Parlamentskorrespondenz Nr. 139 vom 17.02.2022

Gesundheitsausschuss bringt Impfprämien für Gemeinden und kommunale Impfkampagnen auf den Weg

Notwendige Zweidrittelmehrheit im Plenum offen, zahlreiche weitere Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit Pandemie

Wien (PK) – Im Gesundheitsausschuss stand heute der Antrag der Koalitionsfraktionen zur Erhöhung der Inanspruchnahme von Corona-Impfungen auf der Tagesordnung. Die geplante Impflotterie, die bereits im Vorfeld von der Regierung abgesagt wurde, kommt nicht. Alternative wurde im Ausschuss keine präsentiert. Ein umfangreicher Abänderungsantrag soll aber die kommunalen Impfkampagnen und die Impfprämien für Gemeinden gesetzlich verankern. 75 Mio. € sollen demnach an die Gemeinden ausgezahlt werden, damit diese etwa Print- und Onlinekampagnen sowie Informationsmaßnahmen zur Impfung verwirklichen können. 525 Mio. € sind zudem für Prämien an die Kommunen vorgesehen, wenn diese eine bestimmte Impfquote erreichen. Der Antrag sorgte unter den MandatarInnen von SPÖ, NEOS und FPÖ für heftige Kritik. Im Ausschuss stimmten ÖVP und Grüne für den Antrag. Da dieser aber eine Verfassungsbestimmung enthält, ist noch offen, ob er im Plenum auch die notwendige Zweidrittelmehrheit erhält.

Auch sonst stand der Ausschuss heute einmal mehr ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. So haben ÖVP, Grüne und SPÖ etwa für Änderungen bei der Impfpflicht gestimmt. Damit soll unter anderem die gesetzliche Grundlage für digitale Lösungen zur Erfassung der Ausnahmen von der Impfpflicht geschaffen werden. Die Zweckzuschüsse vom Bund an die Länder für Schutzausrüstung, Gesundheitshotlines und administrativen Aufwand beim Testen und Impfen werden bis Ende des Jahres verlängert. Dafür sprachen sich ÖVP, Grüne und SPÖ aus. Ein Antrag, mit dem die Freiheitlichen die Impfpflicht außer Kraft setzen wollen, wurde von den Koalitionsfraktionen vertagt.

Im Rahmen der Debatte über zwei Berichte zur Verwendung von Mitteln aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds nahm Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein Stellung zur geplanten Änderung der Teststrategie. Er kündigte zielgerichteteres Testen und Änderungen an, die auch die Testungen an Schulen betreffen. Diese sollen in den nächsten ein bis zwei Wochen bekanntgegeben werden. Behördliche Tests, etwa zum Freitesten oder bei ÄrztInnen sollen jedenfalls weiterhin gratis bleiben.

Zweckzuschüsse für Impfkampagnen und Impfprämien für Gemeinden

Die Erhöhung der Impfquote war Gegenstand des ursprünglichen Antrags von ÖVP und Grünen (2235/A), der neben Zweckzuschüssen für Gemeinden auch eine Impflotterie enthielt. Diese ist nun offenbar vom Tisch. Mit einem gesamtändernden Abänderungsantrag haben ÖVP und Grüne heute im Ausschuss die Zuschüsse für Gemeinden für kommunale Impfkampagnen und Impfprämien auf den Weg gebracht.

