Bundesrat Stenographisches Protokoll 719. Sitzung / Seite 31

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Wir haben uns einen Sitzungsrhythmus angewöhnt, mit dem wir – Sonderfälle ausge­nommen – Vorlagen oder Beschlüsse des Nationalrates so in Verhandlung nehmen, dass zwei Wochen zwischen der Beschlussfassung des Nationalrates und unserer Ab­stimmung liegen, und zwar nicht, weil wir so lange zum Überlegen brauchen, sondern weil den Ländern, in diesem Fall eher den Landesregierungen, die Möglichkeit gege­ben werden soll, ihre Standpunkte uns so rechtzeitig zu übermitteln, dass wir das bei unserer – selbstverständlich individuell zu treffenden – politischen Entscheidung be­rücksichtigen können.

Die Landtage, die relativ selten zu bundespolitischen Fragen Stellung nehmen – wir haben im Zuge der Präsidiale auch festgestellt, dass es hier keinen so hoch entwickel­ten Automatismus wie im Umgang mit den Landesregierungen gibt; daran sollten wir, unabhängig von der heutigen politischen Kontroverse, auch noch ein bisschen dre­hen –, die Landtage jedenfalls sind natürlich auch unsere Partner.

Ich kann nur wiederholen, was ich am Beginn dieser Sitzung und dieser lang andau­ernden Debatte gesagt habe: Es ist ein Gebot der demokratischen Höflichkeit und ein Stück gelebter Föderalismus, dass dann, wenn eine Debatte – wahrscheinlich mit nachfolgender Abstimmung – über einen Gegenstand, den wir heute auf der Tages­ordnung haben, im Niederösterreichischen Landtag ansteht, wir uns nicht entscheiden, bevor der Niederösterreichische Landtag da zu einer Meinung gefunden hat.

Ich rege nicht an, auf Wochen zu vertagen. Wenn wir uns darüber rasch hätten einig werden können, dann hätten wir den ursprünglichen Zeitplan, den ich im Auge hatte, festlegen können: Wir schließen alle anderen Verhandlungsgegenstände bis 16 Uhr ab, dann kommen sowieso Dringliche Anfragen dran, und wenn wir die Sitzung nach Behandlung der Dringlichen wieder aufnehmen, wäre es eben dieser Punkt gewesen und sollte es dieser Punkt sein, den wir behandeln. Denn es ist wirklich eine merk­würdige Vorgangsweise, dem Niederösterreichischen Landtag gewissermaßen die Ent­scheidungsgrundlage zu entziehen. Wenn Kollege Bieringer mit seiner Einwendung Recht behält und dann der Niederösterreichische Landtag zur Abstimmung kommt, kann man ja nur noch sagen: Schleckerbatzerl, was wollt ihr den Bundesrat auffordern, der hat sich ja schon entschieden!

Ich glaube nicht, dass das ein guter Stil des Umgangs in der Demokratie miteinander und zwischen zwei parlamentarischen Körperschaften ist. (Bundesrat Dr. Kühnel: Sind wir wieder undemokratisch!) – Ja, schlicht und einfach: ja! Das ist ein undemokrati­sches Verhalten. (Bundesrat Bieringer: He, he!) Aber wir sind ja einiges gewohnt an diesem, daher überrascht es auch nicht sehr. (Bundesrat Dr. Kühnel: ... die Demo­kratie im Parlament!)

Ich verkneife mir selbstverständlich alle meritorischen Argumente zu dieser Vorlage – es wird jede Möglichkeit geben, darüber in der gebotenen Tiefe und Ausführlichkeit zu debattieren –, aber ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen von den Regie­rungsparteien, sich ernsthaft zu überlegen, ob es das richtige Verhalten ist, wenn Sie hier die Entscheidung des Herrn Präsidenten überstimmen.

Ich sage dazu – Sie dürfen mich und uns alle gern beim Wort nehmen –: Das ist nichts, was nur in diesem Fall, in dem wir auch meritorisch gegen das Gesetz sind, für uns wichtig ist. Das gilt für jeden Fall. Wenn wir in irgendeinem Fall von dieser Haltung abweichen, dann steht es Ihnen frei, uns dessen zu bezichtigen, was ich jetzt getan habe, nämlich eines undemokratischen Verhaltens. (Beifall bei der SPÖ.)

11.49


Präsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. – Bitte.

 


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