Parlamentskorrespondenz Nr. 243 vom 09.03.2022

Verfassungsausschuss bringt neue Medienförderung auf den Weg

Medien sollen jährlich 20 Mio. € Digitalförderung erhalten, Ausschuss beschließt Verbot von Russia Today in Österreich

Wien (PK) – Der digitale Transformationsprozess heimischer Medien soll künftig mit insgesamt 20 Mio. € pro Jahr unterstützt werden. Mit dem Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und FPÖ stimmte der Verfassungsausschuss des Nationalrats dem diesbezüglichen Regierungsvorschlag zu. Am Ziel der neuen Förderungen, heimische Medien im internationalen Umfeld zu stärken, bemängeln die NEOS allerdings, reine Online-Medien seien von den Förderung nicht umfasst. Dagegen stimmten sie mit allen anderen Fraktionen außer den Freiheitlichen dafür, österreichischen Netzanbietern die Ausstrahlung von Russia Today zu verbieten, um die Verbreitung von Fake News über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu unterbinden. Medienministerin Susanne Raab erklärte, diese Maßnahme sei Teil des Sanktionsregimes der Europäischen Union als Reaktion auf die russische Aggression: "Russia Today ist ein Instrument der Kriegsführung".

Mit Hinweis auf die anvisierten Änderungen bei der Medienförderung wurde ein SPÖ-Antrag auf Förderausweitung mehrheitlich abgelehnt. Eine FPÖ-Initiative, die vor dem Hintergrund der COVID-19-Berichterstattung des ORF auf mehr mediale Unabhängigkeit abzielt, vertagte die Regierungsmehrheit.

Die Ukraine war auch zentrales Thema in der Ausschussdiskussion über die heurige EU-Jahresvorschau des Bundeskanzleramts mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, die dabei ihre Betroffenheit über die Invasion Russlands erneuerte. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm umriss überdies die anstehenden EU-Jugendinitiativen auf europäischer und nationaler Ebene.

Raab: Österreichs Medienstandort stärken

Bundesministerin Susanne Raab betonte in ihrer Zuständigkeit für die österreichische Medienlandschaft, die Fördernovelle sei wichtig zur Absicherung des österreichischen Medienstandorts. Neben der digitalen Transformation (1621/A(E)) bestehender Medien stünden auch die Stärkung der journalistischen Tätigkeit und Barrierefreiheit im Zentrum des Vorschlags. Gabriela Schwarz (ÖVP), Eva Blimlinger (Grüne) und Sabine Schatz (SPÖ) begrüßten an der Novelle die neuen Förderstandards, die – wie Blimlinger ausführte – die Rahmenbedingungen für Qualitätsjournalismus schaffen sollten.

Durch die geplante Novellierung des KommAustria-Gesetzes (1026 d.B.) müssen Medien für die Förderleistungen künftig nämlich einige Voraussetzungen abseits der Auflagenstärke erfüllen. So werden Zeitschriften mit spezifischen Inhalten oder Zielgruppen, etwa Vereinspublikationen oder Parteizeitungen, von den Förderungen ausgenommen. Von Förderungen ausgeschlossen sind darüber hinaus Medien, deren demokratische Gesinnung – etwa durch wiederholte Aufrufe zur Missachtung der Rechtsordnung oder durch Befürwortung von Gewalt gegen Menschen als Mittel der Politik – in Frage steht. Die Rundfunk- und Telekom-Regulierungsbehörde RTR, die laut Novellenvorschlag mit der Abwicklung der Digitalförderung betraut ist, erarbeite derzeit Richtlinien zur Projektförderung, erläuterte Ministerin Raab den Förderansatz im Gesetzesvorschlag. In diesem Zusammenhang wurde mit einem Abänderungsantrag vom Ausschuss sichergestellt, dass aus dem diesbezüglichen EU-Fördertopf auch im Nachhinein Projektmittel abgerufen werden können, wenn auch nicht bei Projekten, deren Arbeiten vor der endgültigen Genehmigung der Beihilfe durch die Kommission begonnen wurden, wie es im Antrag heißt.

Schatz bemängelte allerdings, bei den Förderungen würden bestehende Unternehmen bevorzugt, nicht-kommerzielle Medien dadurch geschwächt. Der von allen anderen Fraktionen abgelehnte SPÖ-Antrag hätte darauf Bedacht genommen. Ähnlich lautete die Kritik von NEOS. Das Gesetz "stabilisiert Marktverhältnisse", vermisst Henrike Brandstötter (NEOS) die Förderung digitaler Medien. Ihr zufolge braucht Österreich ein "Gesamtpaket zur Neuaufstellung der Medienförderung", das Gleichgewicht in der Medienlandschaft herstellt. Laut Gesetzesentwurf soll die Förderung künftig unter anderem die Erneuerung und Schaffung digitaler Infrastrukturen unterstützen sowie die Verbesserung des Zugangs von NutzerInnen zu Online-Inhalten.

