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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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749. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Mittwoch, 31. Oktober 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

749. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 31. Oktober 2007

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 31. Oktober 2007: 9.02 – 17.28 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Karenz­geld­gesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wett­bewerb 1984 – UWG geändert wird (UWG-Novelle 2007)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen für Dampfkessel, Druckbehälter, Versandbehälter und Rohrleitungen (Kesselgesetz), geändert wird

6. Punkt: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Öster­reich 2006

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Gebrauchsmuster­gesetz, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Markenschutzgesetz 1970 und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Gesetz geändert werden

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003 geändert wird

10. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GMBH – Eisenbahn­regulie­rung 2006

11. Punkt: Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften

12. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 2

13. Punkt: Abkommen zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

14. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Maze­donien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steue­rumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Alfred Gusenbauer betreffend Vorschlag des Bundesrates für die Ernennung eines Ersatzmitgliedes des Verfassungs­gerichts­hofes ........................ ..... 27

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 8

Fragestunde (130.)

Landesverteidigung ...................................................................................................... 8

Renate Seitner (1583/M-BR/07); Karl Bader, Eva Konrad

Dr. Franz Eduard Kühnel (1579/M-BR/07); Harald Reisenberger, Stefan Schennach, Peter Mitterer

Stefan Schennach (1582/M-BR/07); Erwin Preiner, Reinhard Jany

Reinhard Todt (1584/M-BR/07); Josef Saller, Eva Konrad, Ing. Siegfried Kampl

Alfred Schöls (1580/M-BR/07); Albrecht Konecny, Franz Breiner

Monika Mühlwerth (1586/M-BR/07); Elisabeth Kerschbaum, Harald Reisen­berger, Karl Bader

Helmut Wiesenegg (1585/M-BR/07); Alfred Schöls, Franz Breiner

Günther Köberl (1581/M-BR/07); Harald Reisenberger, Stefan Schennach

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 8

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 28

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 27


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 3

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Karenzgeldgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (229 d.B. und 250 d.B. sowie 7769/BR d.B. und 7777/BR d.B.) ....... 28

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 28

Redner/Rednerinnen:

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 28

Ana Blatnik .............................................................................................................. ..... 31

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 33

Michaela Gansterer ................................................................................................ ..... 34

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 35

Waltraut Hladny ...................................................................................................... ..... 37

Stefan Schennach ........................................................................................................ 37

Sissy Roth-Halvax ........................................................................................................ 39

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 42

Ferdinand Tiefnig .................................................................................................... ..... 43

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................ ..... 44


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 4

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 48

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (214 d.B. und 243 d.B. sowie 7771/BR d.B.)                       48

Berichterstatterin: Mag. Susanne Neuwirth ................................................................ 48

Redner/Rednerinnen:

Monika Kemperle ..................................................................................................  48, 54

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 49

Franz Breiner ........................................................................................................... ..... 50

Alfred Schöls ........................................................................................................... ..... 51

Harald Reisenberger .............................................................................................. ..... 52

Staatssekretärin Christine Marek ......................................................................... ..... 53

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 54

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Arbeits­vertrags­rechts-Anpassungsgesetz geändert werden (215 d.B. und 242 d.B. sowie 7770/BR d.B. und 7772/BR d.B.) ................................... 54

Berichterstatterin: Mag. Susanne Neuwirth ................................................................ 54

Redner/Rednerinnen:

Franz Breiner ........................................................................................................... ..... 55

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 57

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 59

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 59

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 61

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 61

Staatssekretärin Christine Marek ......................................................................... ..... 62

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 63

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wett­bewerb 1984 – UWG geändert wird (UWG-Novelle 2007) (144 d.B. und 236 d.B. sowie 7773/BR d.B.) ................................................................................. 63

Berichterstatterin: Monika Kemperle ........................................................................... 63

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ..... 64

Sonja Zwazl ............................................................................................................. ..... 65

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 66

Staatssekretärin Christine Marek ......................................................................... ..... 68

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 69

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen für Dampfkessel, Druckbehälter, Versandbehälter und Rohrleitungen (Kesselgesetz), geändert wird (148 d.B. und 237 d.B. sowie 7774/BR d.B.)                         69

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ....................................................................... 69

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 70

6. Punkt: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2006 (III-329-BR/2007 d.B. sowie 7776/BR d.B.) ................................................................................ 70

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ....................................................................... 70

Redner/Rednerinnen:

Mag. Susanne Neuwirth ......................................................................................... ..... 70

Christine Fröhlich ................................................................................................... ..... 73

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 74

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 75

Staatssekretärin Christine Marek ........................................................................  77, 93

Ing. Reinhold Einwallner ......................................................................................  79, 92

Günther Köberl ....................................................................................................... ..... 81

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 84

Erwin Preiner .......................................................................................................... ..... 86

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 88

Jürgen Weiss ........................................................................................................... ..... 91

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 93

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-329-BR/07 d.B. zur Kenntnis zu nehmen             ............................................................................................................................... 94

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Markenschutzgesetz 1970 und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden (216 d.B. und 238 d.B. sowie 7775/BR d.B.) .................................................... 95

Berichterstatter: Mag. Gerald Klug .............................................................................. 95


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 5

Redner/Rednerinnen:

Franz Breiner ........................................................................................................... ..... 95

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ..... 96

Martin Preineder ..................................................................................................... ..... 98

Staatssekretärin Christa Kranzl ............................................................................ ..... 98

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 99

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Gesetz geändert werden (217 d.B. und 239 d.B. sowie 7778/BR d.B.) ................................................................................................................. 99

Berichterstatterin: Maria Mosbacher ............................................................................ 99

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .....................................................................................  100, 112

Günther Molzbichler ............................................................................................... ... 102

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ... 103

Helmut Kritzinger ................................................................................................... ... 106

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ ... 107

Edgar Mayer ............................................................................................................ ... 109

Staatssekretärin Christa Kranzl ............................................................................ ... 113

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 115

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003 geändert wird (275/A und 240 d.B. sowie 7779/BR d.B.)                   115

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................. 115

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 115

Maria Mosbacher .................................................................................................... ... 116

Helmut Kritzinger ................................................................................................... ... 117

Franz Perhab ........................................................................................................... ... 118

Staatssekretärin Christa Kranzl ............................................................................ ... 119

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 120

10. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GMBH – Eisenbahn­regulie­rung 2006 (III-327-BR/2007 d.B. sowie 7780/BR d.B.) .................................................................................................... 120

Berichterstatterin: Maria Mosbacher .......................................................................... 120

Redner/Rednerinnen:

Werner Stadler ........................................................................................................ ... 120

Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ... 123

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 124

Staatssekretärin Christa Kranzl ............................................................................ ... 126

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-327-BR/07 d.B. zur Kenntnis zu nehmen             ............................................................................................................................. 128

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend einen Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 7. Juni 2007 über das System


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 6

der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (224 d.B. und 244 d.B. sowie 7781/BR d.B.) ............................................................... 129

Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................. 129

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 129

Günther Molzbichler ............................................................................................... ... 130

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ... 131

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ... 132

Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ... 133

Staatssekretär Dr. Christoph Matznetter ............................................................. ... 134

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 137

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (200 d.B. und 245 d.B. sowie 7782/BR d.B.) ..................... 137

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 137

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (201 d.B. und 246 d.B. sowie 7783/BR d.B.) ...................................................................................... 137

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 137

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Mazedonien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (225 d.B. und 247 d.B. sowie 7784/BR d.B.) ................................................ 137

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 137

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, 1. gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .......................... 138

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, 1. gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .......................... 139

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, 1. gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .......................... 139


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 7

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Förderungen für die Silvretta-Arena (2582/J-BR/07)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zulassungsschein im Scheckkarten-Format (2583/J-BR/07)

Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Entwicklung des Aufkommens an Pensions­beiträgen (2584/J-BR/07)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen betreffend den „Klimaschutzbeauftragten“ des Bundeskanzlers (2365/AB-BR/07 zu 2565/J-BR/07)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Alfred Schöls, Kolleginnen und Kollegen betreffend geplanten Stellenabbau bei der Post AG (2366/AB-BR/07 zu 2566/J-BR/07)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Franz Eduard Kühnel, Kolleginnen und Kollegen betreffend aufklärungsbedürftige Aussagen des Landes­verteidigungsministers (2367/AB-BR/07 zu 2567/J-BR/07)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bun­desräte Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen betreffend kommunistisches Regime in Kuba als Vorbild für den Sozialminister (2368/AB-BR/07 zu 2564/J-BR/07)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Franz Eduard Kühnel, Kolleginnen und Kollegen betreffend aufklärungsbedürftige Aussagen des Landesverteidigungsministers (2369/AB-BR/07 zu 2568/J-BR/07)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Eva Konrad, Kolleginnen und Kollegen betreffend Medienauftritte uniformierter Polizisten (2370/AB-BR/07 zu 2570/J-BR/07)


09.02.03


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 8

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich er­öffne die 749. Sitzung des Bundesrates und darf dazu auch ganz herzlich unseren Verteidigungsminister Norbert Darabos begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Das Amtliche Protokoll der 748. Sitzung des Bundesrates vom 11. Oktober 2007 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Gruber, Kaltenbacher und Winterauer.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich gebe bekannt, dass der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes die Mitteilung gemacht hat, dass sich die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied am 31. Oktober und 1. Novem­ber 2007 in der Schweiz aufhalten wird und den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger mit ihrer Vertretung beauftragt hat.

09.03.11Fragestunde

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Bevor ich jetzt – um 9.05 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Bundesministerium für Landesverteidigung

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir kommen nun zur 1. Anfrage an den Bundes­minister für Landesverteidigung, und ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Seitner, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Renate Seitner (SPÖ, Niederösterreich): Guten Morgen! Herr Minister, meine Frage:

1583/M-BR/2007

„Treten Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht oder für die mittelfristige Schaffung einer Berufsarmee ein?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Frau Bundesrätin, ich persönlich trete für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht ein. Ich bin der Meinung, dass es eine politische Frage ist, ob man sich der Frage stellt, eine allgemeine Wehrpflicht, wie sie in Österreich üblich ist, oder eine Berufsarmee zu präferieren. Ich persönlich – solange ich Minister bin, werde ich das in meiner Verantwortung so sehen – werde diese allgemeine Wehrpflicht mit allen Mitteln verteidigen. Ich glaube, dass die Mischvariante aus allgemeiner


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 9

Wehrpflicht und Milizsystem dem österreichischen Bundesheer gutgetan hat und dass es einem neutralen Staat wie Österreich entspricht, diese allgemeine Wehrpflicht beizubehalten.

Ich sage auch dazu, dass die allgemeine Wehrpflicht dazu geführt hat, dass das Bun­desheer in der Zweiten Republik an Reputation, auch gesellschaftspolitisch, gewonnen hat und damit in der Bevölkerung auch bestens verankert ist.

Die Landesverteidigung ist als Gesamtaufgabe zu sehen, und deshalb ein klares Ja zur Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht in Österreich.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird von der Frau Bundesrätin eine Zusatzfrage gewünscht? – Nein.

Zu einer Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Bader gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Welche Maßnahmen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt zur Attraktivierung des Grundwehr­diens­tes gesetzt, um sicherzustellen, dass auch in Hinkunft einerseits das österreichische Bundesheer seine Aufgaben erfüllen kann und andererseits die notwendige Zahl von Wehrpflichtigen sichergestellt ist?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, Sie wissen, dass wir pro Jahr ungefähr 28 000 bis 30 000 Wehrdiener haben. Eine Attraktivierung ist in diesem Sinne nicht notwendig, nämlich dass wir hier neue Maßnahmen setzen müssen. Sie wissen aber auch, dass es von der politischen Seite Bestrebungen gegeben hat und nach wie vor gibt, die Wehrpflicht auch gesetz­lich auf sechs Monate zu reduzieren. Ich glaube, dass damit die Attraktivität des Wehrdienstes in Österreich gewährleistet ist.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eine weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Konrad, bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie wird nach dem Wegfall des Assistenzeinsatzes die Beibehaltung der allgemeinen Wehr­pflicht gerechtfertigt?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Es gibt ja eine Frage zum Assistenzeinsatz. – Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen der allge­meinen Wehrpflicht und dem Assistenzeinsatz. Wir haben diese allgemeine Wehrpflicht auch vorher gehabt, daher verstehe ich sozusagen diesen Konnex nicht, ganz im Gegenteil, ich glaube, dass das österreichische Bundesheer aufgrund der Tätigkeit in den letzten Jahrzehnten, basierend auf mehreren Säulen, an Attraktivität gewonnen hat, und zwar durch Katastropheneinsätze, durch die verfassungsmäßig vorgegebene Grundlage des theoretischen Falls der Landesverteidigung und darüber hinaus durch die Auslandseinsätze. Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen der allgemeinen Wehrpflicht und dem Assistenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres. (Beifall des Bundesrates Schöls.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Kühnel, um die Verlesung der Anfrage.

 



BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 10

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Bundesminister, meine Frage an Sie:

1579/M-BR/2007

„Wie lautet das operativ-taktische Konzept für den Einsatz mit nur 15 Abfangjägern und 15 Eurofighter-Piloten, mit dem Sie die lückenlose Luftraumüberwachung des öster­reichischen Hoheitsgebiets sicherstellen wollen?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Danke für die Frage. – Wir haben natürlich, als wir in Österreich eine neue Regierung gebildet haben, die Frage des Eurofighter-Vertrages von meiner Seite als Verteidigungsminister neu aufgerollt. Ich habe mir diesen Vertrag in allen Einzelheiten angeschaut.

Wir haben derzeit in Österreich zwölf Luftraumüberwachungsfluggeräte, die wir von der Schweiz geleast haben. Und ich glaube, auch in Ihrem Sinne sprechen zu können, wenn ich sage, dass wir sicher mit diesen zwölf Schweizer Leasing-Fliegern den österreichischen Luftraum überwachen. Natürlich ist aus diesem Vergleich mit Eurofighter, der jetzt diesen Verhandlungen zugrunde liegt beziehungsweise der aus diesen Verhandlungen hervorgegangen ist, klar ersichtlich, dass wir mit diesen 15 Fliegern den österreichischen Luftraum bestens überwachen können.

Sie können sich vorstellen, dass das eine zentrale politische Frage ist, nicht nur der Vergangenheit, auch der Zukunft. Ich weiß, dass es auch Bestrebungen gibt, diesen Vergleich, zu dem ich stehe, sehr genau zu durchleuchten. Der Rechnungshof arbeitet jetzt an der Durchleuchtung dieses Vergleiches.

Ihre Frage beantwortend: Natürlich habe ich auf Grundlage der Arbeit meiner Task-Force die Entscheidung getroffen, dass wir eine Reduzierung auf 15 Flieger ohne Weiteres sicherheitspolitisch verantworten können. An der sozusagen operativ-tak­tischen Umsetzung dieses Konzepts wird derzeit gearbeitet. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Bundesminister, Sie haben den Vergleich angeschnitten. Daher jetzt meine Frage an Sie: Haben Sie den Vergleich bereits mit den Detailunterlagen an den Rechnungshof übermittelt, ja oder nein?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich habe diesen Vergleich natürlich in allen Facetten dem Rechnungshof übermittelt, wie ich ihn auch dem Herrn Finanzminister übermittelt habe.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Reisen­berger, bitte.

 


Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Minister, aufgrund Ihrer aus­führlichen Beantwortung der Frage erübrigt sich meine fast, ich stelle sie aber trotz­dem: Ist die Luftraumüberwachung während der EURO 2008 gesichert?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Die Luftraum­überwachung ist natürlich gesichert. Wir haben bis zum 30. Juni des nächsten Jahres die zwölf Flieger der Schweizer Luftwaffe zur Verfügung.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 11

Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass das nicht ein von mir ausverhandelter Vertrag ist, weder bei den Eurofightern noch in dieser Frage, aber ich stehe dazu, weil mit diesem Schweizer Fluggerät der österreichische Luftraum bestens überwacht werden kann. Und natürlich – um vielleicht auch Medienmeldungen entgegenzutreten – sind wir jetzt auch dabei, das mit den 15 Eurofightern, die wir nach diesem Vergleich für die Luftraumüberwachung übernehmen, so hinzubekommen, dass sie auch schon sozusagen Assistenzleistungen für die Luftraumüberwachung in Richtung EURO 2008 übernehmen können.

Wenn man die Eurofighter gekauft hat, dann ist auch klar, dass wir sie auch einsetzen wollen. Es geht hier auch um die operative Frage von militärischer Seite, inwieweit das kompatibel ist, aber natürlich sind wir für die EURO 2008 bestens gerüstet.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zusatzfrage? – Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie selbst haben jetzt gerade gesagt, dass Sie den im Frühsommer geschlossenen Vergleich dem Finanzminister und dem Rechnungshof übermittelt haben.

Können Sie dem Hohen Haus bitte mitteilen, wie dieser Vertrag, wie dieser Vergleich in seinen Kernelementen lautet?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Das kann ich gerne mitteilen, das ist auch den Medien zu entnehmen: Es gibt einen Vergleich zwi­schen Eurofighter und mir als Verteidigungsminister, der sich auf 370 Millionen € bezieht. Davon entfallen 250 Millionen € auf die Reduktion der Stückzahl um drei sowie eine Rückführung auf die erste Variante, die wir von Eurofighter angeboten bekommen haben, neun Flugzeuge kommen aus dieser ersten Tranche, und sechs Flugzeuge haben ganz wenige Flugstunden und kommen aus einem Bereich, wo wir sagen, sie sind neuwertig. Das macht ein Volumen von 250 Millionen € aus, plus Einsparungen, die – das kommt auch in einer anderen Frage vor – das sogenannte DASS- und das sogenannte FLIR-System betreffen, und eine Reduktion bei den Betriebskosten um weitere 120 Millionen, plus eine Option auf einen sogenannten Besserungsschein, das heißt, mit der deutschen Bundeswehr ist noch zu verhandeln, ob da noch einiges herauszuholen ist – und mit dem Finanzminister ist zu verhandeln, ob wir auch steuerlich noch etwas einsparen können.

Es sind insgesamt 370 Millionen € – das war auch in allen österreichischen Medien immer nachlesbar –, und ist auch als Vergleich an den Finanzminister in dieser Form ergangen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Mitterer, bitte.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Bundes­minister, meine Zusatzfrage haben Sie teilweise schon beantwortet. Sie haben zuge­geben, dass unmittelbar nach der EURO 2008 die Kampfjets an die Schweiz zurück­gegeben werden müssen. Es stellt sich daher die Frage – wir müssen ja unmittelbar danach voll einsatzfähig mit dem Eurofighter sein –, warum wir das nicht auch schon bei der EURO 2008 sind.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Herr Bundesrat, Sie haben recht – den Vertrag habe nicht ich abgeschlossen, sondern mein Vorgänger Günther Platter –, es ist so, dass wir mit 1.7.2008 die Luftraumüberwachung in Österreich mit den Eurofightern zu 100 Prozent gewährleisten werden. Wir arbeiten


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daran, dass die Eurofighter in diesem Gesamtkonzept auch schon bei der EURO 2008 einsatzfähig sind. Da geht es um technische Fragen, ob andere Flughöhen als bei den F5 der Schweiz notwendig sind. – Aber Sie können ruhig schlafen, es wird ein Über­gang möglich sein, der sozusagen nicht am 1. Juli 2008 von den Österreichern da­durch wahrgenommen wird, dass es dann keine Luftraumüberwachung gibt. ÖVP und SPÖ haben sich auch im Regierungsprogramm gemeinsam zu dieser aktiven Luft­raum­überwachung bekannt, und Sie können davon ausgehen, dass auch die opera­tiven Kräfte des Bundesheeres daran arbeiten, dass das sozusagen in einer Facing-out-Phase zu 100 Prozent klappen wird.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Schennach, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1582/M-BR/2007

„Auf welcher rechtlichen Basis soll nach der Schengen-Erweiterung die Mitwirkung an der geplanten ,Schleierfahndung‘ durch Angehörige des Bundesheeres erfolgen?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, Sie wissen, dass wir seit dem Sommer an dieser Frage arbeiten. Ich habe einen Brief des Herrn Innenministers Günther Platter erhalten, in dem er das Ver­teidigungsministerium darum gebeten hat, den Assistenzeinsatz an der Grenze fort­zuführen. Das ist natürlich eine sehr heikle Frage, das verhehle ich nicht. Ich habe ihm zugesagt, diese Frage zu prüfen.

Wir sind derzeit so weit, dass es eine Arbeitsgruppe zwischen dem Innenministerium und dem Verteidigungsministerium gibt, die auch die verfassungsmäßige Grundlage für diese sicherheitspolizeiliche Assistenzleistung absichern soll.

Es ist natürlich so, dass das – wie der Name schon sagt – eine Assistenzleistung ist. Das heißt, die Frage wäre an und für sich an den Innenminister zu stellen, aber ich scheue mich nicht, diesen politischen Diskurs zu führen. Ich glaube, dass auch in diesem Bereich eine sogenannte Facing-out-Phase möglich sein muss.

Seit 1990 haben wir 320 000 Soldatinnen und Soldaten, in der Mehrheit natürlich Soldaten, an der Grenze gehabt. Wir haben insgesamt 93 000 illegale Grenzgänger vom Grenzübertritt abgehalten beziehungsweise in Österreich damit konfrontiert, dass es ein illegaler Grenzübertritt ist.

Derzeit arbeiten wir daran – ich würde sagen, bis zum 14. November, also bis zur übernächsten Regierungssitzung –, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass diese Assistenzleistung in einer abgespeckten Light-Variante auch in Zukunft für Sicherheit in den Grenzregionen, Burgenland und vor allem Niederösterreich, sorgen soll.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Bundesminister! Unabhängig davon, dass es außenpolitisch gegenüber den neuen Schengenländern nicht gerade eine diplomatische Höchstleistung ist, hier durch die Schleierfahndung die Schengen­grenze zu verlängern – man könnte fast sagen, es ist ein außenpolitischer Affront, diese Schleierfahndung weiterzumachen –, widerspricht sie materiell eigentlich dem jüngsten Schlepperbericht der Bundesregierung, wonach nur 11 Prozent den Weg über die grüne Grenze nehmen und fast 50 Prozent der sich illegal in Österreich Aufhältigen


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über die italienische Grenze kommen. Welchen Sinn macht diese Schleierfahndung aus Ihrer Sicht überhaupt?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich widerspreche Ihnen ungern, aber eben der Begriff „Schleierfahndung“ ist sozusagen einer, der genau dieses Argument, das Sie jetzt aufgegriffen haben, aus meiner Sicht bestätigt, nämlich dass wir nicht mehr an der Grenze stehen, sondern einige Kilometer von der Grenze weg. (Bundesrat Schennach: In Tirol dann?!) – Nein, nein, nicht Tirol. Wenn man zehn Kilometer von der burgenländisch-ungarischen oder niederösterreichisch-slowakischen Grenze weg steht, steht man noch nicht in Tirol – dafür reichen meine geographischen Kenntnisse aus.

Noch einmal: Ich verstehe Ihre Bedenken. Es ist nicht ganz einfach, diese Frage zu lösen, denn wir werden uns sicherlich nicht gegen europäisches Recht und auch nicht gegen österreichisches Recht stellen. Wir haben aber die Möglichkeit – noch einmal gesagt, da gibt es die Anforderung des Innenministers –, über einen sogenannten sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz einige Kilometer von der Grenze weg vor allem im Hinblick auch auf die EURO 2008 eine Assistenzleistung für das Innen­ministerium zu leisten.

Ich verweise schon darauf, dass auch die Bundesrepublik Deutschland rund um die WM 2006 hier einige Maßnahmen gesetzt hat, die mit dem Schengenraum ganz schwer kompatibel waren. Ich glaube, es steht auch Österreich gut an, wenn wir hier, noch einmal gesagt, in einer unaufgeregten Art und Weise diesen Assistenzeinsatz auslaufen lassen, aber eben auslaufen lassen in einer sogenannten Facing-out-Phase.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Erwin Preiner, bitte.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wird das österreichische Bundesheer im Falle einer eventuellen Anforderung und Verlän­gerung des Assistenzeinsatzes weiter für einen solchen Einsatz auch in Zukunft zur Verfügung stehen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich glaube, das habe ich jetzt fast schon in Beantwortung der Frage des Herrn Bundesrates Schen­nach gesagt. Wir werden auch im Hinblick auf unsere europäische Verantwortung diesen Einsatz auslaufen lassen, aber ich stehe als Minister dazu, dass wir in der Grenzregion auch die Bedürfnisse der Bevölkerung beachten.

Ich möchte auch dazusagen, noch einmal auch auf die Vorfrage zurückkommend, dass ich auch Gespräche mit dem Verteidigungsminister der Republik Ungarn und Slowakei geführt habe und dass ich diese Desavouierung, wie sie sozusagen im Raum steht, von diesen beiden doch sehr wichtigen Repräsentanten in den Ländern nicht gesehen habe.

Zusammengefasst gesagt: Bis zur EURO 2008 ja, und dann muss dieser Grenzeinsatz natürlich an der Grenze zur Slowakei und zu Ungarn zurückgeführt werden; er wird dann auch im nächsten Jahr enden.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Jany, bitte.

 


Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben schon sehr früh im heurigen Jahr die Weiterführung des Assistenzeinsatzes gefordert und angekündigt. Können Sie uns darüber informieren, welche Stärke und


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welche Struktur dieser Grenzeinsatz haben wird, vor allem, welcher Ausbildungsstand von den Soldaten im nunmehrigen Grenzeinsatz, der ein kriminalpolizeilicher statt ein grenzspezifischer sein wird, gefordert sein wird?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Das Wort „krimi­nal­polizeilich“ gefällt mir nicht so gut, „sicherheitspolizeilich“ ist der richtige Ausdruck.

Wir haben derzeit 1 900 Soldatinnen und Soldaten an der Grenze. Es gibt eine Ministerweisung von meiner Seite, von meiner Person, diese 1 900 nicht zu unter­schreiten. Es hat auch in meinem Ressort Bestrebungen gegeben, schon im heurigen Jahr diesen Assistenzeinsatz einigermaßen zurückzufahren. Auch in Absprache mit den Landeshauptleuten Pröll und Niessl habe ich diese Ministerweisung so verfasst, denn noch einmal gesagt, es geht in diesem Fall auch um die Sicherheit der Grenz­bevölkerung. Ich kann Ihnen aber noch nicht sagen, es wird in den nächsten 14 Tagen entschieden, bis zum 14. November, in welcher Stärke der Assistenzeinsatz an der Grenze zu den Nachbarn Slowakei und Ungarn aufrechterhalten wird.

Noch einmal: Die rechtliche Grundlage muss geklärt werden und auch die personelle. Sie können aber davon ausgehen, dass es nicht mehr 1 900 Mann sein werden, sondern weniger.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir kommen nun zur 4. Anfrage, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Todt, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1584/M-BR/2007

„Wie sieht der aktuelle Planungsstand des österreichischen Bundesheeres hinsichtlich des geplanten Tschad-Einsatzes im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Ver­teidigungspolitik aus?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, es ist so, dass, wie die Öffentlichkeit auch in Österreich weiß, durch den Konflikt im Sudan in der Region Darfur nicht nur 250 000 Menschen ums Leben gekommen sind, sondern in dieser Region auch 2,5 Millionen Flüchtlinge aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen zu verzeichnen sind. Von diesen 2,5 Millionen Flüchtlingen sind ungefähr 250 000 in den Tschad ausgewichen, und es sind im Tschad selbst noch einmal 170 000 Flüchtlinge als sogenannte Displaced Persons, also Menschen, die in ihrer eigenen Heimat entwurzelt worden sind, zu verzeichnen.

Ich glaube, dass es uns daher gut ansteht, dass sich die Republik Österreich als eine der Nationen, die aufgrund der Größe ihrer Armee, aber auch aufgrund der Größe der Bevölkerung als eine der Top-3-Nationen zu bezeichnen ist, die internationale Friedenseinsätze begleiten, auch in Afrika beteiligt. Unsere erste Friedensmission führte uns 1960 in den Kongo. Sie wissen, dass wir derzeit – durchaus in Abstimmung auf Regierungsebene, aber auch auf parlamentarischer Ebene – unser Schwergewicht auf dem Westbalkan haben.

Ich glaube, dass es notwendig ist, für Stabilität in dieser Region zu sorgen, auch durchaus aus Eigeninteresse, weil jede Flüchtlingsbewegung in Afrika, in dem Fall in Zentralafrika, natürlich auch Auswirkungen auf Europa haben kann.


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Auf Ihre Frage konkret zurückkommend: Wir sind mit den Planungen fertig. Ich habe auch politisch mit dem Regierungspartner diese Mission abgestimmt. Wir werden nächste Woche, so hoffe ich, im Ministerrat eine Entscheidung zu treffen haben. Diese Entscheidung ist auf Grundlage auch meiner persönlichen Eindrücke im Tschad und der wirklich hervorragenden Arbeit des Ressorts so zu sehen, dass wir in Kompanie­stärke, sollte es Einhelligkeit und Einstimmigkeit in der Regierung geben, in den Tschad gehen sollten.

Ich glaube, dass wir aus europäischer und speziell österreichischer Sicht einige Dinge ein bisschen unklar sehen. Es ist nicht die Sicherheitsfrage, die uns vor die großen Herausforderungen im Tschad stellt, sondern die Logistik. Es gibt kaum Straßen, keine Infrastruktur, keinen Strom, und das stellt natürlich das österreichische Bundesheer so wie alle anderen vor große Herausforderungen.

Wir werden da im Konzert mit Irland, Finnland, Schweden, Polen, vor allem aber auch Frankreich und Spanien vorgehen. Wie Sie an den Nationen, die ich jetzt aufgezählt habe, erkennen können, sind auch sehr viele dabei, die nicht der NATO angehören, sondern neutral sind oder einen blockfreien Status haben. Und ich glaube, es würde Österreich gut anstehen, diese Mission der Europäischen Union, möchte ich dazusagen, aber auf Basis des UNO-Mandates Resolution 1778 zu unterstützen.

Zusammenfassend: Wir würden uns vorstellen, bis zu einer Mann-/Fraustärke von bis zu 150 Mann in den Tschad zu gehen, und werden die Entscheidung in dieser Woche noch politisch abzuklären haben, natürlich auch mit der Zustimmung des Hauptaus­schusses des Nationalrates, denn es ist eine der herausforderndsten Missionen, die das österreichische Bundesheer in seiner Geschichte durchzuführen hat.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, das österreichische Bundesheer setzt sich sehr stark für den Frieden in der Welt ein. Ich frage Sie: Wann werden Sie Ihr Landesverteidigungsministerium in Friedensministerium umbenennen? (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Das glaubt er selber nicht!)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Das ist eine unerwartete Frage. Ich glaube, dass Österreich in seiner politischen Handlungsfähig­keit bewiesen hat, dass wir in Österreich kein Kriegsministerium haben, sondern ein Verteidigungsministerium. Die Frage eines Friedensministeriums stellt sich aus meiner Sicht derzeit nicht. Es reicht mir schon, wenn wir nicht trotz unseres neutralen Status als angreifende oder aggressive Nation wahrgenommen werden, sondern immer als verteidigende Mission. Und ich habe schon gesagt, die Grundlage unserer Arbeit ist auch, dass wir zwar immer die Frage der Verteidigung unserer Heimat Österreich im Auge behalten müssen, dass wir aber derzeit, Gott sei Dank, von befreundeten Staaten umgeben sind und dass sich diese Frage für uns nicht stellt. Die Namensfrage sei anderen vorbehalten, etwa dem Außenministerium. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Saller, bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister, wie wollen Sie die Sicherheit der in dieser EU-Mission eingesetzten österreichischen Soldaten mangels entsprechender Ausrüstung sicherstellen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich stelle mir auch nichts vor, aber ich finde, das ist eine Suggestivfrage: mangels entsprechender Aus-


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rüstung. Wir würden mangels entsprechender Ausrüstung in keinen Einsatz gehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Wir haben die Ausrüstung gesichert. Ich möchte Sie nicht langweilen mit langen Reden über die Vorbereitung dieses Einsatzes, Sie können aber davon ausgehen, dass mein Ressort diesen Einsatz bestens vorbereitet hat, sollte er kommen, und dass die zuständigen Kräfte in meinem Ressort von der Führungsebene bis hin zum Jagdkom­mando diesem Einsatz sehr positiv gegenüberstehen. Auch das sollte man in der Öffentlichkeit erwähnen.

Es ist nicht so, dass der Minister das österreichische Bundesheer zwingt, in den Tschad zu gehen, sondern das österreichische Bundesheer ist durchaus bereit, im Hinterkopf habend, was sozusagen auch der Sinn dieser Mission ist, diese Mission zu begleiten. Ganz im Gegenteil, es war eher so – Sie haben vielleicht eine Schlagzeile von mir in einer Zeitung gesehen –, dass ich im Ressort bremsen musste, weil man hier das Gefühl hat, wir müssen unbedingt dorthin gehen. Es ist eine politische Ent­scheidung, die wir treffen müssen, aber sie ist abgesichert.

Ich sage Ihnen noch einmal: Wenn wir in den Tschad gehen, dann wird die Ausrüstung für jeden einzelnen Soldaten, für jede einzelne Soldatin so sein, dass wir auch größtmögliche Sicherheit für unsere eigenen Kräfte gewährleisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Konrad, bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Herr Bundesminister, ich würde gerne dieses Thema ein bisschen vertiefen. Sie haben zwar gesagt, Sie wollen uns nicht mit langen Ausführungen langweilen, aber ich finde das keinesfalls langweilig.

Sie haben gerade die Probleme erwähnt, die auf die österreichische Kompanie dort zukommen werden. Nach der Problemstellung richtet sich ja auch die Ausrüstung. Vielleicht können Sie uns über die Ausrüstung dieser Soldatinnen und Soldaten Nähe­res erzählen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Das kann ich aus jetziger Sicht noch nicht, weil wir die Entscheidung auf Ministerratsebene noch nicht getroffen haben, aber ich möchte schon sagen, dass ich gewährleisten werde, dass das Parlament das beschließt, und das war mir ganz wichtig. Wenn wir das nächste Woche beschließen, hat es kurz geheißen, dann sollte am nächsten Tag Sitzung des Hauptausschusses des Nationalrates sein. Das halte ich für nicht zielführend, denn die Parlamentarier und Parlamentarierinnen haben das Recht, diesen Einsatz genau zu kennen, weil es sich um einen, wie gesagt, herausfordernden Einsatz handelt.

Ich kann nur sagen, dass wir im Hinblick auf die allgemeine humanitäre Situation humanitäre Elemente in den Tschad schicken werden, sollte es zu dieser Ent­scheidung kommen. Wir werden darüber hinaus auch Kräfte des Jagdkommandos hinschicken, weil es natürlich auch um die Sicherheit der Flüchtlinge in der Region geht, aber auch um die Sicherheit der Truppen.

Es ist mir auch wichtig, festzuhalten, dass in der nächsten Woche eine sogenannte Truppenstellerkonferenz auf europäischer Ebene abgehalten wird. Ich habe am Beginn der Diskussion nicht ganz verstanden, sage ich in aller Offenheit, dass jede Nation sagt, wen sie gerne in den Tschad schicken würde, welche Kräfte, welche Verbände, welche Truppeneinheiten, und es auf europäischer Ebene noch keine Abstimmung gibt.


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Klar ist, dass die Franzosen nicht nur von der ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Die Lead Nation kann man nicht sagen. Die Franzosen haben natürlich die meisten Einsatz­kräfte, ungefähr die Hälfte, aber den Lead wird ein irischer Offizier übernehmen, das möchte ich auch dazusagen. Auch das war für uns wichtig, dass nicht der Eindruck erweckt wird, dass die Franzosen diese Mission allein gestalten und die anderen Nationen Anhängsel sind. Deswegen ist es auch wichtig, dass ein Ire sozusagen diese Mission führen wird. Vor Ort sind die Franzosen natürlich eine wichtige Kraft. Aber es ist notwendig, dass wir uns im Rahmen dieser Truppenstellerkonferenz einigen, welche Einheiten von welchem Land am besten in diesen Einsatz zu schicken sind. Ich sage in aller Offenheit, es wird Jagdkommandos, humanitäre Elemente, Logistikelemente und Elemente im Headquarter geben.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Ing. Kampl, bitte.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Bundesminister, Ihre Idee ist gut, auch sozial, aber der Tschad ist flächen­mäßig größer als Deutschland, Frankreich und Italien, wo 200 Millionen Menschen leben. Der Tschad hat nur 8 Millionen Menschen. Sehr problematisch sind die Flüchtlinge und die 200 unterschiedlichen ethnischen Bevölkerungsgruppen.

