Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

742. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Freitag, 16. Februar 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

742. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 16. Februar 2007

Dauer der Sitzung

Freitag, 16. Februar 2007: 9.03 – 13.19 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung der Landeshauptfrau von Salzburg Mag. Gabi Burgstaller zum Thema „Föderalismus im 21. Jahrhundert – Quo vadis?“

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2007)

3. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geän­dert wird

4. Punkt: Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Ersatzmitgliedes des Stän­digen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948

*****

Inhalt

Bundesrat

Antrittsansprache des Präsidenten Manfred Gruber ................................................ 5

Schreiben der Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend Man­datsverzicht des Bundesrates Ewald Lindinger sowie Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes in den Bundesrat      ................................................................................................................................. 8

Angelobung des Bundesrates Reinhard Winterauer ................................................ 10

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 5

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 10


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Wahlen in Institutionen

4. Punkt: Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Ersatzmitgliedes des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948 .................. 50

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 10

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Franz Breiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Justiz betreffend das multiple Versagen der Behörden im Fall der Verwahr­losung dreier Kinder in Gramastetten (Bezirk Urfahr Umgebung) und das mög­liche Versagen der befassten Gerichte (2488/J-BR/07) ....... 51

Begründung: Franz Breiner .......................................................................................... 51

Bundesministerin Dr. Maria Berger ........................................................................... 53

Debatte:

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 56

Johann Kraml .......................................................................................................... ..... 59

Mag. Bernhard Baier .............................................................................................. ..... 60

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 61

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 63

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 65

Bundesministerin Dr. Maria Berger ..................................................................... ..... 68

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung der Landeshauptfrau von Salzburg Mag. Gabi Burgstaller zum Thema „Föderalismus im 21. Jahrhundert – Quo vadis?“ ....................................................................................... 11

Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller ................................................................... 11

Verlangen auf Durchführung einer Debatte .................................................................... 19

Redner/Rednerinnen:

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 20

Josef Saller .............................................................................................................. ..... 22

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 23

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 26

Jürgen Weiss ........................................................................................................... ..... 29

Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller ................................................................... 32

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2007 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundes­ministeriengesetz-Novelle 2007) (95/A und 22 d.B. sowie 7655/BR d.B.) ...................................................................................................... 34

Berichterstatter: Franz Perhab ...................................................................................... 34

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2007 betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (94/A und 23 d.B. sowie 7654/BR d.B. und 7656/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 34

Berichterstatter: Franz Perhab ...................................................................................... 34


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Redner/Rednerinnen:

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 35

Johann Kraml .......................................................................................................... ..... 38

Franz Breiner ........................................................................................................... ..... 39

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 40

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 42

Staatssekretärin Heidrun Silhavy ......................................................................... ..... 44

Wolfgang Sodl ......................................................................................................... ..... 46

Ludwig Bieringer .................................................................................................... ..... 47

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 49

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 50

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 50

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend eine Stellungnahme der Ministerien zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Europäische Energie- und Kli­mastrategie/Verbundplan (2483/J-BR/07)

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend eine Stellungnahme der Ministerien zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Europäische Energie- und Klimastrategie/Verbundplan (2484/J-BR/07)

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend eine Stellungnahme der Ministerien zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Europäische Energie- und Klimastrategie/Verbundplan (2485/J-BR/07)

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend eine Stellungnahme der Ministerien zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Europäische Energie- und Klimastrategie/Verbundplan (2486/J-BR/07)

Karl Bader, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend rasche Umsetzung des Bundesstraßengesetzes für das Bundesland NÖ (2487/J-BR/07)

Franz Breiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das multiple Versagen der Behörden im Fall der Verwahrlosung dreier Kinder in Gra­mastetten (Bezirk Urfahr Umgebung) und das mögliche Versagen der befassten Ge­richte (2488/J-BR/07)

Edgar Mayer, Jürgen Weiss, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend ausreichende Dotierung der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie (2489/J-BR/07)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bun­desräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und


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Kollegen betreffend Neuordnung der Stellenausschreibung an Schulen (2267/AB-BR/07 zu 2465/J-BR/06)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Biopatent Moni­toring Kommission (2268/AB-BR/07 zu 2464/J-BR/06)


09.02.55


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 5

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

 


Präsident Manfred Gruber: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau! Ich eröffne die 742. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 741. Sitzung des Bundesrates vom 31. Jänner 2007 ist auf­gelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Roswitha Bachner, Dr. Erich Gumplmaier, Waltraut Hladny, Mag. Susanne Neuwirth, Erwin Preiner, Harald Reisenberger und Helmut Wiesenegg.

Ich hoffe, dass das nichts mit dem Opernball zu tun hat, ich weiß aber, dass leider einige aus gesundheitlichen Gründen fehlen. Ich wünsche ihnen von dieser Stelle aus gute Besserung. – Danke schön.

Antrittsansprache des Präsidenten

 


9.04.00

Präsident Manfred Gruber: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wie bereits mehrfach festgestellt, übernahm Salzburg am 1. Jänner nicht nur den Vorsitz in der Länderkammer, sondern auch den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz durch Landeshauptfrau Mag. Gabi Burg­staller.

Sehr geschätzte Frau Landeshauptfrau, ich begrüße dich in dieser Eigenschaft zum ersten Mal im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Ich habe bereits am 31. Jänner von dieser Stelle aus erwähnt, dass die Landeshaupt­frau sowohl bei der Amtsübernahme am Wolfgangsee als auch beim Hissen der Salz­burg-Fahne am Parlamentsdach persönlich anwesend war. Dafür möchte ich mich heute bei dir recht herzlich bedanken. (Allgemeiner Beifall. – Präsident Gruber über­reicht Landeshauptfrau Mag. Burgstaller einen Blumenstrauß.)

Bedanken möchte ich mich auch bei Gottfried Kneifel – du warst am 31. nicht hier, ich habe den Dank damals schon abgestattet – für die Übergabefeier. Es war ein gelunge­nes Fest. Noch einmal recht herzlichen Dank!

Bedanken möchte ich mich aber auch für dein Vertrauen sowie das Vertrauen des Salzburger Landtages. Gleichzeitig bedanke ich mich aber auch bei den Salzburger Wählerinnen und Wählern, denn ihre Entscheidung ermöglicht es mir, dass ich als Sozialdemokrat hier den Vorsitz führen darf.

Die politische Neuausrüstung hat dem Bundesland Salzburg gutgetan. Wir Salzburger Bundesräte können stolz sein auf unser Bundesland, das im Mozartjahr 2006 nicht nur im kulturellen Bereich hervorragende Arbeit geleistet hat, sondern auch auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet eine ausgezeichnete Entwicklung durch eine nachhaltige Landespolitik erfahren hat: 4 500 neue Arbeitsplätze – mehr als in den letzten fünf Jahren –, eine Arbeitslosenrate um 4,3 Prozent – fast Vollbeschäftigung –, 3,5 Prozent Wirtschaftswachstum sowie ein Nächtigungsrekord im Fremdenverkehr von 24 Millio­nen, wobei die Stadt Salzburg die Schallmauer von 2 Millionen durchbrochen hat.

Salzburg hat damit bewiesen, neben wirtschaftlicher und sozialer Kompetenz auch her­vorragende Voraussetzungen für Großveranstaltungen – wie die im Vorjahr abgewi­ckelte Radweltmeisterschaft – zu haben. Einer gelungenen Fußball-Europameister­schaft im Jahr 2008 soll im Jahr 2014 Olympia folgen. Salzburg hat eine hervorragende


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Bewerbung abgegeben, verhindern kann uns nur noch das Internationale Olympische Komitee selbst.

Ich ersuche Sie daher, meine Damen und Herren, die Olympiabewerbung Salzburgs mit aller Kraft zu unterstützen. Gleichzeitig verweise ich auf eine große Präsentation der Salzburger Olympiabewerbung in der Säulenhalle des Parlaments. Der Termin wird noch bekannt gegeben. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass ganz Öster­reich hinter dieser Salzburger Bewerbung steht.

Es ist nicht möglich, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, zur Tagesordnung überzu­gehen, ohne sich mit den politischen Entwicklungen der letzten Wochen auseinander­zusetzen. Das Wahlergebnis vom 1. Oktober und die damit sehr schwierigen Regie­rungsverhandlungen führten in der Bevölkerung zu Unverständnis und Irritationen. Durch das Bemühen sowie das Verhandlungsgeschick des Herrn Bundespräsidenten war es möglich, zur politischen Normalität zurückzukehren, wie es eine große österrei­chische Tageszeitung formulierte.

Wir haben hier am 31. Jänner die Regierungserklärung durch den Herrn Bundeskanz­ler und Mitglieder der Bundesregierung entgegengenommen, eine Regierungserklä­rung, die zwangsläufig zu unterschiedlichen Einschätzungen führt. Dies entscheidet der jeweilige Standpunkt des Betrachters.

Nach längerem Studium der Koalitionsvereinbarung möchte ich für mich persönlich festhalten, dass es sich um ein sehr ambitioniertes Programm handelt, in dem Kurskor­rekturen vorgesehen sind, aber auch der Stabilität und der Sicherheit ein hoher Stellen­wert eingeräumt wurde. Dieses Regierungsprogramm enthält zahlreiche Projekte, die aus föderalistischer Sicht und daher auch aus der Sicht des Bundesrates interessant sind. Detaillierte Ergebnisse werden von Experten bis zum Sommer ausgearbeitet und dann in der Folge im Nationalrat sowie im Bundesrat intensiv diskutiert.

Obwohl ich in diesem Koalitionsübereinkommen keinen Hinweis auf weitere Sparmaß­nahmen zulasten des ländlichen Raumes gefunden habe, möchte ich jede Regierung davor warnen. Die Mitbürgerinnen und Mitbürger haben die Schließungen vieler infra­struktureller Einrichtungen und die damit verbundenen Nachteile für sie noch nicht ver­gessen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Bundespräsident, aber auch die Frau Nationalratspräsidentin haben zu Themen wie Ortstafeln, Wehrsportübungen klar und deutlich Stellung genommen. Ich unterstütze diese Feststellungen voll und ganz. Ich habe absolut kein Verständnis für Argumente von vorgestern, aber auch kein Verständnis für das Verharmlosen von Wehrsport­übungen und dergleichen.

Wir haben in Österreich ein gut entwickeltes und von der Bevölkerung gut unterstütztes demokratisches Wertesystem, das weder für die Missachtung der Rechte von Minder­heiten noch für militanten Rechtsextremismus Platz hat. Dieses Wertesystem gilt es zu bewahren und auszubauen. Das gilt für die österreichischen Staatsbürger, aber eben­so für die, die das werden wollen.

Sie wissen alle, dass eine Einbürgerung und die damit verbundene Staatsbürgerschaft auch vom Faktenwissen des jeweiligen Bewerbers abhängt – Text der Landeshymne, Namen der Bundeskanzler der Zweiten Republik et cetera –, völlig unberücksichtigt bleibt zum Teil der kulturelle Hintergrund des Bewerbers, genauso unberücksichtigt bleibt der Umstand, dass die westliche Welt, zu der wir Österreicher uns bekennen, auch eine Wertegemeinschaft ist.

Dieser Umstand sollte meiner Meinung nach ein wesentlicher Teil eines Einbürge­rungsverfahrens sein, denn wer Demokratie, Pluralismus, Toleranz, die Gleichberech-


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tigung der Frau sowie gewaltfreie Erziehung der Kinder ablehnt, hat kein Recht auf einen österreichischen Pass. Reines Faktenwissen ist meiner Meinung nach zu wenig für nachhaltige Integration. Hier sehe ich persönlich dringenden Handlungsbedarf.

Bundespräsident Dr. Heinz Fischer hat sich anlässlich des österreichischen Verfas­sungstages 2005 in seiner Rede dankenswerterweise auch mit dem Bundesrat befasst. Er meinte sinngemäß, er hätte zirka 68 Antrittsreden gehört oder gelesen, die sich na­türlich alle mit der politischen Wertigkeit des Bundesrates befasst haben. Tatsächlich gab es geringfügige Modifizierungen, aber keiner dieser Anläufe war wirklich erfolg­reich. Seine Überlegungen, in zehn Punkten zusammengefasst, sollten als Diskussi­onsgrundlage dienen, und sie heben sich positiv ab von einer ansonsten nur von Kli­schees und Vorurteilen geprägten Debatte.

Mein Ziel ist es, die Vorschläge des Herrn Bundespräsidenten, die Länderpositionen zum Bundesrat, die von uns selbst erarbeiteten Vorschläge anlässlich der Bundesrats­klausur vom 8. Juni sowie eine Modernisierung der Bundesratsgeschäftsordnung mög­lichst rasch mit den Bundesländern zu kommunizieren, gleichzeitig aber auch mit der eingesetzten Arbeitsgruppe für Staatsreformen in Gespräche einzutreten, bevor mög­liche Entwürfe ohne Einbindung des Bundesrates in den Verfassungsausschuss gelan­gen.

Erfreulicherweise gehören dieser Arbeitsgruppe Landeshauptfrau Burgstaller und Lan­deshauptmann Sausgruber an, die sich dort hochrangig vertreten lassen, zum Ersten durch Universitätsprofessor Dr. Ewald Wiederin und zum Zweiten durch unseren Kolle­gen, Herrn Vizepräsidenten Jürgen Weiss. Damit ist garantiert, dass der Bundesrat in dieser Arbeitsgruppe eine starke Vertretung hat.

Mir ist natürlich bewusst, dass es nicht möglich sein wird, in der mir verbleibenden Zeit diese Vorhaben umzusetzen. Ich bin aber optimistisch, dass Kollege Mag. Erlitz als mein Nachfolger diese für die Zukunft des Bundesrates so wichtigen Entwicklungen verfolgen wird.

Gerade in den letzten Tagen gab es wieder gut gemeinte einzelne Vorschläge für eine Bundesratsreform. Es wurden aber auch Bedenken formuliert, der Bundesrat könnte zu einem reinen Vollzugsorgan der Bundesregierung werden. Ich teile diese Einschät­zung, bin aber der Meinung, wir sollten uns nicht verzetteln, sondern ein Gesamtpaket schnüren, das bei der jetzigen Regierungskonstellation mit voller Einbeziehung der Oppositionsparteien auch Chancen auf Umsetzung hat.

Die Notwendigkeit verfassungsrechtlicher Maßnahmen ist dabei unbestritten, ich bin aber der Überzeugung, dass es schon innerhalb des heutigen rechtlichen Rahmens der Tätigkeit des Bundesrates noch viele ungenützte Möglichkeiten gibt, einen positi­ven Beitrag für Österreich zu leisten.

Meine Damen und Herren! Als der 108. Vorsitzende des Bundesrates darf ich an Sie appellieren: Nützen wir diese Möglichkeiten! Tun wir alles, um das Ansehen der Län­derkammer zu stärken, und vermeiden wir alles, was dem Ansehen des Bundesrates schaden könnte!

In diesem Sinne recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

9.15

Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsident Manfred Gruber: Eingelangt ist ein Schreiben des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht beziehungsweise die Wahl eines Mitgliedes des Bundesrates und eines Ersatzmitgliedes.


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Hinsichtlich des Wortlautes dieses Schreibens verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Schreiben der Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandats­verzicht sowie Wahl eines Mitgliedes und Ersatzmitgliedes:

Anlage 1

„Die erste Präsidentin des

Oberösterreichischen Landtages

Angela Orthner

Linz, am 1. Februar 2007

L-16/3O-XXVI-Rm

An den

Präsidenten des Bundesrates

Herrn Manfred Gruber

Dr. Karl-Renner-Ring 1-3

1017 Wien

Nachwahlen zum Bundesrat

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich teile mit, dass der Oberösterreichische Landtag in seiner Sitzung am 1. Februar 2007 gemäß Art. 35 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 und Art. 29 Oö. Landes-Verfassungsgesetz die Nachwahl eines Mitgliedes und Ersatzmitgliedes durchgeführt hat. Es wurden gewählt:

als Mitglied an 8. Stelle:

Reinhard Winterauer, geboren am 1. August 1947

4822 Bad Goisern, Edt 40

als Ersatzmitglied an 8. Stelle:

Franz Hochegger, geboren am 25. November 1953

4761 Enzenkirchen, Mühlwitraun 5.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

„BR Bgm. Ewald Lindinger

4563 Micheldorf

Pyhrnstrasse 33

Micheldorf, 29.01.2007

An die

Erste Präsidentin des

oberösterreichischen Landtages

Frau Angela Orthner


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Klosterstraße 7

4010 Linz

Zurücklegung des Mandates als Mitglied des Bundesrates

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin!

Ich lege hiermit im Sinne des § 9, Abs. 2 der Landtagsgeschäftsordnung, LGBl. Nr. 125/1991 mein Mandat als Mitglied des Österreichischen Bundesrates mit Ablauf des 31. Jänner 2007 zurück.

Hochachtungsvoll

ergeht abschriftlich an:

Präsidenten des Bundesrates“

*****

„Bgm. Franz Hochegger

4761 Enzenkirchen, Mühlwitraun 5

Enzenkirchen, 24. Jänner 2007

An die

Erste Präsidentin des

oberösterreichischen Landtages

Frau Angela Orthner

KIosterstraße 7

4010 Linz

Verzicht auf die Ersatzmitgliedschaft im Bundesrat

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin!

Ich verzichte mit Ablauf des 31. Jänner 2007 auf meine Ersatzmitgliedschaft im Bun­desrat.

Hochachtungsvoll

ergeht abschriftlich an:

Präsidenten des Bundesrates“

*****

 


Präsident Manfred Gruber: Das neue Mitglied des Bundesrates ist im Hause an­wesend. Ich werde daher sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

 


9.16.13

Schriftführer Josef Saller: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


Herr Reinhard Winterauer.

9.16.27


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 10

Bundesrat Reinhard Winterauer (SPÖ, Oberösterreich): Ich gelobe.

 


Präsident Manfred Gruber: Ich danke dem neuen Mitglied für sein Bekenntnis zum Bundesrat und freue mich auf eine gute, ersprießliche Zusammenarbeit. Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

*****

Ich gebe bekannt, dass die Landeshauptfrau von Salzburg, Frau Mag. Gabriele Burg­staller, gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates ihre Absicht bekun­det hat, eine Erklärung zum Thema „Föderalismus im 21. Jahrhundert – Quo vadis?“ abzugeben.

Diese Erklärung wird im Punkt 1 der Tagesordnung abgegeben.

09.16.59Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Manfred Gruber: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteil­ten Anfragebeantwortungen 2267/AB und 2268/AB verweise ich auf die im Sitzungs­saal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundes­rates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 3)

*****

 


Präsident Manfred Gruber: Eingelangt ist das EU-Arbeitsprogramm 2007, Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an das österreichische Parlament, das dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Ebenso eingelangt ist die Jahresvorschau 2007 des Bundesministeriums für Finanzen auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates, die dem Finanzausschuss zur Vorberatung zugewiesen werden.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Ebenso bildet die Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Ersatzmitgliedes des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 F-VG 1948 einen Gegenstand der heutigen Tagesordnung.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Manfred Gruber: Auf Grund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich, die Tagesordnungspunkte 2 und 3 unter einem zu verhandeln.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 11

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vor­gehen.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Manfred Gruber: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich be­kannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Franz Breiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das multiple Versagen der Behörden im Fall der Verwahrlosung dreier Kinder in Gramastetten (Bezirk Urfahr Umgebung) und das mögliche Versagen der befassten Gerichte an die Frau Bundesminister für Justiz vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

09.20.591. Punkt

Erklärung der Landeshauptfrau von Salzburg Mag. Gabi Burgstaller zum Thema „Föderalismus im 21. Jahrhundert – Quo vadis?“

 


Präsident Manfred Gruber: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zu Punkt 1 der Tagesordnung.

Gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erteile ich der Frau Lan­deshauptfrau zu dem von ihr gewählten Thema das Wort. – Bitte sehr, Frau Landes­hauptfrau.

 


9.21.03

Landeshauptfrau von Salzburg Mag. Gabi Burgstaller: Sehr geschätzter Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Liebe Gäste! Ich bin ein neugieriger Mensch – ich meine, das ist eine der wesentlichen Triebfedern der Politik und der Politiker – und habe natürlich sofort in die Lade der Bundesregierung hineinge­schaut, die da offensichtlich an diesem Pult angebracht ist. Und was finde ich dort? – Mozartkugelschachteln. Leer. (Heiterkeit.) Das ist, würde ich sagen, ein wunderbares Zeichen, dass sich die Menschen hier auch immer gerne an Salzburg erinnern, und ich werde mir daher erlauben, eine große Schachtel Mozartkugeln an den Bundesrat wei­terzuleiten (allgemeiner Beifall), verbunden mit der herzlichen Einladung, unser wun­derschönes Bundesland möglichst oft zu besuchen, nicht nur, um unsere Tourismus­statistik aufzubessern oder noch mehr zu verbessern, sondern vor allem auch deshalb, um darüber zu diskutieren, wie es denn weitergeht mit unserem Föderalismus und auch mit dem Bundesrat. Quo vadis, Bundesrat?, könnte man ja auch fragen.

Sie wissen, dass ich in die Arbeitsgruppe Staats- und Verwaltungsreform nominiert wurde, genauso wie mein hoch geschätzter Kollege Sausgruber. Wir haben Experten dorthin entsandt, weil wir der Meinung sind, dass die möglichst in Ruhe, ohne poli­tische Zurufe arbeiten sollten. Ich halte es durchaus für angebracht, dass ich als Vor­sitzende der Landeshauptleutekonferenz den Bundesrat – es muss ja nicht der ganze sein, aber eine Abordnung des Bundesrates – zu uns nach Salzburg einlade, damit ich mit Ihnen diskutieren kann, wie Ihre Vorstellungen zur Weiterentwicklung des Bundes­rates sind, denn ich glaube, jeder, der hier herinnen sitzt, weiß ja, dass es einen gro­ßen Reformbedarf gibt, aber wir wissen auch alle miteinander, dass es nicht so einfach sein wird, weil die Interessen sehr unterschiedlich sind, je nachdem, ob man Reformen aus der Sicht der Länder sieht, aus der Sicht der Bundesregierung, aus der Sicht des Nationalrates. Daher wäre es, glaube ich, ganz gut, einmal darüber zu diskutieren.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 12

Ich kann Ihnen nichts versprechen, sage ich gleich dazu, aber es würde mich sehr in­teressieren, wie Ihre Positionen so lauten. Und, Herr Präsident, wenn du einverstanden bist, fahren wir vielleicht ins schöne Gasteinertal (Präsident Gruber: Ich würde mich sehr freuen!) und diskutieren über die Zukunft des österreichischen Bundesrates.

Es ist ja ein bisschen eine Ironie der Geschichte, dass ich heute hier stehe, nicht wahr, Herr Kollege Konecny? Ich kann mich erinnern, dass ich als relativ junge Klubvorsit­zende frei nach dem Motto, alles so zu sagen, wie man sich’s denkt, einmal gemeint habe: Aufwerten oder abschaffen, es ist höchst an der Zeit. Daraufhin habe ich einen Ehrenbecher bekommen und wusste nicht, wofür, aber mit der Aufforderung, doch endlich in die inhaltliche Debatte einzusteigen. Ich habe mir nie gedacht, dass ich vor dem Bundesrat stehen werde und mit Ihnen darüber diskutieren kann, wie es weiter­geht, aber ich gehöre wirklich zu denen, die sagen, es ist allerhöchste Zeit, mit der all­jährlichen Sommerlochdebatte aufzuhören, wie es denn weitergeht mit dem Bundesrat, und einzusteigen in eine seriöse Diskussion darüber, welche Anforderungen wir im 21. Jahrhundert an unseren Föderalismus, an unsere Bundesstaatlichkeit und natürlich auch an unseren Bundesrat stellen.

Dass ich das als Landeshauptfrau tue, war auch nicht wirklich zu erwarten, zumindest nicht vor zehn Jahren, auch nicht vor drei Jahren für mich, aber es stärkt meine Posi­tion, es aus dem Blickwinkel der Länder zu sehen, wobei ich versuche, hier nicht Par­teiinteressen in den Vordergrund zu stellen, sondern die Interessen der Republik Ös­terreich und die öffentlichen Interessen und Anforderungen an eine zweite Kammer, wie wir sie in Zukunft anstreben sollten.

Zuallererst möchte ich natürlich die Gelegenheit nutzen, wenn ich schon hier bin, unse­rem Präsidenten aus Salzburg herzlich zu gratulieren. Sie haben vielleicht mitbekom­men, dass wir schon am 1. Jänner 2007 die Amtsübergabe am Wolfgangsee erleben durften. Es war nicht unbedingt das beste Wetter, es waren auch nicht alle besonders ausgeschlafen, und es hat ordentlich geschaukelt. Also es hat sich schon abgezeich­net, dass das Jahr 2007 hohe Wellen schlagen wird. Trotzdem hat unser Präsident wieder festen Boden unter den Füßen, und ich meine, er wird ein guter Kapitän sein, um in den nächsten Monaten den Bundesrat durch die Herausforderungen und durch das bewegte Wasser der Innenpolitik zu führen. Ich wünsche dir, Herr Präsident, einen guten Kurs für die zentralen Weichenstellungen, die sich in den nächsten Monaten er­geben werden! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich kann nur sagen, für diese Zeiten kann man sich keinen besseren wünschen als einen politisch erfahrenen Menschen, der schon auf allen Ebenen agiert hat. Er war Landtagsabgeordneter, Bürgermeister und ist jetzt Bundesratspräsident, also er kennt alle drei Ebenen der Politik gut. Daher, meine ich, wird er nicht blind sein auf einem Auge, sondern schauen, was gut ist für das Gesamte.

Wenn ich schon den Wolfgangsee kurz gestreift habe, dann meine ich auch – und das meine ich sehr ehrlich –, dass wir uns bei allen Reformüberlegungen immer auch vor Augen führen müssen, wie die Menschen denken. Ich habe oft den Eindruck, dass die Menschen schon viel weiter sind als die Politik. Gerade am Wolfgangsee zeigt sich das. Er grenzt ja an die zwei schönsten Bundesländer Salzburg und Oberösterreich, das darf ich sagen. (Beifall und Zwischenrufe.) Applaus von diesen beiden Bundeslän­dern. Es sind natürlich alle Bundesländer in Österreich wunderschön, aber dieser See grenzt eben an die zwei Bundesländer Salzburg und Oberösterreich.

Mir ist es bei diesem Besuch wieder so richtig aufgefallen, dass die Menschen diese Grenzen schon lange nicht mehr kennen. Es ist einfach eine Selbstverständlichkeit, dass die Gemeinden abwechselnd von Bundesland zu Bundesland einmal dort die Volksschule haben, da die Hauptschule, dass die Kinder da oder dort zur Schule ge-


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hen können, je nachdem, wie es am besten organisiert werden kann, dass die Kinder­gärten von Oberösterreichern und Salzburgern besucht werden – mit unglaublichen Hürden, sage ich dazu, im rechtlichen Sinne und auch im finanziellen Sinne; das ist auch eine Anforderung an die Landespolitik –, dass die Menschen ins Krankenhaus nach Bad Ischl gehen oder nach Salzburg, nach Vöcklabruck oder in unser Zentral­krankenhaus in Salzburg.

Hier ist eine Adaptierung unserer Bestimmungen notwendig, denn es ist geradezu gro­tesk, dass wir eine bundesländerweise Krankenhausfinanzierung haben, dass aber die Patienten mobil sind und das Geld der Leistung nicht folgt, ausgenommen Patienten aus dem Ausland. Auch das haben wir uns übrigens im neuen Regierungsprogramm vorgenommen, dass wir das Leistungsprinzip einführen wollen, aber ich fürchte, das wird fast schwieriger als die Bundesstaatsreform.

Damit sind wir wieder beim Hauptthema für heute. Das Jahr 2007 wird ein spannendes Jahr – das wage ich vorauszusehen – mit einer großen Staats- und Verwaltungsre­form, denn das ist angesagt und das haben wir im neuen Regierungsübereinkommen vereinbart. Diese Reform soll im Wesentlichen im Jahr 2007 ausgearbeitet werden. Jetzt sind einmal die Experten dran, und ich hoffe, dass sie ohne zu viele tagespoli­tische Zurufe tatsächlich arbeiten können. Sie können aufbauen auf, so meine ich, sehr guten Ergebnissen des Verfassungskonvents, auf guten Ergebnissen, was die Zusam­menschau betrifft – weniger was das Ergebnis per se betrifft, denn hier hat man sich ja in vielen Fragen nicht einigen können –, und es gibt eine klare politische Absichtserklä­rung dieser Bundesregierung.

Jetzt könnten Sie einwenden, das hat es früher auch schon gegeben. Stimmt! Aber noch nie, glaube ich, waren die Voraussetzungen so gut für eine wirklich umfassende Reform, weil es, ergänzend zum politischen Willen einer Bundesregierung, die noch dazu eine Verfassungsmehrheit hat – ich sage dazu in Klammer: was nicht immer alle freut, vor allem die Opposition nicht, aber trotzdem, es ist so, es ist eine Bundesregie­rung mit Verfassungsmehrheit –, jetzt in den Bundesländern nicht mehr diese gegen­seitige Ausrede gibt, die Schwarzen oder die Roten wollen nicht, denn die sind jetzt gleich stark, zumindest an Köpfen, nämlich vier zu vier. Ich hoffe auch, dass der neunte Landeshauptmann mitmachen wird bei einer großen Reform, denn ich glaube, die Konstellation ist gut. Es ist ein so genanntes Window of Opportunity. Und wie oft gibt es so etwas schon im Leben eines Politikers? Also sollten wir es auch entspre­chend nutzen. Es wird sich zeigen, ob das tatsächlich eine Bundesstaatsreform ist mit dem Attribut große Reform. Ich glaube, die Voraussetzungen sind gegeben.

Was brauchen wir dafür? Wir brauchen ein neues Rollenverständnis. – Ich begrüße den Herrn Staatssekretär, der uns in Olympiafragen vehement unterstützt, so hoffe ich und weiß ich. – Darf ich das überhaupt sagen als Landeshauptfrau? Schon, oder? – Gut. Okay. (Heiterkeit.) – Es gibt hoffentlich ein neues Rollenverständnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und das Ziel einer zeitgemäßen Arbeitsteilung, denn ich glaube, gerade das sollten wir dabei verfolgen. Es geht nicht so sehr um die Frage: Was gehört mir oder dir an Macht?, sondern die entscheidende Frage ist: Was braucht unsere Zeit, was brauchen die Menschen in unserem Land?

Was wir auch brauchen – und das sage ich offen und ehrlich – ist ein Bundesrat als eine hörbare Stimme der Länder. Davon sind wir – Hand aufs Herz! – weit entfernt. Oder empfinden Sie sich als eine hörbare Stimme der Länder? Da sind wir wirklich meilenweit davon entfernt, aber trotzdem meine ich, es muss die Zielsetzung sein.

Wenn Sie sich die heutige Tagesordnung anschauen, so ist diese ein Beweis dafür, dass es den Reformbedarf gibt. Es ist zwar interessant, dass Sie später das Bundes­ministeriengesetz als einen Tagesordnungspunkt behandeln werden, aber wenn man


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ganz ehrlich ist, dann ist das nicht die entscheidende Frage für die Länder, auch nicht für eine Länderkammer, sondern wichtig wäre zum Beispiel, dass Sie hier herinnen die 24-Stunden-Pflege diskutieren und ihre Auswirkung auf die Bundesländer. Die sind ja bekanntlich zuständig für die Pflege, aber sie brauchen das nötige Kleingeld, um das auch zu tun, und rechtliche Rahmenbedingungen im Arbeitsrecht, die der Bund setzen muss.

