Bundesrat Stenographisches Protokoll 608. Sitzung / Seite 11

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Wenn dies gelingt – und ich persönlich glaube daran –, dann müssen darüber hinaus auf möglichst breiter Basis in einem Konsens wiederum große Anstrengungen unternommen werden, um die sogenannte Bundesstaatsreform zu verwirklichen. Hinter diesem technokratischen Wort "Bundesstaatsreform" verbirgt sich – ich verwende hier eine Aussage des burgenländischen Landeshauptmannes Karl Stix, der bedauert, wegen der Koalitionsverhandlungen nicht hier sein zu können – nicht mehr und nicht weniger der Versuch, das Verhältnis zwischen dem einzelnen Bürger und dem Staat zu verbessern. Die Kompetenzaufteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden muß transparenter sein und für den einzelnen Staatsbürger überschaubarer gestaltet werden.

Dr. Peter Kostelka hat einen Antrag betreffend die Abhaltung einer Enquete über die Bundesstaatsreform eingebracht, und wir, meine Damen und Herren, die Vertreter der Länderkammer, müßten uns – so glaube ich – dabei ganz stark einbringen. Die Umsetzung dieses großen Reformpakets, was mit einer Stärkung der Stellung des Bundesrates verbunden sein muß – ich erinnere dabei nochmals an meine Aussagen über die Regionalpolitik in der EU –, wird nur dann möglich sein, wenn sich die Verhandlungspartner an die Maxime "näher zum Bürger" halten.

Warnend möchte ich aber meine Stimme erheben vor engstirnigen, von Kirchturmegoismus getriebenen Debatten, die es bisher wirklich nur in kleinen Ansätzen gegeben hat, wenn etwa der gesamte Verteilungsmodus von Steuergeldern zu Fall gebracht wird. Denn dann würde sich unweigerlich die Scherenwirkung zwischen ärmeren und reicheren Bundesländer verschärfen, und das würde auch der EU-Regionalpolitik diametral entgegenwirken.

Eine vernünftige Neuordnung der Kompetenzen, eine Neuordnung der Rechte und Pflichten sowohl des Bundes als auch der Länder muß mit viel Augenmaß, aber auch mit Solidarität in Angriff genommen werden. Diese Neuordnung sollte unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips und der Erkenntnisse der ökonomischen Föderalismusforschung, unter Beachtung von Gesichtspunkten der Verwaltungsvereinfachung und unter Berücksichtigung bewährter Regelungstraditionen erfolgen.

Wenn die Worte "näher zum Bürger" nicht Worthülsen bleiben sollen, dann wird es notwendig sein, der Bevölkerung mehr Mitsprachemöglichkeiten bei der Auswahl der Ländervertreter zu geben. Zum Beispiel die Direktwahl der Bundesräte – gemeinsam mit der jeweiligen Landtagswahl – ist sicher ein diskussionswürdiger Vorschlag, denn gerade die Wahlordnungen für die Landesparlamente und für die Gemeindestuben sind in den letzten Jahren in einigen Bundesländern – ich glaube sogar, in der Mehrheit der Bundesländer – personenorientierter geworden.

Um aber die Bindung zu den jeweiligen Landtagen durch personenzentriertere Auswahl der Mandatare nicht abreißen zu lassen, sondern zu verstärken – auch das scheint mir notwendig zu sein –, wäre ein Frage- beziehungsweise ein Rederecht in allen Landtagen eine weitere Möglichkeit, die Bundesgesetzgebung transparenter zu gestalten.

Hohes Haus! Gute und zielorientierte Politik benötigt das Vertrauen der Bevölkerung. Daher sind wir gefordert, uns auch mit einem immer wiederkehrenden Thema, das uns selbst betrifft, nämlich mit den Politikerbezügen – ich sage das ganz offen – zu beschäftigen. Grundsätzlich meine ich, daß Politiker keine Privilegien haben dürfen. Ich glaube, daß eine überwiegende Mehrheit diese auch nicht besitzt. Es ist eine Sache des Politikverständnisses und des Demokratieverständnisses, wie jemand Politikerbezüge und die Stellung des Politikers überhaupt bewertet.

Medienwirksam und populistisch ist es, sich selbst hinunter zu lizitieren und sich damit selbst in Frage zu stellen. Wenn man zum Beispiel sagt: Wir, unsere Gruppierung, machen es billiger, dann birgt dieses Bekenntnis die Gefahr in sich, daß die Qualität der Politik darunter leidet. Dieses "Hinunterlizitieren" eröffnet politischen Glücksrittern den Zugang zu Positionen und Funktionen, die sie unter demokratiepolitisch richtigen Regelungen nicht erreichen würden. Ein Politikerbezug, meine Damen und Herren, muß so gestaltet sein, daß die notwendige Unabhängigkeit gewährleistet ist.


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