Meine Frage: Ist ein Auslandseinsatz österreichischer Soldaten im Tschad überhaupt vertretbar, wenn gleichzeitig die Ausbildung unserer Soldaten aus Kostengründen bereits auf ein Minimum beschränkt werden muss und die Sicherstellung des Assis­tenz­einsatzes an der Staatsgrenze nur noch durch Milizsoldaten mittels Aufruf in Inseraten gewährleistet werden kann?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, ich wehre mich dagegen, aufzurechnen: Man kann nicht die Ausbildung der Grundwehrdiener und einen Auslandseinsatz gegenrechnen. Das ist meine Meinung. Man kann das politisch diskutieren. Deswegen sitzen wir auch in verschiedenen Fraktionen im Bundesrat, im Nationalrat und in der Regierung zusammen.

Aber meine Meinung ist – noch einmal –, dass ein Element der Wertschätzung des österreichischen Bundesheeres nicht nur in Österreich, sondern auch in der Welt (Bundesrat Ing. Kampl: Völlig Ihrer Meinung!) – und Sie haben das am Beginn auch angesprochen – die Auslandseinsätze sind. Nicht zuletzt deshalb ist im Rahmen der Arbeit der Bundesheerreformkommission, wo, ich würde einmal sagen, 95 Prozent der Beschlüsse einstimmig erfolgt sind, klar zum Ausdruck gekommen, dass diese Aus­landseinsätze nicht nach hinten geschoben, sondern gestärkt werden sollen.

Es würde zu weit führen, aber ich sage es trotzdem in zwei Schlagworten. Wir sind dabei, KIOB-Kräfte, also Kräfte für internationale Operationen, heranzubilden, Kader­präsenzeinheiten heranzubilden, Soldaten, die sich über einen längeren Zeitraum, in diesem Fall drei Jahre, verpflichten, dem Bundesheer zu dienen, und damit auch wissen, dass sie in Auslandseinsätze gehen müssen.

Ich war in Kärnten in den Kasernen in Klagenfurt und Villach und habe dort auch im Rahmen des Jägerbataillons gesehen, dass die Soldaten darauf warten, in den Auslandseinsatz gehen zu können. Ich bitte daher schon auch um eine faire Diskus­sion – nicht Sie, sondern insgesamt. Man sollte das nicht politisch so sehen, dass der Minister das sozusagen durchsetzen will, sondern man sollte wissen, dass auch die Truppe bereit ist, die erlernten Fähigkeiten in der Auslandskontingentarbeit einzu­setzen.


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Noch einmal gesagt: Ich glaube, man darf nicht aufrechnen. Ihre Frage ist durchaus berechtigt, was das Budget betrifft. Wir müssen schauen, budgetäre Mittel auch für die Inlandsaufgaben jedes Jahr bereitzustellen, aber ich bekenne mich voll zu unserem Ziel, auch im Ausland tätig zu sein.

Ich möchte dazu noch sagen: Das hat in erster Linie nichts damit zu tun, ob wir dann Mitglied des Sicherheitsrates der UNO werden oder nicht, sondern wir haben das seit 1960 bewiesen. Dass das vielleicht ein Zusatzgut oder ein Zusatzelement ist, das nehmen wir in Kauf. Aber es wäre strategisch falsch, nur auf diese Schiene zu schielen, sondern wir leisten im internationalen Verbund unseren Beitrag.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zur Anfrage 5, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Schöls, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1580/M-BR/2007

„Wie wollen Sie das Vertrauen Ihrer Beamtenschaft wieder gewinnen, wenn Sie 21 Spit­zenbeamte in Führungspositionen, die nach den Leistungsfeststellungen über­durch­schnittlich bewertet sind, nach Auslaufen deren 5-jähriger Funktionsperiode nicht weiter bestellt haben?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, ich brauche das Vertrauen nicht „wiederzugewinnen“. Das Vertrauen haben wir! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich finde es nur legitim, dass man gerade in einer Umbruchphase, in einer Trans­formationsphase auch allen die Möglichkeit gibt, sich um neue Funktionen zu bewerben. Ich habe mit allen Betroffenen ein persönliches Gespräch geführt, auch unter vier Augen, und ich habe auch dafür gesorgt, dass wir außerhalb der gesetz­lichen Norm eine externe Beratungsfirma beiziehen werden, was die Qualifikation für einzelne Führungsfunktionen im österreichischen Bundesheer betrifft. Ich sehe kein Vakuum in der Führung. Ganz im Gegenteil, ich habe das Gefühl, dass durch die Neuausschreibung durchaus alle Führungsoffiziere des österreichischen Bundes­heeres motiviert ihre Arbeit machen und das auch sehr professionell sehen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister, wann werden Sie diese Funktionsinhaber mit den Aufgaben weiter betrauen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich habe jetzt sechs Spitzenfunktionen ausgeschrieben, wie Sie wissen: Generalstabschef, stellver­tretender Generalstabschef, Sektionschefs. Ich werde im November auch die Grup­penleiter und weitere Führungsfunktionen, die Sie angesprochen haben, neu aus­schreiben. Wir haben die Ausschreibungsfrist, diese sechs Spitzenfunktionen betref­fend, bis zum 26. November fixiert. Dann werden wir sehen, wie wir weiter vorgehen werden. Sie brauchen aber keine Angst zu haben, dass es ein Vakuum geben wird, sondern Personen werden für die Führungsfunktionen ab dem 1. Dezember neu bestellt beziehungsweise mit ihrer Funktion weiter betraut werden.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Professor Konecny, bitte.

 



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Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, von welchen Grundlagen leiten Sie die Reform der Zentralstellen und die sich ja erst daraus erge­benden Ausschreibungen der Spitzenfunktionen ab?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich leite sie von den Ergebnissen der Arbeit der Bundesheerreformkommission ab, die unter dem Vorsitz von Helmut Zilk durchgeführt wurde. Mir ist klar, dass ein Transformations­prozess für Schmerzen sorgt, Ziel ist es aber, wie es in der Reformarbeit festgelegt ist, Personal aus der Verwaltung zur Truppe zu führen. Ich habe ein wirklich gutes persönliches Verhältnis zu meinem Amtsvorgänger, aber ich sage in diesem Kreis auch dazu, dass man diese Reform schon zu einem früheren Zeitpunkt und dyna­mischer hätte angehen können.

Mir ist klar: Ich habe ungefähr 1 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Zentral­stelle, und unser Ziel ist es, diesen Mitarbeiterstab zu reduzieren. Da geht es nicht um einen Kahlschlag – das möchte ich gleich dazusagen. Es wird niemand entlassen, es gibt einen Sozialplan. Ich habe in Zusammenarbeit mit dem Bundeskanzleramt und den zuständigen politischen Verantwortlichen, Frau Ministerin Bures, erreicht, dass wir die Frist für diesen „Sozialparagraphen“ 113 um ein Jahr verlängern können.

Auf Ihre Frage zurückkommend: Es geht natürlich auf die von meinem Amtsvorgänger ratifizierte und von allen Kräften des Parlaments einstimmig beschlossene Arbeit der Bundesheerreformkommission zurück.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Franz Breiner, bitte.

 


Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister, bei Ihren Antworten fällt uns auf, dass Sie sehr konsequent gendern. Nun meine Frage: Befinden sich unter diesen 21 Spitzenposten auch Frauen beziehungsweise wurden Frauen ermutigt, sich um diese Posten zu bewerben?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, wir haben beim Bundesheer bei der Truppe einen Frauenanteil von zirka 2 Prozent. Das ist viel zu wenig. Ich glaube, diese Einsicht gilt über Parteigrenzen hinweg.

Es gibt natürlich Schwierigkeiten. Ich habe beim „Tag der Offiziere“ in Wiener Neustadt bei der Ausmusterung der Fähnriche, die dann zu Leutnants geworden sind, gesehen, dass von acht Frauen zwei übrig geblieben sind – in militärischen Spitzenpositionen, würde ich noch nicht sagen, aber doch – in einem gehobenen Segment.

Im Ministerium selbst, in der Zentralstelle, haben wir einen relativ hohen Frauenanteil, aber – Ihre Frage beantwortend – niemanden in Spitzenfunktionen. Spitzenfunktionen sind bisher für Männer reserviert.

Ich ermutige natürlich Frauen, sich für Spitzenfunktionen zu bewerben, aber aufgrund des historischen Aufwuchses sozusagen – um bei einem militärischen Begriff zu bleiben – ist es relativ schwierig, die geeigneten Bewerberinnen in diesem Bereich zu finden. Ich möchte jetzt nicht auf modern tun, aber es würde dem österreichischen Bun­desheer natürlich gut anstehen, auch vermehrt Frauen in Spitzenpositionen zu bringen, nicht nur im mittleren oder unteren Segment.

Ihre Frage beantwortend: Leider habe ich derzeit wenig Hoffnung, dass sich für diese 21 Spitzenpositionen sehr viele Frauen bewerben werden.

 



BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 20

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, und ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Mühlwerth, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Minister, meine Frage lautet:

1586/M-BR/2007

„Wie stellt sich die Finanzierung der Ausbildung der Rekruten im Jahr 2008 dar, wenn bereits im Oktober 2007 anscheinend kein Geld mehr zur Verfügung stand?“

 



BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 21

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Bundesrat, es ist insofern richtig, dass die derzeit vorhandenen Mittel für das aus­laufende Jahr 2007 voraussichtlich nicht ausreichen. Ich beabsichtige daher, in der nächsten Ministerratssitzung dafür zu sorgen, dass wir betreffend Mehrdienst­leistun­gen in Absprache mit dem Bundeskanzleramt eine Aufstockung erzielen können. Es geht hier vor allem um die Fragen der Überstunden-, Sonn- und Feiertagsvergütungen und Journaldienstzulagen um 10 Prozent.

Ich habe per Ministerweisung aus dem Tschad dafür gesorgt, dass es auf jeden Fall Geld für die Ausbildung der Grundwehrdiener gibt, denn wir brauchen die Grund­wehrdiener, und wir brauchen eine Ausbildung, die es ermöglicht, dass die Grund­wehrdiener neben dem Assistenzeinsatz, den sie ja über vier bis fünf Wochen tätigen, auch in der restlichen Zeit ihre Ausbildung nicht nur genießen können, sondern dass ihnen diese Ausbildung auch zugutekommt.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Tatsache bleibt aber, dass es zumindest bis Jahresende eine Reduktion der Ausbildung geben wird, und zu befürchten ist, dass es einen Motivationsverlust beim Kader und auch einen weiteren Verlust der Führungsfähigkeit des Kaders geben wird. Wie wollen Sie diesen Rückstand oder Verlust der Ausbildung aufholen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich sehe keinen Verlust der Ausbildung. Ich habe, wie gesagt, per Ministerweisung klargestellt, dass wir das Geld zur Verfügung stellen. Es wird in keiner Kaserne eine Reduktion jener Leistungen geben, die für das Kaderpersonal ausgeschüttet werden, um die Grund­wehrdiener ausbilden zu können. Die Mär, dass wir nur zwischen 8 Uhr und 15.45 Uhr ausbilden, stimmt einfach nicht. Sie können davon ausgehen, dass das Geld vorhanden sein wird, um auch die Überstunden des Kaderpersonals – sprich: der Ausbildner – von meinem Ressort zur Verfügung zu stellen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Kersch­baum, bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister, mich würde interessieren, wie diese Weisung aus dem Tschad ausgesehen hat, die die Finanzierung weiterhin sichert.

Daher meine konkrete Frage: Wie ist dieser Finanzierungsengpass entstanden, wie wird so etwas künftig verhindert, und wie hat diese Weisung ausgesehen, die Sie aus dem Tschad herausgegeben haben, mit der Sie einen Finanzierungsengpass verhin­dern?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Es ist so, dass leider nicht jede Entscheidung bis zum Minister durchdringt, auch aus der Linie, und dass ich, sobald ich von diesem Erlass erfahren habe, diesen Erlass für ungültig erklärt habe. Der Minister im Landesverteidigungsministerium hat doch noch etwas zu reden, deshalb hat meine Ministerweisung – die zwar telefonisch aus dem Tschad ergangen, aber in weiterer Folge auch schriftlich von mir erfolgt ist – Gültigkeit über alle Grenzen hinweg, die möglicherweise aus der Linie kommen. Ich glaube nämlich, dass das der falsche Weg wäre, einzusparen.

Wir haben von dem Budget, das ich am Beginn meiner Tätigkeit ausverhandelt habe, durchaus noch Ressourcen übrig, um keine Budgetüberschreitung verantworten zu müssen. Durch gewisse Umschichtungen müsste oder wird es möglich sein, die finanziellen Mittel für diese sogenannten Mehrdienstleistungen aus dem eigenen Res­sort aufzubringen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Reisenberger, bitte.

 


Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Minister, ich glaube, es wäre auch noch interessant für uns, zu wissen: Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit die Ausbildung der Rekruten auch künftig in der gewohnt guten Qualität durch­geführt werden kann?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich habe in vielen Bereichen in die Ausbildung der Rekruten eingegriffen, weil in den letzten Monaten leider auch sehr unliebsame Vorfälle innerhalb des österreichischen Bundesheeres zu registrieren waren. Es geht hier darum, dass wir versuchen, die Ausbildung nicht parteipolitisch, sondern staatspolitisch einigermaßen zu verbessern. Ich habe die Kom­mandanten angewiesen, bei der Ausbildung verstärkt in die Vermittlung der Grund­lagen unseres demokratischen Systems zu investieren, insbesondere angesichts der neonazistischen Umtriebe, die es in gewissen Kasernen leider gegeben hat.

Im Übrigen würde ich sagen, dass die Ausbildung grundsätzlich auf guten Beinen steht. Ich würde mir wünschen – das sage ich auch offen –, dass wir die sechs Monate gesetzlich verankern. Das gibt es derzeit noch nicht. Da gibt es offensichtlich Widerstände von einigen Fraktionen hier im Haus, obwohl es im Regierungsprogramm festgelegt ist. Ich glaube, dass damit die Attraktivität des Bundesheeres gesteigert werden könnte.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Bader, bitte.

 


Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister, wie stellen Sie sicher, dass die Rekruten nach Ableistung der sechs Monate Grund­wehrdienst über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten, unter anderem auch für den Einsatz im Rahmen der Miliz, verfügen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Das stelle nicht ich sicher, das stellen die Ausbildner sicher. Ich bin der Meinung, dass das österreichische Bundesheer bestens geeignet ist. Ich habe auch mehrere Gespräche mit den Milizver­antwortlichen geführt. Es ist so, dass ich als Minister – darauf möchte ich hinweisen – die Milizübungen wieder eingeführt habe, die meine Vorgänger ausgesetzt haben. Das heißt, es gibt hier auch wieder vermehrte Attraktivität für den Milizeinsatz des öster­reichischen Bundesheeres.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 22

Ich führe auch Gespräche mit den Milizverbänden, wobei ich nicht immer weiß, wer wirklich sozusagen die Legitimation hat, die Milizsoldaten in Österreich zu vertreten. Nicht alle, die in der Zeitung stehen, um das einmal salopp zu sagen, haben wirklich auch den Rückhalt im österreichischen Bundesheer, was die Frage des Milizge­dankens betrifft – aber das ist nur eine politische Bewertung meinerseits.

Es ist so, dass die sechs Monate aus meiner Sicht völlig ausreichen, um den Grund­wehrdienern gemeinsam mit dem Assistenzeinsatz die Legitimation in die Hand zu geben, dann ins Milizsystem überzuwechseln.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir kommen nun zur 7. Anfrage, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Wiesenegg, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Geschätzter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich weiß genau, dass ich jetzt gegen die Geschäfts­ordnung des Bundesrates verstoße, ich werde es aber trotzdem tun und mich als Bürgermeister und persönlich ganz herzlich bei den Verantwortlichen des Bundes­heeres bedanken für die ständige Bereitschaft in unseren Gemeinden.

Nun zu meiner Frage:

1585/M-BR/2007

„Wie sieht der aktuelle Stand der österreichischen Bundesheer-Reform 2010 aus?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Das, sehr geehrter Herr Bundesrat, sprengt wirklich den Rahmen einer Bundesratssitzung.

Ich möchte ganz zu Beginn eine durchaus auch persönliche Erklärung abgeben: Ich glaube, dass die Bundesheerreformkommission hervorragende Arbeit geleistet hat. Wir alle kennen Helmut Zilk als Generalisten, der sozusagen auch darauf geachtet hat, dass man sich nicht zu sehr in Details verliert. Es ist mir aber wichtig festzustellen, dass die Parteien, die im Nationalrat und im Bundesrat vertreten sind, hier an einem Strang gezogen haben.

Es war für mich zu Beginn meiner Tätigkeit gar nicht so einfach. Als Bürgermeister einer Gemeinde können Sie sich das sicher vorstellen, Herr Bundesrat Wiesenegg. Sie wissen, dass es Bürgermeister gibt – nicht Sie, aber andere –, die, wenn ein neuer Minister kommt, gewisse Begehrlichkeiten auf den Tisch legen. Da geht es um Kasernenschließungen, darum, dass man Pakete wieder aufschnüren möchte, und auch um andere Maßnahmen.

Trotzdem muss ich sagen, dass unter der operativen Führung von General Commenda hier hervorragende Arbeit geleistet wurde – und das ist nicht immer einfach gewesen. Es ist auch klar, dass man sich damit nicht nur Freunde schafft. Es gibt, wie gesagt, immer unterschiedliche Interessen. Man ist mit den gesetzgebenden Körperschaften einigermaßen in Konflikt, aber natürlich auch mit Kräften innerhalb des Ressorts und, offen gesagt, auch mit der Personalvertretung. Das ist legitim.

Zusammenfassend möchte ich darauf hinweisen, dass wir bei der Bundesheerreform auf dem Weg sind, den sich mein Vorgänger vorgenommen hat. Das heißt, die Miliz wird im Rahmen der neuen Strukturen weiter als unverzichtbarer Bestandteil des Bundesheeres gelten; es wird, wie in der Reformarbeit schriftlich festgehalten, zu einer Reduktion der Mobilmachungsstärke von 110 000 auf 55 000 Mann – und Frauen – kommen; und es wird, wie ich schon angesprochen habe, auch was die Zentralstelle betrifft, eine Anpassung der Führungsstrukturen geben.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 23

Wir haben aber auch in der Truppe einige Dinge erledigt, wie beispielsweise die Zusammenführung von Land- und Luftstreitkräften und die Zusammenführung von Truppenschulen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Wir werden den Grundwehrdienst auch insgesamt auf sechs Monate verkürzen und die Liegenschaften, wie in der Reformarbeit festgelegt, österreichweit um zirka 37 Prozent reduzieren. Damit kommen wir aus.

Da bin ich wieder bei dem Thema, dass natürlich Bürgermeisterinnen und Bürger­meister unsere Liegenschaften gerne sozusagen zum Diskontpreis hätten, um auf diesem Gelände Wohnungen oder was auch immer zu errichten. Das ist legitim, aber wir müssen natürlich versuchen, das Bestmögliche herauszuholen. Ich bin ja auch dem Rechnungshof, dem Parlament und damit auch Ihnen, dem Bundesrat, verpflichtet.

Darüber hinaus haben wir auch ressortintern Abfederungsmaßnahmen gesetzt, näm­lich – ich habe es schon angesprochen – Mobilitätsförderungen, Umschulungen und finanzielle Aspekte, um dafür zu sorgen, dass das eine sozial ausgewogene Reform ist.

Wir sind im Zeitplan. Bis zum Jahre 2011, 2012 werden wir diese Reformarbeit abschließen können. Auch wenn ich mir damit im Ressort nicht immer nur Freunde schaffe, bin ich fest davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist, und werde das auch mit aller Konsequenz so umsetzen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Der Herr Bundesminister hat mir diese Zusatzfrage sozusagen in den Mund gelegt, sie lautet: Wie viele Kasernen und Bun­desheerstützpunkte wurden aufgrund dieser Reform bereits geschlossen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich kann Ihnen die genaue Zahl jetzt nicht sagen, aber wir sind im Plan. Wir sind vielleicht in zwei, drei Fällen noch ein bisschen hinter dem Plan, weil – noch einmal gesagt – der öster­reichische Immobilienmarkt momentan etwas überhitzt ist. Es möchte ja nicht nur das Bundesheer Liegenschaften verkaufen, sondern es gibt noch andere Institutionen wie etwa die ÖBB, die Asfinag und so weiter. Aber wir sind im Plan, was die Umsetzung betrifft.

Wir liegen bei der finanziellen Abgeltung dieser Liegenschaften über dem Plan – mit zirka 3 Millionen € sind wir eigentlich darüber, allen Unkenrufen zum Trotz. Es gibt die sogenannte SIVBEG. Das ist eine vom Bundesheer geschaffene Einrichtung mit zwei Geschäftsführern und mehreren Aufsichtsräten, die dafür sorgen soll, dass diese Liegenschaften zum für das Bundesheer bestmöglichen Preis abgestoßen werden. – Die genaue Zahl kann ich Ihnen, wenn Sie wollen, nachreichen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schöls, bitte.

 


Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister, ein Teilbe­reich der gesamten Bundesheerreform ist die Reform der Zentralstelle. Es wurden jetzt die sechs obersten Funktionen im Ministerium ausgeschrieben. Warum wurden entge­gen der langjährig bei Personalausschreibungen geübten Praxis nunmehr bei der Aus­schreibung für die Stelle des höchsten Spitzenbeamten – wie es der Chef des Generalstabs ist – die Kriterien der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Beherr­schung der Fremdsprache Englisch herausgestrichen, aber bei Personalaus­schreibun­gen rangniedrigerer Verwendungsgruppen, wie beispielsweise beim Streitkräfte-Führungskommando oder auch bei Kommandanten kleiner Verbände, sehr wohl aufge-


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 24

nommen? Beabsichtigen Sie einen Chef des Generalstabs zu bestellen, der weder die körperliche Leistungsfähigkeit besitzt noch Englisch kann?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Nein, das beab­sichtige ich nicht. Sie wissen genauso gut wie ich, dass für Führungsfunktionen im österreichischen Bundesheer der Nachweis der englischen Sprache notwendig ist. Daher gehe ich davon aus, dass jeder, der sich um diese Funktion bewirbt, der englischen Sprache mächtig ist. In weiterer Folge möchte ich keinen Marathonläufer bestellen, sondern einen Generalstabschef, der dieser Aufgabe im Sinne des öster­reichischen Bundesheeres nachkommt. Das gilt für alle – für den jetzigen General­stabschef und für alle, die sich um diese Funktion bewerben werden. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Franz Breiner, bitte.

 


Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister, wie lange wurden vom Bundeskanzleramt das Projekt BH 2010 und die damit zusam­menhängenden Arbeitsplätze genehmigt?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Eigentlich wurde es bis zum Jahr 2008 genehmigt. Wir konnten aber – noch einmal gesagt – in Ver­handlungen mit Frau Ministerin Bures diesen Bereich um ein Jahr strecken – daher bis 2009.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zur 8. und letzten Anfrage, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Köberl, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1581/M-BR/2007

„Wie stellen Sie sicher, dass die Eurofighter-Typhoon-Abfangjäger trotz der Abbe­stellung von Zusatzausrüstungen, wie zum Beispiel des Infrarotsichtsystems, der Freund-Feind-Kennung und des DASS-Selbstschutzsystems, auch bei Dunkelheit und Schlechtwetter andere Flugzeuge aus weiter Entfernung identifizieren können?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, Sie wissen wahrscheinlich genauso gut wie ich, dass die alte Bundes­regierung 18 Eurofighter bestellt hat, von denen sechs mit dieser Kennung ausgestattet worden sind – sechs! Wenn diese sechs vielleicht gerade am Boden wären, dann hätten – wenn sozusagen die Befürchtung Ihrerseits wahr werden würde – diejenigen, die in der Luft wären, sie auch nicht erkennen können.

Faktum ist, dass wir mit dem Gerät, das uns zur Verfügung steht, natürlich auch jederzeit Kennungen durchführen können. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass beispielsweise die deutsche Bundeswehr, die, ich glaube, 180 Luftraumüberwachungs­flugzeuge hat, auch nicht über dieses Infrarotsystem verfügt. Also insofern sehe ich keine Gefährdung der Sicherheit Österreichs – ganz im Gegenteil! Mit Blick darauf, wofür wir dieses Fluggerät gekauft haben, ist die Sicherheit in Österreich gewährleistet, und es gibt auch keinen Grund, sozusagen unruhig und unsicher zu werden.

 



BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 25

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): In Anlehnung dazu: Über welche gegenüber den früheren Draken verbesserten Sichtfähigkeiten in der Nacht verfügen die jetzigen oder zukünftigen österreichischen Eurofighter?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Soweit mir bekannt ist, über keine, aber wir haben auch schon mit den Draken die Luftraum­überwachung gesichert. Wir können natürlich auch die Eurofighter-Piloten mit Nachtsichtgeräten ausstatten. Auch das ist eine Möglichkeit.

Vielleicht kurz zu den Begriffen, die in der Öffentlichkeit immer wieder herumschwirren: Das sogenannte DASS-System dient der Verschleierung, wenn ein Eurofighter von irgendeiner feindlichen Kampfmaschine verfolgt wird. Damit kann man sozusagen vom eigenen Fluggerät ablenken, und das, glaube ich, ist für das neutrale Österreich nicht notwendig. Sollten einmal Flugzeuge anderer Nationen über Österreich fliegen, dann wird es wahrscheinlich ohnehin relativ schwierig werden, den Luftraum in dieser Art und Weise zu sichern.

Ich möchte damit nur klarstellen, dass wir jetzt deswegen 15 Eurofighter gekauft haben, um sicherzustellen, dass nicht identifizierte Flugzeuge im österreichischen Luftraum gestellt werden können – und nicht für einen Angriffskrieg. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Reisenberger, bitte.

 


Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, was sind die Vorteile aus dem Vergleich, den Sie mit der Eurofighter GmbH geschlossen haben?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, es hätte aus meiner Sicht drei Möglichkeiten gegeben, politisch ge­sprochen.

Die völlige Abbestellung der Eurofighter hätte dazu geführt – dieser festen Über­zeugung bin ich, und das ist auch mit Gutachten so abgesichert –, dass wir einen langwierigen Prozess gegen Eurofighter zu führen gehabt hätten und diesen zu 99 Pro­zent verloren hätten, weil der Vertrag – den nicht ich abgeschlossen habe, sondern die vorherige Regierung – so ausgestattet war, dass kaum etwas herauszuholen gewesen wäre, außer dass wir wahrscheinlich eine Pönalzahlung in der Höhe von 1 Milliarden bis 1,5 Milliarden € ohne Gegenleistung hätten leisten und – weil wir uns ja dazu bekannt haben, und dazu stehe ich auch – ein anderes Fluggerät hätten anschaffen müssen.

Ich sage aber ganz offen dazu: Es ist ja nicht um den Eurofighter als Maschine gegangen, sondern es ist um die Kosten gegangen und um die Frage, welche Fähigkeiten dieses Fluggerät hat. Ich konnte mich von dessen Fähigkeiten sowohl in Paris als auch in Zeltweg überzeugen. Wenn mir der Eurofighter-Chef, der aus seiner Sicht als Manager natürlich auf sein Produkt schauen muss, sagt, dass ein Eurofighter vier MiGs „schnupfen“ kann – „schnupfen“ wörtlich –, das heißt, der Eurofighter stark genug ist, um den Kampf mit vier MiGs aufzunehmen, dann muss ich sagen: Das ist eigentlich nicht das, was ich unter Luftraumüberwachung verstehe.

Die zweite Möglichkeit wäre gewesen, von unserer Seite aus einseitig eine Stück­zahlreduktion durchzuführen. – Auch das hätte einen langwierigen Prozess nach sich gezogen, und auch da haben die Gutachter gesagt, das sei zu gefährlich.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 26

Die dritte Möglichkeit, die ich dann in Anspruch genommen habe, war die Stückzahl­reduktion und die Rückführung auf ein Qualitätsniveau, mit dem Österreich den Luftraum sichern kann. Das bringt diese Reduktion aus meiner Sicht. Das bringt für das Budget – auch wenn ich kritisiert werde, auch aus meinem Ressort und von den anderen Parteien in Österreich – 370 Millionen € auf jeden Fall. Ich stehe nicht an, diesen Vergleich – ich habe dem Rechnungshof diesen Vergleich übermittelt – in der Öffentlichkeit nicht nur zu diskutieren, sondern auch hinter diesem Vergleich zu stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister, die Friedenseinsätze im Ausland sind sicherlich eine der wichtigsten und hervorragendsten Aufgaben des Bundesheeres. Es ist daher eher bedauerlich, wenn hier so kritische Fragen dazu kommen, und noch bedauerlicher finde ich, dass einer Ihrer Amts­vorgänger einer früheren Regierung das ideale Trainingscamp in Zypern verlassen hat beziehungsweise diese Mission aufgelöst hat.

Aber Sie selbst haben vorhin gesagt, es ist völlig unwahrscheinlich, dass angesichts solch eines NATO-Ringes rund um Österreich jemals ein fremdes Kampfflugzeug unseren Luftraum erreichen wird. Ich halte es für ebenso unwahrscheinlich, dass sich das österreichische Bundesheer je die Frage stellen muss, ein Passagierflugzeug, das entführt wurde, abzuschießen, aber zwei Regierungsmitglieder sind diese Diskussion öffentlich eingegangen, daher meine Frage an Sie:

Auf welcher Rechtsgrundlage kann ein von Terroristen entführtes Passagierflugzeug in Österreich abgeschossen werden?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Ich gehe davon aus, dass dieser Fall nie in die Realität übergeleitet werden muss. Es ist so, dass es klare Richtlinien gibt, dass für den Fall, dass sich ein Passagierflugzeug unbefugt in Österreich aufhält und sich eben in dieser von Ihnen geschilderten Form auf ein Objekt zubewegt, vom Herrn Innenminister eine Entscheidung zu treffen ist. Ich würde aber nicht davor zurückscheuen, an dieser Entscheidung mitzuarbeiten.

Die Diskussion, die Sie ansprechen, hat es ja in Deutschland gegeben. Dort gibt es keine Rechtsgrundlage, und dieser Fall ist auch von Karlsruhe sehr kritisch gesehen worden. Trotzdem glaube ich, dass es aufgrund der gesetzlichen Grundlagen in Öster­reich möglich wäre, in Abstimmung mit den Piloten zu einer Entscheidung zu kommen, die unter Abwägung der Tatsache, dass in einem Stadion möglicherweise 50 000 Men­schen zu Schaden kommen könnten, in einem Flugzeug eben „nur“ – unter Anfüh­rungszeichen – 200, zu treffen wäre. Ich weiß, dass das keine populäre Frage ist, aber man müsste im Anlassfall diese Frage trotzdem zwischen dem Innenminister und dem Verteidigungsminister klären.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich bedanke mich. Die Fragestunde ist damit beendet.

Ich begrüße die in der Zwischenzeit eingetroffene Frau Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky in unseren Reihen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 27

10.08.50Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2365/AB bis 2370/AB beziehungsweise des Schrei­bens des Bundeskanzlers betreffend den Vorschlag des Bundesrates für die Ernen­nung eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes sowie jenes Verhandlungs­gegen­standes, der gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt, verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 7)

*****

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Vorschlag des Bundesrates für die Ernennung eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes:

„Bundeskanzleramt Österreich
Dr. Alfred Gusenbauer
Bundeskanzler

An den
Präsidenten des Bundesrates
Mag. Wolfgang Erlitz
Parlament
1017 Wien

Wien, am 9. Oktober 2007

GZ: BKA-350.500/0002-114/2007

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes Präsident des OGH i.R. Dr. Erwin Felzmann wird wegen Erreichens der Altersgrenze mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Verfassungsgerichtshof ausscheiden. Präsident Dr. Felzmann ist auf Vor­schlag des Bundesrates zum Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes ernannt worden.

Unter Hinweis auf Art. 147 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes ersuche ich Sie um Mitteilung, wer seitens des Bundesrates als Nachfolger von Präsident Dr. Felzmann vorgeschlagen wird.

Mit den besten Grüßen“

*****

Beschluss des Nationalrates, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungs­recht des Bundesrates unterliegt:


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 28

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2006 (III-87 und 248/NR der Beilagen)

*****

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Be­richte, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 12 bis 14 unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

10.10.141. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Karenzgeldgesetz und das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (229 d.B. und 250 d.B. sowie 7769/BR d.B. und 7777/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Fröhlich. – Ich bitte um den Bericht.

 


10.10.29

Berichterstatterin Christine Fröhlich: Geschätzter Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Karenzgeldgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Okto­ber 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Konrad. Ich erteile ihr dieses.

 


10.11.29

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Kindergeld hat ja in den letzten Monaten die Medien und damit auch uns sehr intensiv beschäftigt. Wenn man sich anschaut, wie viele Rückforderungen es gegeben hat, wie viele Menschen das


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 29

Kindergeld zurückzahlen müssen – oder den Zuschuss, besser gesagt –, dann ist eigentlich ganz klar, dass das, was bisher Gesetzeslage war, in der Praxis nur sehr schlecht funktioniert hat, sonst könnte es ja nicht möglich sein, dass es zu so vielen Problemfällen kommt.

Das heißt, es war höchst notwendig, dass es hier Änderungen gibt, und die Koalition hat eine sehr lange und intensive Diskussion darüber geführt, die interessanterweise auch wieder zum großen Teil über die Medien für alle nachvollziehbar war. Es war nicht unbedingt immer angenehm, da zuzuschauen. Als Oppositionspolitikerin habe ich zwar kein Problem damit, wenn die Regierungsparteien streiten, solange nachher etwas Sinnvolles herauskommt. Eine Diskussion nur deshalb öffentlich zu führen, damit man eben seine verschiedenen Meinungen positioniert hat, bringt an und für sich nichts, und das Ergebnis, das wir jetzt vorliegen haben, ist meiner Meinung nach keines, das eine derartig lange und auch kontroverse Diskussion wirklich rechtfertigen würde. (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich möchte mit dem Positiven anfangen – man soll ja immer auch das aner­kennen, was sich wirklich zum Besseren verändert hat. Und es ist natürlich eine Verbesserung, eine Flexibilisierung, wenn es jetzt zwei Varianten gibt, wenn es einerseits möglich ist, wie bisher insgesamt 36 Monate lang, wenn mindestens sechs Monate lang der andere Partner das übernimmt, in der Höhe von 436 € monatlich das Kindergeld zu beziehen, und es jetzt andererseits diese zweite Variante gibt, verkürzt auf 18 Monate, wobei mindestens drei Monate vom anderen Partner zu übernehmen sind, bei einer Höhe von 800 € monatlich. – Das ist prinzipiell eine Verbesserung. Jede Form von Flexibilisierung ist auch in unserem Sinne, ist auch im Sinne der betroffenen Frauen. (Bundesrätin Roth-Halvax: Wieso immer nur Frauen?) – Na ja, zum Großteil Frauen, wenn wir es uns anschauen, denn die Rate von Männern, die in unserem Land die Kinderbetreuung übernehmen, ist ja doch leider sehr gering. Da gibt es andere Beispiele, die zeigen, wie man das besser machen könnte. (Ruf: Das Gesetz ist neutral!) – Ein Gesetz ist nur auf dem Papier neutral. Ein Gesetz hat Auswirkungen, es kann motivieren und kann auch demotivieren. Darauf werde ich dann später noch eingehen.

Mit der Flexibilisierung hat es sich allerdings bei diesen zwei Möglichkeiten schon. Es wird ja auch in Zukunft nicht möglich sein, dass man zum Beispiel während der Laufzeit des Kinderbetreuungsgeldes von einer Variante in die zweite wechselt. Es ist mir schon klar, dass das in der Abwicklung komplizierter ist, aber das Leben ist nun einmal kompliziert, und wenn eine Frau zuerst der Meinung war, sie nimmt die eine Variante, das sei besser, und sich dann während des Bezuges des Kindergeldes für sie die Möglichkeit bietet, einen Job anzunehmen, der sehr interessant wäre, und das würde sich auch vereinbaren lassen, dann ist es nicht möglich, in die zweite Variante zu wechseln. So flexibel, wie wir es in der Praxis bräuchten, ist es dann also doch nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte noch ein paar andere Kritikpunkte anmerken, denn dieser alleine wäre es noch nicht, der uns hier zu einer Ablehnung des Gesetzes veranlassen würde. Allein­erzieherInnen – mit großem „I“, es sind also auch Männer betroffen –, sind nach wie vor benachteiligt, denn sie haben ja keine Partnerin, keinen Partner, mit dem sie sich die Karenz teilen können. Das heißt, die verkürzte Variante wird also nur für 15 statt 18 beziehungsweise die bisherige Variante für 30 statt 36 Monate möglich sein. Und gerade bei der kürzeren Variante, bei den 15 Monaten, wird es schwierig werden, einen Kinderbetreuungsplatz für ein 15 Monate altes Kind zu finden.