Spannend wäre es, das Thema der Mindestsicherung, die geplant ist, zu diskutieren. Wie können wir das implementieren in den Bundesländern bei allen Unterschiedlichkei­ten? Tut es den Bundesländern gut, solche Unterschiedlichkeiten zu haben? Die einen Bundesländer beziehen das Vermögen ein, andere tun das wieder nicht. Manche Bun­desländer verlangen von den Angehörigen, von den Kindern einen Beitrag bei einem Heimplatz, andere tun das nicht.

Also das, glaube ich, wären spannende Debatten aus der Sicht der Länder, und so wünsche ich mir nichts mehr, als dass nach der Reform im Jahr 2007 tatsächlich ein runderneuerter Bundesrat vor dem übernächsten Landeshauptmann oder der Landes­hauptfrau sitzen und heftig debattieren wird: Was brauchen denn die Länder?

Dafür wünsche ich mir eine starke Allianz für die nächsten Wochen und Monate. Sie wissen ja, dass geplant ist, die Expertengruppe möglichst klein zu halten, das heißt, es wird nicht möglich sein, dass etwa Vertreter des Bundesrates in dieser Expertengruppe sind. Im Übrigen bin ich wirklich überzeugt davon, dass es ausreicht, wenn sechs Ver­treter in dieser Gruppe sind. Von Ihnen wird ja der Herr Vizepräsident des Bundesrates mit dabei sein, allerdings als Vertreter von Kollegem Sausgruber, aber trotzdem, er kennt, denke ich mir, den Background des Bundesrates gut. Wichtig ist, dass wir die Allianz außerhalb schmieden, daher auch meine Einladung, dass wir dazu eine ge­meinsame Diskussion führen sollten.

Das entscheidende Prinzip für die Reform muss sein, dass man nicht für oder gegen etwas ist aus Prinzip, sondern dass man sich immer vor Augen hält: Wie schaut ein moderner, ein zur Leistung anspornender und ein der solidarischen Verantwortung für diese und für die nächste Generation verpflichteter Staat in Zukunft aus? Welchen Rahmen braucht dieser Staat? Und der zentrale Rahmen ist wohl die Bundesverfas­sung selbst.

Die politische Klasse – und das sind wir alle miteinander – hat nicht mehr die Option, sich für oder gegen eine Weiterentwicklung des Systems entscheiden zu können, son­dern ich glaube, wir sind bereits mitten drin in der Weiterentwicklung. Wir müssen nur noch den Überbau entsprechend anpassen. Dazu müssen wir die Veränderungen ana­lysieren, wir müssen zeitgemäße Schlussfolgerungen daraus ziehen, dann steht einer großen Bundesstaatsreform nichts mehr im Wege.

Der Maßstab dabei sollte nicht eine Saturiertheit und allgemeine Zufriedenheit der maßgeblichen Politiker im Jahr 2008 sein, sondern der Maßstab muss sein, dass wir den Mut haben zu Adaptierungen, die nicht nur eine Legislaturperiode halten werden, sondern weit darüber hinaus, vielleicht mit der Option für die nächsten 50 Jahre. Ziel muss sein, dass wir – um einen modernen politikwissenschaftlichen Begriff zu gebrau­chen – „good governance“ auch bei uns einführen, nämlich qualitätvolles Regieren. Bei dieser Form des Regierens geht es nicht mehr so sehr um Hierarchien in einem Staat, nicht mehr so sehr um eine Ausrichtung nach staatsrechtlichen Systemansprüchen, sondern darum: Was ist tatsächlich die Qualität und der Nutzen für die Menschen? Im 21. Jahrhundert, glaube ich, stellen sich diese Fragen und weniger die Fragen des 20. Jahrhunderts.

Was wird von der Rechtswissenschaft und von vielen auch aus Salzburg – Universi­tätsprofessor Koja kann ich hier besonders nennen – seit vielen Jahren kritisiert? Vor


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allem natürlich die Frage der Kompetenzverteilung. Das wird ein spannendes Thema, vor allem für die Länder, werden.

Dazu sage ich auch – ich habe es im Konvent schon erwähnt – ein offenes Wort. Hier müssen wir uns fragen: Was brauchen die Menschen? So wie wir beim Tierschutz – der für manche als die wichtigste politische Zielsetzung gesehen wird; für mich nicht – Wichtiges gesagt haben, nämlich: Was macht es denn für einen Unterschied, ob etwas in Oberösterreich, im Burgenland oder sonst wo geschieht?, so meine ich, muss das noch viel mehr für die Frage einer gemeinsamen Bundeskompetenz etwa im Jugend­bereich, wie das zurzeit auch diskutiert wird, gelten. Was macht es denn, bitte, für einen Unterschied bei einem jungen Menschen, ob er da oder dort lebt? Ich finde, der Schutz, die Rechte und auch die Pflichten sollten eigentlich in ganz Österreich die glei­chen sein, und daher meine ich, auch hier kann eine Kompetenzbereinigung stattfin­den.

So meine ich überhaupt, dass wir uns überlegen sollten, dass wir wesentlich mehr Standards als in der Vergangenheit einführen sollten, egal, ob es um den Schulbereich geht, ob es um die Kinderbetreuung geht und vieles andere. Das ist in Ansätzen be­reits im Regierungsübereinkommen enthalten, dass wir uns einfach immer die Frage stellen: Was brauchen die Menschen in unserem Land?, und nicht: Was brauchen die Institutionen in unserem Land? Gerade in der Politik ist man oft versucht, alles aus dem Blickwinkel der Einrichtung, der man angehört, zu sehen, und schlüpft weniger aus dieser Rolle heraus und überlegt: Was brauchen denn die Bürger tatsächlich? Was ist fair? Was ist gerecht? Was ist zukunftsorientiert?

Wenn man sich das überlegt, dann, glaube ich, ist das Loslassen manchmal einfacher und auch das Schauen, was wirklich das Beste für die Menschen ist. Da wird es in vie­len Kompetenzbereichen zu Abtäuschen kommen. Ich kann mir zum Beispiel durchaus vorstellen, dass wir uns betreffend unserer Kompetenz, die wir in Fragen der Raumord­nung, des Bauens haben – bei den bautechnischen Vorschriften gibt es sicherlich auch einiges zu vereinheitlichen –, dort, wo es um das Organisieren eines Raumes geht, zum Beispiel wunderbar überlegen könnten, wie wir einen zeitgemäßen Denkmal­schutz einbinden können. In vielen anderen Fragen hingegen vertrete ich die Meinung, es tut gut, wenn Österreich als kleiner, wenn auch noch so feiner Staat einheitliche Rahmenbedingungen kennt und hat.

In diese Richtung, glaube ich, sollten wir arbeiten, dann wird es wesentlich einfacher, eine neue Kompetenzverteilung zu finden. Nicht Bargaining, nicht Basar, sondern Ori­entierung an den Bedürfnissen der Menschen und auch an den Bedürfnissen der Ge­bietskörperschaften.

Auch die Starrheit des Systems wird immer wieder – vor allem von der Rechtswissen­schaft, aber durchaus auch von aktiven Politikern – angeführt, und es ist tatsächlich so, dass unsere Bundesverfassung wenig Beweglichkeit enthält. Hier finde ich die Überle­gungen in Richtung einer dritten Säule als sehr zeitgemäß und klug. Das sollte auch weiterentwickelt werden. Dass eine ursprünglich sehr klare, systematische Verfassung im Laufe der Zeit viele Satelliten bekommen hat, das wissen Sie alle bestens, Sie ha­ben es ja oft genug beschlossen oder mitbeschlossen. Es ist höchst an der Zeit, eine neue Systematik hineinzubekommen. Das ist eher ein formeller Akt, das wird nicht so schwierig sein.

Die Anfälligkeit für Blockaden, die immer wieder gesehen wird, gibt es zwar, aber ich meine, nicht in dem Maße, wie sie notwendig sind, und gerade nicht dort, wo sie sinn­voll verankert sein könnten, etwa bei einem neuen Bundesrat.

Daher meine ich, dass der Bundesrat gerade im Zusammenleben von Bund und Län­dern künftig eine ganz zentrale Rolle haben kann. Ich verweise etwa auf die Überle-


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gungen unseres Herrn Bundespräsidenten, die heute schon genannt wurden und die, so meine ich, bereits sehr konkret sind und an die man gut anknüpfen kann. Es gibt darüber hinaus andere Vorschläge, die einfach auch zur Überlegung haben: Wie kön­nen wir – ich weiß, das ist für Politiker immer schwierig – entrümpeln?

Ich kann mir vorstellen, dass es etwas frustrierend ist, wenn Gesetze beeinsprucht werden, was ja nicht allzu oft passiert – außer es ist einmal eine besondere politische Konstellation –, und dann gibt es immer die Beharrungsbeschlüsse im Nationalrat. Es wäre viel besser, nach dem Motto „weniger ist mehr“, dort, wo man einen Einspruch macht, tatsächlich zu wissen: Damit verändert sich etwas. Erstens, glaube ich, sollte man schon früher einbezogen werden, nicht erst wenn das Gesetz im Nationalrat be­schlossen ist (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und Grünen) – das beweist natürlich auch die Arbeitswilligkeit des Bundesrates, wenn Sie diesen Vor­schlag für richtig finden –, zum Zweiten sollte man immer überlegen: Was ist der Maß­stab eines Einspruchs?

Jetzt ist mir völlig klar, dass wir alle Angehörige einer politischen Partei und einer Über­zeugung sind. Das heißt, es wird immer auch den parteipolitischen Maßstab geben, ob man etwas für richtig oder falsch hält. Bei einem Bundesrat, der sich als Stimme der Länder versteht, ist auch, denke ich mir, wichtig, was das für eine Auswirkung auf die Bundesländer hat. Bedeutet das einen grauen Finanzausgleich? Heißt das eine finan­zielle Belastung der Länder? Ist das womöglich ein Eingriff in ein Verwaltungssystem, der nicht ausgewogen ist? Und, und, und.

Diese Fragen, glaube ich, sollte man sich bei einem Einspruchsrecht stellen. Ich würde in solchen Fragen auch bis zu einem Vetorecht gehen. Ich kann Ihnen aus voller Über­zeugung anbieten, dass das, was zurzeit im Konsultationsmechanismus vereinbart ist, in dieser 15a-Vereinbarung, dem Bundesrat übertragen werden sollte – das ist ein In­put meinerseits auch für die Arbeitsgruppe –, denn da, denke ich mir, ist der richtige Ort zu sagen: Das ist eine Belastung der Länder. Das kann der Bund entweder den­noch beschließen, indem er sagt, ich zahle es mir selber, oder er muss eben darauf verzichten. Das, denke ich mir, wäre ein guter Weg, denn jetzt ist ein Konsultations­mechanismus ja ein Zusammentreffen von Heerscharen von Beamten, die alle mitein­ander anreisen müssen aus den Ministerien. Eine derartige Sitzung kostet unglaublich viel Geld, bringt aber null, und zwar aus dem einfachen Grund, dass es eine politische Entscheidung ist, ob man es will oder nicht, ob die Länder sagen, wir sind bereit, das zu bezahlen. Da können wir hundert Beamte zusammensetzen, die werden die Ent­scheidung nicht treffen können.

Also ein Input meinerseits: Konsultationsmechanismus in der jetzigen Form abschaffen und dem Bundesrat die Aufgabe zuteilen, dass er eine Beeinspruchung macht, wenn finanzielle Interessen der Länder berührt sind.

Darüber hinaus gibt es vieles andere, und die Landeshauptleute haben sich, glaube ich, gerade in den letzten Jahren sehr kompetent mit diesen Fragen auseinanderge­setzt. Es gibt mehrere Beschlüsse der Landeshauptleutekonferenz – auch schon in der Zeit, in der ich dieser informellen Einrichtung angehöre –, die sehr substantiell sind, vor allem in Richtung eines effektiven Mitwirkungsrechtes bei Akten des Bundes, wenn es um die Zuständigkeit der Länder geht und um die Vollziehung sowie um die finanziellen Folgen. Das heißt, auch hier wäre der Bundesrat die erste und wichtigste Adresse.

Das andere ist die Frage eines gebundenen Mandats, die ich natürlich gerne mit Ihnen im Gasteinertal – oder wo immer wir uns treffen werden – diskutieren möchte. Die Bin­dung ist natürlich keine rechtliche, aber bis jetzt war es eher so, dass die jeweilige Fraktion respektive Partei ihre Bundesräte mobilisiert hat. Wir haben in Salzburg ver­sucht, über alle Parteigrenzen hinweg zu Entscheidungen zu kommen, denn ich finde,


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es gibt Landesinteressen, die für alle gelten und nicht nur für bestimmte Parteien, aber es war sehr, sehr mühsam. Die Frage, die wir daher unbedingt diskutieren sollen, ist: Wollen wir ein gebundenes Mandat? Es ist in der jetzigen Struktur des Bundesrates eigentlich ein Fremdkörper.

Es geht natürlich auch um die Frage der künftigen Zusammensetzung. Die Landes­hauptleute haben sich im Jänner 2005 wieder mit dem Thema beschäftigt und sich vor allem für die dritte Säule ausgesprochen und dafür, dass auch der Bundesrat bei einer Änderung zustimmen sollte, des Weiteren, dass der Bundesrat künftig das Recht ha­ben soll, zu Gesetzesvorschlägen eine Stellungnahme abzugeben, sie an den zustän­digen Nationalratsausschuss weiterzuleiten und sie dort auch zu vertreten, dass auch Teile von Gesetzesbeschlüssen beeinsprucht werden können und nicht nur ganze Gesetze, und dass er eben bestimmte Zustimmungsrechte vor allem in Fragen Finanz­ausgleich et cetera haben soll.

All das, denke ich mir, ist eigentlich eine sehr werthaltige Debatte zur Frage Bundesrat, und es besteht die Chance, bei der Frage aufwerten oder abschaffen, tatsächlich zu einer Aufwertung oder völligen Neubewertung zu kommen. Es geht nicht darum, dass man ein Recht mehr bekommt, sondern man muss sich schon die Systemfrage, so meine ich, stellen. Es tut uns allen sehr gut, wenn wir das tun.

Das Arbeitsprogramm der Bundesregierung hat dem Ganzen eine zusätzliche Dynamik gegeben. Ich gehe davon aus, dass Sie sich schon umfassend damit beschäftigt ha­ben. Bis 30. Juni wird es die Vorschläge aus der Expertengruppe geben, und wenn man das Arbeitsprogramm ernst nimmt, so schaut auch für den Bundesstaat und für die Länder dabei einiges heraus, wenn ich etwa an das Kapitel Staats- und Verwal­tungsreform denke mit der klaren Ansage, dass die Länderautonomie gestärkt werden soll. Jetzt sage ich, es ist auch nicht verboten, dass der Bund manchmal von den Län­dern etwas lernt, wie zum Beispiel die Verlängerung der Legislaturperiode von vier Jahren auf fünf Jahre, die ich vehement vertreten habe. Ich denke mir, das ist höchst an der Zeit und wird nach der nächsten Wahl, so hoffe ich, tatsächlich gelten, denn vier Jahre sind wirklich nicht genug, sind nicht genug Zeit, um größere Veränderungen durchzuführen.

Ich freue mich auch, dass der Bund den Ländern zugesteht, dass künftig eine Reduk­tion der bundesverfassungsrechtlichen Organisationsvorgaben erfolgen soll, dass der Bund gegen Gesetzesbeschlüsse der Länder künftig keinen Einspruch mehr machen will, ausgenommen es geht um finanzielle Fragen. Ich könnte Ihnen da viele Geschich­ten erzählen. Da beschäftigt sich der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes mo­natelang mit Einsprüchen, um zu guter Letzt dann keinen Einspruch zu machen, weil der Bund finanziell ohnehin nicht berührt ist. Bestes Beispiel ist für mich die Frage der Zusammenlegung der Schulbehörden. Fünf Bundesländer haben es schon gemacht; zuletzt war es das Burgenland. Salzburg wollte es auch machen. Mit der klaren verfas­sungsrechtlichen Auskunft, dass das nicht geht, weil es verfassungswidrig ist, haben wir es zwei Jahre lang gestoppt gehabt in der Hoffnung, es gibt endlich eine bundes­verfassungsrechtliche Änderung.

Wenn man kein Einspruchsrecht mehr hat, dann ist es vielleicht da oder dort leichter. Vor allem ist es, denke ich mir, auch ein Beitrag zur Entlastung der Verwaltung, wie ich überhaupt glaube, dass wir die Verwaltungsreform dieses Mal so angehen sollten, dass wir nicht vorher schon abstrakte Zielsetzungen haben. Sie kennen das aus den Medien. Irgendein Zurufer sagt wieder, drei Milliarden kann man einsparen. Kürzlich haben wir mit den Landeshauptleuten diskutiert, und der Kollege Sausgruber und ich haben festgestellt, dass vor einigen Jahren alle gesagt haben, 3 Milliarden Schilling kann man locker einsparen in der Verwaltung, mittlerweile sagen die Gleichen, 3 Milli-


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arden € kann man locker einsparen. Das ist ein bisserl ein Unterschied, aber es wird halt einfach so dahingesagt.

Ich würde mir wünschen, dass wir alles durchforsten und überlegen: Was gehört wo­hin? Ich bin auch eine glühende Befürworterin, dass wir die mittelbare Bundesverwal­tung abschaffen, weil ich einfach finde, dass es für die Bürger wichtiger ist, rasch zu einer guten Entscheidung zu kommen, und nicht entscheidend ist, dass es möglichst viele Entscheidungsinstanzen gibt. Also wichtiger ist die gute Entscheidung und nicht, dass sie möglichst lang dauert. Das wäre auch, denke ich mir, ein wichtiger Teil einer derartigen Reform.

Die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten – das ist eine lange Liste, wenn man ehrlich ist. Da gibt es vieles zu tun, und das wird wahrscheinlich politisch nicht immer einfach sein.

Zu guter Letzt die Einrichtung von Landesverwaltungsgerichtshöfen. Auch da müssen wir natürlich schauen, was das kostet, denn dass das System dadurch billiger wird, er­wartet sich eigentlich niemand. Diskutiert wird seit Jahren darüber, aber die finanziellen Folgen sind bis heute nicht berechnet. Das wird eine der ersten Aufgaben auch der Expertengruppe sein, das in Auftrag zu geben.

Es wird nicht einfach werden im Jahr 2007, und die sprichwörtlichen Mühen der Ebene liegen ja noch vor uns. Aber ich meine dennoch, dass der verfassungspolitische Kurs in Österreich ganz gut festgelegt wurde, und daher gibt es, da der Wille vorhanden ist, hoffentlich auch den Weg, dass der Bundesrat sich in den nächsten Jahren nicht mehr mit dem Thema Sein oder Nichtsein wird beschäftigen müssen, sondern mit der neuen Identität vielleicht schon ab dem Jahr 2009 oder 2010. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte noch, da ich aus einem Bundesland komme, zur Bundesstaatlichkeit in eini­gen wenigen Sätzen anmerken, dass ich meine, Österreich braucht sie, und es gibt in Österreich auch keine Tendenz zu einer Zentralisierung, wie sie von manchen, vor allem von manchen Journalisten und von manchen Politikwissenschaftern, immer wie­der festgestellt wird. Ich kann sie nicht erkennen. Ich glaube, dass Österreich eine sehr lebendige Wirklichkeit an sehr unterschiedlichen und auch erfrischend anderen regio­nalen Identitäten hat.

Was ich auch beobachte, ist, dass in der Europäischen Union der Regionalismus als Ausgleich zu diesem Abgeben von Kompetenzen vom Nationalstaat nach Brüssel eine neue Belebung gefunden hat. Das trifft nicht nur für den Ausschuss der Regionen zu, der ja mit ähnlichen Fragen kämpft wie der Bundesrat: Braucht es ihn? Braucht es ihn in dieser Form, wenn er zahnlos ist? Was ich erlebe, ist, dass immer mehr in unserem vereinten Europa es so sehen, dass die Regionen die Seele unseres Europas sind. Jeder, der ein hohes Regionalbewusstsein und einen positiven Patriotismus hat, der erlebt, dass das Interesse sehr groß ist, woher jemand kommt, welche Identität es dort gibt, welche Traditionen es dort gibt. Das Verbinden von Regionen ist vielleicht der neue Weg zu einem modernen Europa, das sich immer mehr auch in Richtung euro­päischer Staat entwickelt. Auf der anderen Seite stehen eben die gestärkten Regionen, und die können wir durch die Bundesstaatlichkeit Österreichs sicher noch weiter för­dern und unterstützen.

Also ich meine, es geht wie beim Bundesrat auch hier nicht um Sein oder Nichtsein oder um Bundesstaatlichkeit, ja oder nein, sondern es geht einfach darum, einen zu­kunftstauglichen Bundesstaat zu schaffen.

Wenn wir am Status quo festhalten, dann halten wir eigentlich an einem gewissen Stillstand fest. Da müssen wir erkennen, dass der Status quo beim Bundesstaat, aber auch beim Bundesrat einer ist, wo man sagen muss, zum Leben zu wenig, zum Ster-


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ben zu viel. Das wollen Sie alle miteinander wahrscheinlich nicht als Feststellung. Da­her meine ich, die Reformen wollen wir mutig angehen. Wenn wir beim Status quo blei­ben, müssen wir auch akzeptieren, dass es eigentlich einen kontinuierlichen Schrump­fungsprozess beim Föderalismus gibt, und das wollen wir vor allem in den Bundeslän­dern nicht haben.

Es geht um eine neue Austarierung der Gewichte in unserem Staat, und ich habe zu der Frage der richtigen Balance zwischen Bund und Ländern aus früheren Debatten ein wunderbares Zitat gefunden, das Bundeskanzler Dr. Kreisky anlässlich einer klei­nen B-VG-Novelle 1974 im Nationalrat für alle Zeit festgeschrieben hat, das heute ge­nauso gilt, wie es 1974 gegolten hat, und das uns eigentlich auch sehr recht gibt. Ich darf ihn kurz zitieren:

„Über die Frage, was den Ländern und was dem Bund zustehen soll, wird es immer Meinungsverschiedenheiten geben. Es ist bisher noch kein Maßstab gefunden worden, anhand dessen diese Fragen entschieden werden könnten. Wesentlich ist aber die Einstellung dazu. Nicht immer liegt die Lösung in einer bundeseinheitlichen Regelung oder Behandlung eines Problems. Auf den Leistungswillen und die Leistungsfähigkeit der Länder muss vielmehr ebenso Rücksicht genommen werden wie auf die Bedürf­nisse der Bevölkerung. Gerade auf die Bedürfnisse der Bevölkerung muss Rücksicht genommen werden, wenn der Interessenkonflikt zwischen Bund und Ländern entsteht. Eine von diesem Geiste getragene Einstellung wird zu einem befriedigenden Interes­senausgleich zwischen Bund und Ländern führen.“

Also der Status quo ist keine taugliche Option. Entscheidend ist, dass wir auf die Inter­essen und die Bedürfnisse der Bevölkerung achten. Wir sollten eine klare Kehrtwende machen weg von allen Formen einer Bundesstaatsreform, die nach dem Beuteaspekt geführt werden. Sie erinnern sich an die Vergangenheit, wo sehr stark der Eindruck entstanden ist, jeder will möglichst viel Macht für sich haben. Ich glaube, diese Form ist einfach keine zeitgemäße und entspricht auch nicht den Bedürfnissen der Bevölke­rung.

Entscheidend ist im 21. Jahrhundert mehr denn je – bei einer gewissen Verarmung der öffentlichen Hand, während im Privatbereich Vermögen akkumuliert wird; nicht bei allen, sondern nur bei wenigen, aber trotzdem – der Faktor Effizienz. Den dürfen wir dabei auch nicht außer Acht lassen, denn eine Begleiterscheinung der Bundesstaats- und der Staatsreform wird einfach sein: Was bringt uns das auch finanziell? Wie kön­nen wir unseren Staat kostengünstiger organisieren? Wenn wir uns in diesen Refor­men vom Primat des öffentlichen Nutzens leiten lassen, dann sehe ich eine sehr gute, blühende Zukunft für den Bundesstaat und auch für den Bundesrat.

Es gibt daher – das möchte ich heute hier besonders an diesem Ort betonen – durch­aus die Chance auf einen neuen Bundesrat, auf einen runderneuerten Bundesrat, auf einen Bundesrat mit einem völlig neuen Selbstverständnis. Es ist ein spannender Weg, der vor Ihnen liegt. Wir stehen durchaus an der Schwelle zu einer neuen Ära des Bun­desrates und möglicherweise zu einer deutlich gestärkten Länderkammer.

Ich meine, dafür brauchen wir noch eine zukunftstaugliche Verfassung, dann steht dem Ziel nichts mehr im Wege, dass wir an einem modernen, leistungsfähigen und solidari­schen Österreich arbeiten wollen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

9.52


Präsident Manfred Gruber: Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau! Ich danke dir für deine sehr offenen und klaren Worte zur Staatsreform sowie zum Bundesrat.

Es liegt mir hiezu ein schriftliches Verlangen im Sinne des § 38 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung des Bundesrates vor, im Anschluss an die von der Frau Landeshauptfrau ab-


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gegebene Erklärung eine Debatte durchzuführen. Da das gegenständliche Verlangen ausreichend unterstützt ist, werde ich diesem ohne Weiteres stattgeben.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Professor Konecny. – Bitte sehr, Herr Bundesrat, Sie haben das Wort.

 


9.53.35

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Landeshauptfrau! Herr Staatssekretär! Es kann ja irgendwie kein Zufall sein, dass viele von uns, darunter auch ich, bereits die Debatte über die Regierungserklärung zum Anlass genommen haben, genau die Gesichtspunkte hervorzuheben, dass es ein neues Zusammenleben zwischen Bundesstaat und seinen Bundesländern – und angemerkt: die Gemeinden nicht vergessen – geben muss, und damals in der Debatte vor 14 Tagen darauf ein­gegangen sind. Es kann ja auch kein Zufall sein, dass die Frau Landeshauptfrau sich gerade dieses Thema für ihre Erklärung ausgesucht hat und dazu Substantielles beige­tragen hat.

Also ganz offensichtlich reift hier etwas heran aus verschiedenen Blickwinkeln, und wenn der Bundesrat spontan und fraktionsübergreifend bei einem Satz in Applaus aus­bricht, dann ist das nicht nur die Zustimmung zu dem, was du gesagt hast, nämlich dass der Bundesrat sehr viel früher eingeschaltet werden muss in den Prozess der Ge­setzwerdung, sondern dann ist das halt auch Ausdruck unserer gemeinsamen eigenen Vorstellungen, dass wir mit dieser Rolle des Letzten, der das Türl auf- oder zumacht – und im Regelfall macht er es auf –, nicht sehr glücklich sind, weil die reale Einfluss­nahme auf das simple Ja oder Nein, das im Regelfall ein Ja ist, beschränkt wird.

Sosehr es uns natürlich freut, wenn Probleme, die wir zu allererst einmal in unserer eigenen Arbeit erleben und über die wir gemeinsam diskutieren, damit auch auf eine öffentliche Ebene gehoben werden, so sehr ist es auch wichtig, zu erkennen und in einen Zusammenhang zu stellen, dass sich das natürlich nicht vor dem Hintergrund der Bedürfnisse des Bundesrates abspielt, wahrlich nicht, sondern vor dem Hintergrund einer Neuzusammensetzung jenes komplexen Puzzles, das unsere Republik und ihre Verfassung darstellt.

Es geht nicht um Macht, es geht nicht um Einfluss, es geht darum, die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger optimal zu erfüllen. Und vieles, was bedeutende Politiker die­ser Republik für wichtig gehalten haben, ist so im Orkus der Geschichte verschwun­den, dass es kaum mehr bemerkt wird.

Mir hat der Konvent die in meinen juridischen Studien nicht berührte Tatsache einer Verfassungsbestimmung erschlossen, dass ein wichtiges Recht den Ländern deren bundesgesetzlich noch zu regelnde Mitwirkung bei der Verpflegung des Heeres ge­währleistet. Das hat einen Hintergrund, weil die Monarchie die Nahrungsmittelbeschaf­fung für die Armee zentralisiert hat, womit dort eingekauft wurde, wo es am billigsten war, und das war dann nicht in Salzburg oder Oberösterreich, sondern in Galizien, was wiederum die dort sehr geärgert hat. Und das haben sie sich gemerkt. Und Republik hin, Republik her, sie haben es sich gut gemerkt und in die Bundesverfassung einge­bracht. Erstaunlicherweise ist das totes Recht geworden, und die entsprechenden ein­fachen Bundesgesetze wurden nie erlassen. Aber dieses Beispiel zeigt die Zugänge. Es zeigt, dass versucht wird, tagespolitische, aktuelle Erlebnisse verfassungsrechtlich abzusichern, auch wenn die praktische Bedeutung, wie in diesem Fall evident ist, null ist.

Es ist auch kein Zufall, so glaube ich doch, dass die Frau Landeshauptfrau Beispiele gewählt hat, die sehr stark wegführen von der Legistik, aber sehr stark in die Verwal-


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tung hineinführen. Wenn ich mir sagen lasse, dass in der Summe wahrscheinlich drei Viertel der Beschlüsse österreichischer Landtage mit dem Standardsatz beginnen: Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung vorstellig zu werden ... (Landeshauptfrau Mag. Burgstaller: Ersucht!) Ersucht. Oh, Entschuldigung, ich habe das Sprachverhältnis missachtet. Aber das ist ja nicht Legistik. Das sagt nichts gegen die Existenz der Landtage oder deren Rechte, aber man muss schon sehen: Födera­lismus ist zu einem guten Teil Praxis, ist Verwaltung, ist Leben und nicht so sehr die Frage, wie in der landesgesetzlich beschlossenen Bauordnung Stiegenbreiten oder Stufenhöhen festgelegt sind.

Da reagiere ich auch sehr positiv, wenn hier etwas angesprochen wird, was uns ja aus­drücklich versagt ist, was ich mir aber immer gewünscht habe: Zurückreden zu dürfen auf die Länder, sozusagen Föderalismus hat zwei Seiten oder sollte sie haben. Der Bundesrat könnte ein Scharnier in diesem System sein. Er ist natürlich das Organ, das gegenüber dem Bund Landesinteressen zu vertreten hat. Das ist festgeschrieben. Aber wie ist es mit den Ländern? Wir haben keine wirkungsvolle Möglichkeit – reden können wir über alles –, von uns aus einen Dialog mit den Ländern zu führen. Das wäre in höchstem Maße sinnvoll! Denn die Menschen, die hier sitzen und arbeiten, machen ja auch ihre Erfahrungen, zum Beispiel zu der Frage: Was ist in den Ländern besser auf­gehoben, und welche „Best Practices“ gibt es auch? – Denn neun Föderalismen be­deuten auch – vielleicht nicht neun, aber doch drei bis vier – unterschiedliche Lösun­gen. In diese Auseinandersetzung könnte der Bundesrat etwas einbringen: nicht dass er über den Kopf der Länder hinweg etwas entscheidet, aber dass er sich zumindest institutionell in einen Dialogprozess – einen multiplen Dialog, weil es ja neun Bundes­länder gibt – einbringen könnte. Das erscheint mir sehr wichtig.

