Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 21

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Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Die Vorverfahrensreform wird seit 27 Jahren betrieben. Sie wird sehr intensiv seit Vorliegen des Diskussionsentwurfes 1998 betrieben, weil sie in weiten Bereichen seit diesem Zeitpunkt – 1998 – schon feststeht.

Die Begutachtungsfrist wurde mit vier Monaten, bis Mitte September, sehr lange angesetzt. Für jedermann zugänglich ist der Gesetzentwurf bereits jetzt über das Internet. Ich glaube, nachdem es ohnedies so heftig diskutiert wird, sind viereinhalb Monate Begutachtungsfrist wohl ausreichend.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Dennoch gibt es sehr kontroversielle Standpunkte. In welcher Form gehen Sie auf diese Einwände ein? Gab es und gibt es eine formelle Möglichkeit, da Übereinstimmung zu erreichen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Es ist gute Tradition des Justizministeriums, auf alle Einwendungen einzugehen, die in einer Begutachtung geäußert werden, gleichgültig, ob sie auf den ersten Blick berechtigt sind oder nicht. Der Konsens ist sicher mein Ziel. Konsens wird aber nur dann erzielbar sein, wenn man endlich sachlich darüber diskutiert.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehen Sie doch eine Chance, hier zu diesem Konsens zu kommen, wenn eine sachliche Diskussion stattfindet und die über die Medien überbrachten Vorurteile vermieden werden können?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich bin überzeugt davon, dass dieses Gesetz konsensfähig ist. Das natürliche Spannungsfeld liegt im Bereich Staatsanwaltschaft, Untersuchungsrichter und Ermittlungsbehörden. Die jetzige Tendenz in der Diskussion, der Staatsanwalt bekäme so viele Rechte, dass er zusätzlich auch vom Parlament kontrolliert werden müsste, ist meines Erachtens völlig verfehlt.

Die Tätigkeit der Staatsanwälte wird weitgehend transparenter werden, denn wir bauen auch die Rechte der Geschädigten in diesem Entwurf aus, es wird der Privatkläger institutionalisiert. Das heißt, der Privatkläger ist weiterhin Verfahrensbeteiligter, auch wenn sein Schaden als Geschädigter schon ersetzt wurde. Er bleibt also im Verfahren Partei. Er kann und wird natürlich auch Beweisanträge stellen – all das ist neu –, und werden seine Beweisanträge nicht bewilligt, kann er sich dagegen beschweren. Jeder Akt ist auf diese Art und Weise irgendwann einmal öffentlich.

Meines Erachtens ist es nicht notwendig, in diesem Ausmaß, wie es jetzt geschieht, die korrekte Arbeit der Richter und Staatsanwälte in den Vorverfahren allgemein in Zweifel zu ziehen, weil niemand einen konkreten Fall einer Unkorrektheit nachweisen kann, trotzdem wird aber in der Diskussion so getan, als wäre diese nahezu an der Tagesordnung.

Ich sage es unmissverständlich, die Staatsanwälte haben das für sich selbst Gott sei Dank auch schon gesagt, obwohl es eine Selbstverständlichkeit ist: Ich zweifle nicht an der Korrektheit der Arbeit der Staatsanwälte und der Richter. Eine vermehrte Kontrolle ist schon deshalb möglich, weil der Privatkläger eingeführt wird, mit Beschwerderecht, Beweisantragsrechten und natürlich auch der Möglichkeit, jeden Akt seinem Willen zufolge – allerdings nicht dann, wenn es die Behörde will, sondern wenn der Akt abgeschlossen ist – an die Öffentlichkeit zu bringen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Franz Wolfinger gemeldet. – Bitte.


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