Vor allem auf dem Land – ich weiß, es gibt in Österreich sehr verschiedene Situati­onen, wie es mit der Kinderbetreuung ausschaut, ... (Bundesrätin Roth-Halvax: Tages­mutter!) – Auch das ist ja nicht immer möglich. Es ist leider nicht immer möglich,


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Kinderbetreuungsplätze zu finden. Das steht auf einem anderen Blatt, muss aber auch in Angriff genommen werden. Es gibt zwar immer wieder Anläufe auch von den Ländern, die Situation zu verbessern, aber – wie soll ich sagen? – ich lese gerade ein Buch über die Situation von Frauen im Parlament: Das beginnt mit den ersten Frauen im Parlament, und die ersten Abgeordneten, die hier und im Nationalrat gesessen sind, haben unter anderem die Forderung aufgestellt, dass es Kinderbetreuungsplätze gibt! Wenn hier also langsam etwas in Angriff genommen wird, dann sage ich: Ja, gut, seit etwa 100 Jahren gibt es diese Forderung! – Ich glaube daher, dieses Anliegen ist dringend, und die Verbesserung der Situation muss dringend angegangen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiteres Problem ist, dass die soziale Elternschaft nicht anerkannt wird, das heißt, neue Partnerinnen und neue Partner, die nicht die biologischen Eltern des Kindes sind, die aber Betreuungspflichten übernehmen, können das Kinderbetreuungsgeld nicht beanspruchen. Das ist schwierig, es gibt einfach ganz viele verschiedene Formen von Familie, und die klassische Familie – Mama, Papa, Kind, wobei mitgedacht ist: Papa geht arbeiten, kommt abends heim, und Mama betreut das Kind –, die existiert in dieser Form eben nur noch sehr selten. Hier wird also eine Lebensrealität nicht anerkannt.

Ein großes Problem ist schon, dass jene Eltern, die sich für eine kürzere Karenz entscheiden, einen geringeren Gesamtbezug erhalten, nämlich statt 15 700 € nur 14 400 €. Das finde ich nicht nachvollziehbar. Der Sinn der Sache bei einem kürzeren Bezug ist ja nicht, zu bestrafen, sondern der Sinn ist, dass es dadurch eine Möglichkeit, eine Motivation gibt, früher ins Berufsleben zurückzukehren, was vor allem für die Frauen etwas ganz Wichtiges ist.

Weiters kommt hinzu, dass die subsidiär Schutzberechtigten das Kinderbetreuungs­geld nur dann erhalten, wenn sie erwerbstätig sind. Das ist eine Ungleichbehandlung gegenüber allen anderen Bezieherinnen und Beziehern.

Die Zuverdienstgrenze ist leider nicht gefallen, sondern sie wird einfach geringfügig erhöht, von 14 600 € auf 16 200 €. Gerade diese Zuverdienstgrenze aber ist wirklich ein Problem, vor allem für jene Frauen, die gut ausgebildet sind, die potenziell in Berufen mit höherem Einkommen arbeiten. Im grünen Karenzmodell, das Sie vielleicht kennen – wenn nicht, würde ich Ihnen empfehlen, einmal hineinzuschauen –, kommt eine Zuverdienstgrenze nicht im finanziellen Sinne vor, sondern in Form einer Begren­zung von Arbeitszeit. Das würde definitiv mehr Sinn machen.

Dieses einkommensunabhängige Karenzgeld führt einfach dazu, dass sehr wenige Männer in Karenz sind, und zwar infolge einer ganz simplen Rechnung: Wenn ein Mann ein hohes Einkommen hat – und wir kennen alle die Statistiken über die Lohn­schere, es ist in den meisten Fällen so, dass das Einkommen von Männern eben höher ist als das von Frauen, nämlich in etwa um ein Drittel –, dann ist das einfach eine ganz knallharte Rechnung, wer in Karenz geht. Und wenn quasi die Frau in Karenz geht und dadurch ein geringerer finanzieller Verlust für die Familie eintritt, dann ist das natürlich ein Argument.

Ein einkommensabhängiges Karenzgeld würde es einerseits gut verdienenden Frauen beziehungsweise gut ausgebildeten Frauen eher erleichtern, auch die Entscheidung für eine Familie und für Kinder zu treffen, es würde aber auch – und das halte ich für etwas ganz Wichtiges – dazu führen, dass mehr Männer in Karenz gehen würden, und zwar unter weniger finanziellen Einbußen. Und das ist schon etwas sehr Wichtiges, weil einfach auch diese Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen immer wieder darauf zurückgeführt werden, dass eben Frauen in Karenz gehen, Kinder­betreu­ungs­pflichten übernehmen und so weiter.


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Das heißt, ein Großteil der Probleme, die wir an Ungleichbehandlung zwischen Män­nern und Frauen im Berufsleben haben, ist genau auf diese Frage zurückzuführen: Wer übernimmt die Betreuungspflichten? – Solange es uns hier nicht gelingt, Männer wirklich vermehrt in die Pflicht zu nehmen, in die Karenz zu holen, wird sich auch für die Frauen in dieser Situation leider nichts verbessern. (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme zum Schluss: Es gibt Verbesserungen – ich habe sie erwähnt –, das wollen wir auch anerkennen, aber diese Verbesserungen sind leider nur punktuell, und die großen Fragen, die sich stellen würden, die man bei dieser Gelegenheit diskutieren muss, bleiben leider weiterhin ungelöst. Es wird auch in Zukunft Rückforderungen geben, denn so klar ist auch jetzt das Gesetz nicht formuliert, dass es für alle möglich wäre, sich hier an die Regeln zu halten. Es wird auch weiterhin nur wenige Männer geben, die in Karenz gehen, und es werden auch weiterhin die Frauen hauptver­antwortlich für die Kindererziehung bleiben – mit allen negativen Folgen, die das eben im Berufsleben mit sich bringt. (Beifall bei den Grünen.)

10.19


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Als Nächste hat sich Frau Bundesrätin Blatnik zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


10.20.03

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Frau Ministerin! Gospa minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Mit dieser Reform, die mit 1. Jänner 2008 in Kraft tritt, werden wir ein starres Modell der Vergangenheit verändern, ein starres Modell, das in vielen Bereichen zulasten der Frauen und Familien gegangen ist.

Ich möchte betonen, dass es der SPÖ, vor allem der Frauenministerin gelungen ist, diese Flexibilisierung des Kindergeldes seinerzeit bei den Regierungsverhandlungen hineinzuverhandeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖVP wollte damals leider noch keine Veränderung. Und trotzdem – und das ist positiv zu werten – ist es Frau Bundesministerin Kdolsky und Frau Bundesministerin Bures gelungen, sich da zu einigen. (Bundesrat Perhab: Man darf aber schon daran erinnern, wer es eingeführt hat?) – Ja, selbstverständlich. Klar. – Es ist im Grunde genommen der erste Schritt, der mit dem vorliegenden Beschluss gesetzt wurde, aber jedem ersten Schritt muss auch eine Fortsetzung folgen, eine Fortsetzung, die zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie führt. Ein erster Schritt wurde gesetzt, es müssen aber noch weitere Schritte folgen.

Junge Menschen, vor allem aber junge Frauen müssen sich jetzt nicht mehr ent­scheiden zwischen den Möglichkeiten im Sinne eines Entweder-oder – das heißt entweder für den Beruf oder für die Familie –, sondern jetzt gibt es die Möglichkeit eines Sowohl-als-auch, nämlich sich sowohl für ein Kind als auch für den Beruf zu entscheiden.

Mit dieser Flexibilisierung gibt nicht mehr der Staat vor, wie lange man zu Hause bleiben soll, sondern die Familien entscheiden selbst, welche Variante sie aussuchen, welche für sie die beste Variante ist. – Meine Vorrednerin hat die drei Varianten schon kurz aufgezeigt.

Es stehen den Familien drei Varianten, drei Möglichkeiten zur Auswahl. Die erste Variante ist: Wenn die Dauer der Karenzzeit 36 Monate beträgt und davon mindestens sechs Monate der Partner in Anspruch nimmt, beträgt der monatliche Bezug 436 €. – Zweite Variante: Wenn die Karenzzeit 24 Monate beträgt und davon vier Monate auf den Partner entfallen, beträgt der monatliche Bezug 624 €. – Die dritte Variante: Wenn die Dauer der Karenzzeit 18 Monate beträgt und davon drei Monate der Partner in


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Anspruch nimmt, beträgt der monatliche Bezug 800 €. Wichtig dabei ist auch, dass mit dieser Flexibilisierung auch Väter mehr Möglichkeiten erhalten, sich an der Familien­arbeit zu beteiligen, und an der Entwicklung der Kinder Anteil nehmen können.

Von großer Bedeutung ist die neue Kindergeldregelung auch hinsichtlich des Wieder­einstieges in das Berufsleben. Bei 20 Monaten Bezug des Kindergeldes, wie es jetzt durch die neue Regelung möglich ist, haben Frauen einen Rechtsanspruch, wieder in den Beruf zurückzukehren. Beim „Kindergeld alt“ hat nur jede zweite Frau den Wiedereinstieg in den Beruf geschafft, und die, die es geschafft haben – das zeigt die Evaluierung –, sind in der Regel unter schlechteren Bedingungen wieder in den Beruf zurückgekehrt.

Eine weitere Verbesserung ist auch die Zuverdienstgrenze, die von 14 600 € auf 16 200 € erhöht worden ist. Mit der Einschleifregelung soll beim Überschreiten des Einkommenslimits in Zukunft nicht mehr der gesamte Betrag des Kindergeldes zurück­bezahlt werden, sondern nur mehr der überschreitende Betrag. Eine Verbesserung ist auch die Vereinheitlichung der Zuständigkeiten. Und auch Familien mit Kindern, die bereits vor dem 1.1.2008 geboren wurden, können durch die Übergangsregelung von dem Modell profitieren.

Es stimmt, es sind nicht alle unsere Forderungen realisiert worden – die Vorrednerin hat dies auch bereits aufgezeigt –, aber dies nicht, weil wir unsere Forderungen über Bord geworfen hätten, sondern ganz einfach deshalb, weil wir uns dessen bewusst sind, dass man in einer Koalition Kompromisse eingehen muss. Und in einer Demo­kratie sind Mehrheiten zur Kenntnis zu nehmen.

Es ist nicht das Ende einer Reform – das habe ich schon am Anfang gesagt –, sondern ein wichtiger Anfang, dem eine Fortsetzung folgen muss. Das weiß die SPÖ, und wir werden alles unternehmen, um ein positives Anliegen von Frauen und Familien zu fördern.

Ich bin sehr froh darüber, dass ein erster Schritt schon eingeleitet worden ist, nämlich der Start einer Kindergarten-Offensive. Der Bund stellt den Bundesländern für Kinder­betreuungsplätze und sprachfördernde Maßnahmen jetzt nach langer Zeit wieder viel Geld zur Verfügung. Als Kärntnerin, als Vertreterin des Bundeslandes Kärnten möchte ich kurz die Kärntner Situation darstellen.

Was bedeutet das für Kärnten? – Kärnten soll in den nächsten drei Jahren zirka 3 Mil­lionen € für Kinderbetreuungsplätze und sprachfördernde Maßnahmen bekom­men. Die Voraussetzung dafür, dass wir das Geld bekommen, ist aber der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Landeshauptmann Haider und Kindergartenreferent Landesrat Dörfler sind gefordert – und das deswegen, weil Kärnten Schlusslicht bei den Kinderbetreuungsplätzen vor allem der unter Dreijährigen ist! –, endlich für Kinderbetreuungsplätze für unter Dreijährige zu sorgen und solche zu schaffen. Kärn­ten hat da einen ganz großen Nachholbedarf!

Diese Haltung des Kärntner Landeshauptmannes und des Kindergartenreferenten Dörfler ist eine Zumutung für die Kärntner Familien. Dies kritisierte auch ein Bürger­meister, jener von Glanegg, und er wies in diesem Zusammenhang auf die Geldknapp­heit für die Kindergartenplätze in den Gemeinden hin. Ich zitiere wörtlich:

„Wie jemand auf Geld verzichten kann, das vielen betroffenen Familien mit Kindern zugute kommen würde, lässt sich für Samitz nicht nachvollziehen. Samitz erwarte sich von Haider und Dörfler, den Zuschuss vom Bund zur Entlastung der Gemeinden anzu­nehmen.“

Wir haben den Herrn Bürgermeister Siegi Kampl hier unter uns, und ich glaube, er wird dies selbstverständlich unterstützen und kann dies sicherlich auch ganz gut verstehen.


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Dieser Kritik des Herrn Bürgermeisters Samitz aus Glanegg kann ich nichts hinzu­fügen, aber ich kann ihm vollinhaltlich zustimmen.

Noch zwei Worte zum Babygeld. Dieses Babygeld, das vom Herrn Landeshauptmann so stark propagiert wird, ist eigentlich eine Kosmetik – eine Kosmetik deshalb, weil Kärnten trotz dieses Babygeldes ein Geburtenminus von 18,8 Prozent aufweist. Das besagt die Statistik von Mai 2006 auf Mai 2007. Frauen „nur“ – unter Anführungs­zeichen – eine finanzielle Unterstützung zu gewährleisten und sie so zufrieden zu stellen, oder „abzuspeisen“, das ist nicht unsere Zielsetzung. Unsere Zielsetzung ist, wenn sich Frauen entscheiden, wieder in den Beruf zu gehen, den Wiedereinstieg so leicht wie möglich und besser möglich zu machen, und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten.

(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.29


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Nächster Redner: Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte.

 


10.30.10

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Bundesrates! Meine Vorrednerin hat betont, dass sie als Vertreterin des Landes Kärnten hier im Bundesrat sitzt. Zum Unterschied von ihr werde ich natürlich die Vorzüge unseres Bundeslandes herausstreichen (Bundesrat Kraml: Wird eine kurze Rede!), auch in Bezug auf Familienförderung, statt, wie meine Vorrednerin es getan hat, das Land, von dem sie in den Bundesrat entsendet wurde, schlechtzureden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss wissen, dass laut Untersuchungen genügend Kinderbetreuungsplätze in Kärnten vorhanden waren. Neue zu schaffen, nur weil der Bund Geld dafür zur Verfügung stellt, wäre wirtschaftlich gesehen der falsche Weg. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Im Übrigen verweise ich darauf, Frau Kollegin Blatnik, dass die meisten Gesetze, vor allem jene, die die Budgets der letzten Jahre betroffen haben, in Kärnten gemeinsam auch mit der SPÖ und dem BZÖ beschlossen wurden.

Österreich ist, glaube ich, in Bezug auf Familienförderung in der Europäischen Union ein Vorbildland. Das müssen wir hier klar und deutlich sagen, und wir sollten stolz darauf sein, dass wir ein dichtes Netz geknüpft haben – vor allem auch für jene Familien, die noch bereit sind, Kinder in die Welt zu setzen. (Beifall des Bundesrates Ing. Kampl sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Österreich ein vorbildliches Land ist, hängt vielleicht damit zusammen, dass wir als einziges Land auch ein Kinderbetreu­ungsgeld eingeführt haben, ausgehend von dem so genannten Kinderscheck 1999 in Kärnten – zuerst belächelt, dann nach einem Wahlsieg bekämpft, und nach späterer Einsicht gemeinsam in Kärnten eingeführt. Und noch später ist es dann von der Koalition, damals schwarz-blau, nach Verhandlungen in großen Verhandlungsteams, die über zwei Jahre beraten haben, letztlich auch auf Bundesebene als so genanntes Kinderbetreuungsgeld übernommen worden.

Das ist eine Errungenschaft, die aus Kärnten gekommen ist und auf die wir alle stolz sein sollten. Das sollten wir nicht schlechtreden!

Leider – aber das ist in Koalitionen nun einmal so – setzt man sich nicht immer zu 100 Prozent durch. Es wurde damals die so genannte Zuverdienstgrenze eingeführt, die dann unter den Ministern von FPÖ und später BZÖ aufgrund dessen, dass die


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Intention des Gesetzes eine andere war, nämlich jene, dass eine absolute Wahlfreiheit zwischen Erwerb oder Karenz gegeben sein sollte, eher nicht kontrolliert wurde. Wir wussten damals schon, dass die Zielsetzung des Gesetzes damit nicht erreicht wurde. Deshalb sind wir auch dagegen, dass es diese Zuverdienstgrenze gibt. Dieser neue Gesetzentwurf, das geben wir zu, hat in vielen Bereichen wesentliche Vorteile gegen­über der bestehenden Gesetzeslage. Trotzdem werden wir in Summe dieser Geset­zesvorlage natürlich nicht zustimmen.

Frau Abgeordnete Blatnik, es gibt eine Stellungnahme des Landes Kärnten vom 31. Juli 2007; das war noch, bevor das Gesetz in den Nationalrat gegangen ist. Diese Stellungnahme dazu stammt nicht von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider, sondern von der Verfassungsabteilung, von der dortigen Abteilung Soziales. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach. – Ruf bei der SPÖ: Ist alles eine Firma! – Heiterkeit bei SPÖ und Grünen.)

In dieser Stellungnahme heißt es erstens unmissverständlich, dass die Zuverdienst­grenze gänzlich zu streichen wäre, und zweitens, die verschiedenen Varianten der Anspruchshöhe würden bei Geburt eines weiteren Kindes zur Ungleichbehandlung führen. Drittens heißt es, die Rückforderungen seien unübersichtlich und führten meist zu sozialen Härten. Nur der vierte Punkt, die Übergangsregelungen für Eltern von Kindern, die noch 2007 auf die Welt kommen, wurde letztlich ins Gesetz aufge­nommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vom BZÖ eingeführte Kinderscheck und später das Kinderbetreuungsgeld bei voller Wahlmöglichkeit – Erwerb oder Karenz – hat gezeigt, dass unsere Gruppierung immer für soziale Wärme eingetreten ist. Der Gesetzesänderung, die jetzt einige Verbesserungen bringt, aber in der Summe trotz­dem eher für soziale Kälte spricht, werden wir nicht zustimmen. (Beifall des Bundes­rates Ing. Kampl.)

10.35


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Gansterer. – Bitte.

 


10.35.26

Bundesrätin Michaela Gansterer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Die uns heute vorliegende Novellierung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes ist auch von meiner Seite als Verbesserung zu sehen, als Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es wurde schon von den Vorrednern ausgeführt, warum hier eine größere Flexibilität und eine bessere Wahlmöglichkeit bestehen. Es ist für mich auch wichtig, dass nach wie vor auch der Anreiz für die Väter gegeben ist, weil eben vielleicht die Erhöhung der Zuverdienstgrenze den einen oder anderen Mann mehr motivieren kann, zumindest eine gewisse Zeit auch zu Hause beim Kind zu bleiben.

Aber gerade was die Zuverdienstgrenze anbelangt, muss ich auch hier als Unter­neh­merin und als Vertreterin der Unternehmerinnen schon sagen, dass ich nicht ganz zufrieden sein kann, nämlich aus folgendem Grund: Gerade bei den Unternehmerinnen sprechen wir oft von Einnahmen- und Ausgabenrechnern. Hier ist immer der Umsatz ganz entscheidend, und man kann einfach einen Umsatz nicht immer so beeinflussen, dass es gerade passt, damit man diese Zuverdienstgrenze nicht überschreitet. Es gibt viele Branchen – und auch ich komme aus so einer Branche –, die sehr saison­abhängig sind, und daher wäre von meiner Seite auch die Bitte, dass wir hier nicht von der Zuverdienstgrenze sprechen, sondern von einer Entnahmegrenze. Das wäre ein großes Anliegen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Das Kinderbetreuungsgeld gehört meiner Ansicht nach eben für die Betreuung des Kindes. Manche Frauen entscheiden sich dafür, dieses Betreuungsgeld sozusagen für sich selbst zu verdienen. Sie bleiben zu Hause beim Kind, und das ist legitim und das muss auch respektiert werden. Aber genauso muss es auch respektiert werden, wenn Frauen sagen: Ich bin jetzt gerade in einer sehr erfolgreichen Phase, verdiene gut, bekomme jetzt mein Baby und gebe dieses Betreuungsgeld vielleicht einer Tages­mutter, einer Leihoma, wem auch immer, weiter. Ich denke, das wäre meiner Ansicht nach die beste Möglichkeit.

Aber bei allen finanziellen Unterstützungen, die sicher ganz wichtig sind und die ich begrüße und über die ich mich freue, denke ich doch, dass wir nicht immer nur darüber sprechen sollten, welche großen Sorgen vor allem auch finanzieller Natur Kinder bereiten, sondern ich sehe es schon auch als Aufgabe von uns Politikern, einfach den jungen Frauen und Männern mehr Mut und Lust auf Kinder zu machen. Ich denke nämlich, bei allen Sorgen überwiegen doch auch – und ich hoffe, da geben Sie mir alle recht – die Freuden, die Kinder bereiten. Ich bin selbst dreifache Mutter und war auch zu der Zeit, als diese ganze finanzielle Unterstützung nicht so hoch war, eigentlich eine glückliche Mutter. Daher, glaube ich, darf auch die Frage nicht immer lauten: Kann ich mir ein Kind leisten?, sondern: Will ich mir ein Kind leisten? (Beifall bei der ÖVP.)

10.38


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


10.38.42

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Das Kinderbetreuungsgeld einzuführen war seinerzeit eine durchaus richtige und wichtige Entscheidung der blau-schwarzen Koalition. Das war völlig in Ordnung, nur war es dazu gedacht, dass die Mütter die Möglichkeit haben sollen, länger bei ihren Kindern bleiben zu können. Diese ursprüng­liche Intention ist aber leider mit dieser Novelle verloren gegangen, denn auch wenn die Flexibilisierung jetzt sehr hoch gepriesen wird, sie zielt wieder darauf ab, die Frauen wieder möglichst schnell an den Arbeitsplatz zurückkehren lassen zu können. Die echte Wahlfreiheit ist damit nicht mehr gegeben.

Es ist also aus meiner Sicht keine Glanzleistung, und nach den monatelangen öffentlichen Diskussionen muss man am Ende feststellen, dass ein Elefant gekreißt hat, aber ein Mäuslein geboren worden ist. Denn die Verbesserungen, die ange­sprochen worden sind, sind eher formalrechtlicher Natur. Die Kurzleistungen sind nämlich in Wahrheit keine Erhöhung, keine Verbesserung, die Kurzleistungen sind gegenüber der alten Regelung ein Verlustgeschäft.

Nimmt man die Einser-Variante der 455 Tage, wo man die 26,60 € pro Tag bekommt, bedeutet das immerhin einen Verlust von 1 133 €, bei der zweiten Variante sind es immerhin noch 590,43 €, und wenn man den Bezug von Wochengeld noch dazu­rechnet, dann erhöht sich der Verlust auch dementsprechend.

Auch die Anhebung der Zuverdienstgrenze klingt bestechend, das hört sich gut an. Es ist aber in Wirklichkeit nicht einmal die Abgeltung der Inflation seit 2002 und auch nicht der Preissteigerung, und in der Zwischenzeit, seit 2002, sind alle möglichen Dinge teurer geworden. Wien war da besonders betroffen: mit Abwassergebühren, Müll­abfuhr, Strom und Gas sind teurer geworden, die Mehrwertsteuer darauf ist teurer geworden, die Durchleitung ist teurer geworden. Es ist für die Familien vieles teurer geworden, ohne dass das Kinderbetreuungsgeld seit dem Jahr 2002 angehoben worden ist.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 36

Das Einzige, was seit 2002 angehoben wurde, wenn auch nur geringfügig, war der Zuschuss. Das heißt, wenn man der Berechnung der Wirtschaftskammer Glauben schenken darf – und das tue ich –, betragen die Inflation und die Preissteigerung zusammen bis 2008 13 Prozent, und die Erhöhung der Zuverdienstgrenze beträgt knapp 11 Prozent. Also: Hier kann man wirklich nicht von einer Erhöhung sprechen!

Das zeigt uns aber auch, dass es dringend nötig wäre, die Familienleistungen einer jährlichen Anpassung zu unterziehen, damit die Familien nicht derartige Verluste erleiden – denn es geht schon auch ums Geld, das darf man dabei nie vergessen.

Eine zweite Sache ist die Schnelligkeit, mit der nach der Geburt eines Kindes eine Entscheidung getroffen werden muss, in welches Modell man jetzt gehen möchte. Im Schnitt hat man dazu 14 Tage Zeit, bis alles geregelt ist, und dann muss man sagen: Ich möchte die erste Variante, die zweite, die dritte Variante. – Das ist ein zu kurzer Zeitraum! Wenn man ein Kind bekommt, dauert es einige Zeit, bis man sich auf die geänderten Lebensumstände einstellt, bis man sich umgestellt hat, auch wenn man es theoretisch vorher weiß. In dem Fall liegen zwischen Theorie und Praxis manchmal Welten.

Das muss man berücksichtigen. Daher wäre es ein Vorschlag der FPÖ gewesen, eine Phase von sechs Monaten vorzusehen, wo man das ursprüngliche Geld ausbezahlt, und dann kann man sich entscheiden, welche Varianten für die Familie gut sind.

Sie haben bei dieser Novelle natürlich leider auch die Möglichkeit ausgelassen, einige Verbesserungen – nämlich wirkliche Verbesserungen – mit einzuführen. Wir haben immer noch die Frage des Kündigungsschutzes, die nicht geklärt ist, die dringend geklärt werden sollte, weil es den Frauen helfen würde. Die Zuverdienstgrenze wollte die FPÖ nie. Ich halte sie auch nach wie vor für unsinnig. Auch eine Studie im Auftrag der Arbeiterkammer ist zu dem Schluss gekommen, dass die Zuverdienstgrenze problematisch ist, vor allem dann, wenn Väter in Karenz gehen sollen. Für die ist es noch problematischer als für die Frauen. Und wenn man jetzt will, dass auch Väter in Karenz gehen, müsste man bei der Zuverdienstgrenze wirklich an der Schraube drehen, und weg damit! – Abgesehen davon, dass Sie da einen Verwaltungsaufwand produzieren, der ja sonst eigentlich immer reduziert werden soll.

Wir haben ja jetzt das Problem gesehen, dass von den Familien das Geld zurück­gefordert werden soll. Sie haben da einige Familien ganz sicher in finanzielle Nöte gestürzt. Zu sagen: Das kann man ohnehin in Raten zahlen!, klingt zwar gut, kann aber für eine junge Familie wirklich ein existenzielles Problem sein. Wir wissen, dass Kinder zu bekommen in Österreich nach wie vor ein Armutsrisiko bedeutet. Ab zwei Kindern fällt man schon unter das, was man normalerweise durchschnittlichen Wohlstand nennt, und mit jedem Kind mehr rutscht man natürlich noch tiefer hinunter – jede Statistik beweist das! –, und das wollen wir nicht.

Wir wollen ja, dass wir uns Kinder auch leisten können, wiewohl ich es auch so sehe wie meine Vorrednerin: Wir müssen auch Mut zu Kindern machen, auch Lust auf Kinder machen. Ich habe es an dieser Stelle schon öfter gesagt. Man soll nicht immer so tun, als ob Kinder eine Krankheit wären, mit der man irgendwie zurechtkommen muss, sondern dass sie zwar manchmal wirklich mühsam sein können – das wissen alle, die Kinder haben –, aber in Summe eine große Bereicherung und eine große Freude für uns alle sind.

Wir haben ja auch im Nationalrat einen Antrag eingebracht, nachdem die ÖVP nach dem Kinderbetreuungsgeld jetzt auch das Familiensplitting für sich entdeckt hat, das die FPÖ ja schon seit Jahren propagiert. Wir werden sehen, was da die Regierung machen wird. Es gibt eine Perspektivengruppe der ÖVP, die das durchaus befürwortet. Das wäre eine steuerlich wirklich gute Sache für Familien, wenn man hergeht und sagt:


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Man nimmt das Gesamteinkommen und schaut sich an, wie viele Leute davon leben müssen, und besteuert die Leute nicht so, als ob sie keine Kinder hätten.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Zuschuss. Der Zuschuss ist zwar jetzt in der Bemessung ordentlich erhöht worden, das stimmt, was aber daran schlecht ist, ist die Bezeichnung. Man kann glauben, es ist ein Zuschuss, weil man zu wenig Geld hat. In Wirklichkeit handelt es sich ja dabei um einen zinsenlosen Kredit, der ja auch wieder rückzahlbar ist, und man sollte das Kind auch beim Namen nennen. Man soll sagen, der heißt Familienkredit, und damit ist auch klar, dass das wieder zurückbezahlt werden muss – irgendwann, in irgendeiner Form. Aber unter Zuschuss versteht man normalerweise eine Leistung, die man nicht mehr zurückzahlen muss.

Die Gefahr, dass dann Familien unwissentlich – denn so genau schauen sich die Leute die Sache nicht an – wieder in Not geraten, muss gerade bei einer Partei wie der ÖVP, die sich ja Familienpartei nennt, nun wirklich nicht sein. Da Sie von der ÖVP die Ministerin stellen, appelliere ich auch an Sie: Nennen Sie das Kind beim Namen und sagen Sie, was es wirklich ist.

Insgesamt muss man – und da sind wir uns ja, glaube ich, alle einig – die Familien ideell unterstützen, aber man muss sie auch finanziell unterstützen. Ich meine aller­dings, dass das aufgrund dessen, was ich schon kritisiert habe, mit dieser Novelle nicht passiert, daher werde ich dieser Novelle nicht zustimmen.

10.47


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Hladny. – Bitte.

 


10.47.40

Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Mit der Neuregelung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes wird eine wesentliche Verbesserung bezüglich der Wahlmöglichkeit für Mütter und Väter erzielt. Diese Verbesserung für Familien in unse­rem Land soll mit 1. Jänner 2008 in Kraft treten und die Möglichkeit bieten, Familie und Beruf besser in Einklang zu bringen.

Ein wichtiger Hinweis ist, dass beim Kinderbetreuungsgeld von einer Größenordnung von 920 Millionen € die Rede ist. Es wäre schön, hätten wir mehr finanzielle Mittel zur Verfügung, aber der Familienlastenausgleichsfonds, der von der vorhergehenden Regierung völlig leer übergeben wurde, lässt weitere Möglichkeiten derzeit nicht zu.

Gerade AlleinerzieherInnen brauchen flexible Wahlmöglichkeiten, und die Punkte leist­bare Kinderbetreuungsangebote und familiengerechte Arbeitszeiten müssen dabei eine Rolle spielen. Es bleibt zu hoffen, dass die vom Bund vorgesehenen Mittel für Kinderbetreuungseinrichtungen und Tagesmütter auch für die Gemeinden reichen, damit auch im ländlichen Raum eine tatsächliche Wahlmöglichkeit gegeben ist.

Im Großen und Ganzen kann man aber sagen, dass mit dem neuen Kinderbetreuungs­geldgesetz und dem Karenzgeldgesetz ein gutes Angebot für die Familien, besonders aber für die Frauen in Österreich vorliegt. (Beifall bei der SPÖ.)

10.49


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


10.50.01

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kollegin Gansterer, Ihre Kritik und Ihren Vorschlag einer Veränderung finde ich sehr richtig. Wenn die ÖVP bereit ist – nachdem die beiden zuständigen Ministerinnen für diesen Entwurf sehr lange Zeit benötigt


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haben, aus verschiedenen Gründen – und einen Antrag einbringt, einen Einspruch zu erheben, damit man genau das einarbeiten kann, was Frau Kollegin Gansterer hier kritisiert hat, werden wir diesen gerne unterstützen. Dazu bestünde in dieser Sitzung die Möglichkeit. Dann könnte man das, was Frau Kollegin Gansterer zu Recht gesagt hat, auch einbauen.

Frau Bundesministerin, Sie sind zuständig für Familienpolitik. Ich halte die Familien­politik für ein Schlüsselelement für die Gleichstellung von Mann und Frau. Es können nicht nur die Appelle sein, die wir an Unternehmen richten oder allgemein an die Gesellschaft richten, sondern die Gleichstellung von Mann und Frau fängt im Bereich der Familienpolitik an. Und in dieser Familienpolitik vermisse ich bei der heutigen Vorlage vieles.

Wir stehen vor der Situation, dass – und das zeigen die jüngsten Untersuchungen – erstens das durchschnittliche Alter einer erstgebärenden Mutter mittlerweile in die dreißiger Jahre hinaufgeht und dass wir zweitens 1,4 Kinder pro Frau haben. Man stelle sich nur vor, die Politik der FPÖ und des BZÖ hätte in den letzten zehn Jahren gegriffen, dann wären wir bei unter einem Kind pro Frau, denn es macht natürlich die Einwanderung und Zuwanderung nach Österreich aus, dass wir überhaupt bei 1,4 liegen. Wir wären nämlich unter einem Kind pro Frau heute, und wir wären nicht bei durchschnittlich 31 Jahren beim ersten Kind, sondern bei 35 Jahren. Und wie wir in der jüngsten 10-Jahres-Berechnung gesehen haben, verändert sich das in keiner Weise, außer dass in zehn Jahren das Alter der Frau beim ersten Kind von 31 auf 33 Jahre hinaufgeht und dass der Wert von 1,4 Kindern pro Frau auf 1,5 steigen wird.

Nun haben wir hier ein Kinderbetreuungsgeldgesetz, das auf diesen Umstand nicht Rücksicht nimmt, nämlich dass die Frauen mit ihrem ersten Kind in den Dreißigern sind, das heißt im Alter der besten Berufstätigkeit, nach abgeschlossener Ausbildung und nach Absolvierung der ersten großen Karriere – und mit diesem Gesetz schränken wir das mit Zuverdienstgrenzen ein. Ich halte das im Sinne einer modernen, berufs­tätigen, unternehmerisch tätigen Frau wirklich für katastrophal.

Der nächste Punkt: Eine ÖVP-Abgeordnete aus der Steiermark hat 15 Jahre lang, glaube ich, im Hohen Haus dafür gekämpft, dass Gesetzestexte lesbar sind, dass sie für die Menschen verständlich sind. Meiner Nachrednerin, der Frau Bürgermeisterin Sissy Roth-Halvax, würde ich folgende Aufgabenstellung gerne mit auf den Weg geben: Sie möge mir als junger werdender Vater, den ich jetzt einmal hypothetisch annehme ... (Heiterkeit.) – Ich nehme das hypothetisch an! Mein Sohn ist gerade ausgezogen. – Also: Ich gehe zu meiner Bürgermeisterin und frage sie: Liebe Frau Bürgermeisterin, können Sie mir sagen, was ich dazuverdienen darf?

Nun darf ich Ihnen vorlesen, was dazu im Gesetz steht – ich kann es ganz langsam lesen, es wird aber nicht besser –:

„Die während des Kindergeldbezuges verdienten Bruttoeinkünfte ohne Sonderzahlun­gen werden um die gesetzlichen Abzüge ... reduziert. Die so ermittelte Lohnsteuer­bemessungsgrundlage wird durch die Anzahl der Monate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes dividiert und mit 12 multipliziert, um einen Jahresbetrag zu erhalten. Davon werden die Werbungskosten ... in Abzug gebracht. Danach wird dieser Betrag um 30 Prozent erhöht, um das 13. und 14. Monatsgehalt sowie die Sozialversicherungsbeiträge pauschal zu berücksichtigen.“

So, und jetzt erzählen Sie mir dann als Frau Bürgermeisterin, wie viel ich jetzt dazu­verdienen darf. Ich bin schon sehr froh, Frau Bundesministerin, dass es zu einer Flexibilisierung gekommen ist, dass es zu einer dritten Möglichkeit gekommen ist – aber können wir das nicht alles viel einfacher machen? Frau Bundesministerin, bei Ihnen läuft man Gefahr, wenn man sich ein bisschen verrechnet, dass man dann vom


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Staatsanwalt verfolgt wird und das vielleicht zurückzahlen muss, wie das ja in vielen Fällen passiert ist. Also da würde ich schon eher den Steuerberater vorziehen, der das dann sicherer ausrechnet und der auch eine Versicherung hat für den Fall, dass er falsch gerechnet hat, denn in diese Falle möchte ich lieber nicht hineinlaufen.