Das Zweite, was mir sehr wichtig erscheint, ist, dass das Denken in den Kästchen der Kompetenz immer zu besonders originellen Lösungen führt, während das Denken in Zuordnungsebenen dabei nicht vorkommt. Frau Landeshauptfrau, du hast den Denk­malschutz genannt. Natürlich ist Schloss Ambras – um nicht mit Schönbrunn anzufan­gen –, ist auch die Festung in Salzburg vom denkmalpflegerischen Gesichtspunkt eine Kategorie sui generis oder, besser gesagt, nationaler Geltung; das Marterl – auch dann, wenn es aus dem Mittelalter stammt – zweifelsfrei nicht. Wieso dasselbe Rechts­system für beide gilt, ist nicht wirklich nachzuvollziehen. Wobei wir hier umgekehrt dann auch verfassungsändernde Gesetzesbeilagen beschlossen haben, um Gärten, die unter den Naturschutz fallen und daher kompetenzmäßig zu den Ländern gehören, von absolut nationaler Bedeutung als Denkmal schützen zu können. Da versagt mir irgendwie die Logik, um das nachzuvollziehen.

Da geht es darum, klar sagen zu können: Es gibt für ein Land unendlich bedeutungs­volle Kulturdenkmäler, auch solche im Gartenbereich, die zu schützen sind; es gibt die nationalen Aushängeschilder dieser Republik; und dann gibt es die kleinen Merkmale, die einen Ort, ein Gebiet, einen Bezirk unverwechselbar machen. Das ist ein Stück Praxis – das ist auch ein Stück Geld, um es dazuzusagen –, eine Kompetenz zu ha­ben, wo ich dann ohnehin mit dem Hut zu den Ländern betteln gehe: Die Kompetenz für den Denkmalschutz ist beim Bund, aber in der Realität kommt das Geld ohnehin von den Ländern, wenn es wirklich etwas zu erhalten gilt. Da gilt es der Realität nach­zukommen.

Auch das ist ein Gedanke, der hier schon ausgesprochen wurde: Der Konsultations­mechanismus könnte und sollte in Wirklichkeit ein Stück Fleisch von unserem Fleisch sein. Denn wo es um die finanzielle Belastung geht, sollte das absolute Veto in gleicher Weise Platz greifen wie dort, wo es um die verfassungsmäßigen Rechte der Länder geht.


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Ich möchte hier nicht eine Kommentarübung vorbringen. Ich möchte auch nicht eine Diskussion zu früh festklopfen. Die Diskussion ist eröffnet; für diesen Anstoß auch in unserem Kreis möchte ich mich sehr herzlich bei dir bedanken! Die Einladung ins Gas­teiner Tal ist gerne angenommen, um das zu vertiefen, was heute hier nur angerissen werden kann.

Klar ist: Diese Republik ist ein gutes Land für ihre Bürgerinnen und Bürger, aber die Aufgaben sind nicht optimal verteilt, die Gewichte sind nicht optimal verteilt. Der Ver­gleich mit dem Puzzle hinkt ein bisschen, aber es ist so zusammenzusetzen – es geht darum, dieselben Aufgaben und nicht weniger Aufgaben zu erfüllen –, dass es mit we­niger Verwaltungsaufwand, mit weniger Reibung zwischen den Ebenen, aber mit mehr Effekt für die Bürgerinnen und Bürger möglich wird. Wenn wir das in einem halben Jahr zusammenbringen – alle gemeinsam –, dann sind wir eigentlich sehr gut. – Danke. (All­gemeiner Beifall.)

10.04


Präsident Manfred Gruber: Danke schön, Herr Professor.

Meine Damen und Herren! Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich auch Herrn Staatssekretär Dr. Lopatka recht herzlich in unserer Mitte begrüßen. (Staatssekretär Dr. Lopatka: Danke!) Ich darf den Herrn Landtagsdirektor aus Salz­burg, Hofrat Dr. Karl Edtstadler, mit seiner Gattin sehr herzlich begrüßen. Ich freue mich sehr, dass du zu dieser Sitzung gekommen bist!

Wir gehen nun in der Debatte weiter, und ich darf Herrn Bundesrat Saller das Wort er­teilen. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.04.42

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Landeshauptfrau! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gratuliere zuerst unserem Bundesrat Manfred Gruber sehr herzlich zur Übernahme der Prä­sidentschaft des Bundesrates. Ich wünsche dir alles Gute, vor allem, dass es dir ge­lingen möge, im Sinne der Ländervertretung das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen!

Überraschung – vielleicht eine neue politische Kategorie –: Eigentlich dürften wir alle gemeinsam heute gar nicht mehr hier sein. Du gestattest mir, liebe, geschätzte Frau Landeshauptfrau, das zu sagen: Du hast mit großem, österreichweitem medialen Echo, fast wie ein Sommergewitter, 2005 die Abschaffung des Bundesrates gefordert. Da es aber diesbezüglich keine weiteren Initiativen gab, gibt es uns immer noch. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Natürlich ist es legitim und auch wichtig, über Bedeutung, Funktion und Arbeitsweise einer politischen Institution nachzudenken. Das ist auch eine vordringliche Aufgabe, gerade in den kommenden Monaten, für die neue Regierung. Ich deute aber natürlich deine Anwesenheit und auch die Rede, sehr geehrte Landeshauptfrau, so, dass es auch dein Anliegen ist, in der staatlichen Gesetzgebung über ein starkes Länderorgan im Parlament zu verfügen. Wir gemeinsam wollen natürlich nicht auflösen, sondern klug und sinnvoll aufwerten und neue Arbeitsteilungen in Staat und Gesellschaft zum Besseren für Demokratie und Bundesstaat erwirken. Das muss unsere vordringliche gemeinsame Arbeit sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Salzburg steht im Spitzenbereich der Bundesländer: in der Wertschöpfung der regiona­len Wirtschaft auf dem zweiten Platz nach Wien, in der geringen Arbeitslosenrate auf dem zweiten Platz nach Oberösterreich, in der Fremdenverkehrsintensität auf dem zweiten Platz nach Tirol, in der Kaufkraft nach Haushalten auf dem zweiten Platz nach Wien und in der Steuerkraft bei Bundesausgaben auf dem zweiten Platz nach Wien.


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Salzburg hat sich in den vergangenen Jahrzehnten unter verantwortungsvoller politi­scher Führung – wie den Landeshauptmännern Lechner, Haslauer, Katschthaler oder Schausberger – zur Spitze entwickelt. Unser Bundesland gehörte – und gehört natür­lich weiterhin – keinen einzelnen Personen, sondern vielmehr einer fleißig arbeitenden Bevölkerung aus einer interessierten, lernwilligen und zukunftsorientierten Jugend und Senioren, einer leistungsfähigen Wirtschaft mit gesicherten Arbeitsplätzen, einer traditi­onsreichen Kultur und einer sportlichen Bevölkerung, wobei es gerade bei der Bewer­bung für die Olympischen Spiele 2014 gilt, gemeinsam alle Kräfte zu mobilisieren. Das betrifft nicht nur die Stadt Salzburg und die Bezirke, sondern es ist auch für ganz Ös­terreich sehr wichtig.

Unser Bundesstaat besteht aus neun Ländern und neun Landesregierungen, und es muss auch in Zukunft gesichert bleiben, dass die Fähigkeit zur Selbstgestaltung regio­naler Politik erhalten bleibt. Es muss gesichert bleiben, dass die demokratische Legiti­mation durch regionale Parlamente und durch ein Zwei-Kammern-System auf nationa­ler Ebene grundgelegt ist.

Es gibt eine Erklärung der Landtagspräsidentinnen und -präsidenten vom Okto­ber 2006 an die neue Bundesregierung, und ich darf daraus zitieren: Föderale Struktu­ren gewinnen in Europa immer stärkere Bedeutung. Weiters muss der Bundesrat in die Lage versetzt werden, die Länder und Landtage ausreichend einzubinden und ihre Meinung gemeinsam mit dem Nationalrat auf europäischer Ebene wirksam vertreten zu können. Und: Die Reform des Bundesrates muss zu einer Stärkung der Mitwirkungs­rechte der Länder führen. Dazu zählt auch die Übermittlung von Vorlagen der Bundes­regierung gleichzeitig an den Nationalrat und den Bundesrat und auch an die Land­tage, sodass jedenfalls der Bundesrat zu einem früheren Zeitpunkt als bisher in den Gesetzgebungsprozess einzubinden ist. – Ich könnte anfügen: ebenfalls die Mitbe­schlüsse in finanziellen Fragen und vieles andere mehr.

Zusätzlich darf ich den Gedanken einbringen, dass der Bundesstaat und der Föderalis­mus von der Subsidiarität geprägt sind. Das soll kein Schlagwort, sondern gelebte Wirklichkeit und Verantwortung sein. Bundesstaat heißt auch, darüber nachzudenken, wie wir die Verwaltungsreform zur Entlastung, zur Entbindung der Zentren weiter vor­antreiben, und Bundesstaat heißt auch, der Tendenz zur Zentralisierung entgegenzu­wirken.

Ich möchte zusammenfassend feststellen und festhalten: Arbeiten wir alle gemeinsam zum Wohle unserer Bundesländer an der Stärkung des Bundesrates! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.10


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Kollege Saller.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte, Herr Kollege, du bist am Wort.

 


10.10.38

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Landeshauptfrau! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Schön, dass man zu einer Landeshauptfrau auch „Landeshauptfrau“ sagen kann; das sage ich einmal hier von dieser Stelle aus. Bei Ihrer früheren Amtskollegin aus der Steiermark habe ich es nie verstanden, dass man dieses „frau“ hinten nicht haben wollte. Ich habe es aber da­mals trotzdem gemacht, obwohl sie es nicht unbedingt hören wollte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, vielleicht noch dies: Es ist für mich immer sehr beeindruckend, wie sehr Sie, Frau Landeshauptfrau, wirklich auch in diesem großkoalitionären Gefühl aufgehen, aber ich


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 24

mache Ihnen gegenüber jetzt einen kleinen oppositionellen „Assist“. Kollege Saller hat gemeint: Ginge es nach Ihnen, gäbe es uns hier nicht mehr. – Da kann ich oppositio­nell ein bisschen zu Hilfe kommen. Sie haben damals wörtlich gesagt: „wenn es zu keiner Änderung kommt“, und diese „Änderung“ sollte man diesem Zitat fairnesshalber hinzufügen. Das haben Sie auch heute in einer für mich wirklich sehr, sehr erfrischen­den und beeindruckenden Weise gemacht.

Aber was Ihre Arbeitsgruppe zu Föderalismusreform, Staatsreform, Verfassungsreform angeht, scheint es mir so zu sein: Sie glauben, dass die große Koalition den Schlüssel zu allem Möglichen besitzt. Kollege Konecny, aber auch der Bundeskanzler erinnert sich noch an sechs darbende Jahre in den Zeiten der Opposition. Ich glaube, Sie sollten hier auch mit der Opposition in einen wirklich offenen Dialog eintreten. Denn es kann der Wind auch wieder einmal anders wehen, und ich glaube, für so große Re­formvorhaben sollte man zumindest einen möglichst großen gemeinsamen Nenner fin­den und sich nicht nur auf die derzeitige Stärke verlassen.

Ich persönlich glaube überhaupt, dass die große Koalition dem Gedanken der Verfas­sung am entferntesten ist und dass jegliche andere Form einer Regierungskoalition dem Geiste der Bundesverfassung viel mehr entspricht. Insofern hoffe ich, dass die große Koalition jetzt zwar eine Periode hat, aber dass sich diese Periode, auch im Sinne der Verfassung und der lebendigen Demokratie, wieder verändert.

Frau Landeshauptfrau! Den Konsultationsmechanismus in die Kompetenz des Bundes­rates zu legen, das ist wirklich ein frappierender, toller Vorschlag. Ich sage Ihnen, Ihr Kollege aus Linz, Landeshauptmann Pühringer, stand hier und sagte: Ich möchte den Finanzausgleich in die Kompetenz des Bundesrates verlegen. – Sie sehen, diese Er­klärungen der Landeshauptleute hier bei uns kündigen immer ganz, ganz große Ge­schenke an. Und was die Zeit betrifft: Es war vor mindestens vier Jahren, dass Herr Landeshauptmann Pühringer hier angekündigt hat, dass das sein wirklicher Wille sei.

Sie sagen jetzt, Ihr wirklicher Wille ist, die 15a-Vereinbarung in unsere Kompetenz zu legen. Ich warte nun sehnsüchtig darauf, welche Diskussion darüber einsetzt und wie das weiter greifen wird in der Arbeitsgruppe, von der Sie ja ein Teil sind.

Sie haben völlig Recht, und wir sind ja hier nicht die „Monty Pythons“ der österreichi­schen Innenpolitik, die sich manchmal so und manchmal so medial behandeln lassen und die nicht ihr Leid in diesem Mechanismus kennen. Am Ende immer nur ja oder nein zu sagen, das kann für Menschen, die halbwegs bei Sinnen sind, die die Politik und das Leben mitgestalten wollen, nicht das Ziel ihres Lebens sein. Das heißt – und da sind wir uns, glaube ich, in allen Fraktionen übergreifend einig –, dass wir immer wieder davon sprechen, dass wir eine andere Art der Sitzungskultur benötigen.

Sie haben heute etwas angezogen: Sie haben gesagt, wir sollten eigentlich über die Pflege diskutieren. – Frau Landeshauptfrau, wir können hier nichts diskutieren, wenn wir nicht Post vom Nationalrat bekommen, und wir können nicht etwas diskutieren, wenn wir nicht Post von der Bundesregierung bekommen! Es hätte uns zum Beispiel – meine Kollegen kennen das, aber ich sage es, weil Sie heute zum ersten Mal hier sind – die gesamte Debatte um die Ambulanzgebühren erspart, hätte das der Bundes­rat aus föderaler Sicht vorberaten, und möglicherweise wäre der Nationalrat dann einen anderen Weg gegangen.

Gerade bei der Pflege, die Sie heute angesprochen haben und zu der hier Maßnah­men anstehen, wäre es wichtig, wenn dies der Bundesrat aus föderaler Sicht vorbera­ten könnte und hier Interessen einbringen könnte, die dann beim Gesetzgeber sehr wohl auf einen Rückhalt treffen. Wir brauchen hier nicht die Doppelbesteuerungsab­kommen mit Algerien, Marokko oder Ägypten nachzuvollziehen, wir brauchen hier auch nicht Sozialversicherungsabkommen mit Russland oder Weißrussland zu behandeln,


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aber wir müssen substanzielle, große Fragen beraten, ob sie aus der Bildung, aus dem Sozialen, aus dem Bereich der Altenpolitik kommen.

Aber wir müssen auch über Formen der Kompetenzen im Bereich des Budgets bera­ten. Denn ich kann nur sagen, wenn wir hier nicht in irgendeiner Form am Finanzaus­gleich – und da hat Kollege Pühringer schon Recht gehabt – partizipieren können, dann ist das ein Problem. Ich wundere mich, und Sie sprechen ja selbst die Interessen der Länder und der Gemeinden an. Ich halte es derzeit ökonomisch für ein SOS, was die Gemeinden betrifft, nicht was die kleinen Gemeinden, sondern was die größeren Gemeinden betrifft. Wir alle wissen, dass gerade die größeren Gemeinden – wie Städte und Gemeinden insgesamt – der Innovationsmotor in diesem Land sind, insbe­sondere was Arbeitsplätze und Aufträge an die Wirtschaft betrifft.

Das sind für mich Themen, bei denen der Bundesrat geradezu dazu aufgerufen ist, mit­zusprechen, aber in einer anderen, grundsätzlich veränderten Sitzungskultur und nicht so, dass hier Menschen zum Schluss einfach nur ja oder nein sagen können. Manch­mal ist es kreativer, das hat die Zeit gezeigt, als es hier eine rot-grüne Mehrheit gegen­über einer schwarz-blau-orangen Regierung gab. Da war es kreativer, aber trotzdem war es nur eine kleine Möglichkeit.

Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau! Für diese Änderung, die Sie ankündigen, bedarf es natürlich schon zweier großer, prinzipieller Brücken. Das eine ist, dass auch die Landeshauptleute dazu bereit sind, hier Kompetenzen abzugeben, und ich sage das auch im Lichte dessen, was im Konvent zu sehen war. Und Sie haben es heute selbst gesagt, wofür ich Ihnen sehr dankbar bin, und Jürgen Weiss weiß, dass ich bei solchen Debatten immer wieder auf den informellen Charakter der Landeshauptleutekonferenz hinweise. Bei dem Versuch, die Landeshauptleutekonferenz institutionell auch verfas­sungsmäßig zu verankern, bin ich ganz bei Ihnen; das ist richtig und sollte auch so sein. Bei diesen Kompetenzen, die hier für die Landeshauptleutekonferenz generiert werden, wäre sozusagen keine Kompetenz an den Bundesrat gegangen. Das heißt, es geht um Ihr Misstrauen oder Ihre Bereitschaft, auch Kompetenzen an den Bundesrat abzugeben und ihn dadurch – Sie haben gesagt: nicht aufwerten; ich bin auch der Meinung, es geht nicht ums Aufwerten, sondern es wäre wichtig, den Bundesrat neu zu konstituieren.

Aber das andere gilt natürlich auch: Wir sind ja nur ein Teil des gesamten Parlaments neben dem Nationalrat. Es geht darum, dass es die Fraktionen – meine Fraktion ge­nauso wie die der Sozialdemokraten oder der ÖVP – als eine Verpflichtung begreifen, dann, wenn wir hier gemeinsam Entschließungsanträge verabschieden, sie auch zu behandeln! Derzeit erleben wir, dass alle unsere Initiativen eigentlich in der Schublade des Nationalrates landen. Das geht nicht!

Dieses gegenseitige Misstrauen und diese Ignoranz ist zu überspringen, und das ge­lingt vielleicht in den Vorgesprächen im Gasteiner Tal. Diese Einladung nehmen auch wir gerne an, weil ich glaube, dass wir – vielleicht wirklich bei einem Kamingespräch oder was auch immer – ganz intensiv darüber reden sollten.

Das gebundene Mandat: Frau Landeshauptfrau, nein! Das gebundene Mandat wider­spricht generell unserem Verfassungsgedanken, unserem Verfassungsprinzip.

Sie haben davon gesprochen, dass manchmal auch die Ländergrenzen, insbesondere zum Beispiel im Bildungsbereich, enorm sind. Ja! Ich habe das Gefühl, wenn heute ein Landeslehrer von Niederösterreich nach Oberösterreich will oder wenn gar eine Salz­burgerin in den Landeslehrerdienst nach Wien will, weil sie sich vielleicht in Wien ver­heiratet hat, dann war dagegen der Eiserne Vorhang nahezu als etwas Leichtes zu überwinden. Solche Dinge müssen wir vereinfachen! Da müssen natürlich auch die Länder flexibler werden.


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Meine Damen und Herren, ich bin neugierig, wie weit wir hier kommen. Was übrigens den Tierschutz betrifft, halte ich den für kein gutes Beispiel, denn im Tierschutz sind letztlich dieselben befasst: Wir haben nur noch mehr Zuständigkeiten, aber in der Voll­ziehung sind dieselben befasst, die es schon vorher waren. Ein sehr glückliches Bei­spiel von stringenter Zusammenfassung unterschiedlicher Gesetze war das also nicht.

Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau! Ich bin auf die Diskussion gespannt. Nehmen Sie den Arbeitstitel „Änderung der Sitzungskultur“ in Ihren Unterlagen mit; ich glaube, das ist ein ganz springender Punkt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bun­desräten von SPÖ und ÖVP.)

10.22


Präsident Manfred Gruber: Ich danke Herrn Kollegem Schennach.

Bevor ich Herrn Kollegem Kampl das Wort erteile, begrüße ich auch die Frau Staats­sekretärin im Bundeskanzleramt Silhavy unter uns. Herzlich willkommen, Frau Staats­sekretärin! (Beifall bei der SPÖ.)

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kampl. – Herr Kollege, du bist am Wort.

 


10.22.19

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Landeshauptfrau! Geschätzte Frau Staatssekretär! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Frau Landeshauptfrau, ich danke für die Möglichkeit, die wir heute wieder einmal ha­ben. Ein Landeshauptmann ist ja wesentlich näher bei uns als die Bundesregierung, und ich glaube, da können wir auch mehr Unterstützung erhalten bei dem, was wir wollen.

Es ist für mich, verehrte Landeshauptfrau, sicher so, dass ich Sie heute hier als Bun­desobfraustellvertreterin anspreche. Ich spreche Sie aber auch als Landeshauptfrau an, und Sie sind auch Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz. Das ist gut so! Das ist deswegen gut so, weil ich mir einige Dinge vorgenommen habe, die ich Ihnen als langjähriger Bürgermeister und langjähriger Abgeordneter gerne sagen möchte. Das erwartet die Bevölkerung von uns, dass wir etwas verbessern.

Warum gibt es in Österreich diese Zustände? – Heute zum Beispiel zeigt sich wieder: Der dritte Top-Polizist fliegt aus dem Amt. Wie lange werden wir denn noch solche Zu­stände haben, Zustände, für die niemand Verantwortung trägt? – Das ist ja das grö­ßere Problem! Da ist die Bevölkerung schon sehr, sehr ungeduldig, und sie sagt: Das kann doch nicht sein! Wird unsere Demokratie aufgeweicht? Warum ist der Vertrauens­verlust bei den Wählern schon so groß, dass wir teilweise nur mehr bis zu 60 Prozent Wahlbeteiligung haben?

Dann gibt es auch das Beispiel der verwahrlosten Kinder. Da haben wir heute dafür, Gott sei Dank, einen Dringlichen Antrag. Ich danke jenen, die diesen Antrag stellen, dass wir darüber diskutieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen, wie es in der Praxis zugeht. Da haben wir die Verantwortung, die Schweigepflicht beim Lehrer, dann haben wir die Schweigepflicht beim Arzt, dann haben wir die Schweigepflicht beim Jugendamt, dann haben wir die Schweigepflicht beim Bürgermeister, dann haben wir die Schweigepflicht beim Gendarmeriebeamten, und das ist das Problem, Frau Landeshauptfrau! Wir müs­sen hier eine Möglichkeit finden. Selbstverständlich sind wir für die Schweigepflicht, aber in gewissen Dingen müssen diese Körperschaften zusammenarbeiten und mit­einander reden dürfen; nicht, dass der eine dem anderen nichts sagen darf! Spricht er darüber, dann übertritt er eigentlich einen Paragraphen, wonach ihm das nicht zusteht. Da müssen wir also einen Weg finden.


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Ich habe da gerade einen Fall, einen ähnlichen Fall bei uns, nur wegen eines Sparkas­senbüchls. Stellen Sie sich vor, da gibt es ein Sparkassenbüchl, das gefunden wird. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Die Gendarmerie möchte von der Raika wissen, zu welcher Person die Nummer gehört; die Raika sagt, sie darf es nicht sagen. Und was pas­siert? – Das Sparkassenbüchl liegt heute noch bei der Gendarmerie; die Raika darf nicht sagen, wem es gehört. Zufällig sagt mir das gestern der Postenkommandant.

Ich meine, da gibt es Dinge, die wir mit der Zeit einfach nicht mehr verstehen und die Menschen auch nicht: dass das so kompliziert geworden ist und dass es für uns ein­fach nicht mehr möglich ist, rasch zu handeln.

Dann gibt es die Situation beim Missbrauch der Kinder, und das sind die Folgen davon: Man hört etwas; der Lehrer hört etwas, aber er redet nicht mit dem Bürgermeister; der Arzt hört etwas, aber er redet nicht mit der Fürsorge – bis es zu Gericht kommt, meine Damen und Herren. Erst dann, wenn es zu Gericht kommt, fängt die ganze Sache zu laufen an. – Lieber Freund, ich bin Bürgermeister, brauchst nicht den Kopf zu schüt­teln, ich kenne das Problem! (Bundesrat Ing. Einwallner: Auch der Bürgermeister ...!) Wir haben auch ein Gymnasium, lieber Kollege, und beim Gymnasium ... (Bundesrat Ing. Einwallner: ... aber nur in der Demokratie wechseln!)

Ja, Demokratie – aber das gehört dazu! Bitte, wir haben hier verantwortliche Politiker zu sein! Wir sind nicht hier, um nach Wien zu fahren und ein Buffet zu eröffnen, son­dern wir haben hier Verantwortung zu tragen!

Ich hätte aber auch noch etwas anderes zu sagen, und zwar, dass die Zahl der Men­schen an der Armutsgrenze in Österreich steigt, Frau Landeshauptfrau. Bitte, wie lange sollen wir noch zuschauen? – Alle wissen es, und wir sehen jedes Jahr, dass die Situa­tion wieder schlechter geworden ist. Die Entwicklung ist negativ – wieso passiert das?

Oder die Glaubwürdigkeit der Politiker: Gehen wir hinaus, und reden wir draußen ein­mal darüber, wie es mit der Glaubwürdigkeit der Politiker steht! Es steht nicht sehr gut mit ihr, und da müssen wir, glaube ich, viel tun.

Sehr geehrte Landeshauptfrau! Sie waren auch bei den Koalitionsverhandlungen und bei der Erstellung des Koalitionspapiers dabei. Ich muss Ihnen sagen, ich habe die 167 Seiten gelesen. Es ist sehr viel Gutes drinnen, sehr viel Gutes, sodass wir erwar­ten, dass es für viele Österreicher besser wird, dass wir uns eine gute Zukunft vorstel­len und dass wir weiterbauen können. Aber ein paar Sachen sind mir darin schon abgegangen, und zwar in der Energiepolitik: Es gibt keine klare Aussage in der Atom­politik. (Landeshauptfrau Mag. Burgstaller: Schon! Freilich!) Nein, nein, da muss ich schon sagen: Da gibt es ein Für und Wider. Da gibt es Kommissionen und so weiter, die da herangezogen werden sollen. Aber wir haben zum Beispiel Temelín mit bereits hundert Störfällen, und bis heute wird es nicht zugesperrt; die tun dort, was sie wollen. Es gibt ein Melker Papier, es gibt einen Vertrag, Frau Landeshauptfrau, und ich frage mich: Wenn Österreich mit Tschechien einen Vertrag macht, bitte was gilt ein Vertrag?

Oder da steht zum Beispiel nichts dazu drinnen, dass wir 80 Kilometer von Kärnten entfernt in Slowenien ein Kraftwerk, und zwar Krško, in einem Erdbebengebiet haben. Man weiß das, die Experten schlagen Alarm, aber es ist niemand in Österreich da, der sagt: Da müssen wir endlich etwas machen! – Das sind also ein paar Überlegungen, die mir darin fehlen.

Offen ist auch Folgendes, Frau Landeshauptfrau – Sie waren auch bei den Verhand­lungen über das Koalitionspapier dabei –: Was die Heimatvertriebenen angeht, geht mir auch vieles ab. Vor dem EU-Beitritt von Tschechien und Slowenien hat man ge­sagt, die Beneš-Dekrete und AVNOJ-Beschlüsse müssen letzten Endes so eingebun-


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 28

den werden, dass diese Sache einer rechtmäßigen Ordnung im gemeinsamen Europa zugeführt wird. Das steht auch nicht drinnen!

Das Nächste, Frau Bundesminister, ist etwas ... (Landeshauptfrau Mag. Burgstaller: Danke!) Ah, Frau Landeshauptfrau! Pardon! (Landeshauptfrau Mag. Burgstaller: Das war lieb!) Ja, glaube ich eh! (Heiterkeit.) Da geht es um den ländlichen Raum. Für die Landwirtschaft ist es ein sehr gut positioniertes Papier, aber über den ländlichen Raum, Frau Landeshauptfrau, sind nur sechs Zeilen drinnen. Der ländliche Raum setzt sich ja folgendermaßen zusammen: Wir haben in Österreich 2 359 Gemeinden, und 2 286 Gemeinden haben weniger als 10 000 Einwohner – nur 79 Gemeinden liegen darüber –, die sind in einer ländlichen Struktur. Dort haben wir bereits Probleme. Es leben dort auch 57 Prozent der österreichischen Bevölkerung.

Frau Landeshauptfrau, Sie kommen aus dem ländlichen Bereich, Sie kennen die Pro­bleme. Ich bin dort aufgewachsen, ich kenne das, ich habe von dort aus auch meine politischen Erfahrungen gemacht. Aber da gibt es den abgestuften Bevölkerungs­schlüssel – 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, wir alle haben gewusst, dass nach dem Zweiten Weltkrieg der abgestufte Bevölkerungsschlüssel zum Wiederaufbau not­wendig war –, und zwar mit einem Verteilungsfaktor von 1½ bis 10 000 Einwohner und dann eben von 2 über 50 000 Einwohner. Das sind Dinge, die man heute nicht mehr versteht! (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Dann gibt es die Kommunalsteuer: Die Kommunalsteuer fließt dorthin, wo die Arbeits­plätze sind; ja, die wird nicht aufgeteilt! Ich sage das nicht nur zu Ihnen, ich sage das auch zu Herrn Landeshauptmann Haider! Ich habe das immer wieder aufgezeigt und ihn auch ersucht, in der Landeshauptleutekonferenz einmal über diese Dinge zu reden, weil es einfach nicht akzeptabel sein kann, dass die Gemeinden für die Familienväter und alle, die von der Arbeit in ihre angestammte Gemeinde heimkommen, wo sie mit ihren Familien wohnen, keinen Groschen an Kommunalsteuer bekommen! Wir wissen hinten und vorne nicht mehr, wie wir das alles in der Gemeinde noch bewältigen sollen. Es gibt einen Unterschied von bis zu 3 000 Prozent! Bis zu 3 400 Prozent betragen die Unterschiede in einem Bezirk, zwischen der einen Gemeinde, die 16,5 € an Kommu­nalsteuer pro Kopf und Jahr hat, und der anderen Gemeinde, die 540 € pro Kopf und Jahr hat. Die mit den 16,5 € ist einer der großen Gewinner in Österreich, meint wohl unser Kollege. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax.)

Frau Landeshauptfrau, ich möchte eine Teilung haben. Über alles, was ich jetzt sage, werde ich Ihnen ein Papier geben, mit der Bitte, dass Sie als Vorsitzende der Landes­hauptleutekonferenz das einmal zur Diskussion stellen. (Bundesrätin Roth-Halvax: Das musst du da drüben im Parlament ...!) – Liebe Kollegin! Du kannst ja dann heraus­gehen, Frau Präsident, aber derzeit bin ich am Wort. (Bundesrätin Roth-Halvax: Ich sage dir das eh!)

Ich habe das nämlich als Bürgermeister mitgemacht: Bezirksgericht zusperren, Gen­darmerieposten zusperren, Post zusperren. Wenn man das alles miterlebt (Zwischen­ruf des Bundesrates Ing. Einwallner), dann, muss ich euch sagen, sind andere Maß­stäbe anzuwenden. So kann es nicht weitergehen!

Noch etwas gibt es zu sagen, und zwar über das ländliche Wegenetz; dann bin ich schon fertig, Frau Landeshauptfrau. – Wir haben 75 000 Kilometer an ländlichem We­genetz! In Salzburg gefällt mir das: Bei euch wird zu hundert Prozent das ländliche We­genetz gebaut, es wird erhalten und so weiter. (Landeshauptfrau Mag. Burgstaller: ... schon drinnen!) Dort hat man gesagt, die Städte sollen auch dazuzahlen. (Bundesrat Bieringer: Stell dir vor, ich habe null Kilometer und zahle ...!) Aber die anderen Bun­desländer, lieber Kollege, ... (Bundesrat Schennach: Kollege Kampl! Wart ihr nicht in der Regierung, als alles zugesperrt worden ist?) – Bitte, ich war derjenige, der beim


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Minister war und der eine Unterschriftenaktion gemacht hat! Ich wurde bei der Landes­regierung vorstellig! Es war nur eines: Es gab einen einstimmigen Landtagsbeschluss, es gab einen einstimmigen Regierungsbeschluss von Kärnten, und die Gendarmerie­posten sind trotzdem zugesperrt worden! Und zwar war das 1991, lieber Kollege! – Das ist das Problem, und ich bin immer für den ländlichen Raum eingestanden.

