Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 171

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Dieses neue Gesetz sieht vor, dass die Universitäten jetzt die Budgethoheit bekommen. Sie bekommen auch die Personalhoheit. Sie werden auch die Organisationshoheit bekommen. Sie werden ihre Ziele selbst definieren. – Die Evaluierung allerdings kann dann nicht im eigenen Bereich erfolgen; das würde dem System abträglich sein, es würde dann nicht funktionieren. – Das allein sind Freiheiten, über die österreichische Universitäten schon Jahrzehnte nicht mehr verfügt haben.

Warum man sich gegen eine solche Autonomie wendet, dagegen Sturm läuft, ist mir unverständlich. Hat man Angst, selbst verantwortlich zu sein? Hat man Angst vor der eigenen Courage, dieses Modell auch leben zu können? – Ich habe dies in Äußerungen von verantwortlichen Universitätsorganen, von Professoren und Dekanen, mit denen ich gesprochen habe, nicht gehört. Als wir den Entwurf vorliegen hatten und die Leute von den Universitäten Einsicht nehmen konnten, sind Änderungen vorgenommen worden – man kann es natürlich nicht allen gleichzeitig Recht machen –, und diese Änderungen haben dann zu einer großen Akzeptanz geführt, die auch bei all jenen zu orten ist, die dem Geist dieses Gesetzes auf den Grund gekommen sind. Angst, so glaube ich, haben nur jene, die für ihre Karriere eine politische Partei im Rücken brauchen.

Wie Professuren heute besetzt werden, ist wohl allgemein bekannt, und auch das soll sich ändern. Ich warte aber natürlich schon darauf, dass sich, wenn ein Blauer eine Professur bekommt, das Geschrei von "Rot raus und Schwarz-Blau rein" erhebt. – Darf es nur rote Neubesetzungen geben?

Wir träumen, wir alle träumen von einer Weltgeltung unserer Universitäten, die wir schon lange nicht mehr haben – von einzelnen Disziplinen natürlich abgesehen. Warum gibt es Elite-Universitäten? Sind diese Universitäten nicht ein Stachel im Körper jeder unserer Universitäten? – Aber dort geht es um die Leistung: Bei den Elite-Universitäten geht es um die Leistung der Lehrenden und der Lernenden.

Es weiß heute doch jeder, wo man bestimmte Fächer leichter studiert als zum Beispiel in Wien. – Ich will das Fach nicht nennen, aber man lächelt, und man weiß es. – Das ist nicht der Weg zum Erfolg, sondern zum Mittelmaß, wenn wir das weiter pflegen.

Die Autonomie muss auch gegenüber der Politik gewahrt werden. Gesellschaftspolitik ist schon genug betrieben worden. Die Reform betrifft in erster Linie die Universität selbst: ihre Organisation, ihr Budget, ihre Berufungen, ihren Stellenwert im internationalen Vergleich. Sie betrifft aber auch die Studenten selbst: ihre Studienzeit, ihre Lerninhalte, ihre Ausbildung, die sie für adäquate Berufe befähigen soll. Sie betrifft Österreich: Sie stellt die Sicherheit für eine zukünftige Entwicklung dar.

Der Hunger ist nicht durch Beschlüsse von Parteien aus Europa verbannt worden, aber durch die Forschungsergebnisse europäischer Universitäten. – Ich glaube, an solchen Beispielen sollten wir unsere Universitäten messen! Und das, meine Damen und Herren, ist der Fortschritt der letzten 100 Jahre oder noch mehr gewesen – nicht Parteibeschlüsse, wenngleich der eine oder andere Beschluss vielleicht auch dazu beigetragen hat –, aber das hat den Fortschritt gebracht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das neue Gesetz betrifft – und das ist vielleicht das Wichtigste im Selbstverständnis des universitären Anspruchs – das Allgemeine, das Ganze, das Universale und das Humane; dieses dürfen wir nie aus den Augen verlieren.

Frau Ministerin! Ich gratuliere zu diesem Gesetz! Ich glaube, es ist wirklich ein Meilenstein und wird sich an die Humboldt’sche Universitätsreform anschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.13

Präsident Ludwig Bieringer: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer. – Bitte, Frau Bundesministerin.


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