Meine Damen und Herren! Wenn die Familienpolitik Schlüssel für die Gleichstellung ist, dann hätte heute dieses Gesetz anders ausgesehen, nämlich zeitgemäß. Und es geht nicht anders, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, es nützen die Sonntags­reden nichts! Wir haben nur 3 Prozent Vaterkarenz, und es wird für die Frauen nicht besser! Die Frauen sind bei dieser ungerechten Lastenverteilung zunehmend nicht mehr bereit, die Frage der Kinderbetreuung und auch des Verzichtes auf Karriere allein auf sich zu nehmen. Das funktioniert nicht ohne eine verpflichtende Regelung!

Wenn Kollege Mitterer meint, seine Partei hätte die soziale Wärme hier erfunden: Ich habe mir die im Nationalrat dazu gehaltenen Reden durchgelesen, und da muss ich sagen: Wie verräterisch sind Worte, wenn der Parteiobmann von Herrn Mitterer von einem Müttergehalt spricht? Ein Müttergehalt fordert das BZÖ! – Bitte, was wollen wir denn? Wollen wir ein Müttergehalt? Ist das wirklich der Geist, der dahintersteht? Wollen wir den Frauen mit einem Müttergehalt Lust auf ein Kind machen, wenn sie dreißig sind?

Aber ich stimme Frau Kollegin Mühlwerth zu: Kinder sind keine Krankheit, sie sind etwas wahnsinnig Schönes. Aber Kinderbetreuung, Frau Kollegin, ist nicht gottgewollt Frauenaufgabe. Und diese nicht gottgewollte alleinige Frauenbelastung hätte man in einem modernen und zeitgemäßen Gesetz mit einem leichten Druck ... (Bundesrätin Zwazl: ...! Das kann man mit Gesetzen nicht regeln, die Machos!) – Liebe Frau Präsidentin Zwazl, dieses Wort aus Ihrem Munde ehrt Sie! (Heiterkeit.) Es zeigt auch, wie wichtig es ist, dass eine Präsidentin der Wirtschaftskammer weiblich ist und vielleicht hier auch neue ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Zwei!) – Ah ja, zwei, Entschul­digung, ich habe Wien vergessen. (Bundesrätin Zwazl: Wir sind am aufsteigenden Ast!) Sie sind am aufsteigenden Ast, das ist gut, es tut sich was. Aber trotzdem, dann wundere ich mich, wenn es so starke Präsidentinnen gibt, dass Sie hier nicht mehr die Notwendigkeit von kleinen regulierenden Schritten sehen.

Wenn Sie sagen, wir wollen die Machos eindämmen, dann können Sie das nur, wenn Sie diese unsinnigen Zuverdienstgrenzen wegbringen. Warum soll jemand mit einer Top-Ausbildung, wenn er etwas dazuverdient neben der Kinderbetreuung – eine An­wältin, eine Ärztin oder was auch immer –, einfach mehr verdient, dann in dieser Falle sein? Und warum schaut es in Ländern im skandinavischen Raum, aber auch in Frankreich in diesem Bereich ganz anders aus? Weil man da liberaler, frauen- und insgesamt familienfreundlicher ist und es tatsächlich zu einer Form einer geteilten Aufgabe kommt. Aber dann muss man im Gesetz ... (Bundesrätin Zwazl: Der Macho fängt an beim Windelwechseln, beim Staubsaugen!) Nein, die Machos werden Sie, liebe Frau Präsidentin, nicht mit Ihren Reden loswerden! Sie müssen Leinen erfinden für die Machos. Darf ich Ihnen als Mann sagen: Machos brauchen Leinen, und diese Leinen müssen Sie in das Gesetz hineinschreiben. (Heiterkeit bei Grünen und SPÖ.) Und wenn die im Gesetz fehlen, dann finden sie nicht zu diesen Leinen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

10.59


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Roth-Halvax. – Bitte.

 


10.59.20

Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsi­dent! Frau Ministerin! Liebe KollegInnen des Bundesrates! Ich rede so gerne nach dir,


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Kollege Schennach, das ist wunderbar, denn da hat man einen wunderbaren Einstieg. (Bundesrat Schennach: Ich weiß! Ich freue mich auch immer, wenn du nach mir kommst!) Aber gerne!

Gleichstellung von Mann und Frau: das wirklich aktuelle Thema. Für mich beginnt Gleichstellung von Mann und Frau zu Hause, in der Familie. Die Einteilung der Arbeit zwischen Mann und Frau beginnt ja schon bei den Müttern, denn die Mütter erziehen die Männer, die Partner von morgen. Und da muss man einmal ehrlich sagen, dass schon bei den Müttern große Fehler passieren in Bezug darauf, welche Stellung der Sohn in der Familie hat, ob er dieselbe Arbeit wie die Tochter verrichten muss, ob er zur Hausarbeit genauso herangezogen wird wie die Tochter.

Wir müssen zuerst in unseren Familien die Gleichstellung fertigbringen. Diese Denk­weise lässt sich doch bitte nicht per Gesetz vorschreiben! Das ist doch unsere persönliche Arbeit! (Beifall bei der ÖVP.)

Du, Kollege Schennach, hast auch Probleme mit dem Gesetzestext der Berechnung. Ich bin zwar nicht deine Bürgermeisterin, du bist nicht mein Gemeindebürger, aber ich lade dich ein: Du kannst jederzeit zu mir kommen, ich werde dir das sehr gerne erklären, denn für mich ist das sonnenklar. Ich war jahrelang im Personalwesen, und Lohn- und Gehaltsverrechnung ist natürlich ein schwieriger, ein komplexer Bereich, der nicht einfach zu erklären ist. Für mich ist es absolut logisch, dass die Lohnsteuer­bemessungsgrundlage durch die Anzahl der Monate zu dividieren ist und dann mit 12 zu multiplizieren ist. Das ist absolut logisch! Wir sind des Lesens mächtig, wir gehen in hervorragende Schulen, und wenn du dir das langsam und bewusst durchliest, dann kommst du darauf. Aber wie gesagt, lieber Kollege Schennach, ich stehe dir Tag und Nacht zur Verfügung, wenn du eine Berechnung brauchst. (Ah-Rufe und Heiterkeit bei SPÖ und Grünen. – Beifall bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Schennach: Ich verlege meinen Wohnsitz! – Neuerliche Heiterkeit.) Ja, gern. Aber es muss der Haupt­wohnsitz sein, sonst bekomme ich keine Ertragsanteile, das weißt du eh. (Bun­desrat Schennach: Wegen der Förderung, ja!)

Das Kinderbetreuungsgeld war meiner Überzeugung nach schon bei seiner Einführung vor fünf Jahren eine große Errungenschaft für die Familien und ein Erfolgsmodell. Und ich denke, dass mit dieser Novellierung noch wesentlich weitreichendere Erleichterun­gen für die Väter, für die Mütter, für die Kinder hinzukommen. Ich sehe es auch nicht, wenn behauptet wird, dass ... – Jetzt will ich ihm etwas erzählen, jetzt tratscht er. (Bundesrat Schennach: Entschuldigung!) Du wirst es nie verstehen, wenn du nicht zuhörst! (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Schennach: Eva Konrad hat zu mir gesagt, ich verliere mein Mandat, wenn ich nach Niederösterreich ziehe!) Ja, das ist ein Problem – oder vielleicht auch nicht. Dann haben wir nicht mehr so ein schönes Match hier.

Meiner Ansicht nach sind in dieser Novellierung des Gesetzes drei wesentliche Punkte beinhaltet. Erstens: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dass es den Vätern und Müttern erleichtert wird, eine Entscheidung zu treffen. Meines Erachtens werden schon die Väter motiviert und animiert, sich zur Kinderbetreuung aufzuraffen, denn die Zuverdienstgrenze beispielsweise wurde von 14 600 auf 16 200 € angehoben. Wenn man diese Zuverdienstgrenze komplett fallen lassen würde, dann frage ich Sie, warum Sie glauben, dass die Männer dann ihr Verhalten ändern müssten. Das wäre ja dann nicht notwendig, logisch durchgedacht. Wenn es keine Zuverdienstgrenze gibt, könnten die Männer weiterhin in vollem Umfang berufstätig sein und das Geld beziehen. Wo wäre dann eine Veränderung des Verhaltens gegeben? Das sehe ich nicht.


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Außerdem: Wir haben nicht nur die Interessen der Väter und der Mütter, sondern auch die der Kinder zu vertreten. Wo ist dann die Garantie gegeben, dass sich der Vater oder die Mutter, die jetzt voll berufstätig sein kann, auch dem Kind widmet? Und, bitte, das ist auch ein wesentlicher Punkt: Es geht nicht nur um den Vater und die Mutter, es geht auch um das Kind. Und wenn die volle Berufstätigkeit ausgeübt wird, wo ist dann die Zeit, die ich dem Kind widme? – Aus meiner Sicht ist die Zuverdienstgrenze sehr wohl ein wesentliches Steuerungselement und ist es absolut richtig, dass diese Zuver­dienstgrenze nicht aufgehoben wird.

Abgesehen davon sind wir ja auch verpflichtet, uns in einem gewissen wirtschaftlichen Rahmen zu bewegen, und wir wissen alle aufgrund der Situation des FLAF, dass wir nicht mehr als 300 Millionen per anno aufwenden können. Also für mich ist das kein Punkt, wo die Väter schlechter aussteigen.

Die Staffelung 30 plus 6, 20 und 4: Ich finde es gar nicht notwendig, jetzt darauf einzugehen, wer was herausverhandelt. 20 und 4 ist meines Wissens das Ergebnis der Frau Ministerin. Ich denke, eine größere Flexibilisierung, Auswahlmöglichkeit, als sie hier gegeben ist, kann man doch nicht mehr bieten zur Hilfe der Eltern. Die Schlecht­rederei dieses Gesetzes aus parteipolitischen Gründen ist aus meiner Sicht be­schämend. Ich bin stolz, sagen zu können, ich lebe in einem familien- und kinder­freundlichen Land! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

Wir haben bei der Berechnung der Überschreitung der Rückzahlung gesehen, dass nur ein kleiner Teil, nämlich ein Fünftel, auf das Kindergeld bezogen war und der Großteil, nämlich vier Fünftel, von dem Zuschuss herrührt. Die logische Konsequenz aus dieser Evaluierung war, dass die Zuverdienstgrenze für den Zuschuss für die Alleinerzieherin von 5 200 auf 16 200 € angehoben wird, das heißt, sie ist nun dreimal so hoch, und er kann auch bis zum 30. Monat ausbezahlt werden. Ich sehe in der Novellierung dieses Gesetzes keine Schlechterstellung für die Alleinerziehenden. Ich meine, dass ihre Chancen genauso groß sind.

Ich sehe in der Einführung der Arbeitszeitgrenzen, die die Arbeiterkammer und der ÖGB gefordert haben, insofern ein Problem, als diese Einführung eine Zweiklas­sen­gesellschaft herbeiführen würde und die Einhaltung schlecht überprüfbar wäre. Ich sehe darin keinen Vorteil.

Ich habe auch kein Problem damit, dass wir über dieses Gesetz sehr lange und in der Öffentlichkeit diskutiert haben, denn damit beweisen wir, wie wichtig uns dieses Thema ist, welchen Stellenwert es hat. Dass in einer Demokratie die handelnden Personen auf einen Nenner kommen müssen, miteinander Ergebnisse erzielen müssen, das finde ich positiv, und auch die lange Dauer ist für mich kein Grund zu jammern.

Wir haben jetzt ein Gesetz, wo die Mütter und Väter sich aussuchen können, wie lange sie arbeiten gehen, wie lange sie zu Hause bleiben. Das heißt, es ist notwendig, Kinderbetreuungsplätze zu schaffen. Und das ist ein Punkt, der mich immer schon bei dieser Jammerei geärgert hat. Kinderbetreuungsplätze zu schaffen ist Aufgabe der Gemeinde, dafür ist die Gemeinde zuständig. Man könnte jetzt ätzend sagen, es gibt so viele männliche Bürgermeister, denen das möglicherweise nicht so wichtig ist wie einer Bürgermeisterin. Aber es ist Sache der Gemeinden, anzufordern und zu planen. Früher wurde diese Maßnahme in Niederösterreich mit 20 Prozent vom Land gefördert. Ich kann den anderen Bundesländern nur das Beispiel Niederösterreichs voranstellen: Wir haben sehr rasch mit einem neuen Kindergeldgesetz darauf reagiert und haben jetzt die Betreuung der Zweieinhalbjährigen im Gesetz verankert. Ich darf Ihnen sagen, bei mir gibt es das über Ansuchen schon seit drei Jahren. Und wir haben auch die Förderungen wesentlich erhöht: Waren es früher 20 Prozent, sind es mittlerweile 50 Prozent für die Sockelhilfe. Es gibt einen Zinszuschuss je nach Finanzkraft der


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Gemeinde. Das heißt, man kann bis zu 72 Prozent an Förderungen für die erforder­lichen Ausgaben erhalten. Weil es für manche Gemeinde nicht möglich ist, sofort und rasch zu reagieren, wird auch der Ankauf von mobilen Kindergärten unterstützt und gefördert, die notwendigen Mittel dafür zur Verfügung gestellt.

Ich kann Ihnen allen nur raten – wir sind ja die Ländervertreter –, in Ihren Ländern Druck zu machen, dass Ihre Bundesländer genauso rasch reagieren wie das Bundes­land Niederösterreich, die Gemeinden in die Verantwortung zu nehmen und mit Ihren Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen zu sprechen, dass man das so macht und durchzieht, wie das eben in Niederösterreich der Fall ist.

Ich möchte als Frau und Mutter noch eines sagen: Ich habe zwei Kinder geboren. Ich war mit diesen zwei Kindern zusammenhängend 14 Monate in Karenz. Das heißt, ich war immer neben meinen Kindern berufstätig und habe meine Arbeitszeit den Bedürf­nissen meiner Kinder angepasst. Ich möchte nebenbei erwähnen, dass laut einer letzten Studie 80 Prozent der Mütter, die Teilzeit berufstätig sind, das auch wollen. Sie wollen sich ihren Kindern genügend widmen können. Wie gesagt, ich war immer eine berufstätige Mutter. Ich bin nicht mit einem goldenen Löffel auf die Welt gekommen, ich wollte oder musste immer nebenbei berufstätig sein. Und ich möchte keinen Tag der Zeit, die ich mir für meine Kinder genommen habe, missen, und es war mir das wert, weniger verdient zu haben. All die Zeit, manchmal auch die Mühe, die ich in meine Kinder investiert habe, bekomme ich heute zurück. Ich bin sehr, sehr froh, dass ich sie habe. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

11.09


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. –Bitte.

 


11.09.28

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Frau Bürgermeisterin Roth-Halvax, du hast vorhin erwähnt, es wäre eine Ungleichbehandlung, wenn es keine Zuverdienstgrenze geben würde. Die Männer könnten sich dann ersparen, ihre Arbeitszeit einzuschränken, und das Kinderbetreuungsgeld nebenbei empfangen.

Du hast die mögliche Alternative selbst erwähnt. Die Alternative zu einer Zuverdienst­grenze wäre unserer Meinung nach – nicht nur nach Meinung der AK – eine Beschrän­kung der Arbeitszeit in diesem Fall und nicht eine Beschränkung des Geldes. Denn: Es gibt sicher auch Männer, die mit 30- oder 40-Stunden-Anstellung die Zuverdienst­grenze nicht erreichen, und die könnten dann auch das Kindergeld nebenbei in diesem halben Jahr miteinwirtschaften. Also, ganz so sehe ich das nicht.

Leider ist es ja nicht so, dass jede Arbeitsstunde gleich viel Geld wert ist, und leider ist es so – und daran wird auch dieses Gesetz nichts ändern –, dass Männer üblicher­weise mehr verdienen. In diesem Fall wäre es einfach günstiger, wenn man dieses halbe Jahr Kindergeld, das man nur dann bekommt, wenn Männer zusätzlich zu Hause bleiben, an die Arbeitszeitreduzierung binden würde und nicht an eine Zuverdienst­grenze in Geldform.

Einen kleinen weiteren Widerspruch, der in mir hochgekommen ist, möchte ich erheben gegen deine Aussage, dass Österreich ein besonders familien- und kinder­freundliches Land ist. Es gibt ja die neuesten Statistiken – erst gestern habe ich es wieder im Radio gehört –, wie es damit bestellt ist, wie viele Frauen künftig Kinder bekommen werden beziehungsweise wie hoch die Geburtenrate sein wird. Ich denke, das liegt schon auch daran, dass an der Kinderfreundlichkeit in diesem Land sehr wohl noch zu arbeiten ist. Möglicherweise kann man da vieles nicht per Gesetz bestimmen –


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da gebe ich dir schon recht –, denn möglicherweise hängt da sehr vieles mit der Einstellung der Menschen zu Kindern und Jugendlichen insgesamt zusammen, aber ich meine, angesichts der statistischen Zahlen zu sagen, dass Österreich ein ach so familien- und kinderfreundliches Land ist, ist doch etwas übertrieben. (Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax.)

Es geht jetzt nicht um das Geld und nicht um die Förderungen, darum geht es nicht; das hast du selbst vorhin erwähnt. Ob ein Land kinderfreundlich ist, hängt ja nicht nur davon ab, ob es Förderungen gibt, sondern auch davon, wie die Einstellung zu Kindern und Familien im Land ist, und die ist offenbar nicht überall so toll und so übertrieben positiv, denn sonst hätten wir wahrscheinlich höhere Geburtenraten – wenn es so lustig und so schön wäre und immer nur positiv!

Dritter Punkt, der mir in deiner Rede noch aufgefallen ist: Du sagtest, Kinderbetreuung sei eine Sache der Gemeinden. Damit hast du schon recht. Gemeinden sollten sich viel mehr dafür engagieren. Wenn man sich aber die Gemeindebudgets anschaut, dann sieht man, dass das für viele Gemeinden sehr schwer ist. Und ich finde es traurig, dass es von den Budgets der Gemeinden abhängt, die oft sehr unter Druck sind – wir alle wissen, dass Gemeinden meistens zu wenig Geld zum Investieren haben –, ob es in einer Gemeinde eine gute oder schlechte Kinderbetreuung gibt. Das finde ich sehr schade. (Beifall bei den Grünen.)

11.12


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Tiefnig. – Bitte.

 


11.12.41

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Familienpolitik ist und wird für die ÖVP ein Zukunftsthema bleiben. Kinderbetreuungsgeld gibt es schon seit fünf Jahren, wie es auch meine Vorredner schon gesagt haben. Es haben Väter und Mütter das Recht, dieses in Anspruch zu nehmen, und zwar beginnend von der Schülerin bis hin zur Hausfrau, ob unselbständige Berufstätige, Unternehmerinnen, aber auch Bäuerinnen.

Vielleicht erinnern sich einige von Ihnen noch daran, dass die Frage, wer Kinder­betreuungsgeld beziehen sollte, vor fünf Jahren nicht unumstritten war. Es hat sich seither die Zahl der Bezieherinnen von zirka 78 000 auf 170 000 erhöht. Es ist ein posi­tiver Effekt, dass nun viel mehr Personen auf diesen Topf zugreifen können. Es wurden bei der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes wichtige Rahmenbedingungen ge­schaffen, aber wir wissen genau, dass sich die Familienpolitik und auch der Arbeits­markt stetig ändern. Daher ist es eine politische Aufgabe, die Rahmenbedingungen dem anzupassen, und somit wurde es notwendig, eine Novellierung dieses Gesetzes vorzunehmen.

Das Kinderbetreuungsgeld besteht weiterhin in Höhe von 463 € mit dem Bezugs­zeitraum von 36 Monaten, wenn der zweite Partner dieses sechs Monate in Anspruch nimmt. Mindestens sechs Monate muss der zweite Partner dieses in Anspruch nehmen. Ich glaube, das ist ein Anreiz für die Väter, die Kindererziehung miterleben zu können, denn es ist eine schöne Sache, bei der Kindererziehung dabei zu sein.

Damit ist auch die Wertigkeit der Kindererziehung gegeben, und es ist jedem selbst überlassen, welche Wertigkeit er der Familienarbeit und der Kindererziehung beimisst. Meiner Auffassung nach darf Geld nicht der Hauptfaktor sein, Kinder zu bekommen. Es kann ein positiver Begleitumstand sein, aber niemals der Hauptgrund. Es ist ein wichtiger Punkt, die Möglichkeit zu haben, für 24 Monate 624 € in Anspruch zu nehmen oder für 18 Monate 800 €. Damit ist die Möglichkeit geschaffen worden – auch in finanzieller Hinsicht –, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren.


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Ein weiterer Schritt ist in dieser Koalition mit der Anhebung der Zuverdienstgrenze von 14 600 € auf jetzt 16 200 € gesetzt worden. Mit dieser Maßnahme ist die bisherige Obergrenze angehoben worden.

Die Übergangsregelung ist sicherlich auch ein erwähnenswerter Punkt. Es fallen auch Eltern von Kindern, die vor dem 1. Jänner 2008 geboren sind, unter die neue Bezugs­regelung. Also auch Eltern von Kindern, die im Jahr 2007 geboren sind, haben die Möglichkeit, das Kinderbetreuungsgeld nach der neuen Regelung in Anspruch zu nehmen.

Ein Novum ist die Einschleifregelung. Ich glaube, da sind Schritte gesetzt worden, wo man sieht, dass man aus der Vergangenheit gelernt hat. Es ist nämlich nur mehr jener Betrag zurückzuzahlen, der eine Überschreitung der Zuverdienstgrenze darstellt. Das gewährleistet, dass da keine Zwei-Klassen-Politik betrieben wird.

Die Frage der Kinder ist eine Frage der Zukunft und der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Ich glaube, das müssen sich alle einmal vor Augen halten. Bei manchen meiner Vorredner ist das nicht klar zum Ausdruck gekommen.

Ich möchte auch hervorheben, dass eine Benachteiligung von Alleinerzieherinnen oder Alleinerziehern nicht gegeben ist, weil das Kinderbetreuungsgeld bis zum 30. Lebens­monat des Kindes auch für alleinerziehende Elternteile beziehbar ist.

Die drei Themenschwerpunkte beim Kinderbetreuungsgeld sind: die Vereinbarung von Familie und Beruf; Setzung von Maßnahmen, um die Väter für die Kinderbetreuung zu gewinnen und zu animieren – das ist sicherlich ein ganz wichtiger Punkt dieser Novellierung –; die Schaffung von Möglichkeiten für Mütter und Väter, beim Aufwachs­en der Kinder dabei zu sein, bei den Kindern selbst die Erziehung zu übernehmen, etwas, was meiner Meinung nach bei den meisten Familien das Beste für das Kind ist.

Kinder sind ein Segen für uns und für die Gesellschaft. Daher ist es unsere Aufgabe, alles zu tun, um ihnen ein glückliches Aufwachsen zu ermöglichen. Sie werden es uns sicher danken.

Danken will ich auch unserer Frau Ministerin Kdolsky, die es gewesen ist, die, obwohl sie bei den Koalitionsverhandlungen nicht mit dabei war, an diesem Gesetz maß­geblich mitgewirkt und diese Verbesserungen herbeigeführt hat.

Ich möchte Ihnen, Frau Bundesministerin, noch einmal ganz herzlich danken. Wir sind sehr erfreut und stimmen dieser Novellierung begeistert zu. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.18


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky das Wort. – Bitte.

 


11.18.37

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem heutigen Beschluss zur Novelle des Kinder­betreuungsgeldgesetzes sorgen wir dafür, dass wir das Erfolgsmodell Kinderbetreu­ungs­geld – und es ist ein Erfolgsmodell! – weiter verbessern können. Es ist ein erster Schritt, und es ist ein Teil eines Paketes, das zu schaffen ist. Ich möchte allerdings eingangs eines klarstellen, und das ist mir als Bundesministerin von Österreich schon wichtig:

Auf der einen Seite habe ich als österreichische Bundesministerin österreichische Gesetze ernst zu nehmen und sie als solche auch anzunehmen und dafür zu sorgen, dass sie auch umgesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 45

Für mich ist die Schaffung von Bundesgesetzen keine Alibihandlung, um zu beweisen, dass ich arbeite. Entweder wir brauchen Gesetze – diese Gesetze müssen dann aber auch entsprechend eingehalten werden, das ist so mit dem zwischenmenschlichen Leben und den Gesetzen, und diese Gesetze müssen dann auch entsprechend geahn­det werden, wenn sie nicht eingehalten wurden –, oder wir brauchen keine Gesetze, und da gehe ich viel weniger weit als viele von Ihnen: Ich glaube, es braucht privat nicht zu viel Staat.

Man kann viele Dinge durch Gesetze nicht regeln. Man kann die freie Entscheidung in einer Partnerschaft: Wer macht was und wer tut was?, nicht regeln – außer Sie verlan­gen wieder jemanden, der Alibihandlungen setzt. Ich bin nur sehr gespannt, wie ich das – wie auch die Forderung nach 50/50 – in den einzelnen Haushalten dann um­setzen und überprüfen soll. Man könnte sich natürlich auch vorstellen, bei den Leuten anzuklopfen und zu fragen, wie viele Teller heute verwendet worden sind und wer wie viele Teller abgewaschen hat. Tatsache ist: Ich in meiner heutigen Position würde ununterbrochen gestraft werden, denn ich kann aufgrund eines 16-Stunden-Tages relativ wenig im Haushalt beitragen.

Aber ich glaube, dass das nicht Themen sind, die der Gesetzgebung obliegen, wie es auch nicht Thema in einer Partnerschaft sein kann, wer welche Position in dieser Partnerschaft einnimmt, denn viele Dinge sind etwas, das man sich selbst gibt. Zum Beispiel: Eigenverantwortung, ein ganz wesentlicher Punkt. Wir schreien in der letzten Zeit sehr schnell – vielleicht manchmal vorschnell! – nach Gesetzen und bejammern dann danach, dass diese Gesetze nicht kontrollierbar sind und auch nicht sanktioniert werden. Das halte ich für einen Humbug! (Beifall bei der ÖVP.)

Auf der anderen Seite ist es meine Aufgabe als Bundesministerin auch, kaufmännische Sorgfaltspflicht walten zu lassen. Auch wenn das manchmal nicht gerne gehört wird, Tatsache ist aber, dass ich mich als Ministerin – und ich habe auch privatwirt­schaftliche Erfahrung – nicht als diejenige sehe, die immer nur verspricht und mit vollen Händen aus dem Minus schöpft, um letztendlich genau jene – und damit komme ich zu unserem Thema – zu belasten, um die es heute geht, nämlich unsere Kinder, die die Zukunft unseres Landes sind und die ich durch das Hineingreifen in Bereiche, die nicht gefüllt sind, weiter belasten würde.

Ich habe also auch kaufmännische Sorgfaltspflicht walten zu lassen, und zwar auch beim Familienlastenausgleichsfonds; über dessen Zustand habe ich auch in diesem Gremium schon mehrmals berichtet. Jede zusätzliche massive Belastung dieses Familienlastenausgleichsfonds ist derzeit von meiner Seite nicht umsetzbar, ohne die Zukunft unseres Landes, nämlich unsere Kinder, dadurch zu belasten.

Ich glaube aber, wir müssen auf eine ganz andere Ebene gehen, und zwar auf die Ebene: Warum ist denn diese Novelle zum Kinderbetreuungsgeld so wesentlich für uns?

Ich habe in meiner Funktion als Jugendministerin Studien in Auftrag gegeben, zu erforschen, warum den jungen Menschen das Ja zur Familie so schwerfällt. Denn: Das ist doch der Punkt, wo wir ansetzen müssen! Und da geht es nun einmal in einem sehr hohen Prozentsatz bei den Mädchen darum, dass sie die Vereinbarkeit ihrer zukünf­tigen beruflichen Karriere mit der Familie gefährdet sehen. Daher glaube ich, dass wir in diesem Gesetz unter den vielen Teilaspekten vor allem auch dem Aspekt der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Rechnung zu tragen hatten. Denn: Es ist doch die Aufgabe von uns in der Politik, dass wir die Bedürfnisse der Bevölkerung in rechtliche Rahmenbedingungen, die budgetär machbar sind, bringen.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 46

Dieser Intention des Kinderbetreuungsgeldes, nämlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, haben wir durch die Flexibilisierung sehr wohl Rechnung getragen. Ich glaube, dass das ein wesentlicher Bestandteil ist.

Ich glaube auch – und da gebe ich der Bundesrätin Konrad recht –, dass wir verstärkt Väter in die Kinderbetreuung bringen sollten. Nur: Ich glaube, dass auch das sehr wohl etwas ist, das mit Appellen, mit Gesprächen und auch mit dem Herantreten an die Wirtschaft zu machen ist. Denn eines kann ich Ihnen schon auch sagen – und wir haben darüber in den letzten Monaten viele Gespräche geführt –: Wenn Männer Karrierestopps durch ihre Betriebe hinnehmen müssen, wenn sie ausfallen, dann ist es oft nicht das Geld, das sie an der Kinderbetreuung hindert, denn sie würden gerne dazu beitragen, sondern vielmehr die Nichtmöglichkeit eines nächsten Karriere­schrittes.

Ich glaube, dass wir da sehr stark und eng auch mit dem Wirtschafts- und Arbeits­minister zusammenarbeiten müssen, um die Betriebe in die Verantwortung zu nehmen, damit diese letztendlich auch familienfreundliche Betriebe werden. Und das geht natürlich schon auch über Appelle, Visionen und Gespräche, die wir uns zur Aufgabe machen sollten. (Bundesrat Schennach: Das gilt doch bei Frauen auch!) Ich glaube, dass es notwendig ist, letztendlich den Kindern vor allem das Aufwachsen gemeinsam mit ihren Vätern und Müttern zu ermöglichen, und das wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Die Zuverdienstgrenze ist ein Thema, das in den letzen Monaten viel diskutiert worden ist. Ich möchte dazu auch eine Zahl nennen, weil gesagt wurde, dass Überziehungen bei einem sehr hohen Prozentsatz der Bezieher stattgefunden haben. Wir haben derzeit in Österreich 160 000 Kinderbetreuungsgeldbezieher, und wir sind mit heutigem Stand – ich habe das von meinem Ministerium erheben lassen; wir konnten es nicht punktgenau ermitteln – bei einer Zahl von 1 500 Überzieherinnen und Überziehern. Daran ist ersichtlich, dass 158 500 Österreicherinnen und Österreicher sehr wohl ge­wusst haben, wie die gesetzliche Lage ist, und auch die rechnerischen und mathe­matischen Schwierigkeiten entsprechend meistern konnten und sich auch an die Gesetzeslage gehalten haben.

Es ist richtig, dass bei etwa einem Fünftel eine Überziehung des Kindergeldes statt­gefunden hat. Aber dazu möchte ich Ihnen schon sagen, dass es da Überschreitungen der Zuverdienstgrenze um 80 000 € und mehr gab, wo ich definitiv der Meinung bin, dass da der soziale Aspekt nicht unbedingt in den Vordergrund zu bringen ist.

Bei den restlichen vier Fünfteln, wo wir den sozialen Aspekt gesehen haben, und zwar bei der Situation betreffend den Zuschuss – und da bin ich der Bundesrätin Mühlwerth sehr dankbar, ich habe diese Sprachregelung nicht erfunden und bin gerne bereit, kreative Ansätze auch in die Sprachregelungen der Gesetze einzubringen –, haben wir etwas Phänomenales gemacht: Wir haben verdreifacht! Wir haben gesehen, dass genau diese Zuverdienstgrenze zu dem Zuschuss ein Problem für BezieherInnen gebracht hat, daher sind wir von 5 000 € auf 16 000 € hinaufgegangen und haben auch noch eine Vereinfachung gemacht, indem nun alle dieselbe Summe bei der Zuver­dienst­grenze haben.

Um da mathematische Hilfestellung zu geben, haben wir uns auch per Gesetz ver­pflichtet, einen Rechner ins Netz zu stellen, der dann vieles bei Fragestellungen auf der mathematischen Ebene vereinfachen wird. Wir arbeiten da eng mit der Arbeiter­kammer und der Gebietskrankenkasse zusammen. Ich denke, dass es da Lösungs­möglichkeiten geben wird. Die Verdreifachung der Zuverdienstgrenze zu diesem Zuschuss ist eine Reaktion der Politik auf Probleme, die sich ergeben, wenn die Bevölkerung mit Schwierigkeiten konfrontiert ist.


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Aber eines möchte ich auch sagen: Ich lasse es nicht an meinem Haus hängen, dass, wie gesagt worden ist, bei uns im Ministerium die Eiseskälte eingezogen ist. Wenn man das mir als Person vorwirft, dann muss ich als Person des öffentlichen Lebens damit leben, aber Tatsache ist: Wir sind in allen kritischen sozialen Fällen ent­sprechend der sozialen Struktur der Österreicherinnen und Österreicher vorgegangen, und zwar in Form von Ratenzahlung, Ganzverzicht, Stundung und Teilverzicht.

Wir mussten aber schon eines immer beachten: Gesetze sind auch dazu da, dass sie entsprechend eingehalten werden, sonst funktioniert unser Zusammenleben in diesem Staat nicht!

Ich glaube, dass wir auch sagen können, dass wir eine sehr großzügige Über­gangsregelung in der Form geschaffen haben, dass wir Eltern mit Kindern, wo die Schwangerschaft Ende des Jahres 2006 war, ermöglichen, dass sie im Jahr 2008 die flexible Lösung der Kurzvarianten, zumindest ein bis drei Monate, in Anspruch nehmen. Das ist eine, wie ich meine, sehr großzügige Einschleifregelung.

Wir haben aus den Diskussionen über die Rückforderungen auch gelernt, dass es gut und richtig ist, nur jene Summen zu fordern, die über die Zuverdienstgrenze hinaus bezogen worden sind. Wir haben reagiert, wie das unsere Aufgabe ist, und gemeinsam hier entsprechende Lösungen vorgestellt. Ich meine also, dass wir hier einige wesent­lichen Aspekte umgesetzt haben.

Man muss das natürlich im Zusammenhang sehen – erstmalig – mit einer Artikel-15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern zur Erhöhung der Anzahl der Kinderbetreuungsstellen, auch zu deren Finanzierung. Das ist notwendigerweise ein Staatsvertrag zwischen den Ländern und dem Bund, um hier auch auf die individuelle Situation der Länder einzugehen. Tagesmütter sind ein wesentlicher Faktor, dem hier nun auch entsprechend Rechnung getragen wird, um persönliche Betreuung für die Kinder und auch Wahlfreiheit für die Eltern zu schaffen.

Ich möchte aber Ihr Augenmerk auf ein Gesetz lenken, das auch bald in diesem Hohen Haus besprochen werden wird, in dem wir genau auf die finanzielle Situation der Mehr­kinderfamilien geachtet haben: 35 Millionen € im Jahr, die zusätzlich für Familien mit mehr Kindern ausgeschüttet werden.

Aber eines lassen Sie mich schon sagen: Wir können Finanzhilfen anbieten – innerhalb der Möglichkeiten, die ein Budget uns lässt –, wir können gesetzliche Regelungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie machen, wir können in der Regierung, in den Betriebsstätten gemeinsam dafür sorgen, dass familienfreundliche Betriebe ein wesent­licher Faktor sind, wir werden aber schon auch an alle appellieren müssen, dass jeder Einzelne von uns eine entsprechend familienfreundliche Atmosphäre schafft, die es ermöglicht, dass die jungen Menschen in einer nächsten Studie in möglicherweise fünf oder zehn Jahren ja zum Kind sagen. Und da geht es sehr oft auch darum, wie wir uns verhalten, wenn eine Frau mit einem Kinderwagen in eine Straßenbahn einsteigt: ob wir ihr helfen oder ob wir die Stirn runzeln, dass es zu einer Verzögerung der Abfahrt der Straßenbahn kommt.

Das, sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte, ist etwas, was ich nicht per Gesetz verordnen kann, das ist etwas, was wir leben müssen. Wir müssen Eigenverant­wortlichkeit und genau dieses Ja zum Kind leben. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

11.32


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 48

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

11.32.322. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (214 d.B. und 243 d.B. sowie 7771/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth. – Bitte.