Aber, liebe Landeshauptfrau, wenn wir 75 000 Kilometer an ländlichem Wegenetz ha­ben und vom Budget nur 2,2 Prozent dafür zur Verfügung stehen, wenn es in Öster­reich noch zu 80 Prozent ländliche Wege gibt, bei denen die betroffene Bevölkerung bis zu 15 Prozent dazuzahlen muss, wenn aber jedermann im Staate diese Wege kos­tenlos benützen kann, dann frage ich mich, ob diese „Gerechtigkeit“ aufrechterhalten werden soll. Bitte, prüfen Sie das einmal!

Ich habe nämlich alle Agrarreferenten von Österreich angeschrieben. Zwei Agrarrefe­renten, jene von Tirol und Salzburg, ... (Landeshauptfrau Mag. Burgstaller: Haben zu­rückgeschrieben!) Nein, zurückgeschrieben haben alle, Frau Landeshauptfrau! Bei zwei Ländern ist das in Ordnung, die haben eine hundertprozentige Kostenübernahme. (Landeshauptfrau Mag. Burgstaller: Salzburg! Klar!) Und das wollte ich Ihnen sagen, Frau Landeshauptfrau.

Ich gebe Ihnen nun dieses Papier mit der Bitte, dass Sie sich bemühen und versuchen, das in der Landeshauptleutekonferenz wirklich einmal vorbringen. (Der Redner begibt sich zu Landeshauptfrau Mag. Burgstaller und überreicht ihr ein Schriftstück. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Danke schön. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

10.34


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Weiss. – Bitte.

 


10.34.23

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Landeshauptfrau! Sehr geehrte StaatssekretärInnen! Ich habe das jetzt mit Binnen-I gesprochen, daher kann sich Herr Kollege Lopatka auch angesprochen fühlen. – Außer Protokoll freue ich mich darüber, dass zehn Tage nach seinem 80. Geburtstag unser früherer Kollege Professor Manfred Mautner Markhof unter uns ist. Herzlichen Glückwunsch! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Bei ihren mit dem oberflächlichen Etikett „Burgstaller will Bundesrat abschaffen“ verse­henen Vorstößen hat die Frau Landeshauptfrau bisher eigentlich eine ganz beachtliche Konsequenz bewiesen. Bereits 1996 war einem Bericht des Verfassungsausschusses des Salzburger Landtages zu entnehmen, dass sich die SPÖ dort für eine ersatzlose Auflösung des Bundesrates ausgesprochen habe. Fraktionsvorsitzende war damals Frau Mag. Gabriele Burgstaller. Diese Forderungen sind dann im Jahre 2003 im Vor­feld der Landtagswahl wiederaufgetaucht und wurden 2004 und 2005 von der nunmeh­rigen Frau Landeshauptfrau mehrfach bekräftigt. – Umgekehrt proportional zur Man­datszahl der SPÖ im Bundesrat ist es dann um diese Forderung etwas leiser gewor­den. (Heiterkeit bei Landeshauptfrau Mag. Burgstaller.)

Dabei muss ich die Frau Landeshauptfrau in zwei wesentlichen Punkten durchaus in Schutz nehmen. Erstens hat sie bereits 2003 die Forderung „Völlig umkrempeln oder abschaffen!“ auch auf den EU-Ausschuss der Regionen und sogar auch auf eine Ver­kleinerung der Landtage bezogen. Sie verfolgt also einen ganz allgemeinen systemkri­tischen Ansatz, den man nicht vorschnell in die Nähe des Populismus rücken sollte.

Zweitens hat sie durchaus differenziert argumentiert und keineswegs bloß einer er­satzlosen Abschaffung das Wort geredet. Ich fasse diese verschiedenen Vorschläge wie folgt zusammen: An die Stelle des bisherigen Bundesrates soll eine lose, nur nach


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Bedarf einzuberufende Versammlung von Landtagsabgeordneten treten – „Salzburger Nachrichten“ vom 19. Mai 2003. Man sollte den Bundesrat durch ein Gremium er­setzen, das nichts kostet – APA vom 13. März 2004. Als Anhängsel zum Nationalrat sei er zwecklos, aber in Richtung Ländergremium neu zu orientieren – „Kleine Zeitung“, 14. März 2004.

Mit einem solchen Denkansatz ist die Salzburger Landeshauptfrau aber, über Partei- und Ländergrenzen hinweg, keineswegs allein. Solche Überlegungen gibt es in allen politischen Gruppierungen, gibt es auch in allen Ländern, gibt es auch bei den Grü­nen – wie bei allen anderen Gruppen auch.

Auch der vom Herrn Präsidenten heute schon erwähnte Herr Bundespräsident hat in seinem Referat vor dem Verfassungstag 2005 laut darüber nachgedacht, ob nicht unter Aufrechterhaltung des Grundsatzes der Proportionalität die neun Landeshauptleute oder die neun Landtagspräsidenten ex officio dem Bundesrat angehören sollten. Wobei man nach damaliger Meinung des Herrn Bundespräsidenten in der Person des Land­tagspräsidenten wohl auch eine besonders geeignete Persönlichkeit für die jeweilige Vorsitzführung hätte. – So weit der Herr Bundespräsident. Dieser Teil seiner Vorschlä­ge wird weniger gern gehört und seltener reflektiert, aber das ist die Schlussfolgerung, die er aus seinen Überlegungen zieht.

Wenn man den Bundesrat nicht als Selbstzweck sieht und auch – wie die Frau Landes­hauptfrau – wenig Notwendigkeit für ein wirkungsloses politisches Zwei-Kammern-Sys­tem, sondern in erster Linie für ein Mitspracherecht der Länder auf Bundesebene er­kennen kann, dann darf man sich einer innovativen Diskussion nicht entziehen. Das gilt umso mehr, als auch der heute schon erwähnte oberösterreichische Landeshaupt­mann in der Bundesratssitzung vom 6. Juli 2006 Folgendes festgehalten hat – ich zitie­re –:

„Ich wiederhole hier meine Forderung, dass der Bundesrat mehr als bisher als Länder­kammer verstanden werden muss, denn nur dann hat er im Gesetzgebungsverfahren eines föderalen Staates eine wirklich wichtige Funktion.“ – Eine zweite Kammer wäre nach seiner Meinung auf Dauer sicher zu wenig.

Es ist hinsichtlich des Bundesrates evident – ich zitiere den Bericht des Konvents­ausschusses –, „dass in diesem Bereich ein besonders dringender Änderungsbedarf besteht, weil“ er „derzeit seine primäre Aufgabe, die Interessen der Länder in der Bun­desgesetzgebung zu wahren, nicht ausreichend effektiv wahrnehmen kann“. – Der Ausschuss hat damals hinzugefügt, dass das aber keineswegs allein an der verfas­sungsrechtlichen Stellung liege, was sicher richtig ist. Das war übrigens eine der ganz wenigen Feststellungen hinsichtlich des Bundesrates, über die im Konvent Konsens bestand.

An dieser seit langer Zeit bekannten Situation – sie ist ja eigentlich 1920 grundgelegt – vermochten zusätzliche Rechte – 1985 das Zustimmungsrecht, 1993 die Mitwirkungs­rechte in der EU-Politik – bisher nichts zu ändern. Daher ist die Frage berechtigt und selbstkritisch zu stellen, warum das bei zusätzlichen Rechten, die wir so gerne im Munde führen, plötzlich anders sein sollte. Sie werden ohne gleichzeitige innere Refor­men – ich nenne nur: Ausübung des freien Mandates gegenüber den parlamentari­schen Klubs – die große Differenz zwischen Sollen, Wollen und Können nur noch größer und deutlicher machen, damit aber auch die Diskussionen über den Bundesrat weiter beleben.

Ich erwähne kurz ein aktuelles Beispiel. In den letzten Tagen sind mir Anfragen der Kollegin Kerschbaum an verschiedene Bundesminister betreffend Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission für eine europäische Energie- und Klimastrategie auf­gefallen. Darin wird eine Information darüber begehrt, in welcher Weise die Bundes-


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ministerien der Einladung der EU zur Abgabe einer Stellungnahme nachgekommen sind beziehungsweise nachkommen wollen. Das ist durchaus wissenswert. Interessant wäre aber auch die Gegenfrage, in welcher Weise der Bundesrat selbst von seinem bereits bestehenden Stellungnahmerecht Gebrauch gemacht hat oder Gebrauch ma­chen wird. – Die Sitzung der Energieminister war allerdings bereits gestern.

Das ist jetzt keine Kritik an den Anfragen von Frau Kerschbaum. Ich finde es gut, dass sie die Initiative ergriffen hat, zumal auch meine eigenen Bemühungen um das Zustan­debringen einer Bundesrats-Stellungnahme bisher keinen fruchtbaren Boden gefunden haben, obwohl die Bundesländer von diesem Thema ganz erheblich betroffen sind – ich sage nur: Stichwort Elektrizitätswirtschaft – und sich auch schon zu Wort gemeldet haben. Der Bundesrat hätte die Möglichkeit – wir nutzen sie nicht.

Schon mehrfach angesprochen worden ist heute die Übertragung der Wirkungsweise des Konsultationsmechanismus an den Bundesrat im Wege eines Zustimmungsrech­tes – das übrigens in Deutschland erst kürzlich eingeführt wurde. Bei allen deutschen Gesetzen, die Kostenbelastungen für die Länder mit sich bringen, gibt es ein absolutes Veto des deutschen Bundesrates.

Dabei stellt sich natürlich die Frage: Welches Bundesrates? Eines Bundesrates, der auf sein freies Mandat auch gegenüber den Ländern pocht? Oder eines Bundesrates, der den Standpunkten der Länder im Zweifel den Vorrang vor parteipolitischen Interes­sen gibt? – Das ist eine wesentliche Vorfrage, die zu klären ist, wenn man darüber redet. Beides zusammen wird man nicht haben können: das freie Mandat auf der einen Seite, und auf der anderen Seite den Anspruch, bevollmächtigt für die Länder abschlie­ßend tätig werden zu können. (Bundesrat Bieringer: Das ist der springende Punkt!) Dabei ist – das sage ich aus Sicht des Landes Vorarlberg – das finanzielle Risiko ein­fach viel zu groß.

Dazu kommt noch ein Zweites. Teil des Konsultationsmechanismus sind auch der Ge­meindebund und der Städtebund, die hier in diesem Gremium bekanntlich nicht vertre­ten sind. Es sind zwar einzelne Bürgermeister und Gemeindemandatare hier, aber die Gemeinden an sich sind hier nicht repräsentiert. Das ist ein Gesichtspunkt, den man auch im Auge behalten muss.

Herr Kollege Schennach hat bedauert, man könne hier nur diskutieren, wenn Post vom Nationalrat oder von der Bundesregierung gekommen sei. Man kann natürlich auch über Post von den Mitgliedern des Bundesrates und der Fraktionen diskutieren, wenn sie beispielsweise Selbstständige Anträge stellen, wenn man eine Enquete veranstaltet und dergleichen mehr, was wir auch schon – allerdings viel zu selten – gemacht ha­ben. Das liegt also sehr stark an uns, ob die Fraktionen das gerne haben, wenn man sich zu einem bestimmten Thema artikuliert, oder ob wir das dann kommentarlos ein­fach so zur Kenntnis nehmen, wenn sich die Freude dort in Grenzen hält.

Ein weiteres Beispiel: Wir urgieren gegenüber dem Nationalrat zu Recht eine Vorab-Mitwirkungsmöglichkeit durch Stellungnahmen bereits zu Gesetzesvorhaben und nicht erst zu Gesetzesbeschlüssen, wie das in Deutschland beispielsweise üblich ist. Da werden die Gesetzesvorlagen zuerst dem Bundesrat vorgelegt, und der leitet sie dann mit einer Stellungnahme an den Bundestag weiter.

Dabei wäre es aber bereits heute möglich, zu Begutachtungsentwürfen der Ministe­rien – auf die ja der überwiegende Teil der Gesetzesbeschlüsse zurückgeht – im Wege von Entschließungen Stellung zu nehmen. Es hindert uns niemand daran, an den Finanzminister beispielsweise eine Entschließung zu richten, wonach er von der disku­tierten Erhöhung des Bestandszinses für die Nutzung von öffentlichem Wassergut – Stichwort Elektrizitätswirtschaft – Abstand nehmen soll. Das wäre eine heute bereits mögliche Vorab-Stellungnahme der Länderkammer.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 32

Noch in seiner Zeit als Nationalratspräsident hatte der nunmehrige Bundespräsident Dr. Heinz Fischer einmal gemeint, die Reform des Bundesrates sei nicht wahnsinnig weit von der Quadratur des Kreises entfernt. Das ist eine kluge Diagnose. Wenn dem aber so ist, werden wir um den noch ausstehenden Tatbeweis der vorrangigen Länder­vertretung und um eine alternative Diskussion über ein optimaleres Kosten-Nutzen-Verhältnis der Ländermitwirkung an der Bundesgesetzgebung nicht herumkommen.

Angesichts des Vorhabens der Bundesregierung, die in Aussicht genommene Staats- und Verwaltungsreform bis Jahresende abzuschließen, wird nicht mehr viel Zeit blei­ben. Ich danke der Frau Landeshauptmann für die Initiative, auf Salzburger Boden die­ses Gespräch zu führen, und bin gespannt, wie das in Gastein funktioniert, das ja im Allgemeinen für Kaltwassertherapien bekannt ist. (Heiterkeit der Landeshauptfrau Mag. Burgstaller.) Aber ich denke, wir werden dort auch eine geeignete Grundlage fin­den, und es schadet gar nicht, wenn man dabei auch ein bisschen munter gemacht wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten von SPÖ und Grünen.)

10.46


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich habe keine weiteren Wortmeldun­gen mehr vorliegen und darf daher die Frau Landeshauptfrau um ihr Schlussstatement bitten.

 


10.46.26

Landeshauptfrau von Salzburg Mag. Gabi Burgstaller: Meine sehr geschätzten Da­men und Herren! Frau Präsidentin! Ich möchte die Gelegenheit noch ergreifen, um zu einigen wichtigen Punkten Stellung zu nehmen. Vorab möchte ich nur klarstellen: „More of the same“, darum geht’s nicht! Mit Sicherheit wird der Bundesrat nicht daran gesunden, dass er einfach einige zusätzliche Kompetenzen bekommt. Ich glaube, da sind wir uns wirklich sehr, sehr einig.

Ich möchte mich bedanken für die sehr angenehmen Diskussionsbeiträge, die uns alle recht geben. Der Befund ist richtig, die Diagnose stimmt: Diesen Bundesrat – und das habe ich in den letzten Jahren immer gesagt – braucht Österreich nicht. Das heißt aber nicht automatisch, dass es nicht einen anderen geben kann!

Wir sollten also von der Diagnose zur Therapie kommen, und die Therapie kann nur heißen: ein Selbstverständnis als Länderkammer. Da ist noch ein weiter Weg hin, das ist mir klar, und es wird nicht einfach sein in dem Spannungsfeld zwischen der Erwar­tungshaltung der Bundesländer, dass dann die Interessen der Bundesländer durchmar­schieren, und dem, dass es natürlich das Prinzip des freien Mandats bei jedem Abge­ordneten gibt.

Ich halte daher auch Vorschläge für sehr problematisch, die das alles vermischen, also zum Beispiel die Frage: Landeshauptleute im Bundesrat? – Wir sind Vollziehung, wir sind nicht Legislative! Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.

Wahrscheinlich wird es am allerschwierigsten sein, wie der Bundesrat zu besetzen ist – aus meiner Erfahrung heraus, dass Politik sehr oft aus diesem Blickwinkel gesehen wird: Macht, Machterhaltung, Einflussbereiche. Vielleicht ist es sogar einfacher, damit zu beginnen, was der Bundesrat künftig machen soll. Hier, glaube ich, können wir uns heuer einigen.

Der Unterschied zu meinen Vorrednern ist eben der, dass sie hier in einer Zeit gespro­chen haben, als Vorsitzende der LH-Konferenz, als die Voraussetzungen wirklich nicht so hervorragend gegeben waren wie jetzt. Insofern glaube ich an die große Koalition. Es wird die große Koalition den Beweis erbringen müssen, dass sie etwas weiter­bringt! Daran wird sie schon allein die Opposition erinnern, aber ich glaube auch, dass es wichtig ist, bei einer großen Staatsreform die Opposition einzubinden.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 33

Ich ersuche um Verständnis: Wenn wir es so machen wie im Konvent, kommen wir nicht wirklich weiter! Daher ist es ein guter Weg, eine kleine Expertengruppe zu nomi­nieren und das Ergebnis dieser Expertenvorschläge dem Parlament vorzulegen, das es möglichst lebhaft diskutieren soll, und zwar nicht nach dem Motto, was man nicht will, sondern nach dem, was man künftig tun will. Dazu ist sicherlich auch die Opposi­tion im Nationalrat ganz herzlich eingeladen.

Ich bin eine sehr realistische Politikerin, ich weiß, dass nicht jede Traumvorstellung oder absolute Vorstellung umgesetzt werden kann. Ich weiß auch, dass die Medien gerne vereinfachen. Natürlich können Sie eine komplexe Diskussion nicht wirklich füh­ren, ohne den Übertitel zu ernten: „Bundesrat wird abgeschafft“. Aber wer nachliest, weiß, dass für mich immer dies wichtig war: Entweder es ändert sich etwas, oder man muss so ehrlich sein und sagen, diese Form hat keine Zukunft!

Ich sehe jetzt wirklich die Chance auf die Änderung, und ich würde es unerträglich fin­den, wenn das nicht gelingt. Es gibt auch sicherlich von meiner Seite keine Zustim­mung etwa zum Expertenbericht – ich glaube, da bin ich auch mit dem Kollegen Saus­gruber eins –, wenn nicht wirklich substanzielle Vorschläge für die Novellierung, für die Veränderung des Bundesrates nicht nur im Sinne einer Aufwertung, enthalten sind. Denn unsere Zeit ist viel zu kostbar, finde ich, als dass wir sie damit verschwenden, dass wir zu dem Ergebnis kommen: Wir ändern nichts.

Was ich auch für wichtig halte, ist die Frage der Sitzungskultur. Ich bin ja nun auch schon geraume Zeit in unterschiedlichen Institutionen, vom Landtag über die Landesre­gierung, und ich meine, es täte uns allen gut, wenn wir einfach ein etwas unkomplizier­teres Verhältnis zueinander pflegen würden, vielleicht mit weniger Formalismus und mehr in diese Richtung: Wenn einem eine gute Idee kommt, dann soll man diese dis­kutieren, und zwar nicht nach dem Motto „Wenn sie von der gleichen Fraktion ist, dann passt es, und wenn sie von einer anderen ist, passt es nicht“, sondern einfach auf­einander zugehen und horchen: Wo gibt es die besten Ergebnisse, die besten Vor­schläge?

Zu all dem, was ich im Detail mitgenommen habe, kann ich jetzt nicht Stellung neh­men. Aber ich glaube, dass man gerade bei der Diskussion um das Regierungspro­gramm schon sagen muss, dieses Regierungsprogramm der Bundesregierung ist vor allem eines, in dem es um die Bekämpfung der Armut geht, und zwar sowohl durch den Faktor Vollbeschäftigung – und Arbeit ist noch immer der beste Ausweg aus der Armut (Bundesrat Ing. Kampl: Habe ich ja gesagt ...!) – als auch durch ein neues System der Mindestsicherung.

Ich würde trotzdem gerne noch einmal anregen, dass sich der Bundesrat Zeit dafür nimmt. Die Bundesländer werden sicher in den nächsten Monaten zum Beispiel mit der Frage nach einem neuen Pflegemodell befasst werden. Es wäre toll, wenn der Bun­desrat mit all seinen Bundesräten aus den unterschiedlichen Bundesländern darüber diskutieren würde: Warum haben wir so unterschiedliche Modelle entwickelt, etwa in der Frage der Einbeziehung Angehöriger bei der Finanzierung oder in der Frage: Ver­mögensverwertung ja oder nein?

Denn das Problem ist: Ich kann im Salzburger Landtag nicht zum Beispiel die Sicht­weise der Niederösterreicher, die ein ganz anderes System haben, diskutieren. Ich kann Experten einladen. Aber spannend wäre eine Entschließung des Bundesrates zum Beispiel dazu: Wie stellen wir uns künftig ein gerechtes System der Pflege zu Hause, im Heim und so weiter vor? Was wären da die Voraussetzungen? – Das würde mich sehr interessieren. Da komme ich dann gerne wieder und diskutiere das mit Ihnen weiter.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 34

Fürs Erste gilt die Einladung ins Gasteiner Tal, ein Tal, das schon seit Jahrhunderten für seine Heilverfahren bekannt ist, geradezu ein Gesundheits-Tal! Es gibt dort einen Heilstollen; also wenn uns dort miteinander nichts gelingt, fahren wir einmal ein, und dann wird die Weisheit über uns kommen. Ich freue mich wirklich auf die Diskussion. (Bundesrat Bieringer: ... fahren wir ein!) Das heißt ja: „in den Stollen einfahren“. (Hei­terkeit bei der ÖVP.)

Der Herr Bürgermeister Bieringer hat schon wieder etwas anderes verstanden. Na ja, als Bürgermeister mit vielen Betriebsansiedlungen wird er natürlich nicht einfahren, darum ist er auch wirtschaftlich so erfolgreich; andere sehen immer gleich das, was da­gegen spricht. Herr Bürgermeister Bieringer – auch wenn wir nicht immer einer Mei­nung sind – schaut immer: wie könnte es gehen?, und daher hat er auch volle Kas­sen. – Das sei zum Abschluss gesagt.

Die Einladung gilt! Ich freue mich sehr auf die Diskussion. (Bundesrat Schennach: ... umverteilen!) Der Herr Präsident und ich werden einen Termin vereinbaren, und ich schlage vor, dass jede Fraktion einfach eine bestimmte, kleine Anzahl nominiert und wir dann wirklich die Vorschläge entwickeln, damit es nicht in zwei, drei Jahren heißt: Vor drei Jahren hat Landeshauptfrau Burgstaller das angekündigt, es ist wieder nichts daraus geworden.

Ich verspreche Ihnen, alles dazu beizutragen, dass ich nie wieder sagen muss: ab­schaffen!, sondern künftig sagen kann: Wir sind stolz auf unseren Bundesrat! – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

10.53


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Vielen Dank für die Schlussworte. – Die Debatte ist damit geschlossen.

10.53.162. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministerien­gesetz-Novelle 2007) (95/A und 22 d.B. sowie 7655/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2007 betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (94/A und 23 d.B. sowie 7654/BR d.B. und 7656/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem geführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 2 und 3 ist Herr Bundesrat Perhab. Ich bitte um die Berichte.

 


10.53.46

Berichterstatter Franz Perhab: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föde­ralismus über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird.

Der Bericht liegt schriftlich vor, ich erspare mir daher eine Verlesung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 13. Feber 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 35

Der zweite Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus betrifft die Ge­setzesmaterie über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2007 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird. Hier geht es um die Vertretungsbefugnis durch Staatssekretäre.

Der Bericht liegt schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 13. Feber 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte. – Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


10.55.13

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren und Damen Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir besprechen hier zwei Punkte, und ich möchte beginnen, indem ich mich zur Vertretungsregelung, also zu einer Verfassungsänderung, äußere.

Als ich mir diese Regelung durchgelesen habe, war mein erster Gedanke: Aha, die große Koalition zeigt, was sie kann! Der Inhalt dieser Regelung ist, kurz gefasst, fol­gender: Staatssekretärinnen und -sekretäre, die dem Bundeskanzler zugeteilt sind, dürfen künftig auch den Vizekanzler vertreten, und jene, die dem Vizekanzler beigege­ben sind, auch den Bundeskanzler. Ich frage mich: Was ist die sachliche Begründung dafür? – Es konnte mir bisher noch niemand nachvollziehbar erklären, warum diese Änderung Sinn macht.

Im Ausschuss des Nationalrates haben die Regierungsparteien erklärt, das sei ein Zei­chen für die neue Teamarbeit, die in der Regierung stattfinden würde. Aber es ist wohl eher ein Zeichen für die Teamarbeit innerhalb der Parteien, anders kann ich mir das nicht erklären. Denn offenbar lässt sich eben ein Vizekanzler Molterer nicht so gern von einem Staatssekretär Matznetter vertreten, sondern lieber von jemandem aus der eigenen Partei. Und das wird wohl auch für die SPÖ ähnlich sein, sonst hätte sie ja dieser Regelung nicht zugestimmt.

Es hat Herr Konecny uns in der letzten Sitzung mehrere Male erklärt: Das würde zum Beispiel für den Vizekanzler gelten, nicht aber, wenn der Vizekanzler als Finanzminis­ter auftritt, denn hier würde er sich von jemandem vertreten lassen, der auch inhaltlich kompetent sei. – Gut, ich höre die Worte; ich hoffe, es wird so eintreten. Wir werden uns das jedenfalls sehr genau anschauen. (Bundesrat Bieringer: ... wenn Sie genau schauen ...!)

Ihre Versprechungen werden wir uns eben anschauen, allerdings: Die Änderung, so wie sie ausschaut, ist Anlassgesetzgebung par excellence. Noch schlimmer: Es ist eine Anlassverfassungsänderung! Da frage ich mich schon: Ist es das, was uns in den nächsten Jahren erwartet? Werden Sie, meine Damen und Herren von der großen Koalition, statt einer Gesamt-Verfassungsreform, wie sie nötig und sinnvoll wäre, die Verfassung jetzt immer dann ändern, wenn es die Arbeit ein bisschen feiner für Sie macht?

Frau Landeshauptfrau Burgstaller hat uns jetzt erklärt, dass sie sehr überzeugt ist da­von, dass es eine Staats- und Verfassungsreform geben wird. Bis Mitte des Jahres sol­len hier die ersten Vorschläge vorliegen. – Ja, nötig wäre das auf jeden Fall! Ich glaube es allerdings erst, wenn ich es sehe. Auch der Verfassungskonvent hat immerhin in


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 36

den letzten Jahren mit großer Hoffnung seine Arbeit begonnen, hat auch sehr viel an interessanten Ergebnissen erzielt – passiert ist nichts! Wir werden sehen.

Ich hoffe jedenfalls, dass das hier nicht die Vorboten darüber sind, wie Sie zukünftig mit Verfassungsänderungen verfahren werden, sondern dass es wirklich eine gesamte Änderung nach sachlichen und inhaltlich nachvollziehbaren Kriterien gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Inhaltlich ist diese Regelung – das muss ich aber noch einmal festhalten – auch eine Geringschätzung des Parlaments. Denn wenn Abgeordnete mit Regierungsmitgliedern konfrontiert werden, die für das jeweilige Thema nicht verantwortlich sind und auch nicht zuständig sind, dann kann man das nicht anders nennen als eine Geringschät­zung des Parlaments. (Beifall bei den Grünen.) Es wundert mich schon, dass Sie, meine Damen und Herren, als Parlamentarier dieser Regelung zustimmen und das nicht kritisieren.

Im Übrigen – das hat der Grüne Klub schon im Nationalrat festgestellt, eine Reaktion blieb allerdings bisher aus – wird es mit dieser Regelung eine Geschäftsordnungswid­rigkeit geben. Denn nach der Geschäftsordnung des Nationalrates darf ein Staatssek­retär nur für ein Regierungsmitglied das Wort ergreifen, dem er oder sie auch zugeteilt ist. Wenn das nicht geändert wird – momentan schaut es so aus –, dann darf der jewei­lige Staatssekretär nach dieser Regelung zwar hier sein, sich aber nicht zu Wort mel­den. Das wäre ja wohl nicht im Sinne der Erfinder.

Jetzt komme ich zum zweiten Punkt, nämlich zur Novelle des Bundesministeriengeset­zes. Um kurz den Inhalt zu umreißen: Es geht um eine Spaltung des Bundesministe­riums für Bildung, Wissenschaft und Kultur in das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur einerseits und in das Bundesministerium für Wissenschaft und For­schung andererseits. Die Frauenangelegenheiten wandern ans Bundeskanzleramt, und das Gesundheitsressort übernimmt die Bereiche Jugend und Familien.

Was unserer Meinung nach in einer Änderung des Bundesministeriengesetzes fehlt, ist einerseits – sehr wichtig! – ein umfassendes Umwelt- und Energieministerium – dazu werden sich aber meine Kollegen noch näher äußern –, ein echtes Frauenministeri­um – das werde ich noch ausführen – und eine Trennung von Wirtschaft und Arbeit. Denn so, wie die Regelung jetzt ist, klingt es wohl eher danach, den Bock zum Gärtner zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Es fehlt auch eine Zusammenführung der Sozialversicherungsagenden – das wäre in der Abwicklung auf jeden Fall einfacher – und eine Bündelung der Forschungskompe­tenzen. Ich beginne gleich beim Thema Forschung im Detail. In anderen Ländern ist es ja so, dass ein bis maximal zwei Ministerien für die Forschungsagenden im Land zu­ständig sind. In Österreich ist es das Bildungsministerium, das Wissenschaftsministe­rium, das Infrastrukturministerium, das Wirtschafts- und auch das Finanzministerium. Das sind fünf. Nur ein Beispiel: Der FWF ist im Infrastrukturministerium angesiedelt; die Innovationsfinanzierung in den Ministerien für Finanz und Wirtschaft. Und auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind, was die Kompetenz für sie betrifft, über alle Ministerien verstreut. Das Ergebnis: Es ist schon eine eigene Wissenschaft geworden, wenn man die Zuständigkeiten in der österreichischen Forschungsland­schaft durchschauen möchte.

Was bedeutet das für die Forscher, was bedeutet das für die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten? Das sind auf jeden Fall Reibungsverluste, und es ist mir nicht ver­ständlich, warum man hier nicht darauf achtet, diese Reibungsverluste zu vermeiden. Synergieeffekte ist doch sonst das große Zauberwort in den letzten Jahren. Alles muss schlanker werden, nachvollziehbarer, es müssen Synergieeffekte entstehen, und aus­gerechnet im Bereich Forschung zerschleudert man das wirklich über alle möglichen


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 37

Ministerien. Das ist sinnlos. Eine Koordination ist dadurch wirklich sehr schwierig ge­worden.

Übrigens: Dass die Pädagogischen Hochschulen hinsichtlich der Zuständigkeit im Bil­dungsministerium angesiedelt sind, ist ein weiterer Beleg dafür, dass wohl auch die Regierungsparteien der Meinung sind, dass nicht, wie damals behauptet, eine echte Hochschule geschaffen wurde, sondern dass man halt die Türschilder der Pädagogi­schen Akademien ausgetauscht hat, denn die Zuständigkeit für eine Hochschule ge­hört eindeutig ins Wissenschaftsministerium.

