Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 64

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liegt also auch dann vor, wenn jemand von seinem Recht zu schweigen Gebrauch macht, einem Recht also, das sogar in jedem Polizeiprotokoll im Eingang vermerkt ist. Diese Ungerechtigkeit wäre mit der Annahme des Abänderungsantrags zu erledigen gewesen. Schade, dass das nicht passiert ist. Das halte ich für eine vertane Chance, dieses Gesetz wirklich zu einem perfekten Gesetz zu machen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Letztlich geht es doch darum, dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass einem wohl nichts Schlimmeres passieren kann, als schuldlos in Haft zu geraten, was man einfach nie 100-prozentig ausschließen kann. Auch Richter und Kriminalbeamte sind schließlich Menschen, und wo Menschen am Werk sind, passieren eben auch manchmal Fehler. Das Mindeste ist wohl, dass es wenigstens eine adäquate Entschädigung für die Betroffenen gibt.

Meine Damen und Herren! Es ist ganz klar, dass auf der einen Seite eine effiziente Kriminalitätsbekämpfung wichtig ist – darüber werden wir heute später noch einiges hören –, dass aber auf der anderen Seite die Freiheit des Menschen als eines der wichtigsten Güter, die wir zur Verfügung haben, deutlich sichergestellt werden muss. Diesen Spagat müssen wir schaffen, in diesem Zwiespalt befinden wir uns sicher alle, und diese Lösung muss uns als Gesetzgeber, der Sie ja hier sind, Frau Ministerin, alle Mühen wert sein. Daran, so hoffe ich, werden Sie auch in Zukunft weiter arbeiten. –Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

12.34

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Böhm. – Bitte sehr, Herr Professor.

 


12.34

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Lassen Sie mich zunächst einige Hinweise zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen und die Erleichterung seiner Anwendung machen. Die Ver­ein­fachung des Rechtshilfeverkehrs zwischen beiden Ländern ist das Ziel im Interesse der Vertiefung der justiziellen Zusammenarbeit. 1996 ist nämlich durch die Ratifikation des Europäischen Übereinkommens durch Polen das bilaterale Übereinkommen aus 1978 außer Kraft getreten.

Im Verhältnis zu Polen wird die Rechtshilfe künftighin, wie schon gesagt, auch auf solche strafbare Handlungen ausgedehnt, die in dem einen Vertragsstaat in die Zuständigkeit des Gerichts und im anderen in die Zuständigkeit der Verwaltungs­behörden fallen. Zudem wird der unmittelbare Verkehr, also insbesondere der direkte Schriftverkehr, zwischen den für das jeweilige Verfahren zuständigen Justizbehörden, also den Gerichten und den Staatsanwaltschaften, zugelassen. Auch die Zustellung von Schriftstücken im Postweg wird jetzt eröffnet, was bereits gesagt wurde. Über­setzungen, die zusätzlichen administrativen Aufwand und Mehrkosten erfordern, sind nicht mehr generell verlangt, sondern nur noch in bestimmten Fällen, im Wesentlichen dann, wenn der Empfänger, dem ein Schriftstück zuzustellen ist, die Annahme unübersetzter Dokumente verweigert. Ersuchen um eine Übernahme der Strafverfol­gung können künftig unmittelbar zwischen den Staatsanwaltschaften beider Länder gestellt werden. Auch die Ausfolgung von Gegenständen an den Geschädigten wird erleichtert – dies also auch eine Maßnahme im Sinne des Opferschutzes.

Anschließend darf ich noch etwas näher auf das Strafrechtliche Entschädigungs­gesetz 2005 eingehen. Die bisher geltenden Bestimmungen standen zum Teil mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der Euro­päischen Menschenrechtskonvention nicht voll im Einklang. Das lag vor allem daran,


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