11.32.52

 


Berichterstatterin Mag. Susanne Neuwirth: Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Ich bringe Ihnen den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebs­verfas­sung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zum Antrag:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Ok­tober 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kemperle. Ich erteile ihr das Wort.

 


11.33.46

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Werter Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Das Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden soll, ist ein Nachvollziehen einer Richtlinie aus dem Jahr 2005, diese ist also bereits zwei Jahre alt. Es ist die Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Ver­schmel­zung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, welche die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union erleichtern soll. Sie ist von Österreich bis spätestens 15. Dezember 2007, also relativ rasch, umzusetzen, es bleibt nur noch kurze Zeit für die Umsetzung.

Hier möchte ich besonders auf den Artikel 16 dieser Richtlinie eingehen, welcher zum überwiegenden Teil die Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Fall grenzüberschreitender Verschmelzungen regelt. Begrüßenswert ist dabei, dass – da das Arbeitsverfassungsgesetz in der derzeit geltenden Fassung kein Mitbestim­mungs­recht für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf grenzüberschreitender Ebene vorsieht – mit diesem Gesetz ein solches geschaffen wird.

Es geht in der Umsetzung dieses Gesetzes aber auch darum, ein „besonderes Ver­handlungsgremium“ zu schaffen, welches bei der Verteilung der Sitze in den diversen


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 49

Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsräten die Möglichkeit der Mitwirkung hat. Die Entsendung eines Vertreters oder einer Vertreterin in dieses besondere Verhandlungs­gremium kann dann erfolgen, wenn der österreichische Anteil 10 Prozent der Gesamt­anzahl aller Beschäftigten dieses Konzerns oder Betriebes beträgt. – So weit, so gut.

Dort, wo es eine Betriebsratskörperschaft gibt, wird dies weniger ein Problem sein; dort allerdings, wo keine Betriebsratskörperschaft besteht, oder aus Gründen, die immer wieder vorkommen, keine Betriebsratskörperschaft entstehen darf – hier möchte ich nur auf die damalige Situation bei „KiK“ hinweisen –, wird eine Vertretung zum Prob­lem.

Die EU hat da eine Vorgabe gemacht, die uns die Möglichkeit gegeben hätte – ich sage ausdrücklich: gegeben hätte!, weil der Fall ja nicht eingetreten ist –, hier eine ent­sprechende Regelung vorzusehen, und für den Fall, dass in keiner der in Österreich beteiligten oder betroffenen Gesellschaften eine Betriebsratskörperschaft existiert, eine Konstellation gefunden hätte, die zulässt, dass die Nominierung der österreichischen Mitglieder eines besonderen Verhandlungsgremiums entweder durch die Kammer oder durch den ÖGB erfolgt. – Doch leider!

Hier zeigt sich wieder einmal die restriktive Haltung des – unter Anführungszeichen – „Wirtschaftsministers“ – und hier liegt die Betonung ausdrücklich auf Wirtschaftsminis­ter Bartenstein –, der sich auf das fadenscheinigen Argument: Wenn es keinen Betriebsrat gibt, gibt es kein Mitbestimmungsrecht, und damit basta!, zurückzieht.

Alles in allem ist aber zu sagen, dass sich zumindest die europäischen Gremien, das Parlament und der Rat, in positivem Sinne der Erweiterung der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen annehmen, zu diesem Gesetz die Zustimmung gegeben wird, und zu hoffen ist, dass sich Minister Bartenstein darauf besinnt, dass er nicht nur Wirtschafts- sondern auch Arbeitsminister ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Breiner.)

11.38


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


11.38.04

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die von Frau Kollegin Kemperle bereits zitierte Regierungsvorlage befasst sich also mit erweiterten Mitbestimmungsrechten bei grenz­überschreitenden Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften.

Dabei wird aber festgeschrieben, dass grundsätzlich die Rechte des Mitgliedstaates, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, zur Anwendung gelangen. Das bedeutet also, dass bei einer verschmolzenen Gesellschaft, die ihren Sitz in Österreich hat, der unver­ändert gebliebene § 110 des Arbeitsverfassungsgesetzes zur Anwendung gelangt; § 110 stellt nämlich auf Betriebe ab, in denen ein Betriebsrat eingerichtet ist, und nur aus diesem Kreis werden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Aufsichtsrat entsandt.

In Österreich sind die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hoch entwickelt, und es ist erfreulich, dass es durch diese Vorlage zu keiner Nivellierung nach unten kommt. Ich glaube, wir dürfen auch mit Stolz anmerken, dass wir, was Arbeitnehmer-/Arbeitnehmerinnenrechte anlangt, europaweit sicher weit vorne liegen, weil die Mitwirkungsrechte bei uns klar normiert sind und das im restlichen EU-Raum nicht in dieser Größenordnung der Fall ist.

Diese Regelung fügt sich also in die bestehende Struktur der im Arbeitsverfassungs­gesetz geregelten Arbeitnehmer-/Arbeitnehmerinnenmitbestimmung ein, und ich darf


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 50

nochmals erwähnen: Es kommt zu keiner betrieblichen Schlechterstellung der Arbeit­nehmer.

Um nochmals auf Sie einzugehen, Frau Kollegin Kemperle, weil Sie hier – so wie Kollege Schennach im Ausschuss – von einem Systembruch gesprochen haben, wenn kein Betriebsrat installiert ist (Bundesrat Reisenberger: Das ist er aber!): Die Prob­lematik ist mir klar, aber dass man jetzt dem Wirtschaftsminister unterstellt, er sei kein Arbeitsminister, das ist vielleicht doch weit hergeholt, weil das eben auf der betrieb­lichen Ebene bleiben soll.

Da gab es auch keinen Konsens unter den Sozialpartnern, was diese Frage anlangt – es gab keinen Konsens, was diese Frage anlangt! –, dass man den Betriebsrat durch die Arbeiterkammer und durch die Gewerkschaft schlussendlich ersetzt. Das ist nicht vorgesehen bei uns im Arbeitsverfassungsgesetz, und da müssten wir uns bemühen, dass dies möglich ist. (Bundesrat Florianschütz und Bundesrätin Kemperle: Das stimmt ja nicht!) – Auf jeden Fall stimmt das, Frau Kollegin Kemperle.

Aber zurück zu den Arbeitnehmerrechten: Es erscheint mir wichtig und richtig, dass Betriebsrätinnen und Betriebsräte bei der Verschmelzung dieser Gesellschaft mitreden können und dass ihnen bei dem von den Vorständen zu erstellenden Bericht ein Stellungnahmerecht eingeräumt wird, bevor dieser dann der Gesellschaftsversamm­lung vorgelegt wird.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass mit der Umsetzung dieser Richtlinie für die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften deutliche Verbesserungen geschaffen wer­den.

Ich möchte abschließend noch erwähnen, dass diese Vorlage, diese Punkte, die wir heute beschließen, eben auch im Einvernehmen mit den Sozialpartnern erstellt wurden – ich glaube, das werden Sie nicht in Abrede stellen. Es ist zu hoffen, dass auf dieser Basis die Mitbestimmung in grenzüberschreitenden Gesellschaften gut funk­tionieren wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.41


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


11.41.26

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Vorlage ist gut, das dahinter stehende Prinzip ist für Österreich sicher von Vorteil, man kann nicht dagegen sein. Dennoch – und da schließe ich mich Kollegin Kemperle an – passiert ein Schritt, der in der Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht von Vorteil ist.

Es ist schon richtig – wie das Kollege Mayer gesagt hat –: In Österreich betrifft es dieses Gesetz nicht, weil das Gesetz den Bestimmungen jenes Staates folgt, in dem die Gesellschaft den Sitz hat, wir nehmen aber an, dass es auch zur Verschmelzungen mit Gesellschaften und Firmen kommt, die ihren Sitz nicht in Österreich haben. Und in dem Moment tritt für österreichische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tatsächlich zumindest keine Verbesserung ein – um das jetzt ganz nett zu formulieren.

Wir haben im Nationalrat einen Entschließungsantrag eingebracht, der gerade darauf abzielt, diesen österreichischen Standard, der ja sehr hoch ist und den wir uns bewahren wollen, auch für alle Verschmelzungen geltend zu machen. Wir haben mit Erstaunen festgestellt, dass wir mit dem Entschließungsantrag in einer erschreckenden Minderheit blieben, und auch die Arbeitnehmerinnen- und ArbeitnehmervertreterInnen in diesem Haus eigentlich nicht mitgehen wollten.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 51

Böse ausgedrückt könnte man sagen, der Satz, der dahinter steht, heißt: Wenn ihr schon keinen Betriebsrat habt, dann sollt ihr zumindest auch nicht mitbestimmen können. – Kollegin Kemperle hat ja darauf hingewiesen, dass es nicht nur Klein- und Mittel­betriebe sind, die es hier trifft, sondern dass es durchaus auch größere Betriebe sind, die zu verhindern wissen, dass es diese ArbeitnehmerInnenbeteiligung gibt.

Ich denke – ich komme damit zum Schluss –, wir sollten sehr darauf achtgeben, dass der ArbeitnehmerInnenschutz nicht zum Opfer von Teilen eines Gesetzes, einer wirtschaftlichen Vorteilsstellung, wird, und wir sollten aufpassen, dass die Standards, die in Österreich von der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer mühsam errungen wurden, auch von Europa übernommen werden. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Reisenberger.)

11.44


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

 


11.44.27

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon angesprochen, dass es sich um die Umsetzung einer europäischen Richtlinie handelt, die sowohl im National­rat mit einer breiten Mehrheit als auch im Ausschuss des Bundesrates – dort einstim­mig – zur Annahme empfohlen wurde. Daher kann man unter dem Strich sagen, wie das auch schon alle Vorredner gesagt haben, es ist ein Schritt nach vorne und eine Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer.

Liebe Monika Kemperle! Ich habe ein Problem damit, wenn wir als Gewerkschafter, wo es eine sozialpartnerschaftliche Einigung gegeben hat, jetzt hier dieses Rednerpult als Bühne benutzen, um wieder ein bisschen in Richtung Wirtschaftsminister zu polemi­sieren, denn die sozialpartnerschaftliche Einigung, die ausverhandelt wurde, steht nun einmal außer Diskussion. (Zwischenruf des Bundesrates Florianschütz.) – Warte ein bisschen! Ich werde dir schon noch sagen, worauf ich hinaus will.

Natürlich ist es ein Problem, und das ist auch in allen Gesprächen zum Ausdruck gekommen, dass nur das Bestehen eines Betriebsrates diese Mitwirkungsmöglich­keiten gibt. Jetzt gehe ich einmal davon aus, dass ich sage: Im Arbeitsverfassungs­gesetz, wenn wir es ganz streng auslegen, heißt es ja: In allen Betrieben, in denen ständig mehr als mindestens fünf Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist ein Betriebsrat zu errichten. (Bundesrat Reisenberger: Die Möglichkeit besteht, aber ...! Das ist ja nicht zwingend, auch im Arbeitsverfassungsgesetz nicht zwingend!) – Die Realpolitik mag eine andere sein, aber an und für sich gibt es die Verpflichtung zur Errichtung der Betriebsräte! In Wahrheit wird niemand daran gehindert, diese Möglichkeit auszu­nützen, und daher habe ich damit ein Problem, wenn man im Nachhinein immer herumraunzt.

Die zweite Geschichte betrifft die Frage des Einbindens der Gewerkschaften und der Arbeiterkammer. Es gibt in vielen Bereichen den Begriff der Gewaltentrennung, und ich glaube, wir sollten uns auch hier strikt dazu bekennen, welche Aufgaben die einzelnen Institutionen haben. Die PersonalvertreterInnen und Betriebsräte sind die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer. (Bundesrätin Kemperle: Das stimmt!) Die Gewerkschaften sind die freiwilligen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, wo wir Gott sei Dank jetzt wieder einen größeren (Zwischenruf des Bundesrates Florian­schütz) – warte, ich komme schon darauf!; vielleicht seid ihr dann sowieso gar nicht so weit weg von mir – Mitgliederstand haben, aber trotzdem sind nicht alle Arbeitnehmer Gewerkschaftsmitglieder. Daher fragen dann vielleicht die, die nicht Mitglied sind: Woher hat die Gewerkschaft die Legitimation?


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 52

Und vor allem – und dazu stehe ich hier als Mandatar der ÖVP –: So wie ich mich dagegen wehre, die Kollektivvertragsfähigkeit der Gewerkschaften in Frage zu stellen, so wie ich mich auch vehement wehre bei Ansätzen, die es in meiner eigenen Partei gibt, wo man manches Mal fragt: Warum müssen denn die Gewerkschaften Lohn- und Gehaltsverhandlungen machen?, da kann man doch eine Betriebsvereinbarung machen – ich bekenne mich dazu, dass die Kollektivvertragsfähigkeit der Gewerk­schaf­ten unangetastet bleibt –, muss ich dann in logischer Konsequenz sagen: Die Aufgaben, die der Betriebsrat hat, kann ich nicht austauschen – „einmal der Gigl, einmal der Gogl“ und einmal will ich es so, und einmal will ich es so.

Daher: Schauen wir, dass wir mehr Betriebsräte bekommen, dass diese die Mitwir­kungsmöglichkeiten haben! Damit ist es in Ordnung! – Wir werden dem Gesetz sicher zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.48


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Reisenberger das Wort. – Bitte.

 


11.48.32

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Ich glaube, die Aufregung, die jetzt plötzlich entstanden ist ... (Zwi­schenruf des Bundesrates Schöls.) – Wenn du, Kollege Schöls, von „Gewaltentren­nung“ sprichst, dann glaube ich, sind wir wirklich auf einem falschen Dampfer, über den wir jetzt diskutieren.

Ich denke daran, dass es für uns wirklich eine einfache Sache ist, wenn ich dabei von Ausbildung und allem Möglichen ausgehe. Die Frau Staatssekretärin hat gestern noch bei „20 Jahre BAZ“ in wunderbarer Art und Weise aufgelistet, wie wichtig die Zusam­menarbeit zwischen diesen Organisationen ist, wie wichtig es ist, zusammenzuarbeiten zu unser aller Wohl: dem der Wirtschaft genauso wie dem der Unternehmer oder dem der Beschäftigten.

Daher verwundert es mich, wenn Gewerkschafter das Arbeitsverfassungsgesetz – jetzt formuliere ich es schön – falsch interpretieren, denn darin steht, ab fünf Personen gibt es die Möglichkeit, dass ein zu Recht bestehender Betriebsrat gegründet werden kann, aber von einem verpflichtenden Betriebsrat steht nirgendwo etwas! Das haben wir auch nicht drinnen, bitte! Wenn es so wäre ... (Bundesrätin Zwazl: ... Kapital­gesellschaft! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich nehme diesen Zuruf gerne auf, und wir werden einen Antrag auf eine Gesetzesänderung stellen – ich nehme damit an, dass die ÖVP hier voll mitstimmt. Wir machen ein Gesetz, in dem es heißt: In jedem Betrieb muss ab fünf Personen ein Betriebsrat bestehen. – Das wäre etwas Neues!

Zweiter Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen – und deshalb verstehe ich die Aufre­gung überhaupt nicht, dass man hier sagt, es sei nicht möglich, das solle dort bleiben, wo es hingehört –: Wir haben das auch im Arbeitsverfassungsgesetzt drinnen und es fängt bereits bei einer Betriebsratssitzung an, dass Fachleute aus Arbeiterkammer oder Gewerkschaften zugezogen werden können. Das heißt, im Grunde genommen ist es weder eine Verschiebung von Wertigkeiten noch von Kompetenzen. Es wäre ganz einfach – und das ist kein politisches Spiel, das müsste uns allen ein Anliegen sein –, auch jenen Kolleginnen und Kollegen in einem Betrieb, wo es keinen Betriebsrat gibt, die Möglichkeit zu schaffen, eben gleiche Möglichkeiten zu haben.

Wenn nun diese Aufregung plötzlich so hochkommt, so muss ich ja fast annehmen, da steckt etwas anderes dahinter, denn die berechtigte Forderung der Kollegin Kemperle, die sich ja Gott sei Dank im Arbeitsrecht perfekt auskennt und es daher auch richtig


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 53

interpretiert und es nach den Buchstaben des Gesetzes hier auch wiedergegeben hat, hat nichts anderes besagt als: Ja, es gibt eine Sozialpartnereinigung. Ja, wir stehen dazu. Ja, wir stimmen dem Gesetz auch zu.

Aber es gäbe schon noch ein paar Sachen, die uns am Herzen liegen. Und es kann ja wohl nicht verboten sein, dies auch hier kundzutun, liebe Kolleginnen und Kollegen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.51


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Staatssekretärin Marek das Wort. – Bitte.

 


11.51.33

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Christine Marek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Lassen Sie mich ein paar Punkte klarstellen und vielleicht auch fragen: Wovon reden wir hier über­haupt?

Punkt eins. Herr Bundesrat Reisenberger, im Arbeitsverfassungsgesetz heißt es: Ab fünf Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern ist ein Betriebsrat zu wählen. – So weit dazu. (Bundesrat Reisenberger: Aber nirgends verpflichtend!) – Nein, nein: ist zu wählen. Also, wie immer Sie das interpretieren, das nur, um den Gesetzestext einmal klar zu machen.

Ich möchte festhalten, dass es zu diesem hier kritisierten Punkt keine Sozialpartner­einigung gegeben hat. Das ist das Problem dabei. Um auch zu verdeutlichen, welche Dimensionen das Thema überhaupt hat: Es hat bisher zwei Fälle solcher Verschmel­zungen gegeben. In einem Fall hat es keinen Betriebsrat gegeben und in diesem Fall hat man sich ganz pragmatisch geeinigt, dass einfach aus der Arbeitnehmerschaft Personen nominiert wurden, die dann auch die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechend vertreten haben.

Ich glaube, man sollte hier schon die Kirche im Dorf lassen und sagen, welche Dimensionen das Thema hat. Es ist die gut gelebte Praxis, dass es dann im Endeffekt auch gut funktioniert. Es macht ja durchaus Sinn – ich darf das als selber langjährig in den Aufsichtsrat eines Unternehmens entsandte Arbeitnehmervertreterin sagen –, dass Personen aus dem Unternehmen selber, welche die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertreten, auch im Aufsichtsrat diese Funktion erfüllen, weil sie natürlich das Unternehmen und alles rund um das Unternehmen kennen.

Deswegen bekenne ich mich zu dieser Regelung und möchte auch unterstreichen, dass es keinen Sinn macht und ein Systembruch wäre, hier die Arbeiterkammer bezie­hungsweise Gewerkschaften zu nominieren, sofern kein Betriebsrat da wäre.

Frau Bundesrätin Kemperle! Sie haben „KiK“ angesprochen und gesagt, in Fällen, wo kein Betriebsrat gegründet beziehungsweise gewählt werden darf. – Es besteht der Rechtsanspruch, einen Betriebsrat zu wählen! Gerade beim Fall „KiK“ wissen Sie selber, dass es auch nach massiver Intervention der Gewerkschaft, die ich öffentlich und intensiv unterstützt habe, schließlich doch zu einer Einigung gekommen ist. Es gibt einfach in manchen Fällen Situationen, wo es schwieriger ist – das ist klar –, aber ich glaube, wir haben ein gut ausgeprägtes Recht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer.

Dass es manchmal ein bisschen mühsamer ist, das wissen wir alle, aber ich denke, da sind wir alle gefordert, etwas an Bewusstseinsarbeit zu leisten. Ich danke Ihnen trotz­dem für die Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

11.54



BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 54

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Frau Bundesrätin Kemperle, bitte.

 


11.54.24

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Ich möchte nur eine Anmerkung zu Ihrem letzten Satz machen, Frau Staatssekretärin. Neun Jahre Rechtsabteilung und Vertretung vor Gericht im arbeitnehmerrechtlichen Bereich haben mich etwas anderes gelehrt. Ich kann Ihnen sehr wohl sehr viele Fälle aufzeigen, wo, wenn es dazu gekommen ist, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zur Verfügung gestellt haben, um Betriebsräte, Betriebsratskörperschaften zu gründen, diese entlassen worden sind, sie ihre Existenzgrundlage verloren haben und zwei bis drei Jahre Gerichts­verfahren anhängig waren. Dann ist das eine andere Sprache als jene, die Sie hier zum Arbeitsverfassungsgesetz wiedergeben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Wenn man im Glashaus sitzt, ...!)

11.55


Vizepräsident Jürgen Weiss: Werden noch weitere Wortmeldungen gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

11.55.563. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (215 d.B. und 242 d.B. sowie 7770/BR d.B. und 7772/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist wieder Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth. – Bitte.

 


11.56.11

Berichterstatterin Mag. Susanne Neuwirth: Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme zu Antrag:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Ok­tober 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 55

11.56.50

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Qualität von Forschung und Entwicklung und nicht zuletzt der Bildung im Allgemeinen beinhal­tet das wichtigste Potential für uns in Europa. Wir haben viele ausgezeichnete Bildungs­einrichtungen, die viele engagierte und begabte junge ForscherInnen und WissenschafterInnen hervorbringen.

Was machen wir aber in Österreich? – Wir machen es diesen Menschen so schwer wie möglich, in Österreich Fuß zu fassen, sich in Österreich zu Hause zu fühlen. Dabei sind es gerade junge WissenschafterInnen und ForscherInnen, von denen wir für die Zukunft viel erwarten. Manches Mal erhebt sich der Verdacht, dass einige versuchen, Österreich als xenophobes Land hinzustellen. Es ist unangenehm und peinlich, wenn aufstrebende junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter hier nicht vernünftig arbeiten können, weil sie eine Gesetzeslage vorfinden, die es ihnen unmöglich macht, unter menschenwürdigen Bedingungen zu leben. (Bundesrat Mayer: Wo leben Sie?)

Da gibt es DissertantInnen, die sich von ihrer Familie trennen müssen. Da gibt es Professoren an unseren Universitäten, deren Familienangehörige bisher nicht arbeiten durften. (Bundesrat Mayer: Darum ändern wir das Gesetz! – Ruf bei der ÖVP: Ihr seid ja dagegen!) Da frage ich mich: Sieht so ein Land aus, das offen ist, nach vorne schaut und im universitären Bereich in der oberen Liga mitspielen möchte?

Es gibt viele Versuche, Österreich in Gang zu bringen. Es wird einerseits eine Elite-Uni in Gugging gegründet. Andererseits ... (Bundesrat Mag. Baier: Da waren Sie dage­gen!) – Gegen die Art und Weise! – Andererseits verbieten wir es den Wissen­schaftern, hier zu leben und zwingen sie, jedes Jahr um eine Aufenthaltsgenehmigung anzusuchen.

Einerseits bezahlen Österreichs Universitäten für JungakademikerInnen lächerlich geringe Gehälter, andererseits führen wir einen Einkommensschwellenwert von wenig mehr als 1 380 € ein. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

In dieser Novelle konnte sich die Bundesregierung gerade einmal dazu aufraffen, wenigs­tens die allergrößten Notstände zu beseitigen: Wenigstens dürfen jetzt Familien­angehörige auch arbeiten gehen. – Das ist natürlich ein richtungweisender, richtiger Schritt, den wir unterstützen. Es ist aber das Recht der Opposition zu sagen, dass es zu wenig ist. (Heiterkeit des Redners und bei der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Ihr seid dagegen!)

Eine Verbesserung für Studierende hat leider nicht stattgefunden. Der zuständige Minister Hahn hatte das zwar angekündigt; er konnte sich leider nicht durchsetzen. (Bundesrat Mag. Baier: Die Erhöhung der Stipendien ist keine Verbesserung? Oder ist das an Ihnen vorübergegangen?) – Das ist nicht an mir vorübergegangen. (Bundesrat Mag. Baier: Warum sagen Sie es dann?) Aber wir haben gleichzeitig auch andere Maßnahmen, die das Studieren nicht gerade leichter machen. (Bundesrat Mag. Baier: Welche denn?) – Schauen Sie einmal nach, was für Maßnahmen der Regierung es gibt, die nicht gerade das Studieren fördern.

Diskutieren wir jetzt über die ganze Bildungsgeschichte? – Gern! Die Studiengebühr ist eine dieser Maßnahmen, oder die sozialen Schwierigkeiten, die wir im gesamten Bildungs­bereich haben. Wo die soziale Selektion bereits weiter vorne beginnt, dort beginnen Hindernisse beim Studieren und Nicht-Studieren. (Bundesrat Mag. Baier: Reden Sie nicht in allgemeinen Stehsätzen, sondern sagen Sie einmal konkret, was denn das ist: „soziale Schwierigkeiten“! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 56

Bitte, schauen Sie sich doch die Statistiken an! Wenn man diese genau durchsieht, dann kommt man drauf, dass die soziale Selektion gerade im Bereich der Matura und der Studierenden stattgefunden hat. (Ruf bei der ÖVP: Das sind immer Ihre Mär­chen ...!) – Nein, das sind keine Märchen, auch wenn Sie das so meinen.

Genau das ist aber auch der Punkt, an dem die konservativen Kräfte eine Veränderung in der Bildungspolitik maßgeblich verhindern, wenn wir jetzt genau hinschauen. Wir verlieren hier zusehends den Anschluss an Europa. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Was die Bildungspolitik betrifft, werden wir den nächsten PISA-Bericht bekommen. Sie werden sich das wieder anschauen können, Sie werden wieder sagen: Das ist nicht wahr. Mein Gott, mit dem werden wir auch leben können. (Bundesrat Mag. Baier: In Lenzing vielleicht!) – Ja, das glaube ich, aber nicht nur in Lenzing. Ich wundere mich ja, warum die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung in der Zwischenzeit einen wesentlich anderen Standpunkt in der Bildungspolitik haben, als es die offizielle Version der ÖVP ist.

Österreich ist offensichtlich kein attraktiver Forschungsstandort. Ausländische Forscher und Forscherinnen haben es schwer, hier ein Zuhause zu finden. Die jährliche Aufent­haltsbewilligung habe ich bereits erwähnt. Nicht weiße WissenschafterInnen sehen sich einer ständigen polizeilichen Kontrolle ausgesetzt, die viele als Verfolgung er­leben. Universitäten sind schlecht ausgestattet, es fehlt an vielen Einrichtungen. Es gibt weder eine mittel- noch eine langfristige Forschungsstrategie. (Bundesrat Mag. Baier: Nein!) Die Bedingungen für ForscherInnen und WissenschafterInnen sind durchaus als unattraktiv zu bezeichnen.

Wenn Sie sich auch jetzt so sehr dagegen wehren: Hören Sie Ihre eigenen Berichte an, die Berichte Ihrer Studentenvertretungen (Bundesrat Mag. Baier: Ich höre momen­tan Ihnen zu!) und die Berichte über die Hochschulen, was dort an Klage darüber geführt wird, dass es an Geld und an Einrichtungen fehlt. Wenn wir auf die Unis schauen, können wir das durchaus auch sehen.

Dass in dieser Änderung enthalten ist, dass subsidiär Schutzbedürftige einer geregel­ten Arbeit nachgehen dürfen, finden wir, wie ich gesagt habe, durchaus unterstützens­wert. (Bundesrat Mag. Baier: Dann stimmt zu!) Wenn es aber um weitere Teile der Beschäftigung geht, so kann man dem tatsächlich nicht zustimmen.

Es ist ein logischer Schritt, dass man Menschen, die seit Jahren hier leben und nicht in ihre Heimat zurückkehren können, ein reguläres Arbeitsverhältnis anbietet. In wessen Interesse liegt es denn, dass Menschen bewusst in die Illegalität und Schwarzarbeit gehen? Ist es das Interesse derer, die nicht arbeiten dürfen? Organisieren sich diese, und suchen sie große Einnahmequellen, indem sie hier arbeiten? Oder ist es im Interesse derer, die billige Arbeitskräfte anstellen?

Die Beschäftigung von Schwarzarbeitskräften ist in Österreich immer noch ein Kava­liers­delikt, und man kann ganz locker darüber lachen. (Bundesrätin Zwazl: Wer lacht? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrätin Zwazl: Na, wer lacht? Aber wirklich nicht die Wirtschaft!) Dafür stehen wir ja auch. (Bundesrätin Zwazl: Wer steht dafür?) Denken Sie an die ... (Bundesrätin Zwazl: Die Wirtschaft schon gar nicht! Das ist so wettbewerbsverzerrend! Sie werden von der Wirtschaft nie hören, dass Schwarz­arbeit ein Kavaliersdelikt ist!)

Wenn ich an die Pflegedebatte vor einem halben Jahr denke – nicht von der Wirtschaft, ja, aber trotzdem haben wir die Realität da, und Sie werden doch nicht sagen, es sei im Interesse der illegalen Arbeitskräfte, möglichst wenig Lohn zu bekommen. Das kann doch nur im Interesse derer sein, die ihnen Arbeit geben, und niemandes andern. (Bundesrätin Zwazl: Wer ist das? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, wer gibt ihnen Arbeit?! (Bundesrat Mag. Baier: Ja, wer denn? – Bundesrätin Zwazl: Wie soll


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 57

denn über die Schwarzarbeit ...?) – Da gebe ich Ihnen wiederum Recht. Ich habe die Wirtschaft hier nicht explizit angegriffen, das muss ich auch feststellen. Da sind wir uns einig, dass wir dies nicht zulassen wollen, und ich denke ... (Ruf bei der ÖVP: Ich denke, dass die Zeit um ist!) – Das mag schon sein. Sie haben auch häufig versucht, mich zu unterbrechen.

Der Gesetzesvorschlag, der zu diesem Thema gemacht wurde, ist nicht nur unvoll­ständig. Er beruht auf Intoleranz und wird die menschenunwürdigen Bedingungen für viele fortsetzen. Dies wollen wir nicht unterstützen. (Beifall bei den Grünen.)

12.06


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Klug.– Bitte.

 


12.06.54

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden uns seitens der SPÖ-Fraktion bemühen, zu diesem Tagesordnungspunkt wieder in den Hafen der Seriosität zurückzukehren.

Nachdem wir allerdings schon im Ausschuss gemerkt haben, dass es offensichtlich möglich ist, eine Novellierung zum Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz einerseits und andererseits zum Ausländerbeschäftigungsgesetz auch dazu zu nutzen, kurz eine beachtliche allgemeine Facharbeitermangel-Debatte gemeinsam zu führen, erlauben Sie mir – da es doch in mittelbarem Zusammenhang damit steht –, zu Beginn auf ein meines Erachtens sehr, sehr bedeutsames Sozialpartnerpapier aufmerksam zu machen. (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.)

Es trägt den Titel „Arbeitsmarkt – Zukunft 2010“, und nach erster Durchsicht sind wir gemeinsam zu der Auffassung gelangt, dass es sich dabei um ein sehr, sehr beachtliches gemeinsames Papier handelt und wir auch guter Hoffnung sind, dass dieses – wie schon so viele andere in dieser neuen Legislaturperiode – bald inhaltlich zu hundert Prozent zu einer Umsetzung gelangt, weil es sich im Wesentlichen mit sehr vielen aktuellen arbeitsmarktpolitischen Fragen auseinandersetzt, nicht nur auf der nationalen Ebene, sondern auch auf der europäischen Ebene, und dabei auch die sogenannten Übergangsfristen der EU-Osterweiterung nicht außer Acht lässt.

Nach diesen allgemeinen Einleitungssätzen und einer kurzen Werbung für ein sehr, sehr beachtliches gemeinsames Paket erlauben Sie mir, in der gebotenen Kürze die drei wesentlichen Eckpunkte der anstehenden Novellierung anzusprechen. Es ist nicht ganz einfach, aber wir sind schon froh – ich darf das auch ganz deutlich sagen –, dass es zum Thema subsidiär Schutzberechtigte gelungen ist, in den Nachberatungen auch zu seriösen Zahlen zu gelangen. Ich glaube, dass man realistischerweise von letztlich 800 bis rund 1 000 Betroffenen sprechen kann.

Der Punkt ist – und insofern ist es zum Teil auch unverständlich, warum die Grünen nicht mitgehen können –, dass man dann, wenn wir schon aufgrund des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention eine gewisse europäische menschliche Verpflichtung eingegangen sind und Personen in Österreich aufhältig haben, diesen unter seriösen und guten Bedingungen auch einen Zugang zum legalen Arbeitsmarkt verschaffen soll.

Ich glaube, dass das nicht nur aus der menschlichen Komponente, sondern auch arbeitsmarktpolitisch und sozialpolitisch ein vernünftiger Zugang ist, weil wir ohnedies wissen, dass es für diese Personen häufig schwierig ist, nach diesem Jahr überhaupt in ihr Herkunftsland zurückkommen zu können.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 58

Zum zweiten Punkt möchte ich doch noch einmal kurz die Kritik im Bereich der ForscherInnen und WissenschafterInnen aufrechterhalten, die wir auch im Anschuss angesprochen haben: Wir hätten gerne eine Legaldefinition im Gesetz gehabt. Richtig ist, dass wir eine Definition dazu in der Richtlinie vorfinden; allerdings – wie wir öster­reichisch so schön sagen – lesen wir diese Dinge auch gerne im nationalen Recht, und zwar insbesondere deshalb, weil wir diesen Bereich jetzt auch für private Einrichtungen öffnen. Ich sage es ganz deutlich: Nicht jede höher qualifizierte Tätigkeit ist gleich eine Forschungstätigkeit. Insofern gibt es da von uns eine leichte Kritik; in dem Bereich hätten wir gerne Näheres und Deutlicheres geregelt.

Der letzte Punkt, auf den ich ganz kurz eingehen möchte, ist die Hauptschwierigkeit, und deshalb meine ich, den Hafen der Seriosität wieder ansteuern zu wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie wissen, wir haben mit den einschlägigen Normen im Ausländerbeschäftigungsgesetz ein europarechtliches Problem gehabt, und daher stand auch diese Novellierung an. Wir haben jetzt eine gefunden. Der Kompromiss war mühevoll; er ist trotzdem gelungen, letztlich auch durch einen gemeinsamen Abände­rungs­antrag von SPÖ und ÖVP in der ersten gesetzgebenden Körperschaft des Bundes. Dass der Europäische Gerichtshof bei der Entsendung von Drittstaats­ange­hörigen auf den inländischen Arbeitsmarkt lediglich eine dauerhafte und recht­mäßige Beschäftigung voraussetzt, hätte unseres Erachtens auch dazu führen können, dass man gegenüber der Europäischen Union eine etwas mutigere Lösung als die derzeitige Regelung hätte finden können.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte aber auf alle Fälle die charmante Anwesen­heit unserer Frau Staatssekretärin nutzen und die Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, um doch zu diesem Tagesordnungspunkt vielleicht kurz zu einem Gedanken anzuregen. Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, aus unserer Sicht wäre es zweckmäßig und sinnvoll, nicht nur aus wirtschaftspolitischen, sondern auch aus nationalen und sozialpolitischen Überlegungen für Österreich drei wesentliche Punkte in Zukunft verstärkt ins Auge zu fassen.

Der Punkt eins wäre, eine europäische Initiative anzuregen, um zum viel strapazierten Art. 49 EG-Vertrag ein Sekundärrecht anzustreben – da könnten die Bemühungen durchaus von Österreich ausgehen –, ein Sekundärrecht möglichst bald anzustreben, weil wir sonst befürchten müssen, dass durch die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes dieser Art. 49 – ich möchte unter Anführungszeichen sagen – „ausge­höhlt“ wird.

Die zweite Initiative – und da weiß ich mich schon kraft Ihrer Herkunft in guten Händen – ist folgende: Wir werden auch auf nationaler Ebene eine gemeinsame Anstrengung im Bereich der Lohnkontrolle und des Lohndumpings dringend brauchen, sehr geehrte Damen und Herren, weil wir bestimmt eines nicht wollen: Wir wollen keine Drittstaatsangehörigen über eine eigenartige Konstruktion in Norditalien zu einem Stundenlohn von 1,30 € oder 1,70 € in der Obersteiermark beschäftigt haben. Ich glaube, das ist sozialpolitisch kein sehr erstrebenswertes Ziel. Diese Beispiele hat es gegeben, und wir möchten ja wohl auch keinesfalls neue gesetzliche Regelungen schaffen, wodurch zum Beispiel der hervorragende Metallarbeiterabschluss, der jüngst den Arbeitern und den Angestellten in der Metallindustrie gemeinsam gelungen ist, von vornherein torpediert wird.

