Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 95

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von innen, ein präzises Wissen, das nur die betroffenen Gesellschaften selbst haben können. Das macht den Kampf gegen den Terrorismus oberflächlich und unpräzise. Die Formel "Achse des Bösen", die so unterschiedliche Länder trifft, ist ein beunruhigendes Zeichen für dieses mangelnde Unterscheidungsvermögen.

Anstatt einen Terrorismus an sich zu bekämpfen, sind die Gesellschaften vor Ort in die Lage zu versetzen, den Terrorismus als ureigenes Problem und teilweise als Generationenproblem zu begreifen. Im Falle von Saudi Arabien, aber auch Ägypten heißt das, dass die politischen und geistlichen Eliten dazu ermutigt werden müssen, in den Attentätern ihre eigenen Kinder zu erkennen und Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen.

Es ist bis heute unklar, welche Kriterien den Bündnisfall für beendet erklären können. Es fehlt das klare Ziel, es fehlt aber auch die so genannte Exit-Strategie, der klar definierte Ausgang; vielleicht ist die Frau Bundesminister in der Lage, dazu eine Aussage zu treffen. Diese Unklarheit hat einen einfachen Grund: "Kampf gegen den internationalen Terrorismus" kann alles Mögliche heißen. Woran soll also zu erkennen sein, dass er besiegt ist? Wann ist dieser Krieg beendet? – Auch hier haben wir es, wie bei einer operativen Terrorbekämpfung, mit einem Problem der mangelnden Genauigkeit zu tun. Mit einer überhitzten Pathos-Strategie – "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!" – werden Partner auf Dauer gebunden, können aber dennoch nicht über die Zielsetzung und Vorgehen bestimmen.

"Diese Debatte braucht ein nüchternes Klima ohne moraltheoretische Überanstrengung", meint Klaus Naumann, ein ehemaliger deutscher General. Wiederum aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" von gestern: "Washington wird sich viel mehr als bisher zu prüfen haben, ob es sich bei seinen politisch-strategischen und energiewirtschaftlichen Interessen weiterhin auf Cliquen stützen will, deren repressiven und antiliberalen Charakter der Zusatz ‚gemäßigt’ verschleiert. Wenn es auch – das im Lichte des 11. September gesehen – ein Großprojekt für die nächsten Jahre gibt, dann hat es mit der Versöhnung dieser Region mit der Modernen, mit Pluralismus und mit so etwas wie Demokratie zu tun."

Die Situation bringt aber auch eine Chance: Die notorische Behauptung, nichts werde mehr so sein wie bisher, lässt sich auch optimistisch deuten. Ab jetzt werden es sich die Staaten nicht mehr erlauben, leichtfertig und interessegeleitet mit terroristischer Gewalt umzugehen. Alle Staaten werden in Zukunft bei der Wahl ihrer Partner vorsichtiger sein, weil sie es sich nicht mehr leisten können, potenzielle Terroristen heranzuzüchten. Wir Österreicher sind zum Glück in der Lage, nicht immer diese Nagelprobe bestehen zu müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.45

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner. – Bitte. (Bundesrat Gasteiger: Das ist erklärungsbedürftig, Kollege Gudenus, was du jetzt gesagt hast!)

14.45

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Bundesrätinnen und Bundesräte im Hohen Hause! Ich glaube, in einem sind wir uns alle einig: dass nach den Terroranschlägen des 11. September, die wirklich allen friedliebenden Staaten gegolten haben, das Thema des Terrorismus plötzlich in das Zentrum unserer Aufmerksamkeit gerückt ist. Darum hat es auch eine weltweite Solidarisierung mit den Vereinigten Staaten gegeben.

Sie wissen, auch die Europäische Union bekundete am 21. September ihre Absicht, mit den Vereinigten Staaten zusammenzuarbeiten, um die Täter, die Verantwortlichen und die Komplizen dieser barbarischen Tat gemeinsam zu bestrafen. Die Europäische Union stellte fest, dass die von den USA gegen die El Kaida in Afghanistan unternommenen militärischen Operationen auch im Sinne der Satzung der Vereinten Nationen und der Resolution 1368 rechtmäßig waren. Die EU-Staaten erklärten, jeweils nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten zu handeln. Auch Österreich hat sich daher dieser Herausforderung gestellt.


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