Parlamentskorrespondenz Nr. 1478 vom 16.12.2021

Nationalrat gibt grünes Licht für Steueranpassungen

Überbrückungsgarantien werden verlängert

Wien (PK) – Der Nationalrat hat heute zahlreiche steuerliche Anpassungen, etwa bei Essensgutscheinen im Home Office, der Steuerfreistellung von coronabedingten Bonuszahlungen und Zulagen sowie einer Arbeitsplatzpauschale, beschlossen. Zudem werden die von der Austria Wirtschaftsservice (AWS) und der Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) erteilten Überbrückungsgarantien verlängert.

Aufgrund von EU-Anpassungen wird die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) für die Zulassung und Beaufsichtigung von Schwarmfinanzierungsdienstleistern betraut. Weiters wird gemäß einer EU-Ratsempfehlung ein Produktivitätsrat beim Fiskalrat in der Nationalbank eingerichtet. Durch die Anpassungen im Bundesfinanzierungsgesetz werden Umschuldungsklauseln mit einstufigem Mehrheitserfordernis für vom Bund begebene Anleihen eingeführt.

Mehrheitlich abgelehnt wurden zwei Anträge der NEOS, die sich für eine Erweiterung der Spendenbegünstigung auf Bildungsmaßnahmen sowie für eine Evaluierung des Gemeinnützigkeitsgesetzes und Anhebung der Spendenbegünstigungsgrenzen für Stiftungen aussprechen. Ein damit in Zusammenhang stehender Antrag der Regierungsparteien zur Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts wurde hingegen mehrheitlich angenommen.

Coronabedingte steuerliche Anpassungen

Der Nationalrat gab mehrheitlich grünes Licht für einen Initiativantrag von ÖVP und Grünen, der zahlreiche Steueranpassungen, von der Absetzbarkeit von Essengutscheinen bis hin zur Steuerbefreiung für außerordentliche Zuwendungen an PflegerInnen, beinhaltet. Weiters sind mit Änderungen für die Arbeitsplatzpauschale Steuererleichterungen für das Home Office geplant. Ein Abänderungsantrag nimmt zudem Bedacht auf die Krisenbewältigungsmaßnahmen in der Vorweihnachtszeit. So werden Weihnachtsgutscheine bis 365 € auch dieses Jahr steuerfrei gestellt, sofern 2021 der steuerfreie Vorteil aus der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen nicht bereits genutzt wurde. Zudem wird die Pendlerpauschale auch während des Lockdowns zugestanden und Schutzmasken bleiben von der Umsatzsteuer befreit.

Ein in der Debatte eingebrachter Abänderungsantrag der Regierungsparteien wurde ebenfalls mehrheitlich angenommen. Darin wird festgehalten, dass coronabedingte Bonuszahlungen und Zulagen - wie schon im Kalenderjahr 2020 - bis zu einem Betrag von 3.000 € steuerfrei gestellt werden. Ein SPÖ-Abänderungsantrag, der die Beibehaltung des begünstigten Steuersatzes von 5% bis Ende 2022 zum Ziel hat, fand hingegen keine Mehrheit. Dasselbe gilt für einen Abänderungs- und Zusatzantrag der Freiheitlichen, in dem pandemiebedingte Bonuszahlungen neben 2021 auch für das Jahr 2022 steuerfrei gestellt werden sollen.

Das Steuerrecht passe sich den Veränderungen der Arbeitswelt an, zeigte sich Hubert Fuchs (FPÖ) erfreut. Darunter falle die Steuerbefreiung von Essensgutscheinen im Home Office oder die einfach administrierbare Arbeitsplatzpauschale für Selbstständige. Fuchs forderte weitere Entbürokratisierungs- und Steuervereinfachungsmaßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts.

Christoph Matznetter (SPÖ) beklagte, dass die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie Ende 2021 auslaufe, obwohl die Pandemie noch nicht vorbei sei. Dies sei auch seitens der Wirtschaftskammer gefordert worden. Er verstehe nicht, warum sich die "Wirtschaftspartei ÖVP" dagegen ausspreche.