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, als letzter Punkt wären unseres Erachtens wett­bewerbsrechtliche Normierungen zweckmäßig, um den unlauteren Wettbewerb gerade auf diesem Gebiet zu vermeiden. Ich befürchte und hoffe auch gleichzeitig, dass wir in diesem Bereich um Schadenersatzansprüche und Verbandsklagen nicht herumkom­men werden.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 59

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das europäische Damoklesschwert eines drohenden Bußgeldverfahrens wirkte auch in unseren Sphären so stark und so scharf; es muss sich offensichtlich um mehr als um einen Damaststahl gehandelt haben. Es wirkte auch bei uns so scharf, dass wir der vorliegenden Novelle gerne unsere Zustimmung erteilen möchten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer.)

12.15


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte.

 


12.15.53

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werter Herr Bundesrat Breiner, Sie haben Recht, wenn Sie sagen: Es ist ein Recht der Opposition, zu einer Gesetzesvorlage nein zu sagen. Das macht Ihre Fraktion, das werden auch Sigi Kampl und ich tun, wenn auch unter anderen Voraussetzungen und Gesichtspunkten. Sie sagen nein, weil es zu wenig ist, was an Neuem hereinkommt; wir sagen natürlich, es ist zu viel, was an Neuem hereinkommt.

Ich möchte weder über die Saisonniers in der Landwirtschaft noch über die Forscher noch über die Binnenschifffahrt sprechen; das alles sind marginale Dinge, die uns am Arbeitsmarkt eigentlich nicht so beschäftigen. Wir waren aber immer dagegen, dass die subsidiär Schutzberechtigten mit Asylanten und Asylberechtigten gleichgestellt werden. Es betrifft dies nicht, wie von Bundesrat Klug gesagt wurde, 800 bis 1 000 Personen; nach meinen Informationen ist im Arbeits- und Sozialausschuss des Nationalrates von Frau Staatssekretärin Marek die Zahl 5 000 genannt worden. Das ist eine erkleckliche Anzahl von Personen, die auf der einen Seite nicht abgeschoben werden können, auf der anderen Seite keinen Aufenthaltstitel in Österreich haben.

Das käme einer Begünstigung gleich, die wir strikt ablehnen. In Einzelfällen, wenn es der Arbeitsmarkt erlaubt, sollte man hier so vorgehen; aber wenn der Arbeitsmarkt mit inländischen Beschäftigten gefüllt ist, dann sollten wir nein sagen können. Für uns gilt die Devise: österreichische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zuerst! Diese sollten also Vorrang haben. Deshalb werden wir auch diese Gesetzesvorlage ablehnen. (Beifall des Bundesrates Ing. Kampl.)

12.17


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


12.17.59

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wie gehört, befasst sich die vorliegende Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz und zum Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­ge­setz auch mit dem Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahre 2006 – genau vom September –, mit dem unsere Kontrollbestimmungen im Rahmen der EU-Entsendungsrichtlinien als nicht EU-konform erklärt wurden.

Dabei wird die bisherige, an und für sich gute Lösung mit der Vorweg-Anmeldung von ArbeitnehmerInnen, die nach Österreich kommen, aufgehoben. Auch fällt die Vor­gangs­weise weg, dass ArbeitnehmerInnen, die zu uns kommen, bereits eine über­setzte Arbeitsbewilligung mithaben. Mit dieser Gesetzesvorlage werden wir nun die nicht einfachen Bestimmungen im Rahmen der EU-Entsendungsrichtlinien sanieren. – So weit die Geschichte mit der EU.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 60

Für mich und für uns ein wesentlicher Ansatz dieser Novelle ist aber die Genehmigung für subsidiär Schutzberechtigte, künftig einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten und sie den Asylberechtigten gleichzustellen. Damit besteht die Möglichkeit, dass sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen, und die Sozialtöpfe – was sonst immer kritisiert wird – werden dadurch entlastet.

Wie wir gehört haben, gibt es in Österreich etwa 5 000 Personen, die subsidiär schutz­berechtigt sind. Davon werden aber, wie wir im Ausschuss schon gehört haben – und ich bedanke mich hier sehr für die kompetenten Informationen –, etwa 800 bis 1 000 auf den Arbeitsmarkt drängen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich auch, dass die einjährige Wartefrist für diesen Personenkreis wegfällt. Wir geben damit Menschen rasch eine berufliche Perspektive in unserem Land.

Wichtig für unser Land ist auch die Ausweitung des Zugangs für Wissenschafter und Forscher, wobei wir damit nicht nur Neuland betreten. Es soll auch möglich werden, dass wir derart hoch qualifizierte Leute für die Privatwirtschaft und die mittel­stän­dischen Unternehmen gewinnen. Es ermöglicht, dass die Familien, also Ehepartner und Kinder nach Österreich mitkommen können und hier eine Arbeitsbewilligung erhalten.

Herr Kollege Breiner, ich muss da schon einmal darauf eingehen, dass Sie gesagt haben, das sei keine Verbesserung. – Das ist wirklich eine Verbesserung! Und wenn Sie das in Ihrer Art und Weise hier so interpretieren, dann muss ich sagen: Sie haben entweder das Gesetz nicht gelesen oder Sie haben es nicht verstanden. Es ist tatsächlich eine Verbesserung. Um es Ihnen, Herr Direktor, im schulischen Jargon zu sagen: Für diese Bewertung haben Sie einfach die Note Fünf verdient, und so heißt es: Danke, setzen! Fünf.

Ob wir damit auch einen Zuwanderungsboom auslösen werden, Kollege Mitterer, das wage ich eher zu bezweifeln, denn das wäre auch weit hergeholt im wahrsten Sinne des Wortes. Auf die Idee, qualifizierte Leute aus Wissenschaft und Forschung ins Land zu holen, kommen natürlich andere Staaten auch. Ich bin also nicht der Meinung, dass wir wegen dieser Öffnung einen extremen Zuzugsboom nach Österreich erleben werden.

Die erfreuliche Entwicklung der österreichischen Wirtschaft, die eindeutig – und das darf ich wirklich in aller Bescheidenheit anmerken – auf die hervorragende Wirt­schafts­politik der letzten Jahre zurückzuführen ist, zeigt sich nicht nur positiv auf dem Arbeitsmarkt, sondern schafft uns auch Probleme im Bereich der Facharbeiter. Kollege Klug! Da kann ich dein Anliegen voll unterstützen, denn hier ist es wirklich höchst an der Zeit, dass wir eine gemeinsame Offensive starten. Und es sind hier gewaltige Anstrengungen erforderlich.

Tatsache ist auch, so wie wir im Ausschuss gehört haben, dass von den 800 bewilligten Facharbeitern im Bereich der Metallindustrie – also Schweißer, Dreher, Fräser – bisher lediglich etwa 400 nach Österreich gekommen sind. Der Arbeitsmarkt im Bereich Metall, in der metallverarbeitenden Industrie in Europa ist ausgetrocknet und wir haben deshalb größte Schwierigkeiten, Facharbeiter nach Österreich zu bekom­men. Und es ist deshalb ganz besonders wichtig, dass wir verstärkt tätig wer­den. Damit meine ich auch, dass wir uns im Bereich des AMS verstärkt auf den Ausbildungsbereich Metall – Umlernen von Anlernkräften auf den Bereich Metall – verlegen sollten, weil in dieser Branche die Nachfrage besonders groß ist.

Frau Staatssekretärin, das könnte vielleicht auch ein Impuls sein, wenn wir versuchen würden, die 800 subsidiär Schutzbedürftigen, die auf den Arbeitsmarkt kommen wer­den, vielleicht in diese Beschäftigungsschiene zu bringen, indem wir sie auf den Fachbereich Metall umlernen lassen.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 61

Insgesamt gesehen ist es eine sehr sinnvolle und arbeitsmarktpolitisch wertvolle Geset­zesvorlage, der wir gerne unsere Zustimmung geben werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.23


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

12.23.13

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Lieber Herr Kollege Klug, lieber Herr Kollege Mitterer, ich denke, da ist einiges falsch verstanden worden. Ich habe es auch gehört. Bundesrat Breiner hat gesagt, es ist eine Verbesserung, dass die Angehörigen von WissenschafterInnen jetzt einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, und es ist auch eine Verbesserung, dass subsidiär Schutzberechtigte diesen Zugang bekommen. Das wurde dezidiert auch als Verbesserung dargestellt. Wir lehnen diese beiden Punkte nicht ab!

Die Gründe dafür, warum wir dieser Änderung nicht zustimmen, sind, dass eben nur diese beiden Bereiche jetzt Verbesserungen erfahren und nicht alle Bereiche, wo es Probleme gibt, also zum Beispiel bei den Studenten und Studentinnen.

Der zweite Punkt ist diese Ausweitung der Saisonnierbestimmung, die uns dazu ver­anlasst, hier nicht zuzustimmen. Also bitte, hier nicht noch fünfmal zu erwähnen, wir wären gegen den Arbeitsmarktzugang für Familienangehörige von Wissenschafterin­nen und Wissenschaftern. Das hat Bundesrat Breiner ein paar Mal so richtig dar­gestellt, wie es ist. Es ist uns einfach zu wenig weitgehend.

Und wie auch schon erwähnt: Als Opposition haben wir wohl das Recht, wenn ein Gesetz oder eine Änderung uns zu wenig weit geht, diese Änderung auch abzulehnen. (Beifall des Bundesrates Breiner. – Bundesrat Mayer: Ihr habt alle Rechte! Vernünftig soll es aber auch sein!)

12.24


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


12.24.49

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Breiner hat sehr eindrucksvoll vorgeführt, dass er sich schwer getan hat, eine Begründung für die Ablehnung zu finden. Und ich denke auch, er hat den Gesetzestext wirklich nicht ein­gehend studiert, denn gerade diese Ausnahmebestimmung für die Familienange­hörigen von zukünftig in Österreich tätigen Wissenschaftern und Forschern ist ja expressis verbis hier angeführt und auch positiv zu beurteilen. (Bundesrat Breiner: Das war auch nicht die Begründung für die Ablehnung!)

Was in Zukunft vielleicht noch Diskussionsstoff sein wird, ist die Definition der For­schung an und für sich, denn hier wird die Grundlagenforschung betont. Ich denke nur daran, wie das im Bereich Kunst und Kultur zu bewerten ist. Das wird vielleicht noch schwierig werden.

Letzten Endes, denke ich, ist die Gesamtproblematik Ausländerbeschäftigungsgesetz wieder ein Stück weit zur Normalität weiterentwickelt worden. Ich hoffe natürlich als Wirtschaftsvertreter, dass wir im Einvernehmen mit den Sozialpartnern im Jahr 2009 sektoral die Übergangsbestimmungen für EU-Mitgliedsländer wirklich öffnen. Es gibt ja nur mehr die Bundesrepublik Deutschland und Österreich, die diese Bestimmungen


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 62

noch haben, und wenn Sie die internationale Berichterstattung verfolgen, dann wissen Sie auch, dass sich durch den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland auch dort bereits die ersten Probleme im Facharbeitersektor stellen.

Ich habe mich aber auch zu Wort gemeldet, um die Verlängerungsmöglichkeit für die landwirtschaftlichen Saisonniers positiv zu würdigen, die aus den Erfahrungen der letzten Jahre resultiert. Die Ernte ist nun einmal nicht gesetzlich zu regeln, daher gilt es auch hier, Flexibilität einzuführen. Wenn ein landwirtschaftlicher Erntehelfer bereits drei Saisonen hinter sich hat, besteht jetzt die Möglichkeit, ihm seine Beschäftigungs­bewilligung von sechs auf neun Monate zu verlängern. Das wird unserer Landwirt­schaft helfen. Als Touristiker kann ich das nur befürworten, denn wir wollen unseren Gästen auch in Zukunft Qualitätsprodukte aus der Landwirtschaft anbieten können.

In diesem Sinne halten wir diesen Gesetzesbeschluss für einen weiteren Schritt in die richtige Richtung, und natürlich findet er unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

12.27


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Staatssekretärin Marek, Sie haben das Wort. – Bitte.

 


12.27.25

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Christine Marek: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu ein paar Punkten, die in der laufenden Debatte aufgeworfen wurden, möchte ich Stellung nehmen. Meine Damen und Herren von den Grünen! Es ist eben auch die Frage, ob nicht 30 Prozent besser sind als 0 Prozent und da nicht vielleicht eine Zustimmung zu überlegen wäre.

Herr Bundesrat Breiner hat mehrfach Punkte kritisiert, die wir genau jetzt korrigieren beziehungsweise verbessern. Gerade deswegen kann ich auch so manches nicht nach­vollziehen. Sie haben die unzumutbare, jährlich erneute Antragstellung ange­sprochen. Wenn Sie sich das Gesetz angesehen haben, ist hier ein sehr unprob­lematischer Wechsel zwischen dem Niederlassungs- und dem Aufenthaltsgesetz nach freier Wahl, wie es die Forscherinnen und Forscher selber wünschen, vorgesehen. Genau das, was Sie kritisiert haben, tun wir also hier mit diesem Gesetz und bieten unproblematische und unbürokratische Möglichkeiten für die Forscherinnen und Forscher und ihre Familienmitglieder. Ich denke, genau darum geht es, nämlich Österreich als Arbeits- und Forschungsstandort entsprechend attraktiver zu machen.

Herr Bundesrat Klug hat die Problematik der Definition der Forscher angesprochen. Derzeit gibt es bereits einen Erlass. Wir orientieren uns momentan am Univer­sitätsgesetz, aber hiezu tagt bereits eine Arbeitsgruppe im BMWA, von der genau definiert wird, was diese Forschertätigkeit genau umfasst, wie Sie das auch ange­sprochen haben, natürlich im Bereich der Privatwirtschaft, in den Unternehmen, und auch, wie man das exekutieren beziehungsweise kontrollieren und nachvollziehen kann. Ich denke, dass wir hier durchaus auf einem guten Weg sind. Ihre Anregungen nehme ich gerne mit.

Zu den Maßnahmen gegen Lohndumping: Die Fälle sind uns bekannt, auch der Fall, den Sie angesprochen haben. Hier gibt es bereits sehr intensive Gespräche mit den Sozialpartnern, wo wir im gemeinsamen Bemühen – und da kann ich gerade aufgrund meiner Herkunft, wie Sie sagen, nur bestätigen, dass es mir natürlich ein besonders Anliegen ist – Lohndumping auf jeden Fall unterbinden und entsprechend hier keine Hintertürchen offen lassen wollen.

Herr Bundesrat Klug, der Facharbeitermangel, das haben Sie angesprochen, ist natür­lich – und auch das ist unser vorrangiges Anliegen – in erster Linie aus eigenem Potential zu decken. All das ist unser vorrangiges Anliegen. Auch im Metallerbereich –


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 63

das wurde vom Herrn Bundesrat Mayer angesprochen – versuchen wir natürlich nach besten Kräften, die Facharbeitskräfte aus dem eigenem Potential auszubilden. Des­wegen haben wir zum Beispiel die Ausbildungskapazitäten vonseiten des AMS für Metallfacharbeitskräfte verdoppelt und bilden hier 10 000 Arbeitskräfte aus.

Ich gehe davon aus, dass wir unter Einbeziehung des vorgelegten, in der Tat inter­essanten Papiers der Sozialpartner im gemeinsamen Bemühen um den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Österreich und die Zukunft Österreichs zu einem guten Kom­promiss kommen werden.

Herr Bundesrat Mitterer, noch eine ganz kurze Bemerkung. Auch Herr Bundesrat Mayer hat die subsidiär Schutzberechtigten angesprochen. Wir haben 5 000 in Österreich, das haben Sie gesagt. 800 Personen werden aufgrund der vorliegenden Änderung nun neu auf den Arbeitsmarkt kommen, weil diese einjährige Wartefrist, die eigentlich im Vergleich mit den Asylberechtigten nicht argumentierbar ist, wegfallen wird, weil die anderen nach der einjährigen Frist bereits einen Arbeitsmarktzugang haben. Das nur noch einmal zur Klarstellung und zur Erklärung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.31


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.31.524. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG geändert wird (UWG-Novelle 2007) (144 d.B. und 236 d.B. sowie 7773/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen jetzt zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Frau Bundesrätin Kemperle übernommen. – Ich bitte um den Bericht.

 


12.32.08

Berichterstatterin Monika Kemperle: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Der Bericht über den Beschluss des National­rates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG geändert wird (UWG-Novelle 2007) liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher erspare ich Ihnen die gesamte Verlesung und komme gleich zum Antrag.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 29. Oktober 2007 in Verhandlung genommen.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 64

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Ok­tober 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


12.33.09

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen vor der weiteren Umsetzung einer europäischen Richtlinie, und diese Novelle ist vor allem auch aus Sicht der kleineren Gewerbetreibenden besonders interessant, geht es doch auch um den B2B-Bereich, also um den Geschäftsverkehr von kleinen Unternehmen mit anderen kleinen Unternehmen. Hier ist das, was man so gemeinig­lich als Konsumentenschutz bezeichnet, Frau Staatssekretärin, immer wichtiger gewor­den, denn hier kommt es dazu, dass Marktmacht ausgenutzt wird.

Mit der Novelle wurde uns eine ganze Reihe von Punkten vorgegeben, die ich für sehr wichtig halte. Ich denke dabei insbesondere an den § 1a, der besonders aggressive Geschäftspraktiken an den Pranger stellt und Abhilfe schafft, zum Beispiel aber auch an die Behinderung von geschäftlichen Aktivitäten, die in diesem Regelwerk erstmals erfasst wird. Eine ganz wichtige Sache.

Ein Punkt, der vor allem jenen, die in ihren Betrieben Qualität bieten, immer mehr zu schaffen macht, sind die sogenannten Verwechslungsdelikte, die von den schwarzen Schafen der Wirtschaft provoziert werden. Bekannter ist das eigentlich unter der Bezeich­nung Produktpiraterie. Diese Dinge werden hier speziell erfasst, denn diese Plagiate und so weiter werden immer häufiger. In Fernost werden alle möglichen und unmöglichen Produkte mit Markennamen versehen, importiert, und das schädigt nicht nur die lokalen Produzenten, die viel Qualität bieten, sondern in der Folge natürlich auch den Handel, der sich an qualitative Standards hält.

Ein weiterer Punkt, der für den Konsumenten ganz wichtig ist, ist die Verstärkung von Informationspflichten. Der Konsument soll Anspruch haben auf vermehrte Information, wie überhaupt die Transparenz ein besonderes Kennzeichen dieser Novelle ist. Ich denke dabei auch an die Veröffentlichungspflichten bei Urteilen, die verschärft wurden, wo also vom Verurteilten in Vorlage getreten werden muss. Auch das ist Transparenz, das schafft Öffentlichkeit. Ich denke, dass es auch ein Segen für die Wirtschaft ist, wenn diese Maßnahmen ausgedehnt werden.

Damit komme ich zu einem Punkt, den heute Kollege Klug schon angesprochen hat. Es ist auch unlauterer Wettbewerb, wenn sich Unternehmen illegaler Praktiken bedie­nen. Es ist heute aus einer gewissen politischen Ecke gekommen – die hatten auch einen Vertreter des Rings freier Wirtschaftstreibender in Oberösterreich; schade, dass Kollege Mitterer jetzt nicht hier ist. (Bundesrat Schennach: Der ist auch kein Freiheitlicher!) – Ich sagte, „aus einer gewissen Ecke“, der Ring freier Wirtschafts­treibender. Also meine Kenntnisse sind da nicht so profund, vielleicht weiß es Gottfried Kneifel besser – er fühlt sich ja weder orange noch blau, er ist eine eigene Kategorie. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer. – Bundesrätin Zwazl: Beim Wirtschaftsbund kennt sich Kneifel aus!) – Gottfried weiß vielleicht, wie man die genau zuordnet, denn dort war es so, dass der Obmann dieser politischen Vereinigung, nennen wir sie so, eine Buchbinderei betrieben hat, und dort waren die Mitarbeiter zum wesentlichen Teil Schwarze im doppelten Sinne. Sie waren nicht nur illegal hier – das ist auch eine besondere Pikanterie, dass das bei einer politischen Gruppierung vorkommt, die sich in


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 65

dem Zusammenhang immer besonders bemüßigt fühlt, mit Wortspenden aufzutreten –, sondern sie waren weder versichert, noch hatten sie eine Arbeitsbewilligung, noch bekamen sie einen Kollektivvertragslohn. Und das ist genau das, was Kollege Klug sagt. Das wollen wir nicht! Wir wollen korrekte Verhältnisse, und auch das fällt in diesen Bereich.

Nach meinem Wissensstand ist dann merkwürdigerweise der Verband nicht gegen diesen Betrieb wegen unlauteren Wettbewerbs vorgegangen. Angeblich waren die dann dort auf Schulung. Als es von der Gendarmerie noch eine Überprüfung gab, nämlich ein Vierteljahr später, waren die neuerlich auf Schulung, und man konnte nicht genau unterscheiden. Es wurde dann behauptet, es waren andere Mitarbeiter dort beschäftigt.

Auch das sind Dinge im Bereich des unlauteren Wettbewerbs, deren Erfassung sehr wichtig ist. Da gehören wirklich rigorose Bestimmungen her, um die, die in dieser Republik ihre Abgaben entrichten, die die Arbeitsplätze sichern, die seriöse Produkte liefern, die für den Konsumenten auch greifbar sind, zu schützen. Oft sind ja diese Betriebe, die durch diese Novelle jetzt auch zum Teil erfasst werden, nur über Schein-Internetadressen erreichbar, über irgendwelche Callcenter, die es heute gibt und morgen nicht mehr. Wer auf der Homepage des Verbraucherverbandes blättert, findet gerade wieder einen hoch aktuellen Fall, wo einfach Zehntausende Erlagscheine für irgendwelche Zeitschriften ausgeschickt wurden und man dann dieses Scheinverlages gar nicht habhaft werden konnte, da das Konto dann aufgelöst wurde – und die Zeitschriften gab es auch nicht.

Frau Staatssekretärin! Sie haben hier ein reiches Betätigungsfeld, und ich möchte das als Wirtschaftstreibender jetzt nicht nur aus Sicht des Konsumenten sehen. Kon­sumentenschutz heißt auch, die Betriebe in dieser Republik zu schützen, die auf dem Boden der Gesetze agieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.38

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Zwazl. – Bitte.

 


12.38.55

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsident! Frau Staats­sekre­tär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt nicht im Detail auf alle hier vorgebrachten Dinge eingehen (Bundesrat Konecny: Auch wenn es Ihnen schwer fällt!), aber schwarze Schafe, linke Agenten gibt es immer. – Ja, Sie haben recht, es fällt mir sehr schwer, weil ich weiß, dass die Wirtschaft sehr korrekt arbeitet. Das sollten Sie wissen. Die österreichische Wirtschaft ist deshalb so erfolgreich, weil sie gute Unternehmerinnen und Unternehmer und wirklich gute Mitarbeiter hat. Und wir alle sollten vehement gegen die schwarzen Schafe auftreten und hier nicht immer nur einzelne Beispiele herausnehmen und es so hinstellen, als wäre das in Österreich die verbreitete Praktik.

Gegen diese vorliegende Novelle zum Bundesgesetz gibt es keine Einwände, die ist grundsätzlich zu begrüßen. Im Wesentlichen wird damit nur eine EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt.

Entsprechend den modernen Möglichkeiten – das ist für mich ein ganz wesentlicher Punkt – werden darin auch unlautere Methoden im Internet, unseriöse Gewinnspiele und unerlaubte Telefonanrufe behandelt.

Ebenso positiv zu beurteilen ist der im Nationalrat eingebrachte und positiv abge­stimmte Abänderungsantrag, wonach es einen Auskunftsanspruch gegenüber Post- und Telekommunikationsunternehmen geben soll, um ermitteln zu können, wer für


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 66

unlautere Praktiken im Geschäftsleben verantwortlich ist, und zwar auch dann – und das ist ein ganz wichtiger Punkt –, wenn Postfächer, Geheimnummern oder Wert­karten­handys verwendet wurden.

Bisher konnte man sich gegen ungewollte Telefonanrufe sehr wenig wehren, wenn diese Anrufe von einem Wertkartenhandy aus erfolgt sind. Da war die Rückverfolg­barkeit sehr schwierig bis gar nicht möglich.

Im Nationalrat hat diese heute hier zu beschließende Novelle zu weniger Diskussionen geführt und ist auch einstimmig behandelt worden.

Aber etwas möchte ich heute hier ansprechen, weil das im Gespräch ist, und zwar den Gewinnabschöpfungsanspruch. Man glaubt und diskutiert darüber, dass das ein wesentliches Mittel ist, um unlauteren Wettbewerb hintanzustellen. Ich habe mir das angeschaut. Das Wichtigste, das man bei unlauterem Wettbewerb macht, ist, ein Unterlassungsbegehren einzubringen, weil das mit sehr hohen Strafen verbunden ist. Schon allein der Anwalt kostet 1 000 €, und das geht dann bis 3 600 €, beziehungs­weise es gibt ja dann noch eine Schadenersatzforderung, aber die Gewinnabschöp­fung ist wahnsinnig schwer errechenbar.

Ich habe mir das jetzt einmal angeschaut. Es gibt auch ein Zugabeverbot, das heißt: Wenn jemand wirbt, dass es beim Kauf eines Tennisschlägers drei Tennisbälle gratis dazu gibt, ist das unlauterer Wettbewerb. Aber wie errechne ich da den zusätzlichen Gewinn? Das ist wahnsinnig schwierig.

Oder wenn Sie zum Beispiel neugierig sind und sich im Internet ein Horoskop erstellen lassen, aber nicht dabeisteht, dass das Erstellen eines Horoskops kostenpflichtig ist, wie rechne ich dann aus, welchen Gewinn jemand wirklich gemacht hat?

In Deutschland gibt es seit 2004 eine gesetzliche Regelung zur Gewinnabschöpfung. Dort waren bisher 16 Prozesse anhängig, aber bislang hat kein einziger Fall zu einer Gewinnabschöpfung geführt.

Wie schaut denn die Situation der Verfahren nach dem UWG aus? – Da haben wir im Jahr zirka 2 000 Beschwerdefälle, und davon landen 120 vor Gericht. In Deutschland ist die Situation ähnlich.

Wir begrüßen die vorliegende Novelle zum Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, aber ich bitte gleichzeitig alle, in der Frage der Gewinnabschöpfung, wenn es hier jetzt Diskussionen und unter Umständen Änderungen gibt, darauf Rück­sicht zu nehmen, dass das nichts bringt, sondern nur sehr viel kostet. Diese Strafen beziehungsweise die Gewinnabschöpfung sollten ja sozusagen in den Säckel des Staates fließen. Aber man sieht, das wird auch nichts. Ich bitte Sie daher, Frau Staatssekretärin, von der Einführung zusätzlicher Bürokratie in diesem Fall Abstand zu nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.43


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


12.43.52

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Es ist schon interessant, wenn die Präsidentin der Wirt­schaftskammer Niederösterreich hier einen solch flammenden Appell an alle richtet: Greift die Gewinnabschöpfung nicht an! – Sehr geschätzte Frau Präsidentin, die Ge­winn­abschöpfung in Österreich – Sie tun so, als wäre das so aufwendig und bringe nichts – ist in unserem Gesetzeswerk nicht ganz unbekannt, zum Beispiel im Kartell­gesetz.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 67

Im Kartellgesetz heißt es: Die durch einen Wettbewerbsverstoß erzielte Bereicherung ist in die Höhe des Bußgeldes einzurechnen. Das heißt, es ist sehr wohl – laut Kartell­gesetz – bei einer Strafe darauf Rücksicht zu nehmen, wie hoch die Bereicherung war. (Bundesrätin Zwazl: Ich habe ausgeführt, dass es so schwierig ist!) – Es geht ja hier um eine abschreckende, um die drohende Rute, wenn wir jetzt schon wieder bei Leinen und Ruten sind, Frau Kollegin. (Weitere Zwischenrufe der Bundesrätin Zwazl. – Bundesrat Konecny: Frau Kollegin, melden Sie sich zu Wort! Keine Zwischenreden!) – Das ist eine Frage. Da trete ich jetzt gerne mit der Präsidentin einer Wirtschafts­kammer in eine Diskussion ein.

Über unlauteren Wettbewerb schädige ich jeden einzelnen Konsumenten gering, aber in der Summe kann mir unlauterer Wettbewerb sehr wohl einen sehr hohen, einen mir nicht zustehenden Gewinn, also einen Unrechtsgewinn einbringen, der ein Vielfaches betragen kann. Und da, Frau Präsidentin, schnupfe ich die 5 000 oder 3 600 aber locker, bei den Aussichten, die ich auf der Gewinnseite habe.

Jeden einzelnen Konsumenten – und das, was heute hier vorliegt, ist ja nur der Bereich Business-to-Consumer ... (Bundesrätin Zwazl: Nein, nein, das stimmt nicht!) Nein, diese Novellierung regelt ja nur den Bereich ... (Bundesrätin Zwazl: Nein!) Nein, nein, nein, in erster Linie regelt diese Richtlinie – die Frau Staatssekretärin kann das ja auch aufklären – den Bereich Business-to-Consumer. Und da ist es so, dass es bei den Konsumenten natürlich nicht ein riesiger Verlust ist, aber in der Summe.

Frau Präsidentin, weil wir einander ja durchaus schätzen, möchte ich zwei weitere Bereiche des österreichischen Rechtswesens nennen, wo dieses Abschöpfen von Bußgeld sehr wohl etwas mit dem Unrecht zu tun hat, zum Beispiel im Strafrecht unter § 20:

„Wer ... eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen und dadurch Vermögensvorteile erlangt“ hat, ist „zur Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der dabei eingetretenen unrechtmäßigen Bereicherung zu verurteilen.“

Oder ein ganz junges Gesetz, übrigens aus der Regierungszeit Schüssels, das ist das Telekommunikationsgesetz aus dem Jahre 2003. Auch da wird der Regulierungs­behörde die Möglichkeit gegeben, „beim Kartellgericht den Antrag zu stellen, einen Betrag festzusetzen und für abgeschöpft zu erklären. Die Höhe der Abschöpfung richtet sich nach dem Ausmaß des wirtschaftlichen Vorteils“. Der zu Unrecht erzielte Gewinn wird also in Form eines Bußgelds abgeschöpft.

Ich wollte damit nur sagen, Frau Kollegin, wir würden ja nicht in verschiedenen Gesetzen Bußgeld auf Unrechtsgewinn vorsehen, wenn es nicht auch möglich wäre, das zu vollziehen.

Nichtsdestotrotz, es ist ein Wermutstropfen für unsere Fraktion, dass das nicht drin ist. Wir hätten das sinnvoller gefunden im Sinne einer Strafandrohung. Insgesamt ist es eine gute Weiterentwicklung, dass es jetzt eine schwarze Liste gibt.

Ich teile auch die Meinung von Frau Präsidentin Zwazl, dass unsere Wirtschaft nicht in erster Linie beabsichtigt, schwarzes Schaf zu sein, sondern dass unsere Unter­nehmerinnen und Unternehmer sehr wohl sehr ordentlich und in weitaus größerem Maße gut arbeiten, als man landläufig annimmt, das ist keine Frage.

Aber es gibt noch zwei ganz andere Bereiche, die ich anschneiden möchte, bei der Frage des unlauteren Wettbewerbs, die immer wieder zu Diskussionen anregen: Das eine ist der Medienbereich, wo ja immer wieder die Diskussion ist, kaufe ich eine Zeitung oder einen Computer, also die Geschenke von Zeitungen im Zuge von Abonnements, wo wir in der Vergangenheit eine ganze Reihe von Prozessen hatten und wo manche Verleger sich nichts sehnlicher wünschen, als dass der UWG-Para-


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graph komplett fällt, denn dann ist die Zeitung oder die Briefmarke eigentlich nur mehr das Lockmittel für andere Geschäfte, für die eigentlich Verlagsunternehmen gar keine Berechtigung haben, in einem solchen Ausmaß tätig zu werden. Das ist sicherlich etwas, was wir uns auch noch anschauen müssen, denn ich bekomme ein Abo, habe einen Computer oder Zubehör und so weiter. Das passt nicht ganz zusammen.

Das Zweite ist sicherlich jener Bereich, den wir unter das Karitative einordnen. Es wird einfach notwendig sein, dass sich Organisationen, die sich aus karitativen Gesichts­punkten um Spenden bemühen, einem Ethikkodex unterwerfen, denn es gibt natürlich auch in diesem Fall ganz aggressive Unternehmen, auch ausländische Unternehmen, die sich in Österreich unter ganz seltsamen Titeln, egal, ob das aus dem Katholischen entlehnt ist oder sonst, um Geldmittel im Sinne von Spenden für Notleidende bemühen. In Wirklichkeit sind das im Grunde genommen Drei-Personen-Tarnfirmen mit Briefkäs­ten in Österreich. Das fällt meiner Ansicht nach auch unter unlauteren Wettbewerb, zumindest in jenem Sektor.

Ich halte die gemeinsame Entwicklung eines Ethikkodex für sehr wichtig, denn dann weiß auch der Spender/die Spenderin Bescheid über eine Organisation oder Vereini­gung, dass sie diesem Ethikkodex beigetreten ist – das wäre meiner Überzeugung nach eine Positivliste –, und dann wissen sie eben auch, was mit ihrem gespendeten Geld geschieht. Natürlich gibt es auch da Formen von aggressiver und – zum Teil im karitativen Bereich – irreführender Werbung, die einfach dem gesamten Anliegen einer Branche – ich erlaube mir jetzt, das Karitative auch als „Branche“ zu bezeichnen – Schaden zufügen.

Wir werden diesem Gesetzesbeschluss des Nationalrates gerne zustimmen, aber vielleicht kann man bei einer zukünftigen Novellierung auch über die Gewinnabschöp­fung reden.

Frau Staatssekretärin Marek, Sie haben ja eine diesbezügliche Arbeitsgruppe einge­richtet, was eben besonders aggressive Werbung im Internet, auch was Internet-Kriminalität betrifft. Ich glaube, dass es da dringend geboten ist, zu neuen Regelungen zu kommen. Ich sage das jetzt, obwohl ich natürlich genau weiß, was es heißt, das Internet national zu regeln. Das ist ungefähr so, als ob man mit der Hand einen Bienenschwarm einzufangen versucht; davon ist sicher abzuraten, aber irgendwo müssen wir ja damit starten. (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)

Ich weiß nicht, ob Kollege Tiefnig da bessere landwirtschaftliche Kenntnisse hat, ich möchte mich jedenfalls entschuldigen, wenn das mit dem Bienenschwarm-Einfangen trotzdem geht; ich kenne mich aber, ehrlich gesagt, mit den Bienen nicht so aus, glaube aber, dass das eine gefährliche beziehungsweise sogar unnötige Aktion ist.

Wenn aber in Bezug auf diese aggressive Internet-Werbung jedes Land wartet und sagt, das gehe ohnehin nicht im nationalen Bereich, und wenn auch innerhalb der EU keine diesbezüglichen Vorstöße kommen – Österreich kann ja da durchaus einen Vorstoß machen, wenn schon eine Arbeitsgruppe hiefür eingerichtet wurde –, würde doch alles beim Alten bleiben.

Das ist jedoch zweifelsohne ein Gebiet, wo es extremen Handlungsbedarf gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.52


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Rednerin: Frau Staats­sekre­tärin Marek. – Bitte.

 


12.52.12

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Christine Marek: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesrat Schennach, weil


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das jetzt auch das Thema war: Diese EU-Richtlinie sieht den Bereich Business-to-Consumer, also B2C, vor, aber wir regeln im österreichischen UWG auch den Bereich Business-to-Business/B2B; und diesen Ansatz haben wir hier natürlich sinnvollerweise beibehalten.

Zur Arbeitsgruppe, die Sie, Herr Bundesrat, soeben angesprochen haben: Uns ist gerade das Thema aggressive Werbung im Internet, die immer mehr zunimmt, das Kaufen beziehungsweise die diesbezügliche Internetnutzung ein großes Anliegen. Und in dieser Arbeitsgruppe, die Sie angesprochen haben, die im November das nächste Mal tagen wird, geht es unter anderem auch um die Gewinnabschöpfung. Ich gehe davon aus, dass wir da gemeinsam zu einem guten Vorschlag, zu einem Kompromiss kommen werden. – Danke.