Zum Thema Frauen: Es gibt eine Frauenministerin! Das ist die gute Nachricht. Ich sage jetzt allerdings, das ist eigentlich selbstverständlich. Es gibt, und das ist schon sehr be­denklich, kein eigenständiges Frauenministerium. Es gibt eine Frauenministerin, sie hat aber kein eigenständiges Budget, sondern das muss der Bundeskanzler verhan­deln und dann zuteilen. Sie kann also als Frauenministerin nicht für ihr eigenes Budget kämpfen. Das ist von der Symbolik her schon etwas sehr Interessantes. Ähnlich schaut es auch mit dem Personal aus.

Positiv ist zum Frauenministerium anzumerken, dass die Agenden durchaus um einige aktuelle Ansätze in der Frauenpolitik ergänzt wurden. Wenn man das allerdings wieder mit dem vergleicht, was im Regierungsprogramm steht, so habe ich da erst vor Kurzem eine sehr interessante Analyse aus frauenpolitischer Sicht gesehen, und die schaut nicht allzu gut aus. Das Regierungsprogramm ist jedenfalls in der Frauenpolitik relativ vage, und sogar jene Ansätze, die dort vorgeschlagen werden, dürften an der Finanzie­rung scheitern, denn alles, wovon wir lesen können, hängt von der finanziellen Bedeck­barkeit ab. Es sind also schöne Worte, wir werden es wohl in dieser Legislaturperiode nicht erleben.

Einen Satz zum Bereich Familie: Es wäre jetzt ein sehr guter Zeitpunkt, das zu tun, was sehr nötig ist, nämlich die Ausgliederung der Agenden Vereinbarkeit von Beruf und Familie wieder rückgängig zu machen. Ich kann mich erinnern: Durch die Grün­dung der Familie & Beruf Management GmbH wurde dieser Bereich ja der parlamenta­rischen Kontrolle entzogen, und es haben sich damals quer über alle Bereiche wirklich alle Menschen, die damit zu tun haben, ziemlich aufgeregt – und das auch verständli­cherweise, denn diese Ausgliederung macht keinen Sinn und war auch nach logischen Gesichtspunkten nicht argumentierbar. Das jetzt rückgängig zu machen, wäre ein gro­ßes Anliegen.

Dass es auch sinnvoll wäre, die Agenden für die Sozialversicherung zu bündeln, habe ich schon vorhin erwähnt. Nur als Beispiel, warum das nötig wäre; momentan könnte es so aussehen: Wenn jemand auf Grund einer Erkrankung einen Arbeitsunfall hat und dann in der Folge Invalidenpension beziehen muss, würde diese Person in die Zustän­digkeit von drei Ministerien fallen. Hier geht es wieder um Synergieeffekte, das ist eigentlich nicht sinnvoll und nicht nachvollziehbar.

Zum Abschluss möchte ich erwähnen, dass auch eine Zuständigkeit, nämlich die Inte­gration von ZuwanderInnen, in dieser Aufteilung fehlt. Ich frage mich: Ist hier niemand verantwortlich? Soll das das Innenministerium machen? Wie stellen Sie sich das vor, meine Damen und Herren?

Abschließend bleibt mir, zu sagen: Die Kriterien, anhand derer hier die Kompetenzen aufgeteilt wurden, was mit dieser Novelle vorgenommen wurde, sind sicher nicht jene der Sachlichkeit, der Synergieeffekte, sondern jene der Interessen der Koalitionspar­teien. Dass Sie da zustimmen, sei Ihnen unbenommen und aus Ihrer Perspektive wahrscheinlich nachvollziehbar. Von uns werden Sie jedenfalls keine Zustimmung be­kommen. (Beifall bei den Grünen.)

11.04



BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 38

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, darf auch ich jemanden ganz herzlich begrüßen, und zwar ist in unserer Mitte der Re­gierungschef-Stellvertreter des Fürstentums Liechtenstein, Herr Dr. Klaus Tschütscher. Ich darf Sie herzlich begrüßen, und ich möchte auch ganz, ganz herzlich die Frau Bot­schafterin des Fürstentums begrüßen. Herzlich Willkommen bei uns! (Allgemeiner Bei­fall.)

Wir gehen jetzt in der Rednerliste weiter. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Kraml. – Bitte.

 


11.05.35

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Landeshauptfrau Burgstaller hat heute erwähnt, dass sich der Bun­desrat mit dem Verfassungsthema und mit dem Bundesministeriengesetz befasst und sich eigentlich nicht damit befasst, wie man die 24-Stunden-Pflege über die Bühne bringt und wie man sie in den Ländern eigentlich bezahlen soll. Ich meine auch, dass das ein sehr wichtiges Thema ist. Nun, der Arbeitsablauf einer Bundesregierung setzt natürlich voraus, dass wir uns auch mit dem Bundesministeriengesetz befassen. Wer schon einige Jahre in diesem Haus ist, der wird wissen, dass sich noch jede Bundesre­gierung die Zuständigkeiten geregelt hat, weil das einfach für die Arbeit notwendig ist.

Wenn Frau Kollegin Konrad einige Punkte angeführt hat, die man vielleicht besser hätte machen können, so stimmt das auch. Man hätte sicher vieles besser machen können, das kann man immer. Dass die Opposition natürlich andere Wünsche hat, das kenne ich noch aus meiner Oppositionszeit. Vor ein paar Jahren habe ich vielleicht auch noch andere Wünsche gehabt und vielleicht habe ich auch jetzt andere Wünsche. Ich richte mich jetzt aber danach, was sich die Koalitionsparteien ausverhandelt haben, denn die müssen letztendlich damit arbeiten.

Dieses Für und Wider bei der Ressortverantwortlichkeit steht natürlich immer wieder zur Diskussion, und wenn wir uns die Änderungen anschauen, die vorliegen, dann er­gibt das Sinn. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird in ein Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur umgewandelt. Ich glaube, dass es in dieser Breite auch sehr gut arbeiten kann. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung wird geteilt. Das Bundeskanzleramt gibt die Kunstangelegenheiten an das neue Bundesministerium ab. Die Frauenangelegenheiten wandern ins Bundes­kanzleramt und werden dort ein eigenes Ministerium. Ich fürchte mich nicht, dass sie dort zu wenig Geld haben werden. Ich meine, dass es ganz wichtig ist, dass die Frauen wieder eine eigene Vertretung bekommen, dass wir wegkommen von der Überschrif­tenpolitik, die wir bisher gehabt haben, hin zu echten Verbesserungen. Wenn wir in den Zeitungen immer wieder lesen: Für gleiche Leistung auch den gleichen Lohn, dann meine ich, dass es an der Zeit ist, dass wir da auch etwas tun. Das Gesundheitsminis­terium übernimmt dann noch die Agenden Jugend und Familie aus dem Sozialministe­rium.

Meine Damen und Herren! Der uns heute vorliegenden Arbeitsaufteilung liegt natürlich das Koalitionsabkommen zugrunde, und darin sind die Schwerpunkte der künftigen Regierungsarbeit klar geregelt. Ich meine, da geht es um die verstärkte Investition in die Infrastruktur, verstärkte Investition in die Bildung, in die Forschung. All das wird da­zu beitragen, dass wir unser Ziel, die Arbeitslosigkeit in dieser Legislaturperiode zumin­dest um ein Viertel zu senken, werden erreichen können. Und es geht auch um die Ju­gendarbeitslosigkeit und darum, dass die Jugendlichen die Chance bekommen, nach ihrem Schulabgang entweder eine Lehre oder eine Weiterbildung besuchen zu können. Das ist meiner Meinung nach ganz wichtig.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 39

Vor allem wird jetzt wieder über die Armutsbekämpfung gesprochen. Auch diese ist wieder ein Thema, ebenso die Pensionen, das Pflegegeld, die Einführung eines Min­destlohns, die Mindestsicherung – all diese Bereiche sind Schwerpunkte für die künf­tige Regierungsarbeit.

Im Gesetz sind auch die Vertretungsregelungen durch die Staatssekretäre geregelt. Ich meine auch, dass es wichtig ist, dass die Minister hier sind und uns im Bundesrat Rede und Antwort stehen und dass eben wirklich nur in Notfällen die Staatssekretäre den jeweiligen Minister vertreten.

Ich meine, dass das Gesetz insgesamt gesehen ein gutes Gesetz ist und dass es die Möglichkeit gibt, entsprechende Arbeit für die nächsten Jahre leisten zu können, damit wir das Ziel, Österreich sozialer, moderner und gerechter werden zu lassen, erreichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.10


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


11.10.36

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Ich hoffe nicht nur im Notfall, wie Kollege Kraml gemeint hat. Er hat nämlich gemeint, es ist eine Notfallvertretung.

Ich bin sicher nicht wirklich prädestiniert dafür, für ein Frauenressort das Wort zu er­greifen, aber ich verstehe doch sehr gut, dass der Wunsch auch meiner Kolleginnen der sein muss, dass es im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gehen soll. Das ist mit einem Frauenministerium im Kanzleramt nicht wirklich gegeben.

Nun, wie stellt sich diese neue Regierung für uns dar? Das erste Gesetz, das gemacht wird, ist ein Verfassungsgesetz, und der Anlass ist eigentlich gegenseitiges Miss­trauen. Ein anderer Grund fällt mir wahrlich nicht ein. Noch dazu versucht man, die Ge­schäftsordnungen des Bundesrates und des Nationalrates auszuhebeln, denn dieses Gesetz ist mit diesen beiden Geschäftsordnungen nicht konform. (Beifall bei den Grü­nen.)

Sie wissen, dass im § 19 der Geschäftsordnung des Nationalrates und im § 37 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates tatsächlich anderes steht und die Vertretungsrege­lung dort ganz klar geregelt ist. Diese haben, soviel ich weiß, immer noch Gültigkeit, selbst wenn dieses Gesetz heute Ihre Zustimmung findet. Dass die Änderung der Ver­tretungsregelung auch eine Veränderung in der Fachkompetenz der Staatssekretärin­nen und Staatssekretäre bedeuten kann, sei hier nur am Rande angemerkt. Dass es jedenfalls von Bedeutung für unsere Arbeit ist, wer uns antwortet, das möchte ich hier ausdrücklich festhalten.

Verfassungsmäßige Mehrheiten sind ja ein großer Vorteil für eine Koalition. Sie sind aber nur dann von Vorteil, wenn sich beide Parteien einig sind über die Beschlusslage zum Thema, über das gesprochen wird. Wenn ich mir das Gesundheitsressort ansehe, dann erwarte ich nicht, dass die verfassungsmäßige Mehrheit dazu genutzt wird, um die vielfältig verteilten Kompetenzen in der Gesundheitspolitik zu vereinfachen, zu re­gulieren und einer zeitgemäßen Regelung zuzuführen. Speziell wenn ich an die Verein­heitlichung der Sozialversicherungsagenden denke, so sehe ich da ein großes Arbeits­feld, und ich erwarte oder erhoffe mir, dass hier Themen auftauchen, die wir zu bear­beiten haben werden.

In der vorigen Sitzung des Bundesrates habe ich mich bereits mit der Aufteilung der Ressorts Arbeit und Wirtschaft befasst. Diese soll ja heute fixiert werden, und es scheint doch eigenartig, dass es bis zur neuen Regierung diese Aufteilung genauso


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 40

gegeben hat, aber kein Staatssekretariat dazu. Offensichtlich ist die neue Regierung doch auch nicht mehr ganz so sicher, dass die beiden Bereiche zusammenpassen, da für die Agenden der Arbeit nunmehr eine Staatssekretärin vonnöten ist. Die Frage ist jedoch, warum nicht gleich eine Zuordnung zum Sozialministerium erfolgt ist. Dass es eine eigene Staatssekretärin für Arbeit gibt, das hätte ja auch dort gut passen können, denn der Arbeitsaufwand ist sicher ein sehr großer. (Beifall bei den Grünen.)

Dass jede Regierung versucht, wie Herr Kraml vor mir gesagt hat, arbeitsfähige Struk­turen herzustellen, ist selbstverständlich und an und für sich ja auch noch nichts Schlechtes. Dass sich jede Opposition anderes vorstellen kann und natürlich andere Schwerpunkte hat, ist auch klar. Dass wir heute diesem Gesetz nicht zustimmen werden, liegt in der Logik dieser Dinge und ist natürlich auch klar. Diese Aufteilung, wie sie die Regierung hier vornimmt, ist jedoch kein Zeichen von Mut, sie ist eigentlich nichts anderes als die Prolongierung der bisherigen Geschäftsführung und lässt zudem wichtige Bereiche, wie auch meine Kollegin schon ausgeführt hat, vermissen: Zuwan­derung und Immigration vor allem. Sie hat auch viele Gegenpole zusammengespannt: nicht nur Arbeit und Wirtschaft, sondern auch Umwelt und Landwirtschaft – Bereiche also, die sich im Großen und Ganzen meist widersprechen. (Beifall bei den Grünen.)

11.16


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


11.16.30

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Ich werde mich jetzt nicht auf die Wortmeldung des Kollegen Breiner einlassen, sondern grundsätzlich aus Sicht der Ländervertretung und auch des Landes Vorarlberg auf die Thematik eingehen. Ich möchte Ihnen mittei­len: Mit welcher Ressortverteilung die Bundesregierung ihre Zuständigkeiten wahr­nimmt, ist letztlich eine autonome Entscheidung des Bundes und ohne unmittelbare Auswirkungen für die Länder. Solche wären unter Umständen mittelbar gegeben, wenn die Bundesregierung ihre Arbeitsteilung so unzweckmäßig vornähme, dass darunter die gesamtstaatliche Aufgabenerfüllung leiden würde. Das kann aber wohl nicht ernst­haft behauptet werden.

Ungeachtet der Zustimmung zu der nach jeder Regierungsbildung üblichen Änderung des Bundesministeriengesetzes gibt es aus Ländersicht zu diesem zentralen Bereich der Verwaltungsorganisation des Bundes einige Anmerkungen und auch Vorschläge.

So ist es in einem Bundesstaat bemerkenswert, dass das Bundesministeriengesetzes im Range eines einfachen Bundesgesetzes steht, während die Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen in einem eigenen Bundesverfassungsgesetz geregelt sind. Erfreulicherweise bekundet das Regierungs­programm die Absicht, im Rahmen der angestrebten Staats- und Verwaltungsreform die damit verbunden Vorgaben und Genehmigungsvorbehalte des Bundes zu reduzie­ren. Es geht also nicht nach dem Motto, das der bekannte deutsche Journalist Wolfram Weidner einmal geprägt hat: Die Verwaltung darf man nicht unter die Lupe nehmen, sonst wird sie noch größer.

Im Regierungsprogramm findet sich unter anderem zwölf Mal der Begriff One-Stop-Shop, und es wird in diesem Bereich auch den Ländern ans Herz gelegt, sich in solche häufig als Bundeseinrichtungen verstandene Shops einzubringen. Das fiele etwas leichter, wenn zum Beispiel der Bund in den stark zersplitterten Forschungsförderungs­themen mit gutem Beispiel voranginge. Da kann man nämlich von einem One-Stop-Shop wirklich nicht reden.


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Dem rasanten Fortschritt der Informationstechnologie entsprechend gibt es inzwischen eine Vielzahl elektronischer Register, mit denen Österreich häufig eine führende Rolle einnimmt. Ich erwähne in dem Zusammenhang als besondere Pionierleistung das elektronische Grundbuch. Solche Register bringen auch für das Zusammenwirken mit den Ländern und Gemeinden vielfältige Vorteile beispielsweise durch den Wegfall mehrfacher Dateneingaben. Sie können aber nur genutzt werden, wenn in einem ver­trauensvollen Zusammenwirken vorgegangen wird. Wo die Schnittstellen zwischen den Ländern und Gemeinden mangelhaft sind, kommt es zu schlechter Datenqualität und erschwerter Verschränkung der Arbeitsprozesse.

In vielen Bereichen können solche Probleme gut bereinigt werden, in anderen wieder­um werden sie geradezu erzeugt. Ich erwähne als aktuelles Beispiel die Abfallwirt­schaft, wo es offenbar keine ausreichende Bereitschaft des Bundesministeriums gibt, die Erfahrungen der Praktiker des täglichen Gesetzesvollzugs frühzeitig und ausrei­chend einzubinden. Das führt auch dazu, dass Vorteile von Investitionen in die IT un­nötig zunichte gemacht werden.

Eine zweite unnötige Erschwernis liegt darin, dass vom Bund auch Gebühren auf die Abfrage solcher Daten eingehoben werden, die erst durch die Mitwirkung von Ländern und vor allem der Gemeinden gesammelt werden konnten.

Die österreichische Bundesverwaltung ist von einer starken organisatorischen Auto­nomie der einzelnen Ministerien geprägt, wenngleich es hier unter der letzten Bundes­regierung wesentliche Fortschritte beispielsweise mit einer gemeinsamen Buchhal­tungsagentur und Clusterbildungen im Kfz-, Druckerei- und Bibliotheksbetrieb gegeben hat, ließen sich durchaus noch weitere Vorteile lukrieren. So könnte die im vorange­gangenen Regierungsprogramm in Aussicht genommene Errichtung einer Bundesser­vice GmbH zur Zusammenfassung von ressortübergreifenden Unterstützungsleistun­gen auch dann umgesetzt werden, wenn sie dieses Mal nicht mehr erwähnt wurde.

In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass der Vorarlberger Lan­deshauptmann Dr. Herbert Sausgruber eine zusätzliche Überlegung zur Diskussion gestellt hat. Die gesetzesvorbereitenden Abteilungen der einzelnen Bundesministerin sollten beim Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes zusammengefasst und da­durch eine einheitliche Bundeslegistik geschaffen werden. Das würde nicht nur erheb­liche Einsparungen, sondern auch eine Reihe von anderen Vorteilen mit sich bringen.

Erstens: Es ist evident, dass die Qualität von Gesetzesentwürfen sehr unterschiedlich ist und durch eine einheitliche Handschrift verbessert werden könnte.

Zweitens: Das gilt auch für die häufig mangelhafte Beachtung der vom Bundeskanzler­amt herausgegebenen legistischen Richtlinien und der nach dem Bundeshaushalts­gesetz und dem Konsultationsmechanismus notwendigen, aber häufig missachteten Darlegen der Folgekosten.

Drittens: Natürlich braucht die Gesetzesvorbereitung den fachspezifischen Sachver­stand. Die oft beklagte Detailverliebtheit unserer Rechtsordnung ist aber ein deutlicher Hinweis darauf, dass er oft überschießend wirksam wird und auch durch Einwände im Begutachtungsverfahren nicht zu bändigen ist.

Viertens: Eine Zusammenführung würde notwendigerweise auch dazu führen, dass Schwerpunkte gesetzt werden müssten und die Gesetzgebungsvorhaben transparen­ter würden. Quantitative Gesichtspunkte sind für die Gesetzgebung zwar nur bedingt tauglich, aber es liegt beim bei uns herrschenden Zustand der Rechtsordnung doch auf der Hand, dass manchmal weniger mehr wäre.

Fünftens: Nicht zuletzt sei erwähnt, dass sich dieses System einer Legistik aus einem Guss in den Ländern seit Langem bewährt hat. Um es im Jargon der Regierungserklä-


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rung zu sagen: Das wäre ein perfekter One-Stop-Shop. Im Sinne der allgemeinen Ein­heitlichkeitsfreudigkeit und angesichts der regelmäßigen Klagen des Verfassungsge­richtshofes über die Qualität der Gesetze sollte dieser Bereich deshalb nicht ausge­blendet werden.

Ein nicht unbeachtlicher interministerieller Verwaltungsaufwand entsteht dadurch, dass beim Vollzug zahlreicher Bundesgesetze das federführende Ministerium nur im Einver­nehmen mit anderen tätig werden kann, obwohl im § 5 des Bundesministeriengesetzes bereits eine Berücksichtigungs- und Koordinationspflicht besteht. Das Regierungspro­gramm sieht erfreulicherweise vor, dass die heute bestehenden Mitwirkungsrechte zwi­schen den Ministerien weitgehend durch eine Informationsverpflichtung abgelöst wer­den sollen. Das bereits für die heute zur Debatte stehende Änderung des Bundes­ministeriengesetzes zu erwarten, wäre wohl etwas verfrüht gewesen, das gebe ich schon zu. Die Nutzung der Möglichkeit, alle Einvernehmensregelungen sozusagen mit einem Federstrich zu beseitigen und nur in besonders begründeten Einzelfällen wieder einzuführen, sozusagen zero based budgeting zu betreiben, wäre ungewohnt gewe­sen. Ich hoffe, wir halten es da nicht mit dem Friedensnobelpreisträger Henry Kissin­ger, der einmal gesagt hat: Neue Leute dürfen nicht Bäume ausreißen, nur um zu sehen, ob die Wurzeln noch dran sind.

Angesichts dessen bleibt die Erwartung, dass es bald zu einer entsprechenden Regie­rungsvorlage kommen möge. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bun­desräte Kraml und Mag. Klug.)

11.24


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte.

 


11.24.26

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine lieben Kollegen aus dem Hohen Haus! Eine kurze Wortmeldung zu den heutigen Tagesordnungspunkten. Es ist ja eine so genann­te stabile Regierung mit einer großen Mehrheit im Hohen Haus im Amt – im Nationalrat und in einem noch höheren Ausmaß hier im Bundesrat. Trotzdem glaube ich – ich habe das auch das letzte Mal kritisch angemerkt –, dass es für Österreich und vor allem für den Steuerzahler alles andere als gut ist, dass es zu dieser großen Koalition gekommen ist, denn Proporz bedeutet im gewissen Maße auch Stillstand in diesem Lande, und der Fehlstart der Regierung, der in den Medien ausreichend beleuchtet wurde, hat ja gezeigt, was wir in den nächsten Jahren zu erwarten haben.

Das Arbeitsprogramm liest sich eigentlich recht gut und ist auch teilweise eine Fortset­zung des Programms der ehemaligen Koalition der ÖVP mit uns, aber ein erfolgreiches Arbeiten und ein Abarbeiten einer Regierungserklärung und eines Regierungspro­gramms erfordert großes Vertrauen zwischen den Partnern. Die heutigen Beschlüsse, die hier zu fällen sind, sind aufgebaut auf einem Misstrauen. Wenn man Aufpasser in den Ministerien braucht, die rot besetzt sind, dort einen schwarzen Staatssekretär da­zugeben muss und umgekehrt, zeugt das nicht von Vertrauen, sondern eher von Miss­trauen. Zur Frage, wie häufig sich der Kanzler und der Vizekanzler herablassen wer­den, im Nationalrat und im Bundesrat selbst Rede und Antwort zu stehen, zeigt eigent­lich die getroffene Regelung, dass insgesamt kein großes Interesse daran bestehen wird. Die Vertretung wird dann jeweils ein Mann ihres Vertrauens sein, und der ist dann von der jeweiligen Partei und nicht sein zur Seite gegebener Staatssekretär.

Der große Wermutstropfen dabei ist die schiefe Optik, die dadurch entsteht, dass an­scheinend Sachkenntnis und Sachkompetenz nicht gefragt sind, denn, wenn hier herin­nen der Finanzminister gefragt ist und uns dann einen Mann seines Vertrauens, der


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allerdings nicht im Staatssekretariat im Finanzministerium ist, sondern andere Sach­kompetenzen hat, geschickt wird, dann ruft das eine schiefe Optik hervor, die nicht gut ist. (Bundesrat Boden: Schauen wir uns doch einmal an, welche Sachkompetenz die Staatssekretäre des BZÖ gezeigt haben! Besser wäre es da gewesen, wir hätten gar keine gehabt!) – Na ja, es scheint so zu sein, dass Sachkompetenz überhaupt nicht mehr gefragt ist, sondern das Vertrauen einfach in der Person selbst begründet liegt. Die Ja-Sager sind also hier sehr gefragt. (Bundesrat Boden: Die Sachkompetenz der BZÖ-Staatssekretäre war ja so legendär!)

Ein weiteres schlechtes Signal ist meiner Ansicht nach die Aufblähung der Regierung. Es ist die größte Regierung seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. Und unbestritten ist auch, dass sich die Tätigkeiten sowohl auf der Ebene der Gesetzge­bung als auch in der Exekutive auf Grund des Beitrittes zur Europäischen Union natür­lich vermindert haben. Wenn jetzt diese Regierung im Vergleich zur letzten Regierung Schüssel II um 11 Prozent aufstockt, nämlich von 18 auf 20 Minister und Staatssekre­täre, dann ist das ein Signal in die falsche Richtung.

Wenn Sie jetzt vielleicht meinen, dass nur von 19 auf 20 aufgestockt wurde, dann muss ich Sie berichtigen, denn die Regierung Schüssel II hat 18 Personen umfasst und wurde nur für den Zeitpunkt der Vorsitzführung Österreichs in der Europäischen Union um einen Staatssekretär erweitert, befristet bis zum Ende der Legislaturperiode. Nun haben wir sicherlich die nächsten elf, zwölf Jahre keinen EU-Vorsitz mehr, aber wir ha­ben diesen Staatssekretär noch verlängert und wir haben noch einen weiteren Staats­sekretär dazubekommen, beziehungsweise insgesamt zwei Minister und dafür einen Staatssekretär weniger, sodass wir jetzt also die teuerste Regierung seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union haben.

Was nützt uns ein Verfassungskonvent – Österreichkonvent –, denn wir Monate, fast Jahre hindurch gewissenhaft besucht haben und für den wir Vorschläge ausgearbeitet haben? Wie können wir auf Grund der Situation, dass vieles in Europa bereits vorgege­ben ist, für die Österreicherinnen und Österreicher Einsparungspotentiale suchen? Wir haben uns überlegt, ob es zu einer Verkleinerung des Nationalrats kommen könnte. Wir haben überlegt, ob es zu einer Verkleinerung der Landtage kommen sollte. Wir ha­ben wiederholt über den Bundesrat diskutiert, auch heute wiederum auf Grund des An­tritts des neuen Präsidenten beziehungsweise auch der Anwesenheit seiner Landes­hauptfrau, die ja übrigens auch in meiner Ära, als ich Präsident war, die Abschaffung des Bundesrates tatsächlich auch ersatzweise gefordert hat. Sie hat das dann aller­dings auf Zurufe des Herrn Bundespräsidenten Fischer hin wieder zurückgenommen.

Von einer Regierung, die sich selbst aufgebläht hat, die sich selbst zu einer Verteue­rung um über 11 Prozent gegenüber der vorherigen Regierung bekennt, von einer sol­chen Regierung erwarte ich mir keine Reform in Bezug auf Einsparungen für die Steu­erzahler.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ein kurzer Streifzug noch ein­mal zurück zum ersten Tagesordnungspunkt. Es wurden heute wieder Vorschläge zur Veränderung des Bundesrates gemacht. Bei jeder Amtseinführung eines neuen Präsi­denten werden neue Programme auf den Tisch gelegt, und ich habe damals beim An­tritt meiner Präsidentschaft auch einen Wunschzettel deponiert, und habe dann auch leidvoll am Ende meiner Amtszeit zugeben müssen, dass man eben in einem halben Jahr nicht alles bewegen kann. Dennoch: Vorschläge sind da. Man sollte sie diskutie­ren. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Bundesräte auch aus dem Kreis der Land­tagsabgeordneten zu bestellen wären, um damit letztlich auch ein Einsparungspotential für die Steuerzahler zu nutzen.


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Abschließend möchte ich – er ist jetzt nicht im Hause – als sein Vorvorvorgänger dem Herrn Präsidenten für seine Amtszeit viel Glück und Erfolg im Sinne der Akzeptanz
und des Ansehens des österreichischen Bundesrates wünschen. (Beifall des Bundes­rates Ing. Kampl.)

11.31


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Staats­sekretärin Silhavy. – Bitte.

 


11.31.50

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Heidrun Silhavy: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich möchte jetzt nach der ersten Runde der Wortmeldungen die Gelegen­heit ergreifen, um mich bei Ihnen erstens für die Debatte zu bedanken und um zwei­tens auf einige Ihrer Wortmeldungen kurz einzugehen.

Frau Bundesrätin Konrad hat im Wesentlichen die Vertretungsregelung und die Ände­rung des Bundesministeriengesetzes angesprochen. Lassen Sie mich vielleicht mit der Vertretungsregelung, weil das ja die emotionell höher bewertete Thematik des heutigen Tages zu sein scheint, beginnen.

Herr Bundesrat Breiner hat die Notfalllösung angesprochen, wie sie von Bundesrat Kraml genannt wurde. Also, ich sehe mich nicht als Notfalllösung und auch persönlich nicht als Notfall. Im Gegenteil, muss ich sagen: Ich schätze es als langjährige Parla­mentarierin sehr, mich der Diskussion, und zwar vor allem der Diskussion über die weitergehende Politik in Österreich, hier in diesem Hohen Haus stellen zu können. Ich denke mir, es ist eine gute und eine der höchsten Formen der Demokratie, wenn man die Ehre hat, hier im Hohen Haus mit Ihnen als frei gewählten Mandatarinnen und Mandataren über Gesetzesvorlagen und Vorhaben der Regierung reden zu dürfen, und ich bedanke mich auch dafür. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Breiner.)

Frau Bundesrätin Konrad – ich sehe Sie momentan nicht –, ich kann Sie beruhigen, was die Vertretungsregelung anlangt. Sie brauchen sich nur den Antrag anzuschauen, da ist ganz eindeutig festgehalten, dass sich nur Vizekanzler und Kanzler vertreten lassen können und nicht alle Minister nach Belieben. Ich denke mir, das hat auch seine Begründung. Wir haben es ja ohnedies und Sie haben es auch sehr ausführlich debat­tiert anlässlich der Diskussion, die bereits im Nationalrat zu diesem Thema erfolgte.

Wesentlich ist es auch, dass wir nicht übersehen, dass wir auf europäischer Ebene schon weiterreichende Themen haben, und ich denke, wir müssen über diese Vertre­tungsregelungen im Allgemeinen auch noch weiter diskutieren. Wir werden das jetzt nicht sozusagen an diesem Punkt beenden können, denn eines ist schon klar: Wir haben immer mehr Agenden auf europäischer Ebene wahrzunehmen. Von Herrn Bun­desrat Mitterer wurde angesprochen, dass Herr Staatssekretär Winkler nur für die EU-Präsidentschaft bis zum Ende der Legislaturperiode eingesetzt worden ist. Das hat sich offensichtlich sehr bewährt, sonst hätte man nicht den Beschluss gefasst, ihn weiterhin als Staatssekretär mit diesen Agenden zu betrauen. Ich denke, wir alle schätzen seine Arbeit wirklich sehr, und er hat sich durch hohe Kompetenz ausgezeichnet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Weil ich schon bei den Staatssekretärinnen und Staatssekretären bin: Es ist die nicht erfolgte Trennung des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft angesprochen worden – ich glaube, Herr Bundesrat Breiner war das. Mit der Frau Staatssekretärin Christine Marek, die ich auch persönlich als ArbeitnehmerInnen-Interessenvertreterin kenne, auch wenn sie einer anderen Fraktion angehört, die aber als gewählte Betriebs­rätin und Betriebsratsvorsitzende eines nicht zu kleinen Unternehmens sich auch wirk­lich in der Realität, in der täglichen Realität mit den Schwerpunkten gerade der Frage


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Arbeit auseinandergesetzt hat, wurde ja genau dem Rechnung getragen, dass ja immer wieder die Kritik gekommen ist, dass man mit dem Wirtschaftsminister den Bock zum Gärtner macht. Nun hat man dem sozusagen eine Staatssekretärin entgegenge­stellt, die gerade die ArbeitnehmerInneninteressen auch aus ihrem eigenen Tätigkeits­feld kennt. Ich denke mir, damit hat man erstens einmal dieser Kritik Rechnung getra­gen, und ich bin überzeugt davon, dass Frau Staatssekretärin Marek diese Aufgaben und die ihr übertragenen Agenden nicht nur ernst nimmt, sondern sie auch tatkräftig zur Umsetzung bringen wird.

