Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 50

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im Zuge der damaligen B-VG-Novelle beschlossen wurde, festgestellt, daß es sich um nutzloses Verfassungsrecht handle, denn der rechtliche Status von Gemeindebund und Städtebund als Vereine habe sich nicht geändert. Es sei immer außer Zweifel gestanden, daß auch die Gemeinden wie die Gebietskörperschaften berechtigt sind, Vereine zu gründen und als Mitglieder Vereinen anzugehören, und es gebe auch keine Bestandsgarantie.

Es wäre nach Auffassung Funks ohne weiteres möglich, daß sich Gemeinde- und Städtebund auflösen, vereinsrechtliche Auflösungsbeschlüsse fassen, daß die Vereinsbehörde, wenn gesetzliche Bedingungen nicht erfüllt würden, in der Lage wäre, diese Verbände aufzulösen. – Ich kann mich aber der Argumentation bei allem schuldigen Respekt diesem bekannten Verfassungsrechtler gegenüber in diesem einen Punkt nicht anschließen, wenngleich ich die gewisse Aversion von Verfassungsrechtlern gegen Erklärungen, Deklarationen und Zielbestimmungen im Bundesverfassungsrecht verständlich finde.

Es darf nämlich nicht verkannt werden, daß jeder Rechtsanwender, jeder, der Recht anzuwenden hat, jede Person, jede Behörde, jede Gebietskörperschaft, von der Einheit, Geschlossenheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung auszugehen hat, weil er nicht das Recht, die Rechtsordnung und den Rechtsstaat selbst in Frage stellen kann. Und wenn die Verfassung Institutionen beruft, so gibt es dadurch gesetzlich Berufene, das heißt auch Berechtigte und Verpflichtete. Die Vertretung der Gemeinden ist Gemeindebund und Städtebund zur Pflicht gemacht, sie wurde nicht in ihr Ermessen und ihr Belieben gestellt. Daß sie sich wie sonstige Vereine nach Belieben auflösen könnten, von der Vereinsbehörde aufgelöst werden könnten, daß ihnen beliebig andere zu gründende Vereine Konkurrenz machen könnten – all dies ist wohl mit dem Geist der Rechtsordnung und dieser Verfassungsbestimmung nicht in Einklang zu bringen; nur daß es sich durchaus nicht um nutzloses Verfassungsrecht handelt.

Die neue Qualität, der das vorliegende Ermächtigungs-Bundesverfassungsgesetz Rechnung tragen sollte, beruht vor allem auf einer neuen Qualität des Städte- und Gemeindebundes, die da lautet: hoheitsrechtliche Paktfähigkeit in der Gesetzgebung selbst, nicht nur in deren Vorbereitung, soweit sie die Tragung der Kosten anlangt. Dies würde sich nämlich aus der bloßen Berufung, wie sie bislang seit 1988 schon besteht, nicht ergeben.

Wir können zusammenfassen: Der Konsultationsmechanismus kommt zweifelsohne vor allem dem schwächeren Partner zustatten, wenngleich er selbstverständlich auch die Länder und Gemeinden im gleichen Maße verpflichtet wie den Bund. Der Konsultationsmechanismus macht keinen Eingriff in die Kompetenzen des Nationalrates, Bundesrates, der Landtage oder auch der Verordnungsgeber. Sie alle haben nach wie vor die Freiheit, den Inhalt des von ihnen zu schaffenden Rechts festzulegen. Es muß nur vorher eine Regelung bezüglich der Kosten getroffen werden. Wenn diese Kostenregelung nicht zustande kommt, dann hat die Kosten jene Gebietskörperschaft zu tragen, die den betreffenden Gesetzgeber oder Verordnungsgeber stellt.

Diese Vorgangsweise ist einsichtig, es ist eine Regelung, die man auch als billig bezeichnen kann. Es soll verhindert werden, daß sozusagen leichtfertig Maßnahmen auf Kosten und zu Lasten Dritter gesetzt werden. Der Stabilitätspakt gewährleistet das, was uns allen so sehr am Herzen liegt: daß die gemeinsame europäische Währung mit der Garantie ihrer Stabilität und Sicherheit eingeführt werden und bestehen kann.

Aufgrund all dieser Überlegungen bin ich aus gutem Grunde der Ansicht, daß man gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch erheben sollte. (Beifall bei der ÖVP.)

12.22

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch. – Bitte.

12.22

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Herr Landeshauptmann! Meine Damen und Herren! Der Vorarlberger Landtag – der Herr Landeshauptmann hat dies in seinem Beitrag erwähnt – hat den ersten Entwurf betreffend den Konsultationsmechanismus einstimmig angenommen. Bei der Abstimmung werde ich


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