Demnach sollen die Gemeinden insgesamt 75 Mio. € für Print- und Onlinekampagnen sowie für persönliche Informationsmaßnahmen erhalten. Der Bund will die Mittel bis 1. April 2022 überweisen und zwar anteilig der Bevölkerungszahl der Gemeinden. Zusätzlich will der Bund den Kommunen einen Zweckzuschuss für Investitionen in der Gemeinde gewähren, wenn sie eine gewisse Impfquote erreichen. Für das erstmalige Erreichen einer Impfquote von 80% sollen insgesamt 75 Mio. € ausgeschüttet werden, bei 85% zusätzlich insgesamt 150 Mio. € und bei 90% weitere 300 Mio. € insgesamt. Auch Gemeinden, die jeweils knapp unter den benötigten Quoten liegen, sollen Gelder erhalten, die entsprechend gekürzt werden. Gemeinden mit einer Impfquote unter 80% soll ebenfalls ein – entsprechend geringerer - Zweckzuschuss gebühren und zwar, wenn sie die Impfquote um mehr als 5% gegenüber dem ersten Stichtag steigern konnten. Zu verwenden sind die Gelder für zusätzliche Investitionen, Instandhaltungen und Sanierungen. Für die Impfquote werden alle Impfungen von EinwohnerInnen ab fünf Jahren berücksichtigt. Sie sollen von der Statistik Austria monatlich ab 1. Mai 2022 bis 1. Jänner 2023 ermittelt werden.

Hitzige Debatte über kommunale Impfprämien

Für die kommunale Impfprämie ist aus Sicht von ÖVP und Grünen eine Verfassungsbestimmung nötig. In der Begründung des Antrags wird angeführt, dass das Finanzverfassungsgesetz derzeit nicht vorsieht, mit finanziellen Anreizen das Erreichen von vorgegebenen Zielen zu fördern. Johann Singer (ÖVP) kündigte in diesem Zusammenhang im Ausschuss an, mit der Opposition bis zur Behandlung des Antrags im Plenum in Gespräche zu treten.

Gerhard Kaniak (FPÖ) warf den Koalitionsfraktionen vor, verfassungsrechtliche Bestimmungen "übers Knie zu brechen", weil der Abänderungsantrag erst wenige Minuten vor dem Ausschuss vorgelegt wurde. Auch Dagmar Belakowitsch (FPÖ), Gabriele Heinisch-Hosek und Alois Stöger (beide SPÖ) kritisierten dieses Vorgehen scharf. Stöger vermutete hinter der Verfassungsbestimmung parteipolitisches Kalkül. Sie sei nur deshalb vorgesehen, um die Schuld der SPÖ zuzuschieben, wenn diese nicht mitstimme und das Gesetz daher nicht in Kraft treten könne, so Stöger.

Auch inhaltlich übte die Opposition Kritik an den vorgeschlagenen Zweckzuschüssen. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) etwa war der Ansicht, dass damit der Impfdruck in den Gemeinden erhöht und ein Spalt in die Bevölkerung getrieben werde. Sie sah zudem datenschutzrechtliche Fragen ungeklärt. Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) kritisierte, dass keine individuellen Anreize mehr vorgesehen seien. Ihre Fraktion habe sich immer für individuelle Belohnungen ausgesprochen, die Idee der Impflotterie sei jedoch von der ÖVP gekommen. Fiona Fiedler (NEOS) vermisste die Pläne dafür, was mit dem für die Impflotterie geplanten Geld passiere.

Ralph Schallmeiner (Grüne) äußerte Verständnis für die Aufregung aufgrund des kurzfristigen Einlangens des Antrags, bewertete jedoch zusätzliche Belohnungen für Gemeinden mit hohen Impfquoten als positiv.

Änderungen im COVID-19-Impfpflichtgesetz

Mit einem umfassenden Abänderungsantrag haben ÖVP und Grüne im Ausschuss auch zahlreiche Änderungen des COVID-19-Impfpflichtgesetzes auf den Weg gebracht. Ursprünglich wollten die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag (2215/A) nur sprachliche Anpassungen vornehmen. Nun wird etwa ein digitales Ausnahmenmanagement geschaffen. Damit die Bestätigungen über Ausnahmen von der Impfpflicht ausgestellt und ins zentrale Impfregister eingetragen werden können, werden die Landeshauptleute ermächtigt, ein entsprechendes elektronisches System zur Verfügung zu stellen. Betroffene Personen sollen dort die zur Befreiung notwendigen Dokumente hochladen können. Für eine eindeutige Identifizierung soll auch die Sozialversicherungsnummer verarbeitet werden dürfen. Die betroffenen Personen müssen zudem eine Ausweiskopie hochladen. Die Landeshauptleute sind die datenschutzrechtlich Verantwortlichen und haben auf die Vertraulichkeit der Daten zu achten. Neben dem digitalen Weg muss es laut Gesetzesänderung auch die Möglichkeit geben, die benötigten Daten postalisch zu übermitteln.