Ein weiterer Punkt, der angesprochen worden ist, war dann der Punkt ... ui jegerle, da habe ich schlecht geschrieben! – Ah ja! Herr Bundesrat Mayer hat eine Fülle von The­men angesprochen, die zum Teil die Staatsreform betreffen. Ich brauche darauf nicht hinzuweisen – Frau Landeshauptfrau Burgstaller hat das ja in ihrem ersten Beitrag erwähnt –, dass bis zum Sommer Schwerpunkte der Staatsreform erarbeitet werden sollen. Sie haben als positives Beispiel das elektronische Grundbuch und auch einige nicht so gut funktionierende Aspekte angesprochen. Ich habe die Ehre, dass in den mir übertragenen Kompetenzbereich auch IKT und E-Government fallen. Daher habe ich mich jetzt natürlich auch sehr intensiv mit diesen Themen befasst. Österreich steht in diesem Bereich wirklich als Musterland da. Eine meiner ersten Aufgaben war im Rah­men der ITnT-Messe, die ja in Wien stattgefunden hat, Vertreterinnen und Vertreter aus Südosteuropa bei uns zu begrüßen. Die sehen Österreich als ein Land, in das sie kommen, um sich anzuschauen, wie gut dieses E-Government bei uns funktioniert. Ich denke, wir dürfen darauf auch stolz sein.

Wir dürfen uns nicht ausrasten, das ist überhaupt keine Frage. Gerade im Bereich der Elektronik ist die Halbwertszeit der Entwicklung eine immer kürzer werdende, aber ich denke, wir haben sehr, sehr gute Leute. Ich habe mich davon überzeugen können, dass wir sehr engagierte Menschen haben, die daran arbeiten, und ich selber bin auch mit großem Engagement dahinter. Davon werden Sie sich, nehme ich an, bald über­zeugen können. Wir haben in der nächsten Woche ja bereits die „Plattform Digitales Österreich“ eingeladen, an der auch die Ländervertreter teilnehmen. Dass mit jedem neuen Projekt, das entsteht, auch neue Probleme und neue Herausforderungen wach­sen, ist klar, aber dazu sind wir ja alle in die Politik gegangen, um Herausforderungen anzunehmen und Lösungen anzubieten. Ich biete mich hier auch persönlich als Ge­sprächspartnerin für diese Bereiche gerne an.

Auf zwei Punkte möchte ich noch eingehen. Da war der Punkt Forschung, der in den Debattenbeiträgen mehrmals angesprochen worden ist. Die Forschungsförderung in Österreich ist schon seit vielen Jahren breit gestreut, wie Sie wissen. Wir haben mit dieser Regierungsvorlage versucht, die Forschungsförderung zielgruppenorientiert neu zu gestalten. Ich bin überzeugt davon, dass uns das auch gelingen wird. Ich meine auch, dass es ein sinnvoller Zugang zur Forschungsförderung ist, wenn man auf der einen Seite zielgruppenorientiert auf die universitäre Forschung und auf der anderen Seite zielgruppenorientiert auf die wirtschaftliche Forschung schaut. Beides wurde im Ministeriengesetz und durch die Neuverteilung unsererseits berücksichtigt. Ich bin auch überzeugt davon, dass es gelingen wird und dass das ein guter Weg ist.

Als Frau kann ich es natürlich nicht ganz unterlassen, jetzt zum Thema Frauenpolitik noch etwas zu sagen. Sie werden hoffentlich dafür Verständnis haben. Ich denke mir, dass es wesentlich sein wird, dass Frauenpolitik wieder mit Umsetzungspolitik verbun­den ist. Den Frauen hilft es nämlich relativ wenig, wenn überall Lippenbekenntnisse dazu da sind, dass Einkommensunterschiede verringert werden müssen, was aber de facto nicht gelingt. Hier ist es notwendig, Maßnahmen zu setzen, die dann auch tat­sächlich im realen Leben der Frauen greifen. Frau Bundesministerin Bures, die ja in Hinkunft diese Thematik auch offiziell vorantreiben wird, hat sich jetzt in den ersten


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Wochen, obwohl sie vom Gesetz her sozusagen noch nicht die Ausstattung hiezu hat­te, wirklich schon sehr, sehr intensiv um dieses Thema bemüht. Ich bin guten Mutes, weil wir gerade dieses Ressort in sehr guten und in sehr engagierten Händen haben.

Last but not least lassen Sie mich noch sagen: Ich finde es schön, wenn sich Opposi­tionsparteien darüber Gedanken machen, wie das Vertrauen zwischen den Koalitions­parteien und -partnern ist. Wesentlich ist jedoch, welche Sachinhalte wir liefern und welche Lösungen wir bieten, und ich bin überzeugt davon, Sie werden genug Debat­tenbeiträge haben, weil Sie, wie ich hoffe, sehr positiv auf unsere Lösungsansätze re­agieren werden. Ich hoffe, Sie werden diesen dann auch zustimmen können. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.39


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sodl. – Bitte.

 


11.40.00

Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Am 1. Oktober 2006 hat eine Wahl stattgefunden, und der Souve­rän hat entschieden. Zwei Parteien haben sich geeinigt, und es gibt ein Regierungs­übereinkommen. Das Bundesministeriengesetz ist ein Organisationsgesetz und ein Grundgerüst, um sich in erster Linie auf eine effiziente Umsetzung dieses Programms im Interesse der Österreicherinnen und der Österreicher und der Republik zu stützen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir alle einer Meinung sind, dass eine gute Politik für die Menschen in diesem Land herauskommen sollte.

Wir wissen, im Leben ist nicht alles perfekt, und wenn ich auf die Wunschvorstellungen meiner Vorredner eingehe, so muss ich sagen: Wir sollten weniger darüber diskutieren, ob die eine oder die andere Kompetenz da oder dort ist. Auch ich persönlich hätte mir gewünscht, dass die Agenden der Arbeitsmarktpolitik aus dem Wirtschaftsministerium herausgelöst und im Sozialministerium angesiedelt worden wären. Und trotzdem glaube ich, dass im Großen und Ganzen eine gute und sinnvolle Lösung getroffen wurde. Die beiden Parteichefs, die dieses Koalitionsübereinkommen unterschrieben haben, sind sich sicher einig, dass wir für die Menschen das Beste und das Machbare umsetzen müssen – zum Wohle unserer Menschen und unserer Bevölkerung.

Durch die Änderung des Bundesverfassungsgesetzes wird die Möglichkeit von Mitglie­dern der Bundesregierung, sich durch die Staatssekretäre parlamentarisch vertreten zu lassen, ausgedehnt. In weiterer Folge wird es dem Bundeskanzler möglich sein, sich auch durch einen Staatssekretär des Vizekanzlers im Nationalrat und im Bundesrat vertreten zu lassen, und umgekehrt dem Vizekanzler, durch einen Staatssekretär des Bundeskanzlers. Diese Vertretungsmöglichkeit soll sich auch auf alle dem Vizekanzler oder dem Bundeskanzler übertragenen Ressortangelegenheiten erstrecken. In der Kri­tik der Grünen an der gegenständlichen Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle wurde die Behauptung aufgestellt, dass dem Staatssekretär, der den Bundeskanzler oder den Vizekanzler vertritt, zwar ein parlamentarisches Vertretungsrecht, aber nach der Ge­schäftsordnung kein Rederecht zukommt. Begründet wird dies damit, dass es sich nicht um einen beigegebenen Staatssekretär im Sinne der Geschäftsordnung handelt. Diese Darstellung ist nicht korrekt und rechtlich nicht haltbar.

Die Geschäftsordnung ist genauso wie jedes andere einfache Gesetz verfassungskon­form zu interpretieren. Die Geschäftsordnung regelt selbst nicht, was ein beigegebener Staatssekretär ist. Die Antwort ist daher im Bundes-Verfassungsgesetz zu finden. Im Rechtsstand vor dieser Novellierung kannte das Bundes-Verfassungsgesetz nur beige­gebene Staatssekretäre in dem Sinne, dass sie diesem Ressort beigegeben sind.


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Diese Regelung wird nunmehr durch die neue Vertretungsregel für den Bundeskanzler und für den Vizekanzler ergänzt. Sollte ein Staatssekretär im Bundeskanzleramt im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler mit der parlamentarische Vertretung des Vize­kanzler beauftragt beziehungsweise diesem beigegeben werden, ist dieser naturge­mäß auch im Sinne der Geschäftsordnung dem Vizekanzler beigegeben und hat daher das Rederecht im Bundesrat.

Ich bin überzeugt, was die Frage der Vertretung anbelangt, dass diese sehr sensibel behandelt und dass großer Wert darauf gelegt werden wird, dass das angesprochene Regierungsmitglied größtenteils präsent ist, wenn es eine parlamentarische Aktion gibt. Ich bin zuversichtlich, dass im Interesse der Menschen in dieser Bundesregierung und in dieser Gesetzgebungsperiode Positives erreicht wird. Nach relativ langer Zeit der Regierungsverhandlungen und der Abgleichung der Ministerien ist eine Basis zur Um­setzung des Regierungsprogramms geschaffen worden. Daher muss die Zielsetzung dieser Regierung lauten: Gemeinsam in einer großen Koalition, gemeinsam für unsere Menschen, gemeinsam für Österreich! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.45


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bieringer. – Bitte.

 


11.45.22

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute die Neuregelung der Ministerien auf der Tagesordnung, wenn Sie es so haben wollen, das Ministeriengesetz für die kommende Funktionsperiode des Natio­nalrates. Wenn von den Grünen beklagt wird, dass diese Regierung über eine verfas­sungsmäßige Mehrheit verfügt, so muss man diesen Herrschaften schon sagen: Wenn sich alle Parteien weigern, mit einer größeren Partei eine Regierung zu bilden, und sich dann die zwei größten Parteien dieses Landes finden, dann kann man sich nicht be­schweren, sondern da hätte man eben den Mut fassen müssen, selbst Verantwortung zu übernehmen und in die Regierung zu gehen. Damit würde sich dann dieses Kapitel von selbst erledigt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich finde das immer so schön, wenn man sich zurücklehnt nach einer Wahl, wenn die Wahl nicht so ausgeht, wie man es sich vorgestellt hat, und sagt: Na bitte, ihr könnt machen was ihr wollt, ihr seid die Bösen, ihr könnt regieren, aber lasst uns angelehnt! Wir lehnen uns zurück, wir haben damit nichts zu tun! – Nur Opposition zu betreiben, meine Damen und Herren, ist ein bisschen zu wenig! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Mitterer! Ich kann in der Demokratie – und das ist meine feste Überzeu­gung – eines sicher nicht akzeptieren, nämlich, wenn jemand sagt: Das ist die teuerste Regierung, die es gibt!

Herr Kollege Mitterer! Keine demokratische Regierung kann so teuer sein, wie einem eine Regierung zu stehen kommen würde, die sich auf eine Diktatur stützt. Das möchte ich ausdrücklich festhalten. Seien wir stolz darauf, dass wir in einem freien Land leben können! Seien wir stolz darauf, dass wir entscheiden können, wo es langgeht, und dass wir keinen Diktator haben, der nach seinem Willen schalten und walten lässt! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich werde das Gefühl nicht los, meine Damen und Herren, dass das etwas mit Neid­gesellschaft zu tun hat, und damit wurde in diesem Land schon so viel zerstört. Hören wir endlich damit auf! Nach meinem Dafürhalten ist es wichtig und richtig, dass eine Regierung effizient zusammengesetzt wird und dass diese Regierung etwas weiter-


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bringt. Wir reden dann weiter, wenn diese Regierung Bilanz legt. Und ich bin davon überzeugt, dass es eine gute Bilanz werden wird.

Nun zu der zu beschließenden Vertretung des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vizekanzlers durch Staatssekretäre: Wir müssen davon ausgehen, dass in der öster­reichischen Bundesverfassung – und das ist sozusagen das höchste Gesetz in dieser Republik – steht, dass jeder Bundesminister durch einen anderen Bundesminister oder durch einen Staatssekretär in europäischen Angelegenheiten vertreten werden kann. Das ist Faktum! Da hat sich niemand aufgeregt, das hat jeder akzeptiert. Wenn der Bundeskanzler durch einen Staatssekretär aus dem Finanzministerium in EU-Angele­genheiten vertreten wird, dann wird sich niemand darüber aufregen.

Nun wird beschlossen, dass die enge Sicht, die es bisher in beiden Häusern des Parla­ments gegeben hat, sozusagen ausgeweitet wird, sofern sie den Bundeskanzler und den Vizekanzler betrifft. Ich finde es richtig, dass der Bundeskanzler durch einen Staatssekretär aus dem Finanzministerium vertreten werden kann und der Vizekanzler durch einen Staatssekretär aus dem Bundeskanzleramt, wenn der Bundeskanzler dafür die Zustimmung gibt. Wenn hier gesagt wird, dass das nicht verfassungskonform sei, dann darf man hier die Einschränkung machen: Es ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht geschäftsordnungskonform, aber verfassungskonform, bitte schön, ist es allemal!

Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Geschäftsordnung beider Häuser nach einer Gesetzesänderung geändert wird. Wenn wir uns zurückerinnern, so stellen wir fest: Als Österreich der EU beigetreten ist, wurden die EU-relevanten Bestimmungen erst ein­einhalb Jahre später in die Geschäftsordnung des Nationalrates aufgenommen und ein Jahr und neun Monate später in die Geschäftsordnung des Bundesrates. Das war also bisher immer so gang und gäbe, und ich stehe nicht an, für die ÖVP-Fraktion zu erklären, dass wir nunmehr auch bereit sind, über eine Änderung der Geschäftsord­nung dieses Hauses zu diskutieren. (Bundesrat Schennach: Ausgezeichnet!)

Wir werden das gerne tun, Kollege Schennach. Ob wir all deine Wünsche, die du da einbringen möchtest, erfüllen, sei einmal dahingestellt. Wir werden darüber diskutieren, und wir werden ... (Bundesrat Schennach: Allein die Bereitschaft zur Diskussion ist schon sensationell!)

Wir werden darüber diskutieren. Und ich sage dir: Du wirst dich wundern, wozu wir überhaupt bereit sind, was wir alles machen (Bundesrätin Kerschbaum: Ein Super­angebot!) – zum Wohle dieser große Koalition. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte daher für die ÖVP-Fraktion Folgendes festhalten: Wir werden selbstverständlich der Änderung des Ministerienge­setzes zustimmen. Wir haben das Regierungsprogramm von Bundeskanzler Gusen­bauer und Vizekanzler Molterer zur Kenntnis genommen, wir werden es unterstützen, so haben wir es hier erklärt. Das gilt natürlich auch jetzt! Der zweite Schritt ist nun die Änderung des Ministeriengesetzes, das ist heute auf der Tagesordnung, und wir wer­den diesem selbstverständlich auch zustimmen, denn wir sind dafür, dass eine Flexi­bilität innerhalb der Vertretungsbefugnisse in der Bundesregierung Platz greifen kann, nämlich mit der Vertretung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers durch die Herren Staatssekretäre.

Ich kann Ihnen nur sagen, meine Damen und Herren von der Opposition: Sie werden uns nach drei, vier Jahren, wenn diese Regierung drei, vier Jahre gearbeitet hat, recht geben beziehungsweise sagen: Es war eine gute Arbeit, eine gemeinsame Arbeit für unsere Republik Österreich! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.52



BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekre­tär Dr. Lopatka. – Bitte.

 


11.52.46

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Reinhold Lopatka: Frau Präsidentin! Liebe Kollegin Silhavy! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun auch einige An­merkungen von meiner Seite.

Diese Bundesregierung hat mit dem Bundesministeriengesetz die Grundlage dafür ge­schaffen, dass wir das bewältigen, was wir uns vorgenommen haben, nämlich jene fünf Schwerpunkte in der Regierungsarbeit, die Österreich in der positiven Entwicklung, die das Land in den letzten Jahren genommen hat, auch in Zukunft unter den Ländern der Europäischen Union vorne halten soll.

Erster Schwerpunkt: Gestaltung der Politik in der Weise, dass weiterhin Wirtschafts­wachstum möglich ist, nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit dem Ziel der Vollbeschäf­tigung. Daher werden wir uns auch in der ersten Regierungsklausur, die Anfang März in Linz stattfinden wird, mit diesem Bereich intensiv befassen. Bundesrat Sodl hat vor­hin das Wort genannt, das das entscheidende ist, nämlich: „gemeinsam“. Daher wird das auch gemeinsam von Bundesminister Dr. Martin Bartenstein und von seinem Kol­legen von der SPÖ, Bundesminister Buchinger, vorbereitet.

Ein zweiter ganz wichtiger Bereich – heute in Früh habe ich dazu schon die Ausfüh­rungen von Frau Landeshauptfrau Burgstaller gehört –, für den wir, Kollegin Silhavy und ich, in der Koordination verantwortlich sind, nämlich, dass wir auch in der Verwal­tungsreform einen Schritt setzen, dass wir auf der Ausgabenseite des Bundes einiges erreichen, um dann auch auf der Einnahmenseite den Spielraum zu bekommen, dass eine Steuerreform, die den Namen auch verdient, in dieser Legislaturperiode zur Um­setzung kommen kann.

Ich darf hier als dritten Punkt eine Sache erwähnen, mit der wir uns in der letzten Re­gierungssitzung nicht nur befasst haben, sondern in der wir auch schon zu einem ersten richtungweisenden Ergebnis gekommen sind: Das ist die mittel- und langfristige Absicherung unseres hervorragenden Sozial-, Gesundheits- und Pensionssystems. In diesem Fall ist es konkret um die Pflege gegangen. Das betrifft natürlich sehr die Län­der, auch die Gemeinden. (Bundesrat Bieringer: Ja!) Das, was wir in diesem Bereich dann an gemeinsamen Ergebnissen haben werden, werden wir sicherlich auch hier im Bundesrat noch zu diskutieren haben und das wird auch in den Landtagen diskutiert werden, weil das auf Grund der Bevölkerungsentwicklung ein Thema ist, das uns in Zukunft sehr beschäftigen wird. Auch da sind wir sehr gut aufgestellt.

Ich möchte noch einen letzten Punkt in diesem Zusammenhang erwähnen, den ich für ganz wesentlich halte, das ist die Bildungs- und Forschungspolitik, wo es nunmehr eine Zweiteilung der Ministerien gibt. Angesichts der großen Herausforderung, die uns hier erwartet, ist diese Zweiteilung auch gerechtfertigt: das Bildungsressort bei Kollegin Schmied und ein eigenes Ressort für Wissenschaft und Forschung bei Kollegen Hahn. Also auch hier ist das Ministeriengesetz richtig angelegt.

Zwei Sätze zur Vertretungsregelung: Ich halte jede Form der Vereinfachung, der Flexi­bilität in der Regierung für einen Fortschritt. – Weil gerade der Kollege aus Liechten­stein da war: Wenn in der Vergangenheit ein österreichischer Minister nach Liechten­stein gereist ist – und wenn es nur für einige Stunden war –, hat er das einem anderen Kollegen vorlegen müssen, gemeinsam mit diesem wurde es dem Bundeskanzler vor­gelegt, der das dem Bundespräsidenten zur Kenntnis brachte, und dann ist die Vertre­tungsregelung in Kraft getreten. – Unverständlich für jedermann! – Das gilt auch für die Vertretungsregelungen des Herrn Bundespräsidenten, die es bisher noch gegeben hat,


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 50

wenn er in EU-Staaten ausreist. – Das haben wir mit diesem Ministeriengesetz jetzt richtigerweise vereinfacht.

Letzter Punkt: die Kosten der Bundesregierung. – Erstens einmal hängt es sehr davon ab, wie sparsam die einzelnen Minister sind, wie sie mit öffentlichen Geldern umgehen. Dabei steht gar nicht einmal so die Anzahl der Minister im Vordergrund. Zweitens haben wir innerhalb der EU eine der kleinsten Regierungen – Sie können sich das anschauen! – mit 14 Ministerien. Dazu kommen sechs Staatssekretäre. Nehmen Sie Dänemark als Beispiel her! Das hat keine 6 Millionen Einwohner, aber eine Regierung mit 20 Ministerien! Nehmen Sie Schweden her, ein Land, sehr gut regiert, mit 9 Millio­nen Einwohnern! Das hat 22 Minister. Also, ich weiß nicht, ob es das wert ist, sich jetzt darüber aufzuregen. (Bundesrat Mitterer: Man könnte aber auch in die Schweiz schau­en! Die haben weniger!)

Schauen Sie, der sparsame Umgang mit den öffentlichen Mitteln, Herr Bundesrat Mit­terer – da haben wir ja Vorbilder gehabt in der letzten Legislaturperiode, was beispiels­weise die Verfügungsmittel betrifft. Wir wollen sehr sparsam mit dem, was wir an Steu­ergeldern haben, umgehen, und die Größe der Regierung ist hiebei sicherlich nicht das Problem. – Ich bitte Sie, diese Regierung dementsprechend zu unterstützen. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

11.58


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die über die Beschlüsse des Nationalrates ge­trennt erfolgt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2007 betreffend eine Bundesministeriengesetz-Novelle 2007.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jän­ner 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geän­dert wird.

Ich ersuche, nachdem jetzt jeder seinen Platz gefunden hat, jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.00.004. Punkt

Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Ersatzmitgliedes des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9
F-VG 1948

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen jetzt zum 4. Punkt der Ta­gesordnung.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 51

Auf Grund des Ausscheidens eines von der SPÖ-Fraktion nominierten Wiener Ersatz­mitgliedes ist ein anderes Ersatzmitglied für eine entsprechende Wahl vorzuschlagen.

Nach der Geschäftsordnung dieses Ausschusses sind die Mitglieder und Ersatzmitglie­der vom Bundesrat direkt zu wählen, wobei sowohl bei den Mitgliedern als auch bei den Ersatzmitgliedern jedes Bundesland vertreten sein muss.

Ein entsprechender Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion für die Wahl eines Ersatzmitglie­des liegt vor. Dieser Vorschlag lautet auf Bundesrat Peter Florianschütz aus dem Bundesland Wien.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Danke. Das ist Stimmeneinhelligkeit. Das ge­nannte Ersatzmitglied ist somit mit Stimmeneinhelligkeit gewählt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich höre, dass die Frau Bundesministerin schon anwesend ist. Wir können daher so­gleich zum Aufruf der Dringlichen Anfrage kommen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

12.02.07Dringliche Anfrage

der Bundesräte Franz Breiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Justiz betreffend das multiple Versagen der Behörden im Fall der Ver­wahrlosung dreier Kinder in Gramastetten (Bezirk Urfahr Umgebung) und das mögliche Versagen der befassten Gerichte (2488/J-BR/2007)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nunmehr zur Verhandlung über die Dring­liche Anfrage der Bundesräte Franz Breiner, Kolleginnen und Kollegen an die Frau Bundesministerin für Justiz.

Da die Anfrage inzwischen allen Mitgliedern zugegangen ist, erübrigt sich eine Verle­sung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Franz Breiner als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.

 


12.02.17

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass alle, so wie wir hier sitzen, bestürzt sind über die Ereignisse, die in letzter Zeit offenkundig wurden, die sich aber schon lange davor ereignet haben, nämlich schon in den Jahren vor 2005. Es geht hier um diese drei Mädchen, die in Gramastetten vorgefunden wur­den, inzwischen in Betreuung sind und die, wie sich jetzt herausstellte, diese Schä­den – und von denen muss man hier sprechen – eigentlich dadurch erhalten haben, dass alle Behörden, so wie die Frau Ministerin dies schon dargestellt hat, versagt haben. Nicht zuletzt scheint dem ein nicht konsequentes Vorgehen auch der Justizbe­hörden zugrunde zu liegen.

Das Pflegschaftsgericht hat eine leidvolle Geschichte mitzutragen und mitzuverantwor­ten. Diese drei Mädchen waren zu dem Zeitpunkt schulpflichtig, waren durch eine Scheidung dem Pflegschaftsgericht klarerweise bekannt und auch in Obsorge gestellt, aber sie hatten, wie wir jetzt sehen, obwohl viele Menschen Kritik übten, obwohl viele Menschen Eingaben machten, nicht die Möglichkeit, hier herauszukommen, rechtzeitig in eine Betreuung zu kommen beziehungsweise – das muss man ganz klar sagen – rechtzeitig wegzukommen von der Mutter.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 52

Die Rolle des Vaters sei hier nur am Rande erwähnt. Sie scheint im Verfahren zwar eine wesentliche zu sein, in der Wirkung aber nur eine sehr geringe Bedeutung zu haben, zumal selbst sein letzter Versuch, ein Besuchsrecht zu erlangen, die Gerichte immerhin eineinhalb Jahre beschäftigte und erst 2005 zu dem von ihm gewünschten Erfolg führte.

Die Sachlage oder die Geschichte jetzt aufzurollen, braucht man, denke ich mir, nicht, allen ist sie bekannt aus den Medien. Gestern hat im Landtag in Oberösterreich eine Sitzung dazu stattgefunden, um die Chronologie zu klären, um die Verantwortlichkeiten zu klären, um die Verantwortlichkeiten auch einzufordern. Heute hörte ich am Morgen, dass die Bundesregierung bemüht ist, alle wesentlichen Gesetze, die betroffen sind in diesem Fall, binnen 14 Tagen zu ändern. Hier, denke ich mir, sollte zumindest die nö­tige Sorgfalt angewandt werden, damit man nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet.

Was war es aber nun, was zu dieser Katastrophe geführt hat? Ich denke mir – und da schließe ich mich der Frau Minister an –, es war ein Stück Verantwortung aller Be­teiligten, die nicht konsequent getragen wurde, eine verschlampte Geschichte, würde man sagen, wäre das Ergebnis nicht so tragisch. Die Schulbehörde meldet; die Ju­gendwohlfahrt reagiert sehr zögerlich. Der Gutachter, der vom Gericht bestellt ist, er­kennt Gefährdungen. Das Gericht reagiert nicht wirklich darauf, weil es sich offensicht­lich keine eigene Meinung bildet, sondern dem Nachsatz des Gerichtsgutachtens gefäl­lig ist. Die Jugendwohlfahrt geht nicht wirklich hin und schaut nicht wirklich hinein ins Haus.

Das hat bei uns in Österreich offensichtlich Tradition: Erst, wenn etwas ganz Schlim­mes passiert ist, dann mischt man sich ein. Vorher versucht man es in einer Art wei­chen Gangart, was ich im Interesse der Kinder ja auch verstehe, vielfach verstehe. Dennoch, denke ich mir, ist die Nachschau sowohl für das Gericht als auch für die Jugendwohlfahrt etwas, was notwendig ist und was vieles der Folgen mit Sicherheit verhindern hätte können.

Es geht hier auch nicht darum, aus einem tragischen Fall politisches Kapital zu schla­gen, es geht mir im Wesentlichen darum – ich bin Schulleiter, ich bin befasst mit Ju­gendwohlfahrt, mit problematischen Situationen von Kindern, mit durchaus auch ge­fährlichen Situationen von Kindern –, die richtigen Konsequenzen daraus zu ziehen und endlich die Konsequenz einzufordern, die offensichtlich der Tierschutz ja gezeigt hat. Der ist hingegangen, der hat sich das angeschaut.

Wir müssen eine gemeinsame Struktur finden, damit Schule, Jugendwohlfahrt, Justiz, Schularzt, Sozialbetreuer eine gemeinsame Plattform des Agierens finden und auch –das ist auch ein ganz wesentlicher Punkt – eine gemeinsame Plattform der Informatio­nen finden. Heute ist es angeklungen, dass die Amtsverschwiegenheit immer über allem schwebt. Das ist schon richtig, das hat auch sicher seinen Grund, aber ich denke mir, wenn ein ordentliches Krisenmanagement vorgegeben ist, dann kann Amtsver­schwiegenheit innerhalb dieses Krisenmanagements doch keine Frage sein. Das darf es nicht. Hier muss das Wohl des Kindes im Wesentlichen Grundlage aller Entschei­dung sein. (Beifall bei den Grünen.)

Genauso wie ein Krisenstab notwendig ist, scheint uns auch die Installierung von Sozi­alarbeit an der Schule grundsätzlich notwendig zu sein. Und ein Punkt, der sich wirklich gezeigt hat: Es ist ganz wichtig, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Jugendwohl­fahrt immer wieder zu schulen, sie kompetent zu machen und sie zu stärken in ihrer schwierigen Aufgabe.

Wenn ich höre, dass sie womöglich Angst gehabt hätten vor einer Fehlentscheidung, weil sie sie dann alleine tragen müssen, so kann das doch nicht die Grundlage einer gedeihlichen Jugendarbeit sein. Auch hier muss man Wege finden. Um eventuelle –


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 53

jetzt hätte ich fast gesagt: „Übergriffe“, aber es sind keine Übergriffe –, um eventuelle Fehlbesuche zu rechtfertigen, muss eigentlich die Jugendwohlfahrt geschützt werden. Lieber einmal zu viel als – wie wir jetzt ja auch in der Steiermark sehen – um viele Male zu wenig. Personalaufstockung bei der Jugendwohlfahrt ist eine klare Forderung, die dahinter sein müsste.

Ich denke mir aber auch, dass die fachliche Verbesserung, die Ausbildung bei den Pflegschaftsgerichten eine wesentliche Rolle spielen sollte, denn das wirkliche Hinein­schauen in die Familien ist doch die Grundlage der Entscheidungen und nicht das Be­urteilen nur von außen. Ich denke, wenn ein Urteil gefällt ist, muss auch nachgeschaut werden, ob es durchgesetzt wird. Auch in der Vorermittlung gehört nachgeschaut. Das sind ganz wesentliche Punkte, die ich hier sehe.

Hilfe nach Scheidungen durch die Pflegschaftsgerichte, habe ich mir noch aufgeschrie­ben. Ein Drittel aller Ehen wird geschieden. Ich selbst habe in der Schule viele Kinder, die Scheidungskinder sind, die ganz schwierige Situationen haben, und am wenigsten Schutz kommt eigentlich von den Pflegschaftsgerichten. Es ist immer ganz mühsam, die Rechte, in dem Fall auch der Kinder, einzufordern, einzuklagen, durchzusetzen. Ich denke hier nur an Unterhaltsregelungen oder auch teilweise im umgekehrten Sinn an Besuchsrechte.

Wesentlich scheint mir auch die Vermittlung eines modernen Bildes einer Jugendwohl­fahrt, die ihre Möglichkeiten, unterstützend tätig zu sein, propagiert und wirklich allen zur Kenntnis bringt. Es geht mir darum, dass das Netz, welches zum Schutz von Eltern und Kindern geknüpft ist, wesentlich dichter wird, als wir es jetzt vorfinden. (Beifall bei den Grünen.)

12.13


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der Anfrage erteile ich Frau Bundes­ministerin Dr. Berger das Wort.

 


12.13.10

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Danke schön, Herr Präsident! – Vor­weg möchte ich bemerken, dass mir das persönliche Schicksal der vom aktuellen Vor­fall betroffenen Kinder natürlich ebenfalls äußerst nahegeht.

Meine Aufgabe als Bundesministerin für Justiz ist es, im Rahmen des Familienrechtes für einen Ausgleich der Interessen aller von einer Scheidung betroffenen Personen und für einen angemessenen Schutz der Kinder durch das Familienrecht zu sorgen. Dabei darf das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nicht aus dem Auge verloren werden.

