Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 168

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19. Jahrhunderts, das ist aber weder für die Weiterentwicklung der Wissenschaft noch für unser Zusammenleben förderlich.

Wenn ich möchte, dass diese ethische Komponente auch in ein höheres Studium beziehungsweise Universitätsstudium mit einbezogen wird, dann meine ich natürlich keine Utopien nach dem Muster der Frankfurter Schule, sondern gewachsene ethische Überlegungen, die einen realen Untergrund haben.

Eine Universitätsreform, wie sie jetzt in Verhandlung steht, scheint mir ungefähr die Qualität zu haben, wie sie vor weit mehr als über 100 Jahren die Humboldt’sche Universitätsreform hatte. Damals ging es um eine völlige Erneuerung der Schul- und Studienbedingungen. Die Grundschule, das Gymnasium und die Universitäten wurden reformiert, und viele Universitätsneugründungen waren damals die Folge davon. Zum ersten Mal wurde die Lehr- und Lernfreiheit verankert. Die Schule wurde vom Drill befreit. Heute würde man vielleicht sagen: Die Schule wurde von politischen Vorgaben gesäubert. Das Erziehungssystem wurde geändert, und es wurde eine Prüfungsordnung eingeführt.

Meine Damen und Herren! All das gilt heute noch. Hinzugekommen sind aber ein Stipendienwesen und auch das Finanzierungssystem: Die Studiengebühren, die eng damit zusammenhängen, wären zu überdenken und in diese Reform mit einzubringen. Heute wurde bereits über das Baccalaureats-Studium gesprochen, und mit der Einbeziehung dieses Baccalaureats-Studiums wird doch ein sehr wesentlicher Schritt gemacht.

Ich sprach von der Humboldt’schen Reform, die sicherlich in der Zeit, als sie durchgeführt wurde, ein sehr philosophisches und klassisches Weltbild vermittelt hat, welches damals richtig war. Die Zeiten und die Welt haben sich in der Zwischenzeit allerdings sehr stark verändert. Viele Universitätsstudien entsprechen, wenn man sie als Berufsausbildung betrachtet, heute oft nicht den tatsächlichen Erfordernissen. Die Absolventen kommen überqualifiziert auf den Markt und fangen mit ihren akademischen Titeln nichts an. Ich kenne Fälle, dass Leute, die sich bewerben, mangels anderer Möglichkeiten ihre akademischen Titel verschweigen, um nicht sofort wegen Überqualifikation abgewiesen zu werden.

Das Baccalaureats-Studium sollte, wie ich meine, ein zusätzlicher Studienzweig sein, der dezidiert auf eine spätere Verwendung im Berufsleben abgestimmt ist. Natürlich kann aber auch dieses Studium in Richtung wissenschaftliche Ausbildung weitergeführt werden, die letztlich mit einem Doktoratsstudium abschließt. – Die Hochschulausbildung muss die Forschung als letztes Ziel haben. Die Baccalaureats-Ausbildung hingegen soll als erstes Ziel eine adäquate Berufsausbildung haben.

Frau Ministerin! Ich glaube, diese Vorhaben werden der große Wurf dieser Regierung und Jahrhundertprojekte sein, die der Humboldt’schen Reform sicherlich an die Seite gestellt werden können! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

20.15

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Anlässlich der Einrichtung der Studienrichtung Umweltsystemwirtschaften wurde mehrfach darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, vernetzte Studien anzubieten. – Ich meine, es wird auch in Zukunft notwendiger denn je sein, dass Bildungseinrichtungen quer über ihre Einrichtung hinweg zusammenarbeiten, also Universitäten mit Fachhochschulen und Universitäten mit anderen Universitäten, damit wir wirkliche Bildungs-Cluster bilden, in welche auch die Wirtschaft mit einbezogen wird.

Ich glaube, dass das ein sehr wichtiger Schritt besonders auch für den Bereich der Erwachsenenbildung ist, welche immer notwendiger wird. – Ich stelle mir vor, dass wir an Fachhochschulen und Universitäten vorhandenes Wissen für die Weiterbildung der im Berufsleben Ste


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