Bei den Ausnahmegründen wird klargestellt, dass eine durch einen Corona-Test nachgewiesene Infektion auch dann als Ausnahmegrund gilt, wenn darüber kein ärztliches Zeugnis ausgestellt wurde. Mit der Novelle wird außerdem geregelt, dass für Personen über 18 Jahren, die nach Österreich ziehen, die Impfpflicht erst ein Monat nach Begründung des Wohnsitzes gilt. Sie sollen so genug Zeit bekommen, um der Impfpflicht nachzukommen. Auch bei der tätigen Reue wird es eine Änderung geben. Bisher werden jene Menschen nicht gestraft, die binnen zwei Wochen nach Zustellung der Impfstrafverfügung bzw. einer Aufforderung die Impfung nachholen. In Zukunft soll die Nachholung der Impfung auch als tätige Reue gelten, wenn sie vor Zustellung bzw. Aufforderung erfolgt.

Für den Antrag stimmten ÖVP, Grüne und SPÖ. Ein Antrag der Freiheitlichen (2227/A), wonach das Impfpflichtgesetz am zweiten Tag nach der Kundmachung wieder außer Kraft treten soll, wurde vertagt.

Johann Singer (ÖVP) erläuterte, dass den Bundesländern die Aufgabe zur Erreichung von Onlineplattformen für das Management der Ausnahmegründe datenschutzrechtlich übertragen werden soll. Kritik daran kam von Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Dieser Punkt sei verabsäumt worden, sodass die Länder aktiv werden mussten. Mit der Regelung sei man nun einen Schritt hinten nach. Ihre Fraktion trage die Reparaturen jedoch mit. Alois Stöger (SPÖ) war der Ansicht, dass es sich hier klar um eine Aufgabe des Gesundheitsministers, nicht der Länder, handle. Fiona Fiedler (NEOS) wollte wissen, ob die Ausnahmegründe von der Impfpflicht mit dem grünen Pass verknüpft werden, falls dieser im Herbst wieder eingeführt werde. Diese Möglichkeit prüfe das Ressort derzeit, sagte Gesundheitsminister Mückstein.

Von den Freiheitlichen kritisierte unter anderem Peter Wurm, dass durch das digitale Ausnahmenmanagement die Menschen nicht mehr direkt von ÄrztInnen untersucht würden, sondern bloß Befunde digital hochladen müssten. Mückstein entgegnete, dass in Zweifelsfällen eine persönliche Untersuchung möglich sei. Auf Nachfrage mehrerer FPÖ-Abgeordneter gab Mückstein zudem Auskunft, dass bereits ausgestellte Befreiungen von der Impfpflicht als Ausnahmen von Schutzmaßnahmen wie etwa der 2G-Pflicht weiter gelten. Als Ausnahme vom Impfpflichtgesetz müsse jedoch neu um eine Befreiung angesucht werden.

Zweckzuschüsse für Schutzausrüstung, Hotlines, Tests und Impfungen werden bis Ende des Jahres verlängert

Ebenfalls mittels Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen haben die Abgeordneten im Ausschuss die Zweckzuschüsse vom Bund an die Länder im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verlängert. Neben ÖVP und Grünen stimmte auch die SPÖ für diese Verlängerung. Die Kostenersätze für Schutzausrüstung, die telefonische Gesundheitsberatung, administrativen Aufwand im Zusammenhang mit Testungen, Impfstellen sowie Rettungs- und Krankentransportdienste werden damit bis Ende Dezember 2022 verlängert. Der ursprüngliche Antrag (1971/A) hatte eine geschlechtergerechte Formulierung zum Ziel.

Alexandra Tanda (ÖVP) argumentierte, dass die Zweckzuschüsse weiterhin essenziell seien, etwa für Rettungsdienste. Gerhard Kaniak (FPÖ) sah die Verlängerung zwar als notwendig an, kritisierte jedoch die unterschiedlichen Fristen in den verschiedenen Gesetzen. Ihre Ablehnung ob des kurzfristigen Einlangens des Antrags drückte Fiona Fiedler (NEOS) aus.