Ich muss auch darauf hinweisen, dass das öffentliche Jugendwohlfahrtsrecht nicht zu meinem Wirkungsbereich gehört und wir hier ja verfassungsgesetzlich die Situation haben, dass bloß die Grundsatzgesetzgebung beim Bund ist, die Ausführungsgesetz­gebung und die Vollziehung aber bei den Ländern.

Ich darf nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen kommen:

Zur Frage 1

darf ich antworten, dass die Anzeige gegen die Mutter erstmals vom Bezirksgericht Urfahr-Umgebung als Pflegschaftsgericht an die Staatsanwaltschaft Linz am 13. März 2006 erstattet wurde. Die Voruntersuchung wurde am 16. März 2006 beim Landesge­richt Linz eingeleitet. Dieses Verfahren wurde dann am 31. März 2006 über Beschluss des Obersten Gerichtshofes an das Landesgericht Klagenfurt delegiert.

Seit 12. Februar 2007 wird jetzt bei der Staatsanwaltschaft Linz ein Verfahren gegen unbekannte Täter zum Nachteil der Kinder wegen Quälens oder Vernachlässigens un-


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 54

mündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs. 2 und Abs. 3 erster Fall Strafgesetzbuch geführt.

Zur Frage 2

gehe ich davon aus, dass diese Frage den Anklagebehörden gilt. Hier kann ich sagen, dass das Verfahren gegen die Mutter bei der Oberstaatsanwaltschaft am 14. März 2006 bekannt wurde.

Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt berichtete erstmals am 12. Februar 2007 an die Oberstaatsanwaltschaft Graz. Dieser Bericht wurde am gleichen Tag auch zu uns in das Bundesministerium für Justiz weitergeleitet.

Zur Frage 3:

Gegen die Mutter wird das Verfahren wegen des Verbrechens des Quälens oder Ver­nachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs. 2 und Abs. 3 erster Fall Strafgesetzbuch geführt. Die Voruntersuchung wurde zunächst beim Landesgericht Linz und seit der Delegierung jetzt beim Landesgericht Klagenfurt ge­führt.

Zu den Fragen 4 bis 6

möchte ich eine gemeinsame Antwort geben: Sofort nach Bekanntwerden des Falles habe ich erste Erkundigungen über den Verlauf der Angelegenheit eingeholt, die je­doch, muss ich sagen, noch nicht im Einzelnen abgeschlossen sind. Die Pflegschafts­akten sind den Strafakten angeschlossen, und wir wollen den Fortgang des Strafver­fahrens natürlich auch nicht beeinträchtigen.

Im weiteren Verlauf werde ich jedoch die Vorgänge daraufhin untersuchen lassen, welche legislativen Schlussfolgerungen für eine Verbesserung der Führung familienge­richtlicher Verfahren aus dem Anlassfall gezogen werden können. Ich muss aber auch darauf hinweisen, dass die Richterinnen und Richter die verfassungsrechtliche Garan­tie der Unabhängigkeit haben und es mir nicht zusteht, einzelne gerichtliche Verfahren inhaltlich zu kontrollieren.

Zur Frage 7:

Gerichtliche Obsorgeverfahren sind darauf gerichtet, Entscheidungen, die die Zukunft gestalten, herbeizuführen. Insofern unterscheiden sich diese Obsorgeverfahren von den meisten anderen gerichtlichen Verfahren, die im Wesentlichen der Aufarbeitung der Vergangenheit dienen.

Gerade bei Obsorgeentscheidungen ist es erforderlich, mit hoher Sorgfalt zu arbeiten, um den betroffenen Kindern entsprechende Zukunftsperspektiven bieten zu können. Das gerichtliche Verfahren ist darüber hinaus häufig nicht nur darauf gerichtet, eine einzige endgültige Entscheidung rasch zu treffen, sondern prozesshaft, also im Zuge eines auf längere Dauer ausgerichteten gerichtlichen Verfahrens eine Verbesserung der Situation herbeizuführen. Insofern ist hier schon für den Gesetzgeber eine gewisse Vorsicht geboten, eine Beschleunigung dieser Gerichtsverfahren ins Auge zu fassen.

Ich kann aber dennoch sagen, dass mit der Einführung des neuen Außerstreitgesetzes eine Dreiteilung herbeigeführt wurde, die generell zur Beschleunigung geführt hat. Es werden jetzt die Verfahren getrennt in Personensorge, Unterhalt und Vermögensver­waltung geführt, und das hat ganz generell zu einer Beschleunigung der Obsorgever­fahren geführt.

Zu den Fragen 8 und 9

muss ich sagen, dass das gerichtliche Obsorgeverfahren durch den § 140 Außerstreit­gesetz unter einen besonderen Schutz gestellt ist. Die in diesem Verfahren ermittelten


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 55

Tatsachen des Privat- und Familienlebens stehen unter strikter Geheimhaltung, nicht zuletzt auch zum Schutz der betroffenen Kinder.

Ich bitte daher um Verständnis dafür, dass diese Verpflichtung auch von mir als Bun­desministerin für Justiz einzuhalten ist.

Zur Frage 10:

Das Bundesministerium für Justiz ist seit Jahren bestrebt, die Verfahrensabläufe in Ob­sorgeverfahren zu verbessern – Hinweis auf die Neuregelungen jetzt beim Außerstreit­gesetz – und dabei auch einen angemessenen Schutz der betroffenen minderjährigen Kinder herbeizuführen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf Regelungen hinweisen, die das Gericht ver­pflichten, die betroffenen Kinder anhören zu lassen und, wenn sie das Alter von zehn Jahren überschritten haben, auch selbst vor Gericht anzuhören. Auch die Möglichkeit, dass über vierzehnjährige Kinder im Verfahren als Partei behandelt werden und selbst Anträge stellen und Rechtsmittel erheben können, ist nun durch § 104 Außerstreitge­setz gegeben.

Derzeit wird an vier Gerichten – ich habe das ja auch in der Öffentlichkeit schon meh­rere Male betont – der Modellversuch eines Kinderbeistandes durchgeführt. Bei dem geht es darum, den in einem Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren betroffenen Kin­dern ein Sprachrohr im gerichtlichen Verfahren zu bieten, wobei freilich auch eine be­sondere Belastung des mit der Betreuung des Kindes betrauten Elternteiles nicht aus den Augen verloren werden darf.

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass es bereits seit dem Inkrafttreten des Kind­schaftsrechts-Änderungsgesetzes die Möglichkeit einer begleiteten Besuchsausübung gibt. Sie kennen wahrscheinlich diese Besuchs-Cafés, die hier zum Beispiel eingerich­tet worden sind.

Zu den Fragen 11 und 12

muss ich noch einmal betonen, dass bei den gerichtlichen Obsorgeverfahren ein be­sonderer Schutz des Privat- und Familienlebens der beteiligten Personen zu wahren ist. Deshalb bin ich außerstande, diese beiden Fragen zu beantworten.

Zur Frage 13:

Die mit Familienrechtssachen befassten Richter sind meiner Wahrnehmung nach außerordentlich engagiert und durch Fortbildungsveranstaltungen der Justiz in einem besonderen Maße ausgebildet. Diese Ausbildung und Fortbildung umfasst natürlich auch die psychosoziale Kompetenz dieser Richter.

Zur Ermittlung des Sachverhaltes und zur Unterstützung des Gerichtes kann das Ge­richt auch auf die Hilfe der Jugendwohlfahrtsträger oder auch befähigter Sachverstän­diger zurückgreifen.

Im Nachhang zur Beantwortung der Frage 13 darf ich noch sagen: Ich möchte die Fort­bildung im Bereich der Richter, aber auch aller anderen Berufe im Rechtswesen gene­rell zu einem Schwerpunkt machen, und da wird natürlich auch in anderen Bereichen diese psychosoziale Kompetenz in dieser Ausbildung verstärkt einen Schwerpunkt dar­stellen.

Zur Frage 14:

Das Bundesministerium für Justiz kooperiert in der Frage der Fortentwicklung des Familienrechtes und des das Obsorgeverfahren betreffenden Rechtes seit Jahren er­folgreich mit den für Bildung und Familie zuständigen Bundesministerien. Auch bei den


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bevorstehenden Reformen wird diese bewährte Zusammenarbeit natürlich fortgesetzt werden.

Zur Frage 15:

Ich habe auch in der Öffentlichkeit schon immer wieder darauf hingewiesen, dass das Familienrecht, zu dem auch das Pflegschaftsrecht gehört, im Zuge dieser Legislatur­periode einer Änderung zugeführt werden soll. Das Regierungsübereinkommen sieht ja für das Familienrecht tiefgreifende Änderungen vor.

Zur Frage 16:

Wie schon erwähnt, läuft seit 1.1.2006 der Modellversuch Kinderbeistand bei vier ös­terreichischen Gerichten. Bisher haben sich aus dem Modellversuch noch nicht aus­reichende Erfahrungen ableiten lassen, allerdings hat sich schon gezeigt, dass die Inanspruchnahme durch die Gerichte hinter den Erwartungen zurückbleibt. Aus diesem Grund wurde der Modellversuch jetzt erweitert. Derzeit ist geplant, den Modellversuch bis Mitte des Jahres 2008 zu führen.

Welche legislativen Schlussfolgerungen aus dem Modellversuch gezogen werden, wird davon abhängen, welche Erfahrungen die wissenschaftliche Begleitforschung aufzei­gen wird. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass eine gesetzliche Grundlage, die wir derzeit dafür ja noch nicht haben, für die Ausweitung und die Konkretisierung des gegenwärtig laufenden Modellprojekts zur Unterstützung von Kindern in besonders schwierigen Obsorgestreitigkeiten dem Parlament noch vor dem Sommer 2007 vorge­schlagen werden kann.

Als Schlussbemerkung möchte ich noch anfügen, dass dieser Fall leider wieder einmal zeigt, wie wichtig es ist, dass der Staat die Betroffenheit weiter Kreise der Bevölkerung durch Trennungssituationen ernst nimmt und gerade für Personen in solchen Situatio­nen die entsprechenden rechtlichen und sonstigen schützenden und unterstützenden Hilfen schafft. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

12.24


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nun in die Debatte ein, in der die Redezeit jedes Bundesrates beziehungsweise jeder Bundesrätin mit insgesamt 20 Minuten be­grenzt ist.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Schennach.

 


12.24.15

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Sie haben in der Öffentlichkeit ja sehr couragiert eine Generalkompetenz eingenommen in dieser wirklich schrecklichen Situation, in der sich diese Familie befindet; letztlich auch die Mutter, die ja krank ist, der Vater, der sich wahrscheinlich auch viele Fragen stellen wird, und schließlich die Kinder. Das ist ein mutiger Akt von Ihnen gewesen, und bei der Regierungserklärung Gusenbauer-Molte­rer habe ich – das merke ich jetzt auch bestätigend – Ihren Namen als einen besonde­ren Hoffnungsnamen in dieser Regierung genannt.

Sie haben gesagt, jedes Amt trägt Verantwortung mit, und wir stehen in einer Situation, in der wir eigentlich eine unfassbare Dimension haben: einerseits die Jugendwohlfahrt, andererseits die Schulbehörden, die Pflegschaftsgerichte, die Gemeinde. Wenn viele Behörden zusammenwirken, entstehen offensichtlich große Fehler und offensichtlich ist auch großes Leid möglich.

Sie haben in Ihrer Schlussbemerkung auf die Scheidungen hingewiesen. Ja, wir leben in einer Scheidungsgesellschaft, jede dritte Ehe in Österreich wird geschieden, jede zweite in den Städten. Das bedeutet natürlich eine ganz andere Herausforderung für


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 57

die Gesellschaft und für ihre Institutionen. Wenn ich heute am Morgen gehört habe, Frau Bundesministerin, dass aufgrund dieser dramatischen Familienumstände in Gra­mastetten bereits in 14 Tagen eine Gesetzesmaterie in Begutachtung geht, dann kann ich nur sagen: Bitte, bitte nicht!

Ich finde es großartig, dass Sie das Versagen aller Ämter einmal einbekannt haben, dass Sie, wenn auch nicht ressortzuständig, gesagt haben, es ist klar, hier liegt ein generelles Versagen vor; aber versuchen wir jetzt nicht, ganz schnell irgendwelche Lösungen zu finden, ohne eine tatsächliche Fehleranalyse vorzulegen!

Wie kann es denn etwa sein, dass die Schulbehörde dermaßen gravierend versagt? Was ist denn mit den BHs in Oberösterreich los, wenn ich an den Fall jenes Bezirks­hauptmannes denke, der erst vor wenigen Wochen im Fernsehen und Gegenstand von Meldungen war, dem nicht einmal auffällt, dass es wilde neonazistische Umtriebe in seinem Wirkungsbereich gibt, und der sogar sagt, er war dort und hat nichts gehört und nichts gesehen? Was war los, wenn ein Kind dieser Familie nur den Schulrayon, also den Bezirk wechselt, dass das außer Acht gerät, sodass im Grunde alles von Neuem startet?

Frau Bundesministerin! Bei einer Sache Ihrer Antwort bin ich nicht ganz sicher, dass Sie hier über das notwendige Gesamtdokument verfügen. Das Pflegschaftsgericht, Frau Bundesministerin, hat einen Wahrnehmungsbericht der Jugendwohlfahrt im Mai 2001 erhalten, einen dramatischen Wahrnehmungsbericht im Mai 2001, und die Maßnahmen, von denen Sie uns erzählt haben, beziehen sich auf die Jahre 2005 und 2006. Da liegen vier lange Jahre dazwischen, und da soll auch das Pflegschaftsgericht nachdenken, was es mit einem dramatischen Wahrnehmungsbericht gemacht hat.

Ich verstehe, es geht hier um eine Familie, und ich verstehe, dass es hier einen beson­deren Schutz der Vertraulichkeit gibt, aber von diesem Fall der Wahrnehmung haben Sie uns heute nichts gesagt, und ich denke, dass Sie als Amtsträgerin schon veran­lassen sollten, dass man sich das noch einmal anschauen sollte, was hier eigentlich los gewesen ist.

Selbst aus dieser Mischung kommend – sowohl für Ihr Ministerium tätig zu sein, aber auch aus der Sozialarbeit kommend –, meine ich, man ist manchmal sprachlos, dass es eines Tierarztes bedarf, dass das Ganze beendet wird, dass dieses unfassbare Leid beendet wird. Es ist ein völliges Versagen zum Beispiel – liebe Bürgermeister und Bür­germeisterinnen, die ihr anwesend seid, ihr mögt mir das verzeihen – eines Bürger­meisters, eines Bürgermeisters, der offensichtlich keine Handlungsnotwendigkeit er­kennt.

Bei dieser Frage, bei der sich die Frau Bundesministerin der Aussage entzogen oder gesagt hat, dazu kann sie nichts sagen, müssen wir uns in der Justiz schon auch vor­stellen – und ich merke das als Bewährungshelfer ja auch immer wieder und wieder –, wie unterschiedlich es auch in der Wahrnehmung der Gerichte oder bei Ämtern ist, was die Herkunft betrifft. Möglicherweise kommt hier ein Sammelsurium zusammen – alles kann man nicht gesetzlich regeln, das weiß ich schon, es wird immer und immer wieder Fälle geben, wo wir uns damit zu befassen haben –, aber trotzdem kommt es mir gera­de im Justizbereich immer wieder so vor, als würde die Herkunft oder der gesellschaft­liche Status sehr wohl etwas mit den Auswirkungen und mit der Vorgangsweise der Behörden – ob sie schnell oder weniger schnell arbeiten, ob sie engagiert oder weniger engagiert arbeiten – zu tun haben.

Ich möchte eines nicht: dass der von mir sehr geschätzte Journalist Hans Rauscher recht bekommt, der im „Standard“ schreibt:


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 58

„Der Apparat – Wird da jetzt jemand hinausgeschmissen? Wird da jetzt jemand ver­setzt? Oder kriegt da jemand wenigstens einen dicken Verweis in die Personalakte? Wahrscheinlich nicht. Das bürokratische Sperrfeuer, das im Fall der haarsträubend ver­wahrlosten drei Mädchen vom Linzer Pöstlingberg geschossen wird, trommelt bereits auf uns ein.“ Alle hätten „das Menschenmögliche getan“.

Ich glaube, Frau Bundesministerin, es zeigt sich, dass wir in Ihrem Wirkungsbereich und in dem des anderen Bundesministers beziehungsweise der Bundesministerin – die wir ja heute dazu gar nicht befragen können, da wir erst heute das Bundesministerien­gesetz beschlossen haben; die Frau Bundesministerin Kdolsky wäre erst ab nächster Woche in dieser Funktion befragbar, und deshalb danken wir auch, dass Sie hier so offen und zu allem Stellung genommen haben – dringend eine Fehleranalyse brauchen und wirklich hineinschauen müssen in das System. Vor allem diesen Modellversuch der Kinderbeistände, von dem Sie heute und auch in den letzten Tagen gesprochen haben, halte ich für ganz besonders wichtig.

Ich bin bei einer Antwort von Ihnen nicht ganz sicher. Ich bin sehr oft – von der ande­ren Seite – am Gericht, und ich frage mich, ob die psychosoziale Dimension jener, die dann urteilen, wirklich in der Weise gegeben oder vorhanden ist oder die Bereitschaft dazu gegeben ist, wie wir sie eigentlich wünschen. Es gibt ganz, ganz tolle Richter und Richterinnen, die wirklich im vollen Wissen der psychosozialen Dimension sogar das Gesetz dehnen zugunsten dieser Dimension, wie es schon fast nicht mehr zu dehnen ist, aber es gibt welche, die das auch komplett missachten. Deshalb glaube ich, hier gehört – und ich bin sehr froh, das von Ihnen gehört zu haben – einfach auf die Weiter­bildung und überhaupt auf die Bewusstseinsschärfung noch wesentlich mehr Wert ge­legt.

Was hier in diesem Zusammenhang besonders auffällig ist, ist auch die Rolle des Vaters. Das ist keine politische Rolle, aber sie befasst uns natürlich alle. Immer wieder werden wir auch in der Politik damit konfrontiert, dass Väter über die schleppende Um­setzung auch ihrer Rechte klagen. Es gibt Väter, die in eine Obsorgeposition kommen wollen. Sie haben schon recht, es wird die Zukunft geregelt, aber mir scheint trotzdem, dass gerade in den Fragen der Obsorge Verfahren, die über eineinhalb Jahre gehen, mindestens um die Hälfte zu lang gehen. Wir sind in einer Scheidungsgesellschaft, und wir müssen anerkennen, dass sich in dieser Scheidungsgesellschaft auch das Rollen­bild geändert hat. Es gibt immer mehr Väter, die auch eine Position haben wollen.

Was mit diesem Vater hier im Konkreten ist, da würde ich sagen, das muss sich der Vater wahrscheinlich noch woanders ausmachen, ob er wirklich diese Rolle ausgeübt hat, die man von ihm hier hätte erwarten dürfen.

Meine Damen und Herren! Halten wir fest – und ich glaube, das ist eine Diagnose, die einfach nur mehr erschüttert zur Kenntnis genommen werden kann –: Es ist hier alles zu spät, zu zögerlich, zu halbherzig, zu langsam, zu wenig engagiert geschehen. Zu wenig waren die Kinder, sondern mehr die Eltern im Vordergrund, und es war meiner Meinung nach auch eine mangelnde Bereitschaft vorhanden – etwa des Pflegschafts­gerichtes, aber auch der Jugendwohlfahrt und überhaupt der Schulbehörde –, in den Konflikt hineinzusteigen.

In diesem Sinne, sehr geehrte Frau Bundesministerin, danke ich Ihnen für die Modell­versuche, die Sie jetzt angehen werden. Ich danke Ihnen, dass Sie sich diesen Fall tatsächlich sehr zu Herzen nehmen, aber ich bitte Sie innerhalb der Bundesregierung: Schicken Sie jetzt nicht in 14 Tagen bereits etwas zur Begutachtung aus, sondern neh­men Sie sich gemeinsam mit der Unterrichtsministerin und mit der Familienministerin Zeit zu schauen: Wo sind die tatsächlichen Schwachstellen? Wo sind die tatsächlichen


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 59

Fehleranalysen? Gehen wir jetzt nicht in eine Anlassgesetzgebung! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Gruber.)

12.35


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

 


12.36.07

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das ist natürlich ein ganz, ganz tragischer Fall, der da in Oberösterreich passiert ist, und ich meine, dass bei allen Kontrollen, die es gegeben oder nicht gegeben hat, alle eigentlich versagt haben.

Ich stelle fest, dass die Oberösterreichische Landesregierung schnell reagiert hat und dass es ganz wichtig war, dass auch der zuständige Landesrat Ackerl Stellung dazu bezogen und gesagt hat, dass da etwas passiert ist. Das war ganz wichtig, denn man kann solch einen Fall nicht lösen, wenn jeder sagt: Ich habe alles getan, was zu tun war! – Das kann so nicht funktionieren.

Wir alle wissen, dass die Behörden hier einem Trugschluss aufgesessen sind, dass sie sich einfach von der eloquenten Sprache dieser Frau haben einlullen lassen. Aber wer in einer Kommune tätig ist, und ich war auch viele Jahre Gemeinderat in einer kleinen Stadt, sollte eigentlich wissen, was so rundherum passiert, und daher, denke ich mir, hätte man das auch in Gramastetten wissen müssen.

Jetzt sind Lösungen angesagt. Es hilft nichts mehr, wenn wir jetzt der Reihe nach Sün­denböcke suchen – die wird es sicher geben –, ich meine, dass das ganze Thema auf­gearbeitet gehört, dass die Jugendwohlfahrt künftighin anders tätig wird und dass auch die Schulbehörden anders reagieren. Denn wenn man in den Zeitungen liest, dass Eltern, die ihre Kinder zwei Tage aus der Schule herausnehmen, weil sie auf Urlaub fahren, gestraft werden, wenn sie das nicht melden, dann frage ich mich schon, warum die Schulbehörde all die vielen Jahre hindurch nicht reagiert hat.

Auch dass die Gerichtsverfahren – das ist heute auch schon angesprochen worden – so lange dauern, ist schlecht: ein Jahr, zwei Jahre, das ist alles zu lang. In solchen Fällen braucht es die kurze Entscheidung. Das ist meiner Meinung nach ganz wichtig.

Zu den Bezirkshauptmannschaften: Ja, es gibt einige BHs in Oberösterreich, Herr Kol­lege Schennach, aber nicht überall ist es so, dass es bei den Versammlungen, die da so im Grenzbereich zu Deutschland abgehalten werden, diese Schulterklopfer gibt. Ich meine aber, dass es dem Bezirkshauptmann von Urfahr gut anstehen würde, wenn er sagen würde: Ja, da war meine Behörde nicht so richtig am Ball, da haben wir ein Ver­säumnis! Denn letztendlich geht es hier um die Kinder.

Mir hat das sehr gut gefallen, Frau Bundesminister, was du da in der Anfragebeantwor­tung geschrieben hast: Kinder sind das wichtigste Potenzial für die Zukunft unseres Landes. Sie bedürfen einer besonderen Förderung, aber auch eines besonderen Schutzes, um sich frei und optimal entwickeln zu können.

Frei und optimal werden sich diese drei Kinder höchstwahrscheinlich nicht mehr entwi­ckeln können. Da ist, glaube ich, zu viel geschehen. Man muss hier Schadensbegren­zung durchführen. Ich fürchte mich auch nicht davor, wenn die Frau Bundesministerin schon in 14 Tagen eine Gesetzesänderung in Begutachtung schickt, denn man kann die vorgeschlagenen Änderungen dann breit diskutieren, und ich glaube nicht, dass hier etwas beschlossen wird, was nicht entsprechend diskutiert worden ist.

Insgesamt gesehen, meine Damen und Herren, zeigt uns der vorliegende Fall, dass wir immer mit offenen Augen durch das Leben gehen müssen und dass wir auch entspre­chend couragiert sein müssen. Darum geht es. Ich kann nicht sagen, das geht mich


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nichts an, wenn ich zwei Häuser weiter wohne, sondern da muss man einfach lästig sein. Ich meine auch, dass es nicht passieren darf, dass der Hund und die Verschmut­zung eines Hauses für die Behörden wichtiger sind als die Kinder, die drinnen wohnen.

In diesem Sinne glaube ich, dass wir jetzt die Chance haben, wenn wir uns wirklich alle bemühen, das entsprechend aufzuarbeiten. Dann sollten wir in Zukunft hoffentlich ge­feit sein vor solch gravierenden Fehleinschätzungen der Behörden. Es wird zwar im­mer wieder Fälle geben, wo es Kindern schlechter geht, nur dürfen sie sich nicht mehr zu so einer Dramatik entwickeln. Wir alle kennen ja die Scheidungsverfahren, die da so über die Bühne gehen. Wir wissen auch, dass sehr viele Eltern die Scheidung über die Kinder austragen. Das ist einfach ein Machtfaktor, der da gespielt wird. Daher ist das exakte Handeln der Behörden so wichtig.

All das ist aber auch ein gesellschaftliches Problem. Da müssen wir, wenn eine Bezie­hung auseinander gegangen ist, auch einmal sagen: Okay, wir trennen uns, suchen aber für die Kinder die beste Lösung. Ich verstehe nicht, dass ich als Vater oder als Mutter unbedingt die Obsorge für die Kinder haben muss, wichtig ist, dass es den Kin­dern gut geht, und ich meine, das muss unser aller oberstes Ziel sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP und der Grünen.)

12.41


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster kommt Herr Bundesrat Mag. Baier zu Wort. – Bitte.

 


12.41.39

Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Hohes Haus! Es ist in der Tat eine Angelegenheit, die wir heute hier dis­kutieren, die für niemanden auch nur irgendwie angenehm sein kann, weder aus der Außensicht als Staatsbürger, wenn man die Zeitungen, die Medienberichte liest, noch für jene, die in diesem Fall mehr oder weniger mitgewirkt haben, noch für die Betroffe­nen selbst.

Es ist selbst auch als Redner an dieser Stelle für mich sehr schwierig und besonders in der Situation als junger Vater erschütternd, wenn man mehr als nur die Medienberichte zur Kenntnis nimmt und studiert, denn das ist zu kurz gegriffen. Wie ich überhaupt in der Debatte – und das darf ich gleich einleitend sagen – den Eindruck habe, man ist hier vorrangig über Medien informiert, und das ist, wie ich glaube, zu wenig in diesem Fall. Hier gibt es viele Fehlmeldungen, viele Falschmeldungen, viele Unklarheiten, vie­les, was in der ersten Berichterstattung einfach nicht korrekt wiedergegeben wurde.

Von daher ist es gut, wenn aus der Oberösterreichischen Landesregierung angekün­digt wurde, für diesen Fall – und das wurde ja auch den Medien bereits übergeben – eine Chronologie zu erstellen, eine sehr genaue Auflistung auch der Schritte, die die einzelnen Behörden gesetzt haben, um dann eine Gesamtschau vornehmen zu kön­nen im Sinne einer Aufklärung. In dieser Phase ist es wichtig, keine Vorverurteilungen vorzunehmen, in welche Richtung auch immer.

An erster Stelle – das ist mir bisher abgegangen – ist nun einmal schon die Familie zu sehen, sind die Eltern zu sehen, die Mutter, der Vater. Ich gehe aber davon aus, dass es noch Tanten, Onkel, Großmütter, Großväter gibt, dass es also nicht nur einen Be­zirkshauptmann von Urfahr-Umgebung, einen Landesrat für Soziales, nicht nur den Schulleiter, den Hauptschuldirektor oder andere gibt, sondern dass es hier ein familiä­res Umfeld gibt, das ja etwas bemerkt haben muss. Das wird hier viel zu wenig disku­tiert.


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Ich frage mich, was da passiert ist, wie so etwas passieren konnte. Hier weiß man noch viel zu wenig, aber das wäre notwendig, um eine wirkliche Beurteilung, eine um­fassende Beurteilung, eine objektive Beurteilung abgeben zu können.

Außer Streit steht, dass die Maßnahmen, die von Seiten der Behörden gesetzt wurden, in diesem Fall nicht ausreichend waren. Das steht außer Streit. Es ist damit aber für mich zum heutigen Tage und von dieser Stelle noch nicht automatisch gesagt, dass hier große, grobe – wie auch immer – Fehler gemacht wurden. Fest steht, dass der Fall oder das Ergebnis nun einmal so ist, wie es ist, und dass es hier – das wurde ja bereits ausgeführt – ein Zusammenwirken von verschiedenen Behörden gab. Es gibt die Schulbehörde, es gibt die Jugendwohlfahrt über die Bezirkshauptmannschaft, es gibt die Gemeinde. All dieses Zusammenwirken hat letztlich nicht so funktioniert, wie man sich das jetzt – jetzt, im Nachhinein – vorstellen würde. Klar ist natürlich, dass man nachher – wie man bei uns in der Mundart sagt – immer gescheiter ist. Das ist klar, das sollte uns aber nicht davon abhalten, dass wir mit diesem Fall sehr sorgsam und sehr umsichtig umgehen und dem Ganzen auch wirklich auf den Grund gehen.

Ich bin etwas anderer Meinung als Kollege Schennach, der hier noch ein wenig mehr Zeit einfordert in der Gesetzgebung, in der Novellierung. Jetzt kann man über zwei Wochen diskutieren oder den konkreten Zeitraum, aber ich glaube schon, dass man jetzt im Lichte der Geschehnisse rasch an die Novellierung herangehen sollte, dass man sich diese Lücken, wenn es diese gibt, aus den Erfahrungen des konkreten Falles rasch ansehen muss. Danach geht das ja sowieso in die Begutachtung, in der auch die Stellen, die in den Verfahren immer wieder mitwirken, dazu aufgerufen sind, Stellung zu nehmen und ihre fachliche Meinung einzubringen, um hier rasch reagieren zu kön­nen.

Wir wissen nicht, wo sonst noch in Österreich, in welchem Bundesland auch immer, es vielleicht ähnliche Fälle geben kann. Da herinnen, heute in diesem Saal können wir das nicht vermuten. Ich hoffe es nicht, ich wünsche es mir auch nicht. Garantieren kön­nen wir es aber jedenfalls nicht, und daher glaube ich, dass hier eine rasche Vorgangs­weise und eine Sensibilisierung des Umfeldes – ich bin nicht oft einer Meinung mit Kol­legen Kraml, aber hier bin ich es – unheimlich wichtig ist.

Von daher glaube ich, dass wir aus diesem Fall rasche, konkrete Schlüsse ziehen müssen, dass es aus meiner Sicht jetzt zu diesem Zeitpunkt keine Vorverurteilung der handelnden Personen geben darf – das dürfen wir nicht tun –, auch der Behörden nicht, ganz egal, auf welcher Ebene, dass es aber den Behörden selbst gut ansteht, selbstkritisch zu sein, sich selbstkritisch die Frage zu stellen: Haben wir hier alles richtig gemacht, beziehungsweise hatten wir überhaupt alle erforderlichen gesetzlichen Möglichkeiten, um dies zu verhindern? Denn das muss man ja auch in die Beurteilung mit einbeziehen.

Alles in allem ein sehr tragischer Fall, den wir hier heute in Form einer Dringlichen An­frage zu debattieren haben und der von uns allen im politischen Leben als Mitglieder von gesetzgebenden Organen viel Fingerspitzengefühl, viel Umsicht und auch viel Ver­antwortungsbewusstsein erfordert, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.49


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


12.49.22

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das


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Dramatische ist, dass wir hier von drei Mädchen sprechen, die für ihr Leben geschädigt sind. Die Experten sagen, ein normales Leben im üblichen Sinn werden diese Mäd­chen nicht mehr führen können.