12.53


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.53.415. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen für Dampfkessel, Druck­behälter, Versandbehälter und Rohrleitungen (Kesselgesetz), geändert wird (148 d.B. und 237 d.B. sowie 7774/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun kommen wir zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Klug übernommen. Ich bitte um den Bericht. – Er ist nicht im Saal. Ist der Vorsitzende des Ausschusses hier? – Kollege Schimböck, würden Sie so freundlich sein, diesen Antrag einzubringen? – Bitte.

 


12.54.23

Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen für Dampf­kessel, Druckbehälter, Versandbehälter und Rohrleitungen (Kesselgesetz), geändert wird.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Oktober 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen hiezu keine vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


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Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.55.206. Punkt

Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2006 (III-329-BR/2007 d.B. sowie 7776/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tages­ordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Klug übernommen. – Da er nicht im Saale ist, darf ich wieder den Ausschussvorsitzenden bitten, den Bericht zu erstatten.

 


12.55.45

Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2006.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Ok­tober 2007 den Antrag, den Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeit­wirtschaft in Österreich 2006 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Neuwirth. – Bitte. (Bundesrat Mag. Klug betritt den Sitzungssaal. – Ruf: Jetzt ist er da! – Bundesrat Konecny: Ein bisschen spät, Herr Kollege!)

 


12.56.15

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei einem Blick auf den Tourismusbericht 2006 scheint zunächst einmal wirklich alles in bester Ordnung zu sein: Zuwächse bei den Ankünften, bei den Nächtigungen und bei den Umsätzen, was zeigt, dass Tourismus- und Freizeitwirtschaft ein verlässlicher Partner, ein wichtiger Wirtschafts- sowie Beschäftigungsmotor ist.

Österreich hat seine Spitzenposition unter den Tourismusländern erfolgreich verteidigt, wir nehmen auf dem Weltmarkt Platz neun ein. Rund 30 Millionen Gäste haben – zumindest rein rechnerisch – jedem Österreicher 1 600 € beschert.

Neben dem Wintertourismus boomte neuerlich der Städtetourismus, während die Nächtigungszahlen auf dem Land leicht rückläufig waren. Salzburg und Wien erwiesen sich neuerlich als Zugpferde des heimischen Tourismus.

Auch was das heurige Jahr betrifft, kann man mit der Entwicklung der Tourismus­wirtschaft sehr zufrieden sein: So war laut Auskunft der Wirtschaftskammer der August mit plus 7 Prozent bei der Zahl der Ankünfte rekordverdächtig. Trotz des weit ver­breiteten Schneemangels hat die Endbilanz der Wintersaison 2006/2007 sogar das Rekordniveau des Vorjahres erreicht; die Tourismus-Umsätze lagen sogar noch um 0,7 Prozent höher.


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Besonders erfreulich am guten Verlauf des heurigen Sommertourismus ist der Umstand, dass es wieder steigende Zahlen in Bezug auf Gäste aus Deutschland gibt – und das zum ersten Mal seit vier Jahren.

In Salzburg wurden im August 2007 um 3,7 Prozent mehr Nächtigungen verbucht als im August des Vorjahres. Für Mai bis August beträgt das Plus in Salzburg 3,9 Prozent. Das heißt, das wirklich sehr, sehr gute Mozart-Jahr 2006 konnte sogar noch über­troffen werden.

Hört man allerdings dem Tourismus- und Freizeitforscher Mag. Peter Zellmann zu, stellt sich trotz aller positiven Zahlen im Tourismusbericht 2006 und in der Entwicklung des heurigen Jahres die Frage, ob diese Zahlen nicht eine Sichtweise vortäuschen, die uns alle in eine Falle tappen lassen. In seinem neuesten Buch „Die Zukunftsfallen“ zeigt Mag. Zellmann die größten Stolpersteine der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auf und regt an, sich kritisch mit der Zukunft und mit diesem nur scheinbar klaren Weg in die Zukunft auseinanderzusetzen.

Mag. Zellmann geht davon aus – ich kann ihm da nur zustimmen –, dass die Bedeutung der Tourismus- und Freizeitwirtschaft immer noch unterschätzt wird. Berück­­sichtigt man neben den direkten auch die indirekten wirtschaftlichen Aus­wirkungen, sieht man, dass zumindest jeder fünfte Vollzeitarbeitsplatz davon abhängig ist. Bedenken muss man auch, dass die Privathaushalte heute rund 40 Prozent ihres Haushaltsbudgets für Freizeit- und Tourismusangebote nützen. Unter Umständen ist sogar jeder dritte Arbeitsplatz in Österreich direkt oder indirekt vom Tourismus abhän­gig. Und: Tourismus findet nicht nur in den klassischen Ferien­regionen statt, sondern eigentlich so gut wie überall in Österreich.

Entsprechend wichtig ist es daher, Strategien zu entwickeln, die sowohl diesem Umstand Rechnung tragen als auch die natürlich heute geänderten Rahmen­bedingungen berücksichtigen.

Der Trend zum Kurzurlaub ist stark steigend und reduziert die durchschnittliche Aufent­haltsdauer. Ein häufigerer Gästewechsel verursacht aber bei den Beherbergungs­betrieben und Veranstaltern einen höheren Aufwand. Dadurch entstehen natürlich höhere Kosten, vor allem Personalbereich.

Was wir in naher Zukunft ganz sicher brauchen, auch wenn noch nicht alle wirklich daran glauben, ist die Erarbeitung von Alternativstrategien für die beiden großen touristischen Schreckgespenster, die da so herumgeistern, nämlich Sommer ohne Sonne und Winter ohne Schnee. Wintertourismus ist ja – wir stehen unmittelbar vor der nächsten Wintertourismussaison – in erster Linie Wintersport für unsere Gäste, also Schilaufen, Snowboarden und Langlaufen. Es versteht sich eigentlich von selbst, dass dieser klassische Wintersport ohne Schnee in Zukunft unmöglich ist. Alternative Ange­bote können natürlich ergänzen, überbrücken, fehlenden Schnee aber in Wirklichkeit nicht ersetzen. Allerdings müssen diese zusätzlichen Möglichkeiten, über die jetzt schon nachgedacht wird und in Zukunft noch verstärkt nachgedacht werden muss, entsprechend beworben und dem Gast auch nähergebracht werden. Das erfordert Beratung und Betreuung der Gäste, persönliche Beratung und Betreuung, aber auch neue Marketingstrategien.

Ähnliches gilt natürlich in den Sommerregionen. Zellmann bemängelt nicht nur das Fehlen attraktiver Schlechtwettereinrichtungen, sondern ortet auch dort das Haupt­manko im Bereich Betreuungsangebot, Information, Animation und Beratung.

Ich schließe mich ihm an, wenn er meint, dass Alternativen in der Natur und nicht nur im Hallenbad gefragt sind, angeleitet und geführt von Menschen, die das auch können, in einer Natur, die es eben sonst nirgendwo gibt, sondern nur in Österreich. Wie er


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sagt: High Touch statt High Tech, das gilt gerade auch im Tourismus. Die Qualität des Angebotes der heimischen Tourismusbetriebe hängt nicht so sehr davon ab, wie viele Sterne ein Hotel oder ein Gasthaus hat, oder von der Anzahl der Freizeitmöglichkeiten, sondern eben von der Erfüllung subjektiver Bedürfnisse und Wünsche der Gäste.

Der Tourismus in Österreich hat nichtsdestotrotz sicher noch immer ein beträchtliches Entwicklungspotenzial. Die Frage ist allerdings, ob die derzeitigen Rahmenbedin­gun­gen, die rechtlichen Grundlagen, aber vor allem auch die Förderinstrumente aus­reichen, den Herausforderungen nicht nur im Bereich der klimatischen Veränderungen Rechnung zu tragen.

Wenn wir wollen, dass der vorhergesagte Klimawandel für Österreichs Tourismus­wirtschaft wirklich zur Chance wird, wird es notwendig sein, hier auch neue Konzepte zu entwickeln. So könnte man – ich erwähne ein Beispiel aus Salzburg – zum Beispiel das 1-€-Gästeticket für den öffentlichen Verkehr, das im Tennengau jetzt schon seit zwei Jahren besteht und das zum Modell für Klimaschutz wurde, nicht nur im Bundesland Salzburg einführen, sondern in ganz Österreich.

Allein heuer wurden durch diese Tennengauer Gästekarten für Bus und Bahn 28 000 Liter Diesel eingespart und damit 73 Tonnen Treibgas. 34 000 1-€-Tickets wurden verkauft, das sind um ein Drittel mehr als im vorigen Jahr. Das bedeutet – so die Rechnung – 430 000 eingesparte Autokilometer. Also durchaus auch ein Beitrag dazu, den klimaschädigenden Gefahren entgegenzuwirken, auch im Tourismus.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Recht wird im vorliegenden Bericht auch ein Kapitel den Chancen der Jugend gewidmet – das ist ein für mich sehr wichtiges Thema –, wobei der Arbeitsmarkt und die Lehrlingsausbildungszahlen auf einen Image-Aufwärtstrend hinweisen. Die Tourismusausbildung in Österreich hat ja durchaus Weltruf.

Eine aktuelle Umfrage unter den Absolventinnen und Absolventen der drei Touris­musschulen, die wir in Salzburg haben, hat ergeben, dass rund 70 Prozent heute als Fachkräfte in der Tourismusbranche arbeiten. 12,5 Prozent dieser Absolventinnen und Absolventen sind im Topmanagement angelangt, 4,5 Prozent im mittleren Manage­ment, und rund die Hälfte arbeitet ohne Führungsverantwortung im Unternehmen. Knapp ein Drittel dieser Absolventinnen und Absolventen ist im elterlichen Betrieb beschäftigt. Mehr als die Hälfte dieser Absolventinnen und Absolventen bleiben in dem Bundesland, in dem sie ausgebildet worden sind. 10 Prozent sind international tätig.

Für die weitere Ausbildung gibt es in Salzburg auch noch den Studiengang „Innovation und Management im Tourismus“ auf der Fachhochschule.

Das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist sicher der Weg in die Zukunft, denn gut ausgebildetes Personal bildet die Basis für eine Tourismusentwicklung, die neue Arbeitsplätze schafft. Allerdings muss auch klar sein, dass gut ausgebildetes Personal auf einem Niveau entlohnt werden muss, das der Ausbildung entspricht, und auch die Rahmenbedingungen der Arbeitsplätze gehören oftmals noch verbessert. Das kostet natürlich Geld, Geld, das vor allem in den kleineren und mittleren Betrieben aufgrund der hohen Investitionen der letzten Jahre nur in sehr geringem Ausmaß vorhanden ist. Auch das sollte man, wenn man über Förderinstrumente der Zukunft nachdenkt, in die Überlegungen mit einbeziehen.

Der Tourismus ist gemeinsam mit dem Kunst- und Kulturbereich sozusagen das Aushängeschild Österreichs. Was die Gäste, die nur eine Zeitlang in Österreich sind, aus aller Welt hier erfahren, ist die Grundlage des Bildes, das wir im Ausland abgeben.

Ich glaube, die Zahlen sind wirklich erfreulich, aber sie sind kein Polster, auf dem man sich ausruhen kann. Der Bericht an sich ist äußerst umfassend und bildet eine wirklich


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gute Grundlage für weitere Entscheidungen für die Zukunft. Und die, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werden sicher notwendig sein. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

13.06


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Fröhlich. – Bitte.

 


13.06.23

Bundesrätin Christine Fröhlich (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich darf zum Bericht über die Lage der Touris­muswirtschaft sprechen – entschuldigen Sie bitte meine Stimme, aber ich habe eine starke Erkältung.

Der alljährliche Lagebericht ist nicht nur ein parlamentarischer Auftrag, sondern auch eine Informationsquelle für alle im österreichischen Tourismus Tätigen. Hinweisen möchte ich an dieser Stelle auch auf die kürzlich veröffentlichte Broschüre „Tourismus in Österreich 2006“. – Dazu möchte ich gratulieren und den Mitarbeitern danken, denn es ist wirklich ein ausgezeichneter und ausführlicher Bericht gelungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Überblick in Zahlen. Der Tourismus hat im Jahre 2006 erneut seine besondere Bedeutung für Österreich unter Beweis gestellt. Österreich konnte weiterhin seine hervorragende Position im europäischen und internationalen Tourismus festigen. Die Zahl der Ankünfte überstieg erstmals die 30-Millionen-Marke, davon über 20 Millionen aus dem Ausland. Mit einem Anteil von knapp 9 Prozent am Bruttoinlandsprodukt und mit über 5 Prozent aller unselbständig Beschäftigten – fast 170 000 im Jahres­durchschnitt 2006 – zählt der Tourismus nach wie vor zu den wichtigsten Beschäfti­gungs­motoren der österreichischen Wirtschaft.

Tourismuspolitik ist eine klassische Querschnittmaterie und hat Einfluss auf Ein­kommens-, Beschäftigungs- und Leistungsbilanzentwicklung. In diesem Sinne bekennt sich die Bundesregierung in ihrem Arbeitsprogramm zu einem wachstums­orien­tierten qualitätsvollen Ganzjahrestourismus, zur Positionierung von Klein- und Mittelbetrieben als leistungsfähige Wettbewerber, zu bestmöglicher Qualifikation der Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer im Tourismus sowie Internationalisierung der Herkunftsländer.

Die Bedeutung des Tourismus unterstreicht auch die Einsetzung eines eigenen Tourismusausschusses des Nationalrates, der im November 2006 erstmals tagte und sich in Zukunft verstärkt den Fragen der österreichischen Tourismus- und Freizeit­wirtschaft widmen wird.

Ich darf auf Tirol eingehen und ein paar Zahlen nennen: Rückgang der Gäste- und Nächtigungszahlen als Folge des wärmsten Winters seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen und der ungewöhnlich geringen beziehungsweise fehlenden Schnee­mengen in tieferen Lagen.

In der abgelaufenen Wintersaison 2006/2007 wurden in Tirol insgesamt 4,61 Millionen Gäste und 24,06 Millionen Nächtigungen registriert. Das bedeutet gegenüber der Vorsaison eine Abnahme von rund 704 000 Nächtigungen oder 2,8 Prozent. Die Zahl der Gäste ging im gleichen Zeitraum um rund 129 000 beziehungsweise 2,7 Prozent zurück. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 5,2 Tagen blieb gegenüber dem Vorjahr gleich.

Während höher gelegene Schigebiete wie zum Beispiel das Pitztal, das Ötztal oder das Achental mit einem blauen Auge davonkamen, erreichten die Nächtigungsrückgänge im Außerfern, im Oberinntal, auf dem Seefelder Plateau und insbesondere im Raum Unterinntal bis zu den Kitzbüheler Alpen Werte von teilweise über minus 10 Prozent.


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Massive Nächtigungsverluste bei Deutschen und Inländern wurden durch Zuwächse „neuer Märkte“ stark gemildert. Die Nächtigungszahlen von Gästen aus Deutschland gingen bei uns in Tirol um 7,1 Prozent zurück. Aber man muss dazusagen, dass Qualitätshotels und gewerbliche Ferienwohnungen Zuwächse zu verzeichnen hatten. Die Umsätze für den Bereich Nächtigung mit Frühstück erreichten 1 229 Millionen €. Das Tiroler Tourismusbarometer weist trotzdem eine Steigerung von 1 Prozent auf.

Rund 33 000 unselbständig Beschäftigte gibt es im Saisondurchschnitt. Der Beschäfti­gungshöchststand wurde im Februar 2006 mit 41 441 Unselbständigen erreicht; darunter waren 17 646 Ausländer.

Ich möchte zum Schluss kommen, da noch sechs Redner – auch aus dem Gastro­nomie- und Hotelbereich – dazu sprechen werden, und nur noch sagen: Österreich ist ein beliebtes Urlaubsziel, Urlaubsland, das sicher und schön ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

13.12


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


13.12.44

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich für diesen ausführlichen und sehr interessanten Bericht danken. Einen Absatz dieses Berichts hätte ich sehr gerne im Vorwort stehen gehabt, aber vielleicht lässt es sich ja einrichten, dass etwas in diese Richtung künftig einmal in einem Vorwort eines Touris­musberichts steht, und zwar geht es um den letzten Absatz des Gastkommentars von Frau Professor Kromp-Kolb, wo es heißt:

„Die Tourismuswirtschaft ist sowohl Akteur als auch Betroffener des Klimawandels. Die nächsten zehn bis 20 Jahre entscheiden, ob es gelingt, das Klima zu stabilisieren, oder ob es zu den ganz großen Katastrophen kommt. Im Lichte der zu erwartenden Folgen des Klimawandels wird offenbar, dass die Entscheidung für den Klimaschutz nicht nur ökonomisch und politisch notwendig ist, sie ist – wie auch Al Gore in seinem Film zum Klimawandel betont – ein ethischer Imperativ.“

Vielleicht könnte man künftig eine solche Aussage auch ins Vorwort hineinnehmen und als Maxime der Tourismuswirtschaft darstellen.

Ich habe mir natürlich den Bereich Nachhaltigkeit am genauesten angeschaut, und da gibt es einige Punkte, die ich so ganz unterstreichen würde. Es ist zum Beispiel sehr interessant und sehr wichtig, dass dem Themenbereich Architektur und Nachhaltigkeit weiter viel Aufmerksamkeit gewidmet wird. Es ist schön, wenn es Leitlinien für nach­haltiges Bauen gibt – ich würde mir nur wünschen, dass es künftig auch spezifische Förderungen für nachhaltiges Bauen gerade in der Tourismuswirtschaft gibt.

Dazu passend: Es wäre auch interessant, Studien anzustellen oder auch Förderungen zu schaffen, die mehr Energieeffizienz im Tourismus mit sich bringen. Gerade im Wellness-Bereich, denke ich, gehört es zur Betriebskostenoptimierung, die Energie­kosten möglichst in den Griff zu bekommen und zu reduzieren.

Im Bereich Nachhaltigkeit fehlen mir mehr Anstrengungen im Bereich der Anreise. Nur 14 Prozent der Anreisen erfolgen mittels öffentlichen Verkehrs. Touristen, die mit dem Fahrrad ihren Urlaubsort aufsuchen – es gibt solche Touristen, und diese sind sehr wichtig für bestimmte Regionen, gerade entlang der Donau, Drau und Mur, wo eben die Radwege sind –, werden in der Statistik offenbar komplett ignoriert. Ich denke, gerade im Bereich der Anreise ist hinsichtlich der Nachhaltigkeit noch einiges zu tun.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 75

Im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit noch eingehend darauf, was Frau Kollegin Fröhlich vorhin gesagt hat: Es ist natürlich schön, wenn die Nächtigungszahlen steigen, noch besser wäre es allerdings, wenn nicht nur die Nächtigungszahlen in diesem Ausmaß stiegen, sondern sich auch der Umsatz dementsprechend entwickelte. Die Umsatzentwicklung ist nämlich nicht ganz so erfreulich. Was Nachhaltigkeit betrifft, wäre, so meine ich, der Qualität gegenüber der Quantität verstärkt der Vorzug zu geben.

Abschließend: Der zweite Gastkommentar zum Thema Klimawandel – er ist von Professor Dr. Egon Smeral vom Wifo – hat schon einen etwas seltsamen Zugang, und diesen würde ich mir nicht als Vorwort und nicht als Maxime wünschen. Herr Professor Smeral sieht anscheinend im Klimawandel eine Chance für den Tourismus, den wir vielleicht noch unterstützen müssten – ich weiß nicht, wie man das sonst auffassen sollte.

Dr. Smeral schreibt: „Die Erwärmung könnte in Österreich die Saisondauer verlän­gern.“ – Juhu! Auch die steigende Hochwassergefahr ist anscheinend eine Chance für den Tourismus. „Das Angebot an Facilitäten für Indoor-Aktivitäten erlangt daher strategische Bedeutung.“ – Inwieweit Indoor-Aktivitäten gegen Hochwassergefahr helfen, das ist nicht näher erläutert.

Weiters heißt es: „Insgesamt betrachtet haben daher langfristig die Binnendestina­tionen – und damit auch Österreich – trotz steigender Niederschlagsmengen struk­turelle Vorteile. Dafür spricht auch, dass Österreichs Konkurrenten in Südeuropa in Bezug auf ihren ,Rohstoff‘ Mittelmeer durch den Temperaturanstieg zunehmend mit Umweltproblemen rechnen müssen.“

Also, insbesondere den letzten Satz finde ich zynisch, und ich hoffe, dass niemand aus diesem Beitrag die Lehre zieht, dass der Klimawandel ein solch toller Fortschritt ist, den wir unterstützen müssten, damit unsere Tourismuswirtschaft besser lebt.

Ich hoffe, dass alle hier erkennen, dass der Klimawandel in jedem Fall eine Belastung für die Wirtschaft und auch für die Tourismuswirtschaft in Österreich darstellt. (Beifall bei den Grünen.)

13.17


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte.

 


13.17.53

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich war vor 17 Jahren im Nationalrat vertreten – das ist lange her –, und ich erinnere mich daran, welche Bedeutung damals dem Tourismus in der öster­reichischen Gesetzgebung beigemessen wurde, nämlich fast keine. Damals wurde im Parlament in etwa 50 Redebeiträgen zirka eineinhalb Tage lang über den Grünen Bericht geredet, und wenn dann über den Tourismusbericht, den Helmut Peter damals gefordert hat und der dann auch eingetrudelt ist, diskutiert wurde, war bei der sechsten Wortmeldung im Hohen Hause schon kein Wille mehr vorhanden, dem zuzuhören.

Das hat sich geändert, das haben auch heute die ersten drei Redebeiträge gezeigt, in denen sich drei Bundesrätinnen mit der Situation des Tourismus auseinandergesetzt haben, auch sehr kritisch auseinandergesetzt haben. Ich kann vor allem auch Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth voll beipflichten, denn es gibt natürlich da und dort Kritikpunkte, die wir ernst nehmen sollten.

Was die Bedeutung der heutigen Diskussionen über den Tourismus anlangt, hat sich allerdings nicht viel geändert. Ich sehe nicht einmal alle Bundesräte hier im Saal, die


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selbst aus der Hotelbranche kommen. Ich hoffe, sie treffen noch ein. (Ruf bei der ÖVP: Mit uns brauchst du nicht schimpfen, wir sind eh da! – Heiterkeit. – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Es ist immer so, dass sich dann jene betroffen fühlen, die anwesend sind, das habe ich damit aber nicht gemeint.

Ich denke, dass die Bedeutung des Tourismus – das ist auch herausgekommen – vier Fünftel der Bevölkerung betrifft und dass der Bericht, der hier vorgelegt wurde, hervorragend ist; das haben wir alle schon feststellen können.

Nach wie vor liegt Österreich, wenn man alle Indikatoren zusammennimmt, zum Bei­spiel Gästeankünfte, Nächtigungen, Tourismusexporte pro Kopf der Bevölkerung, Außenhandelsbilanz, weltweit, europaweit sowieso, im Spitzenfeld. Eigentlich müssten wir Weltmeister sein im Tourismusbereich, zumindest in dieser Kombination. Denn wenn man alles zusammenzählt, liegen wir ganz vorne.

Der Tourismus ist nach wie vor eine Zukunftsbranche, eine Branche, die ständig wächst. Immer mehr Länder haben mehr Kaufkraft und tragen so mit dazu bei, dass ihre Bevölkerung dem Urlaub frönen und die Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Anspruch nehmen kann. Dieser Strukturwandel, den es in den letzten Jahren gegeben hat und der dem österreichischen Tourismus stark zugesetzt hat, hat nicht aufgehört; das muss man auch sagen, das war auch den kritischen Worten von Frau Mag. Neuwirth zu entnehmen, aber dieser Herausforderung müssen wir uns stellen, nicht nur die Sozialpartner, nicht nur die Politik, sondern vor allem auch die Touris­muswirtschaft, denn die ist es ja letztlich, die die Wertschöpfung beziehungsweise auch die Arbeitsplätze zur Verfügung stellt.

Die Herausforderungen werden weiterhin sein: sinkende Aufenthaltsdauer, ständige Anpassung und Veränderungen der Gästewünsche, denen wir nachkommen müssen – weitere Umstrukturierungen werden also folgen müssen –, Investitionen in die Zukunft, vor allem in die Qualität werden notwendig sein; damit meine ich nicht nur in die Qualität der Hardware, sondern natürlich auch in das Humankapital, in unsere Mitarbeiter.

Der Bericht, der uns vorliegt, kann, wenn wir ihn ernst nehmen, auch ein Wegweiser für die zukünftige Entwicklung des Tourismus in Österreich sein, allein die Bereiche Zukunfts­prognosen, Maßnahmen zur strategischen Tourismusentwicklung, Nachhaltig­keit des Klimawandels, Tourismusförderung – auch das ist notwendig, und zwar aufgrund dessen, dass uns leider der Finanzminister von den Einnahmen zu viel wegnimmt. Mir wäre es lieber, weniger Steuern und dafür weniger Förderung, aber das ist eine alte Forderung der Tourismuswirtschaft, deren Erfüllung wir auch in den letzten beiden Legislaturperioden, in denen wir selbst mit in der Regierung waren, eigentlich nicht viel näher gekommen sind.

Ich möchte trotzdem dem Ministerium und vor allem den MitarbeiterInnen für die perfekte Aufbereitung dieses Berichts danken. Dank aber vor allem auch an die über 208 000 Betriebsinhaber und Mitarbeiter.

Wir stellen Arbeitsplätze zur Verfügung. Ich war gestern – auch die Frau Staats­sekre­tärin war anwesend – bei der Enquete der Katholischen Jugend „Jugend will Arbeit“. Wir können feststellen, dass es in Österreich eine Branche gibt, die mehr Lehrstellen anbietet, als es Lehrstellensuchende gibt. Das heißt, die Jugend sollte nicht nur die Chance im Bereich der Tourismusschulen ergreifen, sondern auch jene der sechs Tourismusberufe. Es geht darum, dass wir alle dazu beitragen sollten, dass das Image der Tourismusberufe steigt; ob Koch, Kellner, ob HGA, ob im Wellness-Bereich, egal, wie auch immer, die Karrieren sind weltweit möglich. Es gibt sehr viele Beispiele dafür, dass österreichische Köche mit riesigen Erfolgen weltweit agieren. Ich kenne viele österreichische Hoteldirektorinnen und Hoteldirektoren, so zum Beispiel hat das Hotel


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„Vier Jahreszeiten“, das „Four Seasons“, in New York, wo ich auch schon einmal gewohnt habe, einen jungen oberösterreichischen Direktor. Das heißt, es gibt die Chancen nicht nur im eigenen Lande, sondern als gut ausgebildete Mitarbeiter im Tourismus haben unsere Leute weltweit Chancen.

Ich weiß schon – ich komme zum Schluss –, dass es ein Problem gibt in unserer Branche, weshalb wir fünfmal so viele Mitarbeiter ausbilden müssen, damit wir ausreichend Fachkräfte zur Verfügung haben: das soziale Umfeld, der Punkt, dass dann Leistungen zu erbringen sind, wenn alle anderen frei haben. Aber das wird man nie ändern können! Es wird nie eine Änderung in diesem Bereich geben, dass die meisten Berufstätigen samstags, sonntags frei haben und die Tourismuswirtschaft dann gefordert ist – das gilt auch für Ostern, Weihnachten, die Ferienzeiten, die Wochen­enden und die Abende. Das werden wir nie wegbekommen!

Aber ich glaube, dass wir dem etwas Schönes gegenüberstellen können, nämlich den Umstand, dass der Beruf, in dem wir arbeiten, kein Fließbandberuf ist, sondern dass das Material, mit dem wir arbeiten, Menschen sind. Ich meine, das ist wohl das Schönste, wofür wir arbeiten können. (Beifall des Bundesrates Ing. Kampl sowie bei der ÖVP.)

13.25


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Rednerin ist Frau Staatssekre­tärin Marek. – Bitte.

 


13.25.15

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Christine Marek: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Auch ich möchte mich meinen Vorrednerinnen und Vorrednern anschließen und mich für diesen hervor­ragenden Bericht und die engagierte Arbeit bedanken. Ich denke, dass dieser Bericht wirklich sehr viel Aussagekraft und Informationsgehalt hat und ein ausgezeichnetes Bild über die Lage des Tourismus in Österreich und das, was der Tourismus für Österreich bedeutet, liefert und auch die Herausforderungen, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten für die Tourismuswirtschaft anstehen, anspricht.

Gestatten Sie mir, hier noch einen kurzen Überblick zu geben und auf ein paar kritische Anmerkungen beziehungsweise auf ein paar Aussagen meiner Vorrednerin­nen und Vorredner einzugehen.

Gerade dieser Bericht zeigt uns wieder sehr eindrücklich die Bedeutung – Herr Bundes­rat Mitterer hat es auch angesprochen –, zeigt uns, wie wichtig der Tourismus für Österreich ist. Wir haben erstmals die 30-Millionen-Marke überschritten, was die Ankünfte betrifft, davon über 20 Millionen aus dem Ausland, was natürlich sehr erfreulich ist. Wir haben einen Bruttoinlandsproduktanteil von knapp 9 Prozent, und über 5 Prozent – auch das wurde bereits angesprochen – aller unselbständig Beschäf­tigten sind im Tourismus tätig, fast 170 000 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt 2006. Der Tourismus ist also wirklich einer der zentralen Beschäftigungsmotoren in Öster­reich.

Ich möchte hier gerne meine Anerkennung, meinen Respekt und meinen Dank an alle im Tourismus beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Ausdruck brin­gen, denn gerade sie tragen ganz wesentlich dazu bei, zusammen mit den Unter­nehmerinnen und Unternehmern, dass der Tourismus in Österreich dieses hohe Niveau, diesen Stellenwert auch international hat. Wir haben bereits gehört, Platz neun im internationalen Ranking der Tourismusdestinationen!

Bei den Nächtigungen hatten wir im Jahr 2006 ein Plus von nur 0,1 Prozent, aber wir sehen ganz klar einen Trend zum Qualitätstourismus, das heißt, wir hatten deutliche


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Zuwachsraten in der 4-, 5-Sterne-Kategorie, auch in der 3-Sterne-Kategorie, aber ein deutliches Minus, was die 1-Stern-, 2-Sterne-Kategorie, aber auch Privatunterkünfte betrifft. Eines der Kriterien bei den Förderungen im Tourismus ist seit vielen Jahren, Qualitätsupgrades sozusagen zu unterstützen, wenn sich Betriebe dazu entschließen, einen Stern zuzulegen und ihr Haus besser auszustatten.

Bei den Herkunftsländern gab es bei den Nächtigungen aus dem bedeutendsten Herkunftsland, nämlich Deutschland, ein Minus, aber das hat sich im heurigen Jahr im Sommer auch Gott sei Dank wieder revidiert, im Sommer gab es wieder einen klaren Zuwachs an Touristinnen und Touristen aus Deutschland, Zuwächse auch bei allen anderen Herkunftsländern, an erster Stelle die USA, Frankreich und das Vereinigte Königreich Großbritannien.

Frau Bundesrätin Neuwirth hat es schon gesagt: Wien und Salzburg sind die Spitzenreiter, wenn es um Zuwächse geht. Aber auch Niederösterreich, das Burgen­land und Oberösterreich sind ganz vorne, was die Zuwachsraten betrifft. Und die Tourismusumsätze insgesamt: plus 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr und mittlerweile eine Größenordnung von nahezu 20 Milliarden €. Das ist etwas, woran wir sehen, dass die Gäste durchaus bereit sind, viel Geld oder mehr Geld in die Hand zu nehmen und ihr Geld durchaus auch in Österreich zu lassen.

Zum Arbeitsmarkt – ich habe es bereits gesagt –: fast 170 000 Beschäftigte im Touris­mus. Auch die Lehrlinge wurden bereits angesprochen: Fast 15 000 Lehrlinge werden im Bereich Tourismus ausgebildet. Da geht es natürlich auch darum, die Arbeits­bedingungen weiter zu attraktivieren, attraktiver zu gestalten, um einfach mehr Per­sonen anzusprechen, weil es schwierig ist, Lehrlinge zu motivieren, sodass junge Menschen im Tourismus eine Ausbildung absolvieren, die alle Chancen und Möglich­keiten bietet. Das Bild, das Arbeitsbild und die Bedingungen müssen entsprechend verbessert werden. Ich glaube, dass wir alle einen Beitrag dazu leisten sollten.

Was mir auch sehr wichtig ist, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, was aufgrund der Arbeitszeiten natürlich eine Herausforderung ist. Es ist mir wichtig, zahl­reiche Gespräche zu gemeinsamen Anstrengungen mit den Repräsentantinnen und Repräsentanten der Tourismuswirtschaft zu führen.

Es ist sehr erfreulich, dass wir in der Wintersaison 2006/2007, die von einem massiven Schneemangel gekennzeichnet war, trotzdem das hohe Niveau bei den Nächtigungen halten konnten, lediglich 0,9 Prozent Rückgang, aber die Ankünfte konnten wir sogar auf 14,1 Millionen erhöhen. Wir sehen daran deutlich den Trend zu kürzeren Aufent­halten, die Menschen kommen kürzer, aber öfters nach Österreich.

Im gleichen Zeitraum konnten wir auch die Tourismusumsätze um 0,7 Prozent steigern und damit erstmals die 10-Milliarden-€-Marke durchbrechen.

Die Tourismusförderungen des BMWA sind natürlich ein ganz wichtiger Faktor. Durch diese Förderungen können wir als Ministerium die Tourismuswirtschaft entsprechend unterstützen. Österreichweit haben wir im vergangenen Jahr 1 086 Förderfälle mit einem Kreditvolumen von insgesamt rund 190 Millionen € unterstützt und hier insge­samt ein Budget von rund 33,1 Millionen € eingesetzt. (Präsident Mag. Erlitz über­nimmt den Vorsitz.)

Die Finanzierung von ERP-Krediten ist ja auch ein ganz wichtiger Faktor für die Tourismuswirtschaft. Durch den ERP-Fonds haben wir 36 Fälle positiv erledigt, mit einem Volumen von rund 45 Millionen € – also auch hier durchaus beachtliche Zahlen. Dabei ist es auch ganz intensiv darum gegangen, Stichwort „Klimawandel“, Be­schneiungsanlagen – natürlich unter strengsten ökologischen Auflagen, Frau Kollegin (in Richtung Grüne) – entsprechend zu fördern und zu unterstützen, weil das teilweise


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ein Überlebensfaktor für die Tourismusregionen ist. Auch die Energieeffizienz, meine Damen und Herren, ist in den Förderrichtlinien längst verankert und wird entsprechend gehandhabt.

Noch ein kurzer Ausblick, was die Sommersaison 2007 betrifft: Hier können wir eine sehr erfreuliche Zwischenbilanz vorweisen. Zwischen Mai und September konnten Umsätze in Höhe von 8,8 Milliarden € erwirtschaftet werden. Das ist ein Zuwachs von 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und ist natürlich auf diesen vom Wetter her tollen Sommer zurückzuführen. Auch bei den Nächtigungen hat es entsprechende Zuwächse gegeben. Es ist erfreulich, dass besonders die inländischen Gäste in Österreich Urlaub gemacht haben, aber auch die ausländischen Gäste um 3,1 Prozent zugelegt haben.

Zu den mehrfach angesprochenen Themen „Nachhaltigkeit“, „Klimawandel“, „Heraus­forderungen“: Frau Bundesrätin Kerschbaum, es ist für das BMWA und dessen Führung natürlich wichtig, die ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels zu betrachten und Schlüsse ziehen zu können. Da ist es nicht zynisch, wenn wir Professor Smeral beauftragen, eine Studie anzufertigen, in der es darum geht, wie und wo wir reagieren können und welche Schlüsse wir daraus zu ziehen haben.

Das sehen wir als Wirtschaftsministerium natürlich in unserer Verantwortung. Wir arbeiten intensiv – das hat Frau Bundesrätin Neuwirth angesprochen – mit Herrn Professor Zellmann zusammen, der für uns auch sehr interessante Schlüsse zieht beziehungsweise Anregungen gibt. Hier haben wir zum Beispiel gemeinsam eine Studie zum Thema „Konzept für Modellregionen“, wo es genau darum geht, wo wir was konkret tun können.

Mit dem neu geschaffenen Klima- und Energiefonds können wir den Tourismus ganz besonders berücksichtigen. So können wir Maßnahmen setzen und dem Tourismus im Jahr 2007 zusätzlich 500 000 € an Mitteln zur Verfügung stellen, wenn es zum Beispiel um die Schutzhütten geht, die natürlich – das ist Ihnen sicher bewusst – in einer beson­ders sensiblen Region liegen; oder wenn es um den alpinen Raum geht, wo wir uns fragen: Was können wir tun? Wie sensibel gehen wir dort mit der Umwelt um?