Berichte: Ende Oktober 2021 216,5 Mio. € Ausgaben für Impfstoffe und 200,6 Mio. € für Wohnzimmertests

Seit Beginn des Jahres 2021 wurden den Ländern und der AGES hohe Kostenersatzleistungen nach dem Epidemiegesetz gewährt, wobei bis Ende Oktober insgesamt rund 724 Mio. € an Zahlungen geflossen sind. Das geht aus einem Bericht von Gesundheits- und Sozialminister Wolfgang Mückstein an den Nationalrat gemäß COVID-19-Transparenzgesetz hervor (III-505 d.B.), der im Ausschuss ebenso auf der Tagesordnung stand wie jener für das Monat September 2021 (III-475 d.B.).

Die größten Posten darunter entfallen auf Untersuchungen, Screening-Programme, Gebühren für Epidemie-ÄrztInnen oder Vergütungen für Verdienstentgang. In weiterer Folge schlugen die Kosten für die Umsetzung der 3G-Regelung durch die Plattform "Österreich testet", des E-Impfpasses sowie des Grünen Passes zu Buche. Für die Beschaffung von Corona-Impfstoffen wurden bis Ende Oktober 2021 216,5 Mio. €, für Gratis-FFP2-Masken 23,1 Mio. € und für Selbsttests zur Abgabe in Apotheken 200,6 Mio. € ausgegeben.

Der Gesundheitsminister griff unter anderem die Spenden von Impfstoffen an andere Länder heraus. So seien bis Ende Oktober 2021 rund 2,6 Mio. Dosen Astra Zeneca gespendet worden. Alois Stöger (SPÖ) hakte hier nach und verwies auf Medienberichte, nach denen die gespendeten Impfdosen in den Ländern nicht verwendet werden konnten, weil sie etwa schon abgelaufen waren. Mückstein betonte, dass er das Spenden von Impfstoff für wichtig erachte, auch, weil die Pandemie nur global bekämpft werden könne. Manche Länder hätten eine schlechtere Logistik, weshalb es passieren könne, dass Impfstoffe ablaufen, bevor sie verimpft werden können.

Von Gerhard Kaniak (FPÖ) nach den unterschiedlichen Ausgaben für das Gesundheitssystem und für das Abfedern von "Kollateralschäden" gefragt, betonte Mückstein die Wichtigkeit des Testens und gab einen Ausblick auf die Teststrategie. Das Testen sei in Österreich eine Erfolgsgeschichte, müsse aber angesichts der Omikronvariante nun neu gedacht werden. Es solle weg vom breiten Testen gehen, hin zu einem zielgerichteten Testen, dort, wo es notwendig ist. Dabei dürfe man den Überblick über das epidemiologische Geschehen nicht verlieren. Behördliche Tests, etwa zum Freitesten oder als Diagnose beim Arzt oder der Ärztin werden weiterhin kostenfrei bleiben. Darüber hinaus werde es aber zu Änderungen kommen, was auch die Testungen an den Schulen einschließe. In den nächsten ein bis zwei Wochen will der Minister den Plan vorlegen. Bis Ende März soll es jedenfalls keine Änderung geben.

Peter Wurm (FPÖ) wollte wissen, wie viele und welche Impfstoffe für das Jahr 2022 bestellt wurden – eine Auskunft, die der Gesundheitsminister schriftlich nachreichen wollte. Katharina Werner und Fiona Fiedler (beide NEOS) sowie Ralph Schallmeiner (Grüne) erkundigten sich nach Diskrepanzen zwischen den Auszahlungen an einzelne Bundesländer. Die zuständige Sektionschefin im Gesundheitsministerium erklärte diese damit, dass die Länder die Anträge auf Refundierung zu unterschiedlichen Zeitpunkten einreichen. Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) strich die Mittel für Gewaltprävention und die Hilfen für Familien als wichtig heraus. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) kar