Wiewohl Harald Stefan (FPÖ) die Zustimmung seiner Fraktion zur Novelle zusicherte, hinterfragte er grundsätzlich die Definition von Qualitätsjournalismus. Weit schärfer fiel seine Kritik am §27-Antrag auf Verbot von Russia Today in Österreich aus. Fraglos werde über diesen Kanal Propaganda verbreitet, doch sei die als "Dauerrecht" angelegte Bestimmung eine Art "Zensur", wie auch sein Fraktionskollege Christian Hafenecker meinte. Damit würden Verschwörungstheorien befeuert, habe die Regelung doch auch nach der hoffentlich baldigen Beendigung des Krieges Gültigkeit.

FPÖ vermisst Unabhängigkeit in heimischer Berichterstattung

Wie unabhängig die Berichterstattung in Österreich ist, diskutierte der Ausschuss anhand eines Antrags (2335/A(E)) von FPÖ-Mandatar Hafenecker. Dieser prangert darin "Lobbyismus" an, den er bei der COVID-19-Berichterstattung durch den ORF ortet. Die Beiträge zur Impfung gegen das Corona-Virus seien nämlich ganz im Sinne der Pharmaindustrie gehalten. Seinen Vorstoß auf Kennzeichnung derartiger Inhalte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwiderte Mediensprecherin Blimlinger (Grüne) mit einem Verweis auf die anstehende Reform des ORF-Gesetzes. Entsprechende Kennzeichnungspflichten würden in den Entwurf einfließen, sicherte sie zu, ehe sie den Vertagungsantrag stellte, den ÖVP und Grüne mittrugen.

Edtstadler: Russische Invasion nicht tolerieren

Aus gebotenem Anlass richtete Bundesministerin Edtstadler den Fokus bei der Diskussion über den EU-Arbeitsplan 2022 auf die Entwicklungen nach der russischen Invasion in der Ukraine. Bei den Sanktionen, die FPÖ-Abgeordneter Stefan ansprach, stehe "Österreich geeint mit allen EU-Partnern", verdeutlichte Edtstadler, auch wenn dies – etwa im Energiebereich – "schmerzhafte Einschnitte" bedeute. Gemäß seiner Neutralität habe sich Österreich jedoch bei der Abstimmung über die Lieferung letaler Waffen an die Ukraine der Stimme enthalten, die Republik leiste ihren Beitrag mit humanitärem Schutz. Keinesfalls könne ein "despotisches Hinwegsetzen" über europäische Grenzen toleriert werden, so die Ministerin, die daher die internationalen Sanktionen gegen Russland wie den Ausschluss russischer Geldinstitute vom Banken-Kommunikationsnetzwerk SWIFT oder Flugverbote russischer Flugzeuge als adäquate Maßnahmen beschrieb. Letztlich müsse der Weg zurück auf den Verhandlungstisch führen.

Den Nachbarstaaten der Ukraine, die derzeit den größten Ansturm flüchtender Menschen verzeichnen, gelte es "unter die Arme zu greifen", wies Edtstadler auf die schnelle Einigung der EU zur temporären Schutzrichtlinie hin. "Die Krise ändert nichts am Festhalten an den Werten der EU", replizierte sie auf die Frage von Michel Reimon (Grüne), ob angesichts der Lage die Rechtsstaatlichkeitsverfahren der EU gegen Polen und Ungarn fallen gelassen würden. Allerdings könnten durch die "massive Bedrohung von außen" Wege aus diesen Verfahren gefunden werden, die die betroffenen Mitgliedstaaten mitgehen wollen, so Edtstadler.

Als die SPÖ-Mandatarinnen Sabine Schatz und Petra Bayr die Debatte auf die Antisemitismusstrategie der Union lenkten, betonte die Verfassungsministerin, Österreich habe hier aufgrund seiner historischen Verantwortung Vorbildwirkung. Immerhin habe die Republik als erstes EU-Land eine nationale Antisemitismusstrategie verabschiedet. Gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde überprüfe man regelmäßig den Erreichungsgrad der gesetzten Ziele. Für Jüdinnen und Juden müsse ein angstfreies Leben in Österreich eine Selbstverständlichkeit sein. Auf europäischer Ebene setze sie sich für ein EU-weites Verbotsgesetz ein, erklärte Edtstadler, das nicht mehr unter allgemeine Hassrede fällt.

EU-Kommission richtet Fokus auf Jugend

Angesichts der Einschränkungen junger Menschen aufgrund der COVID-19-Pandemie will die EU-Kommission heuer den Fokus verstärkt auf die Bedürfnisse Jugendlicher richten, geht aus dem EU-Jahresbericht (III-562 d.B.) des Bundeskanzleramts hervor. "2022 ist das europäische Jahr der Jugend", unterstrich Staatsekretärin Plakolm und umriss die Schwerpunkte der EU-Jugendpolitik, beispielsweise die Einrichtung eines Jugendkoordinators bei der Europäischen Kommission. Mit "DiscoverEU" werde das Interrailangebot für 18-Jährige erneut auf Schiene gebracht, nannte sie eine Initiative der europäischen Jugendstrategie im Sinne von "Beteiligung, Begegnung, Befähigung". In Österreich arbeite ihr Ressort eng mit der Bundesjugendvertretung und den Bundesländern zusammen, um Projekte der außerschulischen Jugendarbeit zu realisieren. Man setze hier wieder verstärkt auf Präsenzveranstaltungen in den Ländern. Der EU-Jahresbericht wurde im Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Verfassungsausschuss) rei