Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 104

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allerdings den Familien nur Teile jener 100 Milliarden Schilling zurückgeben, welchen sie diesen in den letzten Jahren durch ihre verfehlte Politik vorenthalten hat.

Trotz der derzeit noch bestehenden Auffassungsunterschiede über das Wie haben eigentlich beide Modelle neben der Betragshöhe noch eine weitere Gemeinsamkeit: Beide Varianten, die Varianten der beiden Regierungsparteien, werden in wesentlichen Teilen wiederum verfassungswidrig sein, weswegen bereits über eine Regelung im Rang einer Verfassungsbestim-mung nachgedacht wird.

Meine Damen und Herren! Einer Regierung, die die Verfassung hartnäckig mißachtet, die nicht in der Lage ist, die wichtigste Grundlage unserer zukünftigen Existenz, die Familie, ihrem Wert entsprechend zu erhalten und zu fördern, muß eine kritische Opposition entgegentreten. Deshalb, Herr Minister, stellen wir Freiheitlichen heute an Sie die dringliche Anfrage betreffend eine verfassungskonforme Reform der Familienbesteuerung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.07

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.07

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte zunächst einleitend feststellen, daß ich in aller gebührenden Eindringlichkeit auch darauf hinweisen möchte, daß die Familienförderung in Österreich im internationalen Vergleich vorbildlich ist. Jährlich werden in unserem Lande von Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam mehr als 200 Milliarden Schilling für Belange der Familienpolitik und der Familienförderung ausgegeben. Dieses System der Familienförderung umfaßt als wesentliche Instrumente die im Familienlastenausgleich geregelte Familienbeihilfe, die steuerlichen Kinder- und Unterhaltsabsetzbeträge sowie wesentliche Sachleistungen wie etwa die Kinderbetreuungseinrichtungen.

Der Verfassungsgerichtshof stellt die grundsätzliche Ausrichtung der Familienförderung durch Familienbeihilfe einerseits und Absetzbeträge auf der anderen Seite in seinem jüngsten Erkenntnis nicht in Frage, wiewohl er Familienförderung bei hohem Einkommen als nicht ausreichend ansieht. Diesem Erkenntnis – darüber besteht kein Zweifel – ist Rechnung zu tragen. Ganz abgesehen davon, daß es allerdings – wie es einer Demokratie geziemt – durchaus auch möglich ist, Erkenntnisse eines Höchstgerichtes politisch in Frage zu stellen. Das ändert aber nichts daran, daß selbstverständlich die Bundesregierung aufgefordert ist, diesem Erkenntnis nachzukommen.

Ich glaube daher, daß an den grundsätzlichen familienpolitischen Zielen der Familienförderung festgehalten werden muß. Das heißt, daß wir eine sozial- und verteilungspolitisch gerechte Familienförderung anstreben, durch die die Einkommensschwächeren verhältnismäßig stärker gefördert werden als Einkommensstarke.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verhandlungen zwischen den beiden Regierungsparteien haben gestern begonnen. Ziel ist es – ich weise nochmals darauf hin –, eine verfassungskonforme, eine sozial ausgewogene, eine die Familien unterstützende, aber auch eine budgetär verträgliche Lösung zu finden.

Die Auffassungsunterschiede, die Sie in den in der Öffentlichkeit dargelegten Überlegungen der beiden Koalitionsparteien erkennen, müssen in den nächsten Wochen bewältigt werden, und ich bin auch dessen sicher, daß dies gelingt. Ich betone daher – da Sie die Frage an mich persönlich richten –, daß ich zu einer offensiven Familienpolitik stehe. Ich stehe zu dem Grundsatz, daß dem Staat jedes Kind gleich viel wert sein soll. Ich stehe aber auch zu einer sozial gerechten Familienförderung, die Schwächeren im besonderen Maße hilft. Ich stehe auch zum Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, die es Frauen vermehrt ermöglicht, Beruf und Familie in Einklang zu bringen.


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