Meine Damen und Herren! Ich denke, der Tourismus in Österreich ist auf einem hervorragenden Weg. Wir werden die Herausforderungen entsprechend meistern. Wir sind uns der Herausforderungen bewusst und wollen vor ihnen nicht die Augen verschließen. Ganz im Gegenteil! Wir wollen gemeinsam daran arbeiten, dass der Tourismus auch in Österreich in den nächsten Jahren so erfolgreich ist wie bisher. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer und Ing. Kampl.)

13.34


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ing. Einwallner. – Bitte.

 


13.34.48

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Zu Beginn meines Debattenbeitrages möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums, die diesen ausführlichen und übersichtlichen Bericht ausgearbeitet haben, bedanken.

Die Bedeutung des österreichischen Tourismus und der Tourismuswirtschaft wurde schon deutlich hervorgehoben. Ein Wirtschaftszweig, der beinahe 9 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausmacht und im Jahr durchschnittlich 170 000 Beschäftigte hat, ist unumstritten ein wichtiger Bestandteil für Wirtschaft und Beschäftigung in unserem Land.

Schaut man sich allerdings die wirtschaftliche Situation der Betriebe genauer an, sieht man nach wie vor die Problematik der geringen Eigenkapitalquote. Auch die Entwick-


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lung der Insolvenzen im Bereich der Hotellerie und Gastronomie ist nach wie vor nicht befriedigend und nicht so, wie sie sein könnte.

Ich selbst komme aus Bregenz, einer Tourismusregion. Die Regionen Bregenz, Bodensee, Bodenseeraum gehören zu den Top-Destinationen in Österreich. Das Spiel am See auf der weltweit größten Freilichtbühne ist sicherlich einer der Höhepunkte im österreichischen Kulturleben, ein absolutes Kulturerlebnis und Kulturereignis jedes Jahr. Wir sehen hier also, wie gut und nachhaltig Kulturtourismus sein kann. Daher kann ich Initiativen im Rahmen der Culture Tour Austria, wie sie im Bericht beschrie­ben wurden, nur begrüßen. Ich denke, dass man hier auf dem richtigen Weg ist.

Man sieht am Beispiel Bregenz, wie gut es tut, wenn Kultur und Tourismus miteinander im Einklang stehen. Das ist ein absolut positives Beispiel, und es gibt mehrere Festivals in Österreich, wo man das im gleichen Zuge unterstreichen kann. In Vorarlberg hat es aber auch ein Projekt gegeben, das auf ganz hohem Niveau gezeigt hat, wie man ein Projekt auch zerstören und kaputtmachen kann, wenn man die Bevölkerung nicht in entsprechendem Ausmaß mit einbindet.

Man versuchte – beziehungsweise die Spitze des Landes, allen voran Landes­haupt­mann Sausgruber und die ÖVP-Regierung versuchte –, ein Kultur- und Touris­mus­projekt auf der Bielerhöhe in der Silvretta durchzupeitschen, ohne die Bevölkerung einzubinden, und damit von oben herab ein Projekt in einem sensiblen Naturgebiet durchzudrücken. Das Projekt ist, wie nicht anders zu erwarten war, schiefgegangen. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Dieses Projekt ist jetzt auf Eis gelegt, und das ist gut so. Ich begrüße es, dass man jetzt wirklich einen Stopp gemacht hat. Dieses Projekt hatte ganz klar und deutlich gezeigt, dass es nur nach Druck der Bevölkerung und der Opposition im Land zu einem Einlenken gekommen ist. (Bundesrat Mayer: Das ist falsch, das stimmt nicht!) – Natürlich stimmt das! Wahrscheinlich warst du im Sommer auf Urlaub, Edgar, wenn du glaubst, dass das nicht stimmt. Denn eines hat es gezeigt: Die Kultur, wie sie offenbar in Vorarlberg von der ÖVP aufgezeigt wird, dass man von oben herab der Bevölkerung etwas aufs Auge drückt, gehört der Vergangenheit an. Das trägt die Vorarlberger Bevölkerung nicht mehr mit!

Aber lassen Sie mich gerade an diesem Punkt einhaken. Ich bin der Meinung, dass in Zukunft das Gleichgewicht dessen, was touristisch notwendig und umweltpolitisch verträglich ist, sorgfältig abzuwägen ist. Es muss tatsächlich zu Beteiligungsprozessen kommen. Man muss die Bevölkerung, ganze Regionen mit einbinden, wenn man neue Tourismusprojekte plant.

Da reicht es nicht, nur einzelne Bürgermeister, Tourismusbetriebe und deren Ange­stellte einzubinden – nein, wir müssen die gesamte Bevölkerung mit einbinden und tatsächlich das Prinzip von bottom-up einführen, damit es hier wirklich zu einer Akzeptanz kommt. Da muss die ganze Region mit eingebunden werden. Wir müssen Tourismusregionen schaffen und sie mit in den Prozess nehmen, wenn wir neue Projekte entwickeln. In diesem Zusammenhang sind in Zukunft die Länder viel stärker gefordert, aber natürlich auch das Ministerium.

Zum Schluss möchte ich noch ein Projekt erwähnen, das mir im Bericht aufgefallen ist und mir bisher noch nicht bekannt war. Ich möchte Sie auf dieses Projekt aufmerksam machen. Es geht um einen Posterwettbewerb „Schutz der Kinder im Tourismus“. Es gibt ein internationales Abkommen der Tourismusindustrie zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung durch Touristen. Im Jahr 2001 wurde dieser Verhaltenskodex auch von österreichischer Seite unterzeichnet.


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Es hat, glaube ich – und Sie werden mir zustimmen, Frau Staatssekretärin –, einen sehr erfolgreichen Posterwettbewerb gegeben. Man hat die Schülerinnen und Schüler in den Tourismusschulen mit dieser Thematik sensibilisiert. Das ist ein sehr positiver und guter Punkt, und es ist auch schön, dass er in diesem Bericht Platz gefunden hat. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man, wenn man über Tourismus und über Touris­musberichte spricht, nicht immer nur die wirtschaftlichen Kennzahlen in den Mittelpunkt setzt, sondern auch das eine oder andere Mal auf die dunklen Seiten des Tourismus aufmerksam macht, die es leider auch gibt.

Abschließend sei gesagt: ein erfreulicher, guter Bericht für die österreichische Touris­muswirtschaft. Wünschenswert in allen Weiterentwicklungsprojekten ist, dass wir wirklich die Bevölkerung stärker mit ins Boot nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

13.40


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Köberl. Ich erteile es ihm.

 


13.41.02

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Staatssekretärin! Der Tourismus weiter auf Erfolgskurs – so könnte man diesen Tourismusbericht 2006 übertiteln. Auch ich darf all jenen danken, die bei der Erstellung mitgewirkt haben. Da der Bundesrats-Vorsitz für dieses halbe Jahr in steirischer Hand ist und auch meine Vorredner ihr Bundesland ein bisschen mit einer besonderen Note bedacht haben, darf ich das als einer, der aus einer sehr traditions­reichen Tourismusregion, nämlich dem steirischen Salzkammergut, kommt, an dieser Stelle auch für die Steiermark tun.

Die Steiermark als das beliebteste Tourismusland der Österreicher – weshalb, darauf werde ich noch eingehen – hat rund zehn Millionen Nächtigungen, 2,7 Millionen Ankünfte. Es ist wieder ein leichter Aufwärtstrend zu verzeichnen; das stärkste Jahr bisher aber war 2003. Wir haben rund 110 000 Betten; wesentlichste Herkunftsländer – ich habe es schon gesagt –: Österreich mit 64 Prozent. Das ist ein sehr hoher Anteil; rund 18 Prozent davon aus Wien, die Achse über den Semmering funktioniert da sehr gut.

Gesamteinkünfte: zirka 1,1 Milliarden €, plus 50 Prozent gegenüber dem Jahr 1996. Ich denke, das ist ein toller Wert, der zeigt, man hat auch eine Wertschöpfung erzielt. Es ist – und das wurde heute schon gesagt – nicht immer unbedingt die Zahl der Übernachtungen und der Ankünfte ausschlaggebend, sondern der Grad der Wert­schöpfung. Da liegen wir noch nicht dort, wo wir hinwollen, nämlich bei zirka 70 € pro Tag, die ein Gast bei uns ausgibt. Kollege Einwallner hat gemeint, dass ein Gast in Vorarlberg etwa 120 € ausgibt. Also da gibt es österreichweit doch noch erhebliche Unterschiede.

32 000 im Tourismus Beschäftigte in der Steiermark.

Die Tourismusentwicklung allgemein ist eine, die sehr positiv zu bewerten ist. Ich habe mir hier aufgeschrieben: Vom Kirchturmdenken weg hin zu einer Urlaubsdestination – die Steiermark, das grüne Herz Österreichs.

Es muss natürlich auch eine strategische Ausrichtung geben, und die gibt es für die steirische Tourismuspolitik ganz klar. Es gibt die Dachmarke Steiermark, es gibt vier klare Themenbereiche, denn Themen spielen beim Tourismusverhalten immer mehr eine Rolle. Es ist nicht mehr unbedingt die Destination, sondern es sind auch Stim­mungen, die die Menschen im Urlaub erleben wollen. Dazu gehören – der Klassiker eigentlich auch der Steiermark – Wellness und Thermen, Naturerlebnis und Sport,


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Graz und – wir haben es schon gehört – weitere Städte mit deren Kulturangebot und der steirische Wein und die Kulinarik, die in unserem Bundesland geboten werden.

Wie wird der operative Bereich abgehandelt? – Das passiert gleich wie in anderen Bundesländern auch bei uns in sogenannten Tourismusregionen. Zuallererst darf ich das steirische Salzkammergut und das Ausseerland nennen, eine traditionsreiche Tourismusregion. Bad Aussee – vor rund 140 Jahren erstmals als Kurort angesehen; aus einer klassischen Bergbauregion, einer Salzgewinnungsregion hin zu einer Som­mer­frische. Damals sind die Leute mit Sack und Pack – wie man gesagt hat – gekommen und haben drei Wochen lang auf dem Land gewohnt. Heute haben wir eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer von drei Tagen zu vermerken. Man erkundigt sich im Internet, wie das Wetter ist, wo man am günstigsten in dieser Region untergebracht werden kann. Die Situation hat sich geändert – diese Veränderungen bieten aber auch Chancen, die jeder Einzelne nutzen muss.

Das Attraktive bei uns ist sicherlich die „Fünf-Sterne-Landschaft“, die man zu Recht so bezeichnen kann, wo wir Chancen sehen als Ausbaupotential zur Ganzjahres­des­tination. Immer mehr Menschen entscheiden sich, wie gesagt, für drei bis vier Urlaube im Jahr. Diese Entscheidung erfolgt meist spontan und auch außerhalb der klassischen Urlaubszeit. Wir haben rund 850 000 Nächtigungen zu verzeichnen und sind im Begriff, gerade in den letzten Jahren und auch im heurigen Jahr, uns der Millionenmarke zu nähern.

Eine Tourismusregion, die auch international von Bedeutung ist, ist die Region Schladming–Dachstein, die Bilderbuchlandschaft zwischen den Schladminger Tauern und dem Dachstein. Hier finden Sie alle Highlights, die der Winter-, aber auch der Sommertourismus zu bieten haben. Wie wir schon gehört haben: neun Winter­sportzentren mit 109 modernen Seil- und Sesselbahnen. Aufgrund der geografischen Lage gilt die Region als sehr schneesicher; dazu kommen auch – wir haben heute schon darüber gesprochen – die modernsten Beschneiungsanlagen Europas.

Es gibt da auch diesen Zwiespalt in der Tourismusentwicklung. Wenn man den Pro­gnosen Glauben schenken darf, dann wird laut einer OECD-Studie – so ist es auch im Tourismusbericht vermerkt – bei einer Erwärmung um nur 1 Grad Celsius von den gegenwärtig 228 Schigebieten Österreichs rund ein Drittel wegfallen. Bei einer Erwärmung von 2 Grad würde das die Hälfte bedeuten, und bei einer Erwärmung von 4 Grad würde das rund 80 Prozent bedeuten. Das muss man sich einmal konkret im Detail vorstellen.

Auf der anderen Seite gibt es Berichte darüber – ich habe auch einen Bericht im Fernsehen darüber gesehen; eine langfristige Entwicklung, die auch klimatisch bedingt ist –, dass gerade Länder, die momentan sehr im Plus sind, Beispiel Griechenland, alle mediterranen Länder, die großen Verlierer sein werden. Aber ich gebe Kollegin Kerschbaum recht, diese Argumentation wäre fatal, dass wir alles dafür tun müssen, dass wir auf der anderen Seite profitieren. Aber man sieht, wie schwierig oft die Entscheidung ist, in welche Richtung zu gehen ist.

Lassen Sie mich noch kurz etwas zum Murtal sagen, einer Region, die auch als Schigebiet und als der Holzcluster in der Steiermark bekannt geworden ist; das steirische Thermenland mit rund 2,5 Millionen Nächtigungen. Ein Jungbrunnen für Körper und Seele – habe ich mir hier aufgeschrieben. Jeder, der schon einmal dort gewesen ist, weiß, dass es dort sechs Thermenstandorte gibt, die sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen, sondern jährlich, ja fast monatlich neue Attraktionen bringen oder bringen müssen, denn gerade dieser Sektor ist heiß umkämpft. Jeder, der weiß, was in Slowenien, in Ungarn derzeit an Thermenprojekten


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entsteht beziehungsweise was noch in der Schublade vorhanden ist, weiß, dass es hier eine harte Konkurrenz auf relativ kleinem Raum gibt.

Graz – ich habe die Stadt schon als Kulturhauptstadt 2003 erwähnt – ist ein Beispiel dafür, dass gerade auch der Kulturtourismus sehr erfolgreich abgewickelt werden kann. In wohl kaum einer anderen Stadt finden Sie auf so engem Raum moderne Architektur kombiniert mit einem mittelalterlichen Ambiente der Innenstadt.

Die Süd- und Weststeiermark schließlich – die kulinarische Region. Das Weinland, wie es bezeichnet wird, hat den steirischen Wein vom einstigen Geheimtipp zum Export­schlager werden lassen. Viele bezeichnen diese Landschaft ob ihrer reizvollen Hügellandschaften auch als die steirische Toskana.

Urlaubsthemen in der Steiermark – ich habe es schon erwähnt –, die in Zukunft eine Rolle spielen werden, sind eben die Familie, Wandern, Wellness, Beauty, Gesundheit, Kultur und Kulinarium. Investitionen in die Zukunft sind wichtig, wie wir auch schon gehört haben. Hier hält der Trend an, dass vor allem im Hochpreissegment Zuwächse erreicht werden. Ich glaube, Kollege Mitterer hat es heute schon angesprochen: Es ist nicht nur die „Hardware“, sondern es ist die „Software“, die sehr viel bei den Gästen bewirkt. Ein höflicheres Lächeln, ein freundliches Dankeschön macht oft viel mehr aus als ein Topzimmer. Diese Qualität wird bei uns hochgehalten – dank gut ausgebildeter Mitarbeiter. Ich darf an dieser Stelle allen MitarbeiterInnen, die direkt oder indirekt im Tourismus beschäftigt sind, sehr herzlich für ihre Leistungen danken. Ich darf aber auch dem Unternehmertum beziehungsweise den Unternehmerinnen und Unterneh­mern dafür danken.

Letzten Endes kommt es auf die Leute an, die sich trauen, die bereit sind, Geld in die Hand zu nehmen, und die oft sehr allein gelassen werden, wenn es einmal nicht so gut läuft. Ich meine, diese Leute haben sich einmal einen besonderen Applaus an dieser Stelle verdient. (Allgemeiner Beifall.)

Die Tourismusförderung wurde auch schon angesprochen. Es ist immer die Frage: Weniger Steuern, dafür sozusagen mehr Förderungen – oder umgekehrt? Das, was ich jetzt genannt habe, wäre der Idealfall. Wir haben über die Förderschienen schon gehört. Sehr erfolgreich entwickeln sich oft gemeinsame Investitionen, sogenannte Public-Private-Partnership-Investitionen, wo von der öffentlichen Hand und von privater Seite Geld in Leitprojekte für Regionen fließt.

Solche Leitprojekte gibt es auch in unserer Region. An dieser Stelle darf ich mich auch bei dem in der Steiermark zuständigen Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer sehr herzlich bedanken. Er hat es ermöglicht, dass gerade in der Region steirisches Salzkammergut zwei Großprojekte verwirklicht werden können: Der Spatenstich für die Grimming-Therme wird am 12. Dezember dieses Jahres stattfinden, und für das neue VitalBad Aussee im Frühjahr 2008. Das bedeutet ein Gesamt­investitionsvolumen, mit angeschlossenen Hotels, von rund 100 Millionen €. Was das an Wertschöpfung bedeutet, das kann man sich ausrechnen, sowohl im Bereich der Arbeitsplätze, aber auch für die gesamte Wirtschaft in dieser Region bis hin zur Obersteiermark und zum angrenzenden oberösterreichischen Salzkammergut.

Dafür ein herzliches Dankeschön. Ich glaube, dieser erfolgreiche Weg sollte auch in Zukunft fortgesetzt werden – mit Berichten, die es verdient haben, dass wirklich viele anwesend sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

13.51


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Konrad. Ich erteile es ihr.

 



BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 84

13.51.42

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch vonseiten der Grünen als Erstes den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für diesen Bericht danken, der wirklich sehr gut und sehr sauber gemacht ist, vor allem auch dafür, dass er durchgehend geschlechtergerecht formuliert ist. Das freut uns natürlich immer ganz besonders.

Wir haben jetzt von meinem Vorredner gehört, wo wir alle unseren nächsten Urlaub verbringen sollten. Die Steiermark ist durchaus ein sehr schönes Land; er hat das jetzt auch sehr betont. Ich möchte aber gleich bei den Thermen einklinken, die Sie abschließend erwähnt haben. – Ein kleiner Umweg:

Der österreichische Tourismus ist, keine Frage – ich komme aus Tirol, ich weiß das aus eigener Erfahrung –, ein ganz zentraler Wirtschaftszweig, und sehr viele Arbeits­plätze, sehr viele Existenzen hängen auch vom Tourismus ab. Man kann aber auch sagen, der Tourismus lässt sich das teuer abkaufen, denn es ist bestimmt ein Berufsfeld, in dem sehr viel an Engagement nötig ist, sehr viel auch an Eigenver­antwortung. Es geht hier sehr viel um Kleinbetriebe, wo auch in Familienbetrieben gearbeitet wird, und die Arbeit im Tourismus ist vielleicht oft auch belastender, als es in anderen Branchen der Fall ist.

Dieser ganz zentrale Wirtschaftszweig beruht vor allem auf zwei Säulen: Das sind einerseits die Natur, andererseits die Kultur. Touristen kommen so lange nach Öster­reich, wie sie entweder ein kulturelles Erlebnis oder aber, wie es meistens der Fall ist, ein Naturerlebnis haben wollen.

Und gerade betreffend unsere Landschaft stehen wir jetzt natürlich schon vor Heraus­forderungen. Die Winter sind inzwischen relativ schneearm; es ist sehr unberechenbar, wie die Schneelage sein wird. Das ist vor allem für Gebiete wie zum Beispiel in Tirol, wohin Leute hauptsächlich auf Urlaub fahren, um dort Wintersport zu betreiben, eine ganz schwierige Situation.

Es ist von Beschneiungsanlagen gesprochen worden. Beschneiungsanlagen können meiner Meinung nach unterstützen, wenn es einmal nötig ist, wenn einmal für eine Woche oder zwei die Schneelage nicht so toll ist. Was aber sicher nicht funktioniert, ist, dass man generelle Schneeunsicherheit mit Beschneiungsanlagen zu bekämpfen versucht.

Erstens glaube ich nicht, dass Wintersportler sehr viel Spaß damit haben, wenn sie auf dem einzigen weißen Streifen in einer grünen, frühlingswarmen Landschaft Skifahren gehen. – Auch wenn ich selbst keine Skifahrerin bin, wird mir immer wieder erzählt, dass das auch nicht Sinn der Sache ist. – Darüber hinaus sind natürlich mit Be­schneiungsanlagen auch Belastungen für die Umwelt, auch immer wieder großer Energieaufwand verbunden. Das heißt, das kann eine Zwischenlösung sein, sicher aber nicht die Lösung des Problems. Das Problem lautet schlicht und einfach: Unser Klima wird wärmer. Und das hat massive Auswirkungen – neben vielen anderen – auch auf Wintersportorte.

Pauschal gesagt, muss sich der Tourismus hier anpassen. Aber so leicht ist das natürlich nicht. Wirtschaftsbetriebe im Tourismus sind aus verständlichen Gründen ein bisschen schwerfällig, wenn es darum geht. Immerhin ist die gesamte Infrastruktur in den Gemeinden, in diesen Wintersportorten ja darauf ausgerichtet, dass die Menschen zum Skifahren, zum Snowboarden und so weiter kommen. – Langlaufen ist übrigens meistens ohnehin schon nicht mehr so ein Thema, weil das doch meistens in den etwas niedrigeren Lagen passieren würde.


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Wenn jetzt also jeder einzelne Tourismusbetrieb in diesem Ort plötzlich anfängt, sich eine Wellness-Anlage einzubauen, weil dann die Leute auch im Fall, dass es vielleicht drei Tage lang schlechtes Wetter, also keinen Schnee gibt, trotzdem etwas tun können, dann sind das einerseits große finanzielle Belastungen für die jeweiligen Betriebe, die aber langfristig auch nichts an der Situation ändern können, dass eben die Grundlage des Wintertourismus wegfällt.

Das heißt, einerseits müssen die Gemeinden hier gemeinsam etwas überlegen – denn das ist jedenfalls eine Herausforderung, die die einzelnen Unternehmer, die einzelnen Wirtschaftsbetriebe zu sehr belasten würde, finde ich –, und man muss sich auch politisch überlegen, wie man vorgehen kann; zum Beispiel Förderungen genau in jene Bereiche zu stecken, die entweder schon gut ausgebaut sind oder vielleicht schon zu gut ausgebaut sind, das wird nicht sehr viel Sinn machen.

Damit komme ich auf die Thermen zu sprechen. Die Thermen waren lange Zeit wirklich ein absolutes Erfolgsprojekt und sind auch nach wie vor ein durchaus interessantes Urlaubsziel. Man muss aber sagen, dass der Markt, was Thermen betrifft, an und für sich gesättigt ist und dass auch hier die Buchungslage schon wieder zurückzugehen beginnt.

Das heißt, öffentliche Gelder zu investieren dafür, dass noch mehr Thermen aus­gebaut, eröffnet werden – dafür, dass sie dann nicht besonders gut laufen und auch schon existierende Betriebe schlechter laufen –, das kann nicht Sinn der Sache sein.

Um den Tourismus gesund und arbeitsfähig zu erhalten, ist es nötig, in nachhaltige Projekte zu investieren, sich auch ein bisschen alternativere Projekte zu überlegen. Alles, was Monokultur ist, ist gefährlich, vor allem im Tourismus, der eben so sehr abhängt vom Wetter – pauschal gesagt.

Die andere Säule, auf der der Tourismus massiv beruht, sind die Arbeitskräfte. Da gibt es dieses schöne Kapitel im Bericht, wo von Tourismus als Chance für die Jugend die Rede ist. Wieder ein Beispiel aus Tirol: Die meisten freien Lehrstellen in Tirol gibt es – wenig überraschend – im Tourismus. Das sind auch die Lehrstellen, die am längsten frei bleiben, nämlich genau aus dem Grund, weil einfach sehr wenige junge Leute wirklich gerne und von sich aus eine Lehrstelle im Tourismus suchen.

Ich kenne ganz viele Menschen, deren Eltern selbst Tourismusbetriebe haben, und die haben lange Zeit Lehrstellen gesucht, bis sie letztendlich eine im Tourismus ange­nommen haben, weil es in ihrer Situation doch besser ist, diese Lehrstelle zu haben als keine, aber gewünscht war das nicht.

Einen Beruf macht man dann gut, wenn man ihn auch gerne macht. Und dass die Motivation, vor allem für junge Menschen, in den Tourismus zu gehen, gering ist, das liegt nicht daran, dass das Image des Tourismus schlecht wäre, sondern dass einfach die Arbeitszeiten wirklich sehr belastend sind, dass auch die Berufsperspektiven nicht so berauschend sind, dass das Arbeitsfeld nicht unbedingt so attraktiv ist, dass man sagt, das ist meine Wunschvorstellung, das möchte ich gerne machen.

Das heißt, es geht nicht so sehr darum, dass wir jetzt das Image des Tourismus ver­bessern müssen, sondern wir müssen tatsächlich die Arbeitssituation für junge Menschen im Tourismus verändern. Es muss auch möglich sein, dass ein Familien­leben und eine Arbeit im Tourismus vereinbar sind. Es ist natürlich eine Belastung, wenn gerade an Wochenenden, gerade an Feiertagen, gerade dann, wenn die Kinder einmal nicht in der Schule sind, die Eltern arbeiten. Das ist auch für eine Familie nicht so leicht.


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Es wäre also sehr wichtig, hier die Arbeitssituation, soweit es geht, zu verbessern. Ich weiß schon, ganz wird sich das Problem nicht lösen lassen, aber ich denke, dass eine Aufwertung des Berufsfeldes im Tourismus hier sicher helfen könnte.

Um auf die Lehrstellen zurückzukommen, die in Tirol sehr oft und sehr lange frei bleiben: Die meisten Lehrlinge im Tourismus in Tirol kommen inzwischen aus Deutsch­land. Das ist auch ein Zeichen dafür: Es sind normalerweise die unbeliebten Berufe, die als Erstes von Menschen aus anderen Ländern ausgeübt werden. In diesem Fall sind es junge Menschen aus Deutschland, die kommen, um hier dann quasi die deutschen Gäste zu bedienen. Das ist ein interessantes Phänomen, und es ist ein weiteres Zeichen dafür, dass wirklich dringend etwas unternommen werden muss, um diese Arbeit auch attraktiver zu machen. (Beifall bei den Grünen sowie des Bun­desrates Mitterer.)

13.59


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Preiner. Ich erteile es ihm.

 


13.59.21

Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft nimmt in Öster­reich, wie wir bereits vorhin etliche Male gehört haben, einen zunehmend bedeutenden Stellenwert ein und stellt natürlich auch eine entsprechende Einnahmequelle für Betriebe und Arbeitnehmer in der Tourismusbranche dar.

Als positiv erachte ich im vorliegenden Bericht, dass auch der Klimawandel thematisiert wird und Beschäftigungsmöglichkeiten der Jugendlichen angesprochen werden – meiner Meinung nach ist das allerdings etwas zu oberflächlich gehalten.

Auf neue Tendenzen im Freizeitverhalten, neue Trends wie Gesundheits-, Wellness- und Naturtourismus wird unter anderem auch durch Angebote wie zum Beispiel Ther­men als Leitprojekte regional richtig reagiert, wie das neben anderen Bundesländern – und vorhin wurde es bereits verbalisiert – das Bundesland Steiermark und auch das Bundesland Burgenland zeigen. Davon profitieren natürlich auch KMUs im Nahbereich, wobei auch hier verstärkt auf Qualität gesetzt werden muss, vor allem bei Klein­betrieben, meist Familienbetrieben, um nicht unter die Räder zu kommen und auch hier den Forderungen des Gastes nach mehr Qualität zu entsprechen.

Die bundesweite Entwicklung im Tourismussektor lässt sich auch mit Zahlen belegen. So stiegen die Umsätze 2006 um 4,4 Prozent. Auch konnte bei den Ankünften 2006 im Vergleich zu 2005 ein Plus von 2,7 Prozent erzielt werden und bei den Gästeankünften in Summe die Zahl von 30 Millionen Ankünften im Jahr 2006 erstmals überschritten werden. Im Burgenland hatten wir 2006 ebenfalls eine Zunahme, die die durch­schnittliche Zunahme Österreichs noch übersteigt, nämlich von 3,1 Prozent, zu ver­zeichnen.

Natürlich gehen hier diese Wachstumsraten auch mit einer Belebung der übrigen Wirtschaft Hand in Hand. Mit der Höhe der Pro-Kopf-Einnahmen von 1 480 € der Be­schäftigten im Hotelgewerbe und der Gastronomie konnte Österreich seine Position im Tourismus in Europa auch im Jahr 2006 festigen. Dieser statistische Wert fällt naturgemäß regional sehr unterschiedlich aus; es profitieren vor allem die Vier-/Fünf-Sterne-Destinationen, der Städte- und Kulturtourismus und Regionen mit Angeboten im Ganzjahrestourismus. Der Städtetourismus entwickelte sich 2006 sehr positiv. Als Zugpferde wurden heute schon die Städte Salzburg und Wien genannt.

Der Wintertourismus nimmt naturgemäß ebenfalls einen Hauptstellenwert in Österreich ein. Hier ging aber die Zahl der Übernachtungen der deutschen Gäste im Jahr 2006, im


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Vergleich zum Jahr 2005, um 4,4 Prozent zurück, auf knapp über 48,7 Millionen Nächtigungen. Hier denke ich, dass der Anstieg an Nächtigungen seitens der deut­schen Gäste diesen Rückgang des gesamtdeutschen Gästeaufkommens nicht egalisieren konnte.

Neben Deutschland sind, wie wir wissen, vor allem die neuen EU-Länder, aber auch Russland weitere Länder, die den Wintertourismus bei uns in Österreich entsprechend beleben.

Die Statistik der Aufenthaltsdauer zeigt bereits, dass diese seit dem Jahr 1990 ebenfalls rückläufig ist. Dieser Rückgang ist vor allem auch für jene KMUs schmerzhaft, die nur Sommersaison anzubieten haben, wie hauptsächlich die Touris­musbetriebe im Burgenland, und hier speziell jene um den Neusiedler See. Vor allem bei Schlechtwetter reagiert hier der Gast prompt und verkürzt seine Aufenthaltsdauer. Ebenfalls erfreuen sich natürlich Fernreisen immer größerer Beliebtheit.

Nach einem leichten Einbruch des Tourismus im Burgenland im Jahr 2006 entwickelte sich dieser 2007 wieder sehr gut. Von Jänner bis September 2007 gibt es im Burgen­land gegenüber dem Vergleichszeitraum von Jänner bis September 2006 eine Steigerung an Nächtigungen von sage und schreibe über 5 Prozent und bei den Ankünften sogar eine Steigerung von über 9 Prozent. Das ist auf das steigende Angebot der Naturparks in unserem Land zurückzuführen, natürlich auch auf ent­sprechende Genussregionen, die seitens des Landes Burgenland sehr positiv bewor­ben werden. Ich möchte hier auf die jüngste Genussregion verweisen, die Genuss­region „Leithaberg – Kirsche“. Von diesem Gästezuwachs profitieren aber nicht nur die Leitbetriebe, sondern auch die KMUs im Nahbereich.

Der vorliegende Bericht enthält aber auch einige Seiten zur Arbeitswelt im Tourismus, die – und ich wiederhole mich – meiner Meinung nach ein bisschen zu oberflächlich ausgefallen sind. Trotz Beschäftigungszunahme um 2,7 Prozent fiel der Rückgang der Arbeitslosigkeit im Tourismus mit 2,9 Prozent geringer aus als der Rückgang der Gesamtarbeitslosigkeit von 5,3 Prozent in Österreich.

Als positiv zu bewerten ist hingegen meiner Meinung nach die Genehmigung der Lehrstellenförderung und die Erhöhung der Lehrlingsentschädigung um 2,65 Prozent, die nunmehr in allen Bundesländern gleich ist. Diese Maßnahmen, denke ich, hätten aber auch bereits früher ergriffen werden können.

Im Tourismusbericht 2006 fehlen auch kritische Auseinandersetzungen mit der Arbeits­welt im Tourismus, wie sie im vergleichbaren Bericht 2005 sehr wohl enthalten gewe­sen sind. Zum Beispiel ist die Arbeit in einem Tourismusbetrieb kaum familien­freundlich. Viele Fachkräfte wandern daher bereits frühzeitig in andere Branchen ab, unterziehen sich diversen Umschulungen oder nehmen – das wurde heute schon einige Male angesprochen – eben familienfreundlichere Jobs an.

Andererseits trug der Tourismus im Jahr 2006 mit 8,7 Prozent zur gesamtöster­reichischen Bruttowertschöpfung bei. Auch das, denke ich, ein beachtlicher Wert für die Gesamtwirtschaft.

Kongress- und Kulturtourismus erlangen ebenfalls zunehmende Bedeutung für die einheimische Tourismuswirtschaft. So wird zum Beispiel Linz 2009 Europas Kultur- und Tourismushauptstadt, wie bereits jetzt vor dem Marriott-Hotel, wenn man sich dort befindet, zu lesen ist. Die Bewerbung diesbezüglich sollte meiner Meinung nach aber besser funktionieren als beim Bundesjugendorchesterwettbewerb mit internationaler Beteiligung letzten Samstag im Brucknerhaus. Dieser Bewerb fand, inklusive Sieger­ehrung, fast zur Gänze ohne Medienbeteiligung statt. Es gab auch keine Plakat­werbung in Linz selbst. Im Magistrat wusste niemand von diesem Bewerb, über diese


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Veranstaltung Bescheid, und auch auf der Homepage des Brucknerhauses selbst war absolut kein Hinweis darauf zu finden. – In zwei Jahren, 2009, soll der Bewerb wieder im Brucknerhaus stattfinden, mit, wie ich meine, hoffentlich besserer Bewerbung, denn die Kinder und Jugendlichen, die sich hier den ganzen Samstag aktiv an diesem Bewerb beteiligt haben, sind die Gäste von morgen.

Auch aus touristischer Sicht ist es notwendig – und ich möchte damit jetzt ein anderes Themenfeld ansprechen –, sich mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen. Bereits jetzt ist zu beobachten: Anstieg der Temperatur, frühere Weinlesen – wovon ich teil­weise auch selbst betroffen bin –, heftige Regenfälle und häufigere Überschwem­mungen in unserem Land.

Nicht nur für die Touristen, sondern auch für die Einheimischen ist daher die Frage von Bedeutung: Wie entwickelt sich der Wintersport in den Alpen bei einem Temperatur­anstieg von im Mittel, sagen wir, nur ein oder zwei Grad? Des Weiteren: Wie entwickelt sich die Seehöhe des Neusiedler Sees, bereits in den nächsten Jahren? Welche Auswirkungen auf Tourismus und Landwirtschaft gibt es im Allgemeinen? – Ent­sprechende Forschungsprogramme müssen daher finanziert und die Ergebnisse ernst genommen werden – nicht nur von uns, von Österreich, sondern auch von der internationalen Staatengemeinschaft.

Hohes Haus! Das Burgenland erhielt als Ziel-1-Gebiet von 2000 bis 2006 zirka 270 Millionen € an Fördermitteln, die sehr zielgerichtet, vor allem im Mittel- und Südburgenland, zum Einsatz kamen und auch zum touristischen Aufschwung dieser Region, die die Thermenregion unseres Landes genannt wird, in entscheidendem Maße beitrugen. Hier stiegen auch die Nächtigungszahlen 2006 um über 7 Prozent.

Vor allem das LEADER-Plus-Projekt leistete hier in einer vormals strukturschwachen Region entscheidende Dienste zur umfassenden positiven weiteren Entwicklung des ländlichen Raumes. Von den 71 Gemeinden in dieser Region wurden 52 Projekte mit einer Fördersumme von 4,7 Millionen € umgesetzt. Auch ist das Burgenland für die im Jahr 2007 begonnene Phasing-out-Phase bereits gut gerüstet, die entsprechend positiv eingeleitet wurde.

Meiner Meinung nach ist es notwendig, weiterhin verstärkt auf Qualität zu setzen, den Ganzjahrestourismus zu forcieren, die Einrichtung von Modellregionen auch im Touris­mus, die ebenfalls heute bereits angesprochen wurden, zu betreiben, die öffentlichen Verkehrsmittel, sprich die Bahn, für die Touristen attraktiver zu gestalten – ich glaube, es gibt hier noch Gestaltungsmöglichkeit – und die EURO 2008 ziel­gerichtet und ordentlich vorzubereiten. Wir erwarten uns ja über die Landesgrenzen hinweg sehr starke Impulse, was den Tourismus, speziell während der EURO 2008, betrifft, aber auch was die Nachhaltigkeit im