Hier hat sich ein Drama über sieben Jahre gezogen, und im Gegensatz zu meinem Vorredner Baier bin ich schon der Meinung, dass man da hinterfragen muss: Wo waren denn da eigentlich die Behörden? – Sie sagen zwar, sie hätten, jede für sich, durchaus reagiert, aber offensichtlich zu wenig, keinesfalls effizient und offenbar nicht so, dass behördenübergreifend kommuniziert wurde, um ein solches Drama verhindern zu können.

In der Schule haben die Mädchen gefehlt. Die Mutter hat – das geht ja nach dem Ge­setz – die Kinder von der Schule abgemeldet. Selbst MitschülerInnen ist es aufgefallen, dass diese Kinder nie da sind. Man wusste, dass die vorgeschriebenen Externistenprü­fungen nur äußerst selten gemacht wurden, und trotzdem ist nichts passiert.

Einer meiner Vorredner hat es völlig richtig gesagt: Wenn heute ein Elternpaar seine Kinder zwei Tage von der Schule abmeldet, dann gibt es – ich glaube, in Tirol war das – eine Geldstrafe. Jetzt sage ich nicht, dass das grundsätzlich falsch ist, denn die Schule ist meiner Meinung nach zumindest auch ein Arbeitsplatz der Kinder, und wenn es Vorschriften gibt, dann sind sie auch einzuhalten. Die Sinnhaftigkeit von Vorschrif­ten kann man immer hinterfragen, aber wenn es sie gibt, müssen sie auch exekutiert werden. Aber die Verhältnismäßigkeit ist, wie so oft, eine nicht nachvollziehbare. Das muss man schon sagen. Eine Mitschülerin der einen Tochter hat angegeben, dass die Schulbehörde über die Problematik längst Bescheid wusste und trotzdem nicht gehan­delt hat.

In diesem Fall haben sogar offensichtlich Nachbarn nicht weggeschaut, wie das ja so oft der Fall ist, dass die Nachbarschaft so tut, als ob nichts wäre und als ob sie nichts wüsste. Hier dürften auch die Nachbarn aufmerksam gewesen sein, das auch ange­zeigt haben, aber letzten Endes ist alles beim Alten geblieben.

Und was ich als besonders frustrierend empfinde, muss ich schon sagen: Der Tier­schutz ist gleich da gewesen und hat geschaut, was es jetzt wegen der Tiere auf sich hat. Die sind immer sehr schnell. Bei Kindern ist dem nicht so. Es ist das ein Einzelfall in seiner Dramatik, hoffentlich ein Einzelfall, aber in vielen Fällen, wo es weniger dra­matisch zugeht, aber auch noch schlimm genug, ist die Jugendwohlfahrtbehörde nicht gleich da und schon gar nicht in der Effizienz, wie das oft der Tierschutz macht. Das soll jetzt keine Wertung sein, dass der Tierschutz das gar nicht machen sollte, aber wenn uns die Tiere mehr wert sind als die Kinder, dann stimmt in der gesamten Gesell­schaft etwas nicht.

Auch die Tatsache, dass die Mutter eine Juristin ist, hat offensichtlich dazu geführt, dass hier anders vorgegangen wurde, als es sonst üblich ist. Bei sozial schwächeren Familien ist man da doch etwas konsequenter, auch etwas rascher. Handelt es sich um Akademiker, ist man eher zurückhaltend, weil man sich vielleicht mit einer eloquenten Mutter nicht anlegen will oder weil man sich gar nicht vorstellen kann, dass in solchen Kreisen derartige Dinge möglich sind.

Der Vater, der versucht hat, sein Besuchsrecht durchzusetzen und auch die Kinder zu bekommen, ist, obwohl er selbst auch Jurist ist, gescheitert, und da kann man sich auch fragen: Warum eigentlich?

An dieser Stelle möchte ich schon sagen: Wir müssen auch hinterfragen, ob es richtig ist, dass man automatisch davon ausgeht, dass die Mutter der bessere Erzieher ist. In den meisten Fällen wird das wohl so sein, aber es gibt genügend Fälle, wo sich im Nachhinein herausgestellt hat, dass es doch besser gewesen wäre, die Kinder dem


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Vater zu überlassen. Wir sollten nicht – auch nicht als Frauen oder vor allem nicht als Frauen – automatisch davon ausgehen, dass Väter grundsätzlich nicht geeignet sind, für das Wohl ihrer Kinder zu sorgen.

Was sind die Schlüsse, die daraus gezogen werden müssen? – Auf der einen Seite muss man jetzt genau schauen: Wie war die Chronologie? Wer hat wann was nicht ge­macht? Das gehört auf jeden Fall geklärt. Es gehört weiters auch eine Sensibilisierung vorangetrieben, wie es heute schon angesprochen worden ist – das sehe ich ganz ge­nauso –, und es muss dazu übergegangen werden, dass die einzelnen Stellen mitein­ander kommunizieren, dass nicht jeder in seinem eigenen Haus wohl Fehlleitungen entdeckt, aber nicht mit dem anderen darüber redet, damit man gemeinsam vorgehen kann – zum Wohle der Kinder.

Trotzdem wäre es jetzt aber der falsche Weg, sofort eine Anlassgesetzgebung auf die Schienen zu stellen und den Schluss zu ziehen, dass die Eltern generell viel mehr überwacht gehörten und dass bei Scheidungskindern die Zwangsbegleitung durch die Behörden verordnet und forciert werden muss. Wir wissen schon, dass in Scheidungs­fällen die Kinder oft als Druckmittel eingesetzt werden, oft auch von beiden Seiten, aber daraus den Schluss zu ziehen, dass wir jetzt von der Behörde her jede Familie zwangsbegleiten müssen, hielte ich für den falschen Schritt, weil wir damit unterstellen, dass Familien grundsätzlich überhaupt nicht geeignet sind, für ihre Kinder zu sorgen. Wir sehen einen dramatischen Fall, der sehr groß vor uns steht, aber man darf nicht davon ausgehen, dass das generell so ist.

Bei allem Bemühen – das müssen wir uns auch eingestehen – wird es menschliches Versagen immer geben. Das können wir leider nicht ganz ausschließen. Aber trotzdem muss man so vorgehen, dass einzelne Fälle, wo Auffälligkeiten bestehen, geprüft wer­den, auch bei den geringsten Verdachtsmomenten. Besser einmal zu viel kontrolliert als einmal zu wenig. Aber auf eine staatliche Bevormundung, so wie sie im Kommunis­mus üblich war, dürfen wir uns auch nicht einlassen.

12.56


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl.

 


12.56.30

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Es ist wirklich ein unglaublicher Fall, der da passiert ist, aber mich macht noch etwas sehr betroffen: wenn Experten sagen, dass es in Österreich so viele Schattenfälle gibt bei Kindervergewaltigung, Missbrauch von Kindern und so weiter.

Frau Bundesminister! Das ist eine Situation, eine gesellschaftliche Entwicklung, die abgestellt werden muss. Warum das so ist, ist unbegreiflich, aber die Tatsachen spre­chen dafür, dass es solche Sachen gibt. Ich glaube, dass da viel Elend, viele un­glaubliche Situationen für Kinder sind, die später in unserer Republik die tragenden Menschen sein sollen.

Wenn wir heute von Missständen reden – jeden Tag lesen wir darüber in Österreich –, so ist das ein Problem. Frau Bundesminister, wie schaut die Wirklichkeit aus? – Die Wirklichkeit ist so, dass wir in der Gemeinde so ähnliche Fälle gehabt haben, die auf einer anderen Ebene liegen. Gymnasium, die anderen Schulen, Gendarmerie, alle ha­ben ein bisschen etwas gewusst, Frau Bundesminister, aber alle sind der Verschwie­genheitspflicht unterlegen und niemand hat eigentlich ausgepackt. Niemand! Bis es zum Bürgermeister gekommen ist, dann habe ich alle eingeladen, dann haben mir noch drei gesagt: Du, ich darf ja gar nicht reden! Wenn du uns einlädst, darf ich gar nicht reden!


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 64

Und jetzt komme ich zum Kollegen Schennach. Das ist das Problem, dass sich jeder auf die Verschwiegenheitspflicht ausredet. Der Arzt sagt, ich habe Verschwiegenheits­pflicht. Der Lehrer sagt, ich habe Verschwiegenheitspflicht. Das geht bis zum Sozial­amt, das bei mir in der Gemeinde untergebracht ist, das hat auch eine Verschwiegen­heitspflicht. Also wir alle müssen sofort zum Gericht gehen. Jeder von uns, der etwas weiß, muss zum Gericht gehen, dann läuft es erst.

Ich bin für die Verschwiegenheitspflicht, die muss gelten, aber in gewissen Dingen, für Kinder, da muss doch vom Bürgermeister angefangen über das Sozialamt, die Polizei und den Schulleiter, die alle in der Gemeinde leben, eine Kooperation möglich sein. Diese ist aber derzeit, Frau Minister, nicht gegeben, da hat man gar keine Chance. Und das ist das Problem.

Dann kommt man zum Gericht, lieber Kollege, und dann wissen alle alles besser. Plötzlich wissen alle alles, und das ist bedauerlich. Deswegen bin ich der Meinung, wir sollten die Kirche schon im Dorf lassen und sagen: Passt auf, das kann es nicht sein! Wenn ein Lehrer das Gefühl hat, er merkt etwas, oder er hat von den anderen Kindern etwas erfahren, dann muss er die Möglichkeit haben, zu den Eltern zu kommen. Und wenn der Bürgermeister zum Lehrer sagt: Du, pass auf, ich habe das auch bemerkt!, so muss es doch möglich sein, dass die beiden kooperieren. Das muss doch möglich sein, ohne gleich das Gericht zu beauftragen. Dann kommt nämlich das, was die Fa­milie eigentlich nicht will, dann kommt nämlich das Gericht hin, dann kommt nämlich eine derartige Gewalt hin, aber wir könnten das vielleicht schon früher, vielleicht schon Jahre früher in den Griff bekommen. Das wäre eigentlich meine Meinung, Frau Minis­ter.

Zum anderen möchte ich noch folgende Situation schildern – ich habe es heute schon einmal erwähnt –: Da findet ein Gemeindebürger ein Sparbuch, Frau Bundesminister, und trägt es zur Polizei. Bei der Polizei merkt man: Aha, das ist in der und der Raiff­eisenbank ausgestellt worden, die Nummer ist drinnen! Man ruft die Raiffeisenbank an und sagt: Bitte schön, das Buch ist da, wem sollen wir es geben? – Das dürfen wir Ihnen nicht sagen!, lautet die Antwort.

Jetzt stellen Sie sich das vor: Das liegt schon drei Monate dort! Drei Monate liegt das am Gendarmerieposten! Gestern war der Beamte zufällig bei mir, wir haben ein biss­chen darüber diskutiert. Drei Monate liegt es dort, es darf nicht abgeholt werden. Jetzt muss man sich Folgendes vorstellen: Das muss zum Gericht laufen! Na, jetzt wird es zum Gericht gehen.

Bitte schön, was haben wir denn für Schwierigkeiten?! Wir machen ja wirklich den Staat zu einem komplizierten Apparat, den wir aufbauen, und dann wundern wir uns darüber, dass wir hinten und vorne nicht mehr zurechtkommen! Die Gerichte brauchen natürlich drei, vier Jahre, bis sie so weit sind, dass sie das endgültige Urteil sprechen.

Liebe Frau Bundesminister! Jetzt möchte ich Sie schon fragen: Wie könnte man die ganze Problematik schneller in den Griff bekommen? – Das wäre, glaube ich, für uns alle wichtig. Schauen Sie, einen kleinen Wurstsemmeldieb hat die Gendarmerie gleich! Und dagegen haben wir jetzt mit Elsner – und so weiter – das andere typische Beispiel.

Das verärgert die Österreicher derart, dass sie sagen: Da haben wir einen Akademiker dabei, einen Richter dabei, eine Juristin dabei, die vielleicht durch tragische Umstände nicht mehr in der Lage ist, das zu bewältigen; aber dort mahlen die Mühlen wirklich anders! Das hat jemand von den Kollegen hier vorhin gesagt, dass es da in Österreich wirklich Unterschiede gibt: Den einen erwische ich geschwind, den habe ich gleich am Krawattl, da weiß ich, wo er daheim ist, da wird die Exekutive beauftragt. – Bei einem anderen geht man nicht einmal nachschauen, wie etwa bei den drei oberösterreichi­schen Kindern.


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Diese Ungerechtigkeit in Österreich muss aufhören! Da ist spürbar, dass es in Öster­reich zwei Gesellschaften gibt. Die eine ist die, die man sofort am Krawattl packt, die finanziell eigentlich in immer größere Schwierigkeiten kommt – darüber haben wir heute auch schon geredet, und das können wir feststellen. Die hat man aber alle gleich, die oft wirklich aus der Not eine Situation machen, die nicht berechtigt ist. – Bei anderen hat man große Toleranzen.

Frau Bundesminister! Ich wünsche Ihnen viel Glück für Ihre Arbeit. Sie werden viel Glück dabei brauchen, in Österreich da Ordnung hineinzubringen. – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

13.02


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


13.03.07

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nur ganz kurz vielleicht zur Klarstellung bezüglich der Aussage des Kollegen Schennach, jetzt nicht so rasch dieses Gesetz hinauszuschießen: Ich denke, es ist schon wichtig, rasch an der Materie zu arbeiten und sich rasch darum zu kümmern, was man ändern sollte. Es ist nur die Frage, ob innerhalb von 14 Tagen wirklich ein Gesetzesvorschlag auf den Tisch gelegt werden kann, der so weit ausgereift ist, dass wirklich alle Probleme erfasst sind. Darum geht es. Ich denke, es wäre günstig, wenn man in den drei Ministerien, die damit be­schäftigt sind, koordiniert und wirklich übergreifend an den Gesetzen arbeitet.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass es auch so ist, dass in den Behörden, die die­se Gesetze umzusetzen haben, Menschen arbeiten. Herr Kollege Kraml hat es vorhin schon eingefordert: Die Menschen brauchen mehr Courage. – Das stimmt schon, es ist natürlich mehr Courage gefordert. Dass diese Courage gegenüber einem Richter und einer Rechtsanwältin vielleicht doch nicht so einfach aufzubringen ist wie gegenüber einem nicht so begüterten und nicht so angesehenen Menschen unserer Gesellschaft, ist leider auch logisch. (Beifall bei den Grünen.)

Was man genau gegen dieses Problem tun kann, sollte zum Beispiel auch überdacht werden. Ich glaube, da wird es in den nächsten 14 Tagen keine Lösung geben.

Zum Kollegen Kampl und dem Sparbuch möchte ich schon noch kurz anmerken, dass dieses Sparbuch ja wahrscheinlich auch jemandem abgehen sollte, der dann zur Bank oder zur Polizei gehen kann. Wenn ich ein Sparbuch verloren habe, gehe ich üblicher­weise zur Polizei, denn wenn ich etwas verloren habe, erkundige ich mich auch da­nach, ob es gefunden wurde oder nicht. – Dass das Bankgeheimnis eines unserer bestgehüteten Geheimnisse ist und leider in Österreich eine ganz besonders hohe Bedeutung hat, das ist meiner Meinung nach eine andere Geschichte, das hat jetzt nichts mit Jugendwohlfahrt und Co zu tun. (Bundesrat Ing. Kampl: Er weiß ja nicht, wo es liegt!) – Ja, aber die Polizei weiß es, wenn ich es als vermisst melde. (Bundesrat Ing. Kampl: Aber wo? Soll er ganz Österreich anschreiben?)

Als mir meine Kollegen gesagt haben, es gäbe jetzt eine Anfrage zu diesem Thema, habe ich zuerst einmal Bedenken gehabt, dass die Diskussion darüber leicht ins Pole­mische abgleiten könnte und dass es passieren könnte, dass wir hier im Bundesrat über Themen reden, die eigentlich vor die Gerichte und nicht in die Politik gehören. Ich habe aber dann genauer darüber nachgedacht. Das war mein erster Eindruck, meine erste Befürchtung; bei genauerer Betrachtung habe ich eigentlich gerade im Bundes­rat ... (Bundesrat Bieringer: Der unterschreibt, dass er ...! – Zwischenruf des Bundes­rates Konecny.) – Entschuldigung, darf ich weiterreden? (Bundesrat Bieringer: Ja, si­cher!) – Ich wollte Ihnen gerade sagen, was dann meine Bedenken und vielleicht auch


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Ihre Bedenken diesbezüglich zerstreut hat, nämlich dass ich es gewöhnt bin, dass wir hier im Bundesrat Diskussionen führen, die nicht ins Polemische abgleiten. Das schätze ich an diesem Gremium. (Bundesrat Schennach: Beim Kollegen Bieringer weiß ich’s nicht!) Bei manchen hin und wieder, aber im Normalfall ist die Polemik hier herinnen relativ gemäßigt. (Bundesrat Bieringer: Ihre Fraktion ... Sitzung!) Das schätze ich an diesem Gremium, und ich hoffe, Herr Kollege Bieringer auch.

Der zweite Grund ... (Bundesrat Bieringer: ... eine einzige Polemik war das! – Bundes­rat Schennach: Aber nur über den ausgeschiedenen Minister Karl-Heinz Grasser!)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Frau Kolle­gin Kerschbaum!

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (fortsetzend): Der zweite Grund ist, dass ich schon sehe, dass es hier wirklich Aufgaben gibt, die die Politik zu bearbeiten hat. Das ist auf der einen Seite dieses Zusammenspiel der Behörden, über das heute schon sehr viel gesprochen worden ist, die Möglichkeiten, etwas durchzusetzen und als Be­hörde wirklich aktiv zu werden.

Aber auf der anderen Seite ist es für mich schon auch noch ein Thema, wie der Rechtsstaat Eltern und ihre Kinder unterstützen kann, wenn die Eltern einfach Proble­me mit der Kindererziehung haben. Das ist eine Aufgabe, die nicht immer und nicht von jedem, nicht in jedem Zustand und in jeder Lage erfüllbar ist. Manche Leute sind in mancher Lage einfach überfordert mit dem Zusammenleben von Mutter, Vater und Kind, diesem normalen Familien-Zusammenleben, von dem Herr Kollege Baier vorhin geredet hat.

Da bekommt man relativ viele gute Tipps. Allein schon, wenn man zuerst zum Stan­desamt geht, sagt der Standesbeamte, wie du das machen sollst und deine Kinder er­ziehen sollst. Der Pfarrer sagt es dir noch einmal, wenn du das auch noch kirchlich er­ledigst.

Es ist aber nun einmal so, dass inzwischen jede dritte Ehe geschieden wird. In vielen Fällen – es war Kollege Baier, glaube ich, der vorhin so unglücklich darüber war –, denke ich, ist das auch sehr gut, denn es gibt auch Kinder, die darunter leiden, wenn Eltern sich nicht scheiden lassen. Das möchte ich schon auch hier betonen. Denn auch in nicht geschiedenen Ehen werden Differenzen zwischen den Eltern oft über die Kinder ausgetragen. Das habe ich persönlich schon miterlebt, und ich bin mir sicher, solche Fälle kennen Sie auch. (Beifall des Bundesrates Schennach.)

Dass man, wenn man sich scheiden lässt, nicht unbedingt mit Ratschlägen überhäuft wird, wie man denn jetzt die Kindererziehung gemeinsam erledigen kann, das ist mir leider auch bekannt. Auch ich bin geschieden, und das Einzige, was ich als Hinweis bekommen habe, ist: Brauche ich Unterhalt, brauche ich keinen Unterhalt? Wie ist das mit den Alimentationsregelungen? – Aber dass man als Elternteil wirklich auch Gesprä­che führen kann mit Menschen, die sich damit auskennen, wie man jetzt mit den Kin­dern umgeht, und von denen man auch darauf hingewiesen wird, dass man Kinder nicht als Mittel zum Zweck einsetzen soll, daran mangelt es meiner Meinung nach ein bisschen.

Wir haben uns damals, als wir uns haben scheiden lassen, selbst eine Mediation ge­leistet. Das hat nicht wenig gekostet; wir haben es uns leisten können, das kann sich aber nicht jeder leisten. Da möchte ich schon auch ein bisschen darauf hinweisen, dass man an Informationen – und das sind auch Informationen – in der Hinsicht ein­fach viel zu wenig bekommt, um eben darauf einzugehen, wie Eltern mit den Trennun­gen umgehen.

Es ist auch so, dass Eltern ihre Kinder manchmal als Privatbesitz betrachten, und dass sie gegenüber ihrem Ex-Partner diesen Privatbesitz dann als Erpressungsmittel einset-


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zen, das kommt leider immer wieder vor. Das gibt es im Kleinen, dass man über den anderen schlecht redet, dass der andere über einen selbst schlecht redet und die Kin­der dann nicht mehr wissen, wohin sie gehören – das ist vielen Eltern gar nicht be­wusst –, das gibt es aber leider auch im Großen.

Was Frau Kollegin Mühlwerth vorhin gesagt hat, man sollte die Mutter nicht automa­tisch als die bessere Erzieherin hinstellen und nicht automatisch der Mutter das Kind zusprechen, das hat einfach schon auch folgenden Haken: Sobald ich das freigebe, wird auch dieser Erpressung mehr freie Hand gelassen, denn Väter haben leider meis­tens den besseren Anwalt. Ich kenne viele Väter, die bei der Trennung gesagt haben: Wenn du nicht mitspielst, dann nehme ich dir die Kinder weg! – auch wenn sie es nicht können –, und Mütter glauben das. (Bundesrätin Mühlwerth: ... wider besseres Wis­sen! Nur darum geht es mir! Weil ich’s wahrscheinlich besser weiß, um was zu tun!)

In diesem Fall ist es ganz anders, ja, aber es gibt auch andere Fälle, in denen die Mütter juristisch nicht so gut beraten sind und nach wie vor von den Vätern Folgendes hören: Wenn du nicht darauf einsteigst, dass ich dir das und das weniger zahle, dann nehme ich mir die Kinder! – Und deshalb, denke ich, braucht gerade in dieser Hinsicht die Frau im üblichen Fall ein bisschen mehr Unterstützung als der Mann, weil es in un­serer Gesellschaft leider noch so ist: Väter haben mehr Geld, und Väter haben die bes­seren Anwälte – in der Regel!

Die Idee, Scheidungskindern eine Patin oder einen Paten zur Seite zu stellen, und zwar freiwillig, bis die Eltern diese Trennungskrise verarbeitet haben, finde ich für eine sehr gute Idee. Denn es gibt, wie gesagt, viele Familien, die Probleme haben, die sich aber eine professionelle Unterstützung auf dem freien Markt nicht leisten können, weil eine Therapeutin viel Geld kostet. Das ist eben für viele nicht möglich.

Ich denke aber, nicht nur die Kinder brauchen diese Unterstützung, sondern auch die Eltern würden sie in sehr vielen Fällen brauchen. Das möchte ich hier noch ein biss­chen anregen und in den Raum stellen.

Kinder wollen sich üblicherweise nicht zwischen Vater und Mutter entscheiden; Kinder möchten nach Möglichkeit beide behalten, den Vater und die Mutter. Es gibt sehr viele Familien, in denen die Kinder nach der Scheidung von ihrem Vater mehr als vorher gehabt haben, weil dann der Vater in gewissen Zeiten für die Kinder verantwortlich war, sie übernommen hat und sich viel mehr mit ihnen beschäftigt hat.

Es gibt auch sehr viele Väter, die um ihre Rechte kämpfen und leider nicht sehr viele Chancen haben. Hier eine wirklich gerechte Lösung zu finden, eine Lösung, die auf der einen Seite auch die Väter berücksichtigt, auf der anderen Seite trotzdem den Schutz der Mutter vor diesen Erpressungsversuchen gewährleistet, wäre wirklich dringend nö­tig, insbesondere dann, wenn wir wollen, dass Väter in der Gesellschaft diese Rolle auch wirklich wahrnehmen. Denn jetzt muss man davon ausgehen: Ich bin Vater, ich habe ein Kind, und wenn ich mich scheiden lasse und mich von meiner Frau trenne, dann bekommt sie das Kind, und wenn sie nicht will, dann habe ich einfach keine Chance und keine Möglichkeit.

Daher denke ich, der Vater muss sehr wohl auch das Recht haben, nach einer Tren­nung die Beziehung zu seinem Kind fortsetzen zu können. (Bundesrat Ing. Kampl: Die Pflicht hätte er! Nicht nur das Recht!) Das Recht – und dann kommen wir noch zur Pflicht!

Es wurde hier schon angesprochen: Wo war in diesem Fall der Vater? – In den Medi­enberichten, die ich mir auch angeschaut habe – nicht alle, aber doch einige –, finden sich zum Vater in Wirklichkeit nicht sehr viele Aussagen. Aber ich habe da etwas sehr Interessantes – keine Medienberichterstattung, sondern einen Leserbrief im „Stan-


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dard“ – gefunden, was mich diesbezüglich sehr berührt, weil ich solche Verhältnisse auch kenne.

Da steht: „Kann es sein, dass der Kindesvater sieben Jahre lang dachte, seine drei Töchter seien wohlbehütet bei der Oma? Kann es sein, dass der Kindesvater, trauma­tisiert durch die Scheidung, sieben Jahre lang keine Kraft dazu hatte, sich um seine drei Töchter zu kümmern? Kann es sein, dass unsere moderne Gesellschaft alleine den Müttern die mit einer Elternschaft verbundenen Rechte und Pflichten zuspricht? Damit meine ich: Kinder trösten, in Krankheit pflegen, mit ihnen spielen, lachen, den ersten Schritt sehnlichst erwarten, am ersten Schultag begleiten, für die Nachprüfung lernen ..., soll heißen, in guten wie in schlechten Zeiten für sie da zu sein? – ist das in erster Linie Mütterangelegenheit? Kann es sein, dass ein Vater sieben Jahre lang keine Sehnsucht danach verspürt hat, seine Kinder in die Arme zu nehmen? Kann es sein, dass auch die Berichterstattung auf den Vater einfach vergessen hat?“ – Das nur abschließend dazu.

Wie gesagt, ich bin eben der Meinung, es ist eines ganz wichtig: Wenn ich sage, ich möchte die Väter als solche in der Gesellschaft verstärkt auftreten lassen, dann muss ich ihnen auch Rechte und Pflichten zugestehen, wie sie das nach der Scheidung und Trennung von ihrer Frau auch weiter betreiben können. (Beifall bei den Grünen.)

13.14


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor. – Wünscht noch jemand das Wort? – Frau Bundesministerin, bitte.

 


13.14.31

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Danke für die Anteil nehmende ge­meinsame Debatte zu diesem Fall, den wir hier leider zu behandeln haben!

Ich möchte auch noch einige Klarstellungen treffen; und zwar: Dass sich meine Beant­wortung der Frage 1 nur auf den Zeitraum 2005/2006 bezogen hat (Ruf bei der ÖVP: Bitte, das Mikrophon ist weg! – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen), hat mit der Art der Fragestellung zu tun. Hier bezieht man sich auf den Zeitraum ab 2005.

Ich kann aber nachtragen, dass schon im August 2001 das zuständige Pflegschafts­gericht einen ersten Gutachtensauftrag gegeben hat. Weitere Details darf ich ja in dem Ausmaß nicht nennen. Es hat mehrere Tagsatzungen gegeben, es hat teilweise eine Kooperationsbereitschaft der Mutter gegeben, die dann wieder zurückgezogen worden ist. Ich möchte aber auf jeden Fall die Tatsache noch festhalten, dass hier schon 2001 ein wichtiger Schritt gesetzt wurde, der jedoch letztendlich auch nicht zu dem ge­wünschten Ergebnis geführt hat.

Ich möchte mich dagegen verwahren, dass die Bemerkung gefallen ist, dass beson­ders bei Gericht die Herkunft eine Rolle spielt. Ich denke schon, wir haben dieses Pro­blem überall, ich glaube aber nicht, dass es besonders bei den Gerichten eine Rolle spielt. Mir ist dieser Grundsatz, dass vor dem Gesetz alle gleich sind, sehr wichtig! Ich glaube, dass Fälle in dieser Woche gezeigt haben, dass wir auch viel dazu tun, dass diesem Grundsatz zum Durchbruch verholfen wird und insgesamt damit auch ein Bei­trag für eine verbesserte Rechtskultur in Österreich geleistet wird.

Weil mir positiv anerkannt worden ist, dass ich die Verantwortung aller Behörden aus­gesprochen habe: Dazu stehe ich. Ich glaube, es gibt ein unerträgliches Bild ab, wenn jeder Ressortchef, jeder Landesrat sagt: Die anderen waren es, aber die meinen nicht. – Das Ergebnis ist leider so eindeutig, dass man zu keinem anderen Schluss kommen kann. Damit war aber natürlich keine Vorverurteilung im strafrechtlichen Sinn meinerseits verbunden, sondern das wird eben jetzt die Staatsanwaltschaft Linz ge­meinsam mit den zuständigen Gerichten zu klären haben, inwieweit hier schuldhaftes Verhalten einzelner Behördenvertreter vorliegt.


BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 69

Die verbesserte Kommunikation zwischen den verschiedenen involvierten Behörden ist natürlich eine wichtige Sache. Wir müssen nur aufpassen, dass sie nicht wieder zu einem Abschieben von Verantwortung führt, etwa in dem Sinne: Ich habe es euch ohnehin gesagt, warum habt ihr nichts getan? – Ich glaube, dass bei aller verbesserten Kooperation auch die eigenständige Verantwortlichkeit jeder Verwaltungsbehörde, je­des Gerichts gewahrt werden muss und die Verantwortlichkeiten hier klar bleiben.

Zur generellen Problematik der Opfer von Rosenkriegen, wie das Professor Friedrich in seinem sehr guten Buch beschrieben hat: Was das Besuchsrecht, Obsorge allgemein anlangt, habe ich selbst nicht zu den großen BefürworterInnen gehört, als 2001 die Ob­sorge beider Elternteile eingeführt wurde. Ich habe jetzt im Ministerium erste Evaluie­rungen gesehen, und da zeigt sich schon, dass dieses Instrument eigentlich sehr posi­tive Auswirkungen hat.

Ich sage jetzt nur – weil es in diesem Zusammenhang vielleicht von Interesse ist –, dass insbesondere wirklich das positive Engagement der geschiedenen Väter dadurch gestiegen ist, dass selbst in sehr konfliktträchtigen Scheidungen diese Aspekte dann nicht mehr so konfliktträchtig sind und dadurch insgesamt ein positiver Beitrag geleistet worden ist. Das heißt nicht, dass es das geeignete Modell für jeden Einzelfall ist, aber als Standardmodell hat sich die Obsorge beider Elternteile durchaus bewährt. Und die­se gemeinsame Verantwortlichkeit ist sicher auch noch durch weitere Maßnahmen zu stärken. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

13.18


Vizepräsident Jürgen Weiss: Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

13.19.00Einlauf

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt sieben Anfragen, 2483/J bis 2489/J, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung zur nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, 22. März 2007, 9 Uhr in Aussicht genom­men. Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 20. März 2007, ab 15 Uhr vorgesehen.

Ich weise noch darauf hin, dass im Anschluss an diese Sitzung eine Sitzung des Un­vereinbarkeitsausschusses im Lokal IV stattfindet.

Die Sitzung ist geschlossen.

13.19.47Schluss der Sitzung: 13.19 Uhr

 

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