Parlamentskorrespondenz Nr. 1497 vom 21.12.2021

Bundesrat stimmt Neuregelung für Saisonarbeitskräfte und Verlängerung von COVID-19-Hilfen im Kulturbereich zu

Minister Kocher: Entgeltfortzahlungen aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds sind auch in Hinkunft sichergestellt

Wien (PK) – Mit weiteren Vorlagen aus dem Sozialbereich setzte die Länderkammer ihre heutigen Beratungen fort. Dabei ging es unter anderem um eine Neuregelung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, die Erleichterungen bei der Zulassung von Saisonarbeitskräften aus Drittstaaten bringt. Änderungen im Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) dienen vor allem dazu, Personen mit mehrfachen Vermittlungseinschränkungen bei der beruflichen Integration besser zu unterstützen.

Kleinere Anpassungen wurden auch an zwei gesetzlichen Grundlagen in Bezug auf den Insolvenz-Entgelt-Fonds vorgenommen, wobei im Sinne der Verwaltungsvereinfachung insbesondere die Behördenstruktur reformiert wird. Daran entzündete sich die Kritik von Seiten der SPÖ, die von einer vertanen Chance und einer "Nebelgranate" sprach, da von einer "Austrocknung des Insolvenz-Entgelt-Fonds abgelenkt werden soll". Gerade in Krisenzeiten dürfe dieser wichtige Schutzschirm für die ArbeitnehmerInnen nicht reduziert werden, betonte Sascha Obrecht (SPÖ/W). Jede Person, die aufgrund einer Insolvenz arbeitslos werde, habe natürlich einen Rechtsanspruch auf Entgeltfortzahlung, stellte Bundesminister Martin Kocher mit Nachdruck fest, und zwar unabhängig davon, "was im Topf drinnen ist". Außerdem werde auf Basis von wissenschaftlichen Prognosen gewährleistet, dass der Fonds immer über ausreichend Mittel verfüge.

Aus teils unterschiedlichen Gründen lehnten sowohl die SozialdemokratInnen als auch die Freiheitlichen die Neuregelung für Saisonarbeitskräfte ab. Während sich der FPÖ-Vertreter generell gegen zusätzliche Zuwanderung aussprach, wurden vom SPÖ-Redner vor allem die schlechten Arbeitsbedingungen in manchen Branchen ins Treffen geführt, die zu einem Personalmangel führen würden.

Die Beschlüsse des Nationalrats fanden teils einstimmige, teils mehrheitliche Unterstützung durch den Bundesrat. Keinen Einspruch legte der Bundesrat zudem gegen Änderungen im Familienlastenausgleichsgesetz ein, das Verwaltungsvereinfachungen für den Bezug der Familienbeihilfe für volljährige Kinder in Berufsausbildung beinhaltet. Durch das Programm FABIAN wird eine Rechtsgrundlage für die automatisierte Übermittlung von Daten von Studierenden geschaffen. Die Zustimmung aller Fraktionen fand auch die Erhöhung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld von 7.300 € auf 7.600 €, die ab 1. Jänner 2022 in Kraft treten soll.

Ein dazu eingebrachter Entschließungsantrag, in dem die Freiheitlichen darauf pochen, Schwangeren einen längeren Krankengeldbezug zuzugestehen, damit sie keine Verluste beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld hinnehmen müssen, fand keine Mehrheit.

Ebenfalls mit Stimmeneinhelligkeit passierten zwei Initiativen der Regierungsfraktionen den Bundesrat, durch die die Weiterführung der Hilfen aus den COVID-19-Fonds für Kunst und Kultur auch in den nächsten Monaten gewährleistet wird. Neben einer Aufstockung der Mittel werden die Corona-Hilfen für selbstständige KünstlerInnen nach dem Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz um ein weiteres Quartal bis 31. März 2022 verlängert.

Kritik der Opposition an Saisonnierregelung sowie geplanter Kürzung des Insolvenz-Entgelt-Fonds  

Angesichts der bevorstehenden Weihnachtszeit habe er überlegt, seine erste Rede im Parlament besinnlich und versöhnlich anzulegen, erklärte Bundesrat Sascha Obrecht (SPÖ/W). Dies könne und dürfe er jedoch nicht, da Bundesminister Kocher Pläne schmiede, eine der "wichtigsten Schutzeinrichtungen der ArbeitnehmerInnen schrittweise auszutrocknen". Statt nämlich den so wichtigen Insolvenz-Entgelt-Fonds weiterzuentwickeln, sollen unter dem Schlagwort "Senkung der Lohnnebenkosten" die Haupteinnahmequellen des Fonds halbiert werden, kritisierte der Ländervertreter. Dies könne der Minister nämlich auf Basis einer Verordnung erlassen, die auf dem heute zur Debatte stehenden Gesetz beruhe. Gerade in Krisenzeiten dürfe aber nicht bei der Absicherung von ArbeitnehmerInnen gespart werden, unterstrich Obrecht mit Nachdruck. Was die erleichterte Zulassung von Saisonarbeitskräften aus Drittstatten anbelangt, so sei dies aus Sicht seiner Fraktion nicht der richtige Weg. Statt sich eine "Ersatzarmee" aus anderen Ländern zu holen, sollten vielmehr die Arbeitsbedingungen vor allem in jenen Branchen verbessert werden, die kein heimisches Personal mehr finden. Die großen Gewinner dieses Systems seien all jene Betriebe, die die prekäre Situation der Menschen aus den Drittstaaten ausnutzen und sie teils unter extrem schlechten Bedingungen arbeiten lassen.