Es handle sich um die Fortschreibung und Erweiterung von krisenbedingt notwendigen gesetzlichen Maßnahmen, so Karlheinz Kopf (ÖVP). Was die Umsatzsteuersenkung für die Gastronomie betrifft, sagte Kopf, dass es innerhalb der Koalition nicht gelungen sei, diese Regelung noch einmal zu verlängern. Man wolle aber den Ausfallbonus und den Verlustersatz adaptieren. Tanja Graf (ÖVP) hob die Steuerstundungen, die Arbeitsplatzpauschale für Selbstständige sowie die Weihnachtsgutscheinregelung als zentral hervor. Dem schloss sich Jakob Schwarz (Grüne) an.

Finanzminister Magnus Brunner zog Zwischenbilanz. Obwohl die Pandemie nicht vorbei sei, habe man sie bisher gut gemeistert. Dazu verlängere man die bewährten Instrumente und passe sie an neue Erfordernisse an. Oberstes Ziel sei es, Menschenleben zu retten, danach folge die Sicherung der Arbeitsplätze.

Überbrückungsgarantien werden verlängert

Ein weiterer mehrheitlich angenommener Initiativantrag der Regierungsparteien sieht Verweisänderungen im KMU-Förderungsgesetz, im Garantiegesetz 1977, im ABBAG-Gesetz und in der Bundesabgabenordnung vor. Mittels Abänderungsantrag werden zudem die von der AWS und der ÖHT erteilten Garantien verlängert. Dadurch besteht ein erhöhter finanzieller Bedarf der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG) für Maßnahmen in Form von Direktzuschüssen und Garantien. Weiters wird im ABBAG-Gesetz auch das Ergreifen finanzieller Maßnahmen zur Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung ermöglicht. Der in der Debatte von ÖVP und Grünen eingebrachte und ebenfalls mehrheitlich angenommene Abänderungsantrag sieht zudem die Verlängerung der zinsfreien Stundung der von auf die AWS und ÖHT übergegangene Regressforderungen von bisher 31. Dezember 2021 auf den 30. Juni 2022 vor.

Die Mittelauszahlung der COFAG sei nach wie vor intransparent, kritisierte Karin Doppelbauer (NEOS). Zudem werde nach zwei Jahren Pandemie das Geld für die Wirtschaftshilfen nach wie vor "mit der Gießkanne" ausgegeben. Das sah Reinhold Einwallner (SPÖ) ähnlich. Die COFAG sei ein "Bürokratiemonster" und eine "Blackbox" in der Höhe von 19 Mrd. €.

Österreich habe schneller und besser geholfen als viele andere EU-Länder, hielt Gabriel Obernosterer (ÖVP) dagegen. Davon habe er sich in vielen Gesprächen mit ausländischen KollegInnen überzeugen können.

EU-Anpassungen im Finanzmarktbereich

Durch EU-Anpassungen im Finanzrecht wird die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) als zuständige Behörde für die Zulassung und Beaufsichtigung von Schwarmfinanzierungsdienstleistern mit den erforderlichen Aufsichts- und Sanktionsbefugnissen betraut. In der mehrheitlich angenommen Regierungsvorlage sind unter anderem Bestimmungen über die Erhebung von Rechtsmitteln, die Veröffentlichung von Entscheidungen sowie die Meldung von Sanktionen und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen an die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) enthalten.

Ein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen für Crowdfunding sei zwar zu begrüßen, jedoch würden konsumentenschutzrechtliche sowie Anlegerschutzbestimmungen fehlen, kritisierte Kai Jan Krainer (SPÖ). Karin Doppelbauer (NEOS) sprach von einer späten Umsetzung, die jedoch für die heimische Start-up-Szene wichtig sei. Was fehle ist jedoch ein Wagniskapitalfondsgesetz, obwohl Österreich verpflichtet sei, ein solches bis 2022 vorzulegen. Auch Andreas Hanger (ÖVP) freute sich über den "kleinen aber wichtigen Schritt". Das Ziel sei mehr Risikokapital auf den Märkten. Elisabeth Götze (Grüne) begrüßte ebenfalls die Harmonisierung, da Projekte oftmals nicht von Banken finanziert würden. Finanzminister Magnus Brunner betonte, dass die Regelung auch Bestimmungen zum Anleger- und Konsumentenschutz beinhalte. Was das Wagniskapitalfondsgesetz betrifft, rechnet Brunner mit einer Umsetzung im ersten Quartal 2022.

Produktivitätsrat: Neue Institution beim Fiskalrat in der Nationalbank

Ebenfalls mehrheitlich angenommen wurde die Regierungsvorlage zum Fiskalrat- und Produktivitätsratsgesetz 2021. Gemäß einer EU-Ratsempfehlung wird ein Produktivitätsrat beim Fiskalrat in der Nationalbank eingerichtet.

