Ansatz im Rahmenplan sei eine absolute Erfolgsgeschichte. Damit können nicht nur intelligente Mobilitätskonzepte realisiert, die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene vorangetrieben und Regionalbahnen gestärkt, sondern auch Barrierefreiheit umgesetzt werden.

Erfreut über die Investitionen in die Schieneninfrastruktur äußerten sich auch die Abgeordneten Johann Singer und Lukas Brandweiner (beide ÖVP). Dadurch werde der Schienenverkehr attraktiver und die Konjunktur gestärkt. Zudem würden 15.000 Arbeitsplätze gesichert. NEOS-Abgeordneter Johannes Margreiter betonte, dass sich der ÖBB-Rahmenplan durchaus sehen lassen könne. Er entspreche den Anforderungen, Güter auf die Schiene zu bringen und die Bahn als Träger des öffentlichen Personennahverkehrs attraktiver zu machen. Widerstände von Seiten der ÖVP-regierten Länder seien aber bei der Entwicklung des 1-2-3-Tickets zu erwarten, befürchtet er.

FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker warf der Verkehrsministerin hingegen "Chaos im Bereich der Bahn" vor und ortet einen "Etikettenschwindel". Außerdem betreibe die Ministerin "Autofahrerbashing", so Hafenecker.

Verkehrsministerin Leonore Gewessler sprach von einem "Zukunftsbudget", das mehr Geld als je zuvor für den Klimaschutz bereitstelle. Zugleich sei es "ein Sprungbrett für ein Mehr an Investition, auch für alle steuerrechtlichen Maßnahmen, die noch folgen", versicherte sie. Die Regierung habe sich das Erreichen der Klimaneutralität bis 2040 vorgenommen, ein Schritt in diese Richtung stehe nun zur Debatte.

Die Investitionen von 17,5 Mrd. € in den Bahnausbau in den kommenden sechs Jahren brächten – auch bei Fortschreibung einiger großer Projekte – jenen Konjunkturimpuls, den es jetzt brauche. Dieser gliedere sich in drei Bereiche: "günstige Tickets, ein gutes Angebot und moderne Infrastruktur", führte Gewessler aus. Modernisiert werde, wo die Wirkung am größten sei und ein notwendiger Ausbau am dringendsten, etwa im Nah- und Regionalverkehr. Dabei investiere Österreich doppelt so viel pro Einwohner in die Schiene wie Deutschland. 80% dieser Investitionen würden überdies an österreichische Klein- und Mittelbetriebe gehen. "Mit diesem größten Bahnpaket, das Österreich je gesehen hat, bauen wir Österreich im wörtlichen Sinn um", unterstrich die Ministerin die Bedeutung des ÖBB-Rahmenplans und bezeichnete diesen als "Upgrade für Österreich".

ÖHT-Haftungsrahmen steigt auf 625 Mio. €

Wesentlichster Punkt einer Novelle zum KMU-Förderungsgesetz ist die Erhöhung des Haftungsrahmens für die Österreichische Hotel- und Tourismusbank von 375 Mio. € auf 625 Mio. €. Die entsprechende Initiative der Koalitionsparteien stieß auch bei der Opposition auf Unterstützung. Begründet wird der Schritt damit, dass der bestehende Haftungsrahmen mit Ende September 2020 bereits mit rund 336 Mio. € ausgeschöpft war.

Die Regierung wende insgesamt 13% des BIP für die Bewältigung der Krisenfolgen auf, betonte Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP). Damit sei Österreich Spitzenreiter. Für die Tourismusbranche, die es am stärksten getroffen habe, werde nun durch die Aufstockung des Haftungsrahmens bei der ÖHT ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt. Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) unterstrich, dass sich die Änderungen beim Haftungsrahmen auch positiv auf Betriebe wie Bäckereien, Tischlereien und andere auswirken würden.

Bundesministerin Elisabeth Köstinger räumte ein, dass der Tourismus, die Gastronomie, die Freizeitwirtschaft und die Veranstaltungsbranche besonders hart von der Corona-Krise betroffen seien. Genau deshalb nehme die Regierung in diesen Bereichen viel Geld in Hand und stelle unter anderem einen bis zu 80%igen Umsatzersatz zur Verfügung. Dabei wurde auch an die vielen Zulieferbetriebe gedacht, die unter den indirekten Auswirkungen der Schließungen leiden.

75 Mio. € für Projekte der Mikroelektronik, Kostenpuffer für die Parlamentssanierung

Ebenfalls einstimmig vom Nationalrat verabschiedet wurden die Anhebung des Kostendeckels für die Sanierung des Parlamentsgebäudes sowie budgetäre Sondermittel für die Entwicklung innovativer technologischer Komponenten in der Autoindustrie, insbesondere in den Bereichen "energieeffiziente Chips" und "Leistungshalbleiter". Für entsprechende Projekte der Mikroelektronik sollen im Zeitraum von 2020 bis 2023 insgesamt 75 Mio. € zur Verfügung stehen. Ziel der Förderung gemäß den Kriterien der "Important Projects of Common European Interest" ist es, durch Investitionsanreize die Innovationskraft Österreichs auf dem Gebiet der Halbleiterproduktion zu sichern und zu verbessern.

Hintergrund für die Novelle zum Parlamentsgebäudesanierungsgesetz sind unter anderem Bauverzögerungen infolge der COVID-19-Pandemie. Demnach soll die Kostenobergrenze von derzeit 352,2 Mio. € infolge unabwendbarer bzw. unvorhergesehener Ereignisse oder zusätzlicher Erfordernisse um bis zu 20% überschritten werden dürfen. Das soll auch für die mit 51,4 Mio. € veranschlagten Kosten für das Ausweichquartier gelten, wobei die fünf Parteien hier nicht von Kostenüberschreitungen ausgehen.

Österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen

Ohne die Stimmen der FPÖ wurde das sogenannte IFI-Beitragsgesetz 2020 über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen angenommen. Die Regierungsvorlage sieht Zahlungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit an verschiedene Organisationen vor, wofür in den Jahren 2020 bis 2032 Budgetmittel in der Höhe von insgesamt 615,8 Mio. € vorgesehen sind. Davon werden 2020 bis 2024 rund 278 Mio. € zahlungswirksam.

Bund bilanzierte 2019 positiv

Schließlich genehmigte der Nationarat mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen den vom Rechnungshof erstellten Bundesrechnungsabschluss 2019, der vor dem Hintergrund einer damals guten, aber abflauenden Konjunktur ein weitgehend positives Bild von der Entwicklung des Bundeshaushalts vor der Corona-Pandemie zeichnet. Demnach konnte im vergangenen Jahr mit einem Plus von 1,49 Mrd. € nicht nur ein deutlicher Budgetüberschuss erzielt werden, auch der Budgetvoranschlag wurde übertroffen. Gesamtstaatlich – also inklusive Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen – betrug der öffentliche Überschuss 2019 0,7% des BIP, der öffentliche Schuldenstand fiel von 74% auf 70,4% des BIP. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs real um 1,6%.

"In der Krise muss der Staat für Stabilität sorgen, er muss liefern in Bezug auf Gesundheit, Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Soziales, den Bildungsbereich und den Tourismus", erklärte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker in Zusammenhang mit dem Bundesrechnungsabschluss. Das habe am ersten Tag des zweiten Lockdowns absolute Priorität und das sehe auch der Rechnungshof so. 2019 sei ein konjunkturell gutes Jahr gewesen und habe hohe Steuereinnahmen gebracht.

Kraker machte auch auf Evaluierungsergebnisse zur Haushaltsrechtsreform aufmerksam und kündigte Vorschläge zur Reform des Rücklagensystems an, um die Budgetierung nachvollziehbar und transparent zu machen. Zudem legte sie dar, dass der Rechnungshof im Rechnungsabschluss 2020 mit der Darstellung der Finanzierungsströme über den Krisenbewältigungsfonds zu den einzelnen Untergliederungen einen Beitrag zur Transparenz leisten werde. "Damit können die Mittelflüsse nachvollzogen werden", so Kraker. (Schluss) gs/sue/cke

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.