Von längst überfälligen Änderungen bei der Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH sprach Bundesrat Günter Pröller (FPÖ/O), seine Fraktion werde den Beschluss daher unterstützen. Positiv beurteilte er auch die Novelle zum Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG), weil dadurch die Unterstützung von erwerbsfähigen Menschen mit mehrfachen Vermittlungseinschränkungen ausgebaut werden soll. Die dafür budgetierten 2 Millionen € seien aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, schränkte Pröller ein, wünschenswert wären weitere Verbesserungen in diesem Bereich, um eine volle Integration dieser Personengruppe ins Arbeitsleben zu gewährleisten. Nicht zustimmen werden die Freiheitlichen jedoch der Neuregelung bei den Saisonarbeitskräften, weil damit einer weiteren Zuwanderung nach Österreich Tür und Tor geöffnet werde. Damit könne das Problem des Fachkräftemangels in einzelnen Branchen sicher nicht gelöst werden, war Pröller überzeugt.

ÖVP und Grüne begrüßen erleichterte Zulassung von Saisonarbeitskräften und Unterstützung von Menschen mit Vermittlungsproblemen

Im Gegensatz zum SPÖ-Redner bezeichnete Bundesrätin Alexandra Platzer (ÖVP/O) die Neuregelung für Saisonarbeitskräfte als richtigen Schritt in die richtige Richtung. Damit komme wieder ein kleiner Hoffnungsschimmer für die in den letzten Monaten so schwer getroffene Tourismusbrache zurück. Es sei ausdrücklich zu begrüßen, dass Beschäftigungsbewilligungen für Saisonarbeitskräfte, die in den vergangenen fünf Kalenderjahren zumindest drei Mal im selben Wirtschaftszweig tätig waren, nicht mehr gewissen Kontingenten oder Höchstzahlen unterliegen. Außerdem gab sie zu bedenken, dass in der Tourismusbranche im überwiegenden Ausmaß schon lange angemessene Löhne bezahlt würden.

Auch Andreas Lackner (Grüne/St) verteidigte die Änderung im Ausländerbeschäftigungsgesetz, das unter anderem Erleichterungen für die Beschäftigung von sogenannten Stammsaisonniers bringe. Stärker eingebunden würden auch die Sozialpartner, die nun eine verbindliche Auskunft von Seiten des AMS über die Betriebe erhalten müssen. Dadurch könnten die Interessen der Drittstaatsangehörigen besser vertreten werden. In Summe gehe es dabei um rund 3.100 Menschen, die diese Regelung in Anspruch nehmen könnten, informierte er. Durch die Änderungen im Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz werde es dem Sozialministerium ermöglicht, sich an Modellversuchen im Rahmen des Programms Fit-to-work zu beteiligen. Außerdem werde der erste Schritt in Richtung eines One-Stop-Shops für Menschen geschaffen, die es am Arbeitsmarkt schwer haben.

Kocher sieht Regelung für Saisonarbeitskräfte als wichtige Unterstützung für Tourismus und Landwirtschaft

Die Corona-Pandemie habe in den einzelnen Wirtschaftsbranchen zu großen Verwerfungen geführt, die sowohl negativ als auch positiv ausgefallen seien, konstatierte Bundesminister Martin Kocher. Während im Sozial- und Gesundheitsbereich eine Zunahme bei den Beschäftigtenzahlen feststellbar war, weise der Tourismussektor große Probleme auf. Es sei daher sehr wichtig, die Betriebe in der Gastronomie, der Hotellerie und dem Tourismus zu unterstützen, da sie oft unabhängig von der Höhe der angebotenen Gehälter kaum neues Personal finden. Bei der Regelung für die Stammsaisonniers gehe es in der Tat um eine sehr kleine Anzahl von Menschen, die schon öfters in Österreich gearbeitet haben und daher wohl keiner prekären Beschäftigung nachgehen.

Beim Beschluss zum Insolvenz-Entgelt-Fonds stehe eine Reform der Behördenstruktur im Mittelpunkt, führte Kocher weiter aus. Der diesbezügliche Verordnungsentwurf, der letzte Woche in Begutachtung gegangen sei, basiere auf der gesetzlichen Regelung, wonach Beitragskürzungen vorzunehmen seien, wenn die Einnahmen hoch sind. Davon unberührt sei natürlich der Rechtsanspruch auf Entgeltfortzahlung für all jene Personen, die aufgrund einer Insolvenz arbeitslos werden, unterstrich der Minister. Zudem werde auf Basis von wissenschaftlichen Prognosen sichergestellt, dass immer ausreichend Mittel im Topf sind. Er halte daher nichts davon, wenn eine kleine gesetzliche Anpassung "überideologisiert" werde. (Fortsetzung Bundesrat) sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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