Andreas Hanger (ÖVP) zeigte sich erfreut, dass nun ein "ExpertInnengremium mit schlanken Strukturen" die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität in Österreich analysiere. Neben BIP und Wirtschaftswachstum werde das neue geschaffene Gremium auch ökologische Nachhaltigkeit und makroökonomische Stabilität zur Bewertung von Produktivität heranziehen, betonte Jakob Schwarz (Grüne). Karin Doppelbauer sprach sich gegen eine Ansiedlung in den Strukturen der Nationalbank aus. Zudem vermisste sie verbindliche Regelungen zur Umsetzung der Vorschläge eines solchen Gremiums. Kai Jan Krainer (SPÖ) bezeichnete die Einführung eines Produktivitätsrats als "Uraltkonzept".

Wichtig sei, dass man keine zusätzliche Institution geschaffen habe und Synergien nutze, unterstrich Finanzminister Magnus Brunner.

NEOS für Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts, Arbeitsgruppe soll eingerichtet werden

Steuerliche Maßnahmen sollen zur Mobilisierung privater Mittel für Bildung beitragen, finden die NEOS und fordern eine Erweiterung der Spendenbegünstigung auf Bildungsmaßnahmen unabhängig von der demographischen Zielgruppe sowie eine KESt-Befreiung für Spenden zugunsten bildungsfördernder Maßnahmen. In einem weiteren Schritt soll das Gemeinnützigkeitsgesetz evaluiert und die Grenzen der Spendenbegünstigungen für Stiftungen angehoben werden. Die beiden Anträge wurden im Plenum zwar abgelehnt, ein Zusatzantrag der Regierungsparteien wurde hingegen mehrheitlich angenommen. Der Finanzminister wird darin ersucht, eine Arbeitsgruppe zur Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts und deren steuerrechtlichen Rahmenbedingungen einzurichten.

Die Bildungslandschaft benötige dringend Innovationen, weshalb die Ablehnung der NEOS-Anträge für sie nicht verständlich sei, hielt Martina Künsberg Sarre (NEOS) fest. Dadurch werde Engagement von Privaten im Bildungsbereich verhindert. Auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppe werde man lange warten müssen, durch die Pandemie brauche es aber dringend Maßnahmen für Kinder und Jugendliche.

Der Kreis der Begünstigten für eine Spendenabsetzbarkeit sei sehr eng gefasst, weshalb sie die in den Anträgen formulierten Anliegen nachvollziehen könne, erläuterte Sibylle Hamann (Grüne). Eine Ausweitung müsse Organisationen in den Bereichen Bildung, Kunst und Kultur, Ökologie, Soziales sowie Menschenrechte umfassen. Karlheinz Kopf (ÖVP) betonte, dass man eine Ausweitung in der neu geschaffenen Arbeitsgruppe diskutieren solle. Es sei sinnvoll, steuerliche Anreize für privates Kapital zur Finanzierung von gesellschaftlich wichtigen Aktivitäten zu ermöglichen.

Bildung sei eine staatliche Aufgabe und dürfe nicht von privaten SpenderInnen abhängig sein, erwiderte Selma Yildirim (SPÖ). Die SPÖ stehe für ein gutes und öffentliches Bildungsangebot für alle Kinder.

Laut dem Finanzminister liege man bei den Zielen "nicht weit auseinander", es gebe aber im Rahmen der Arbeitsgruppe noch einige Fragen zu klären. Man wolle aber schnell zu einem Abschluss kommen, versicherte Brunner. Zudem habe man auch im Regierungsprogramm die Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts verankert.

Anpassungen im Bundesfinanzierungsgesetz

Durch eine, inklusive eines Abänderungsantrags der Regierungsparteien, einstimmig angenommene Änderung des Bundesfinanzierungsgesetzes werden Umschuldungsklauseln mit einstufigem Mehrheitserfordernis für vom Bund begebene Anleihen eingeführt. Damit wird in Übereinstimmung mit dem ESM-Vertrag eine nationale Rechtsgrundlage geschaffen und verschiedene Klarstellungen getroffen, beispielsweise betreffend die im Verfahren notwendige Berechnungsstelle und das Verfahren. (Fortsetzung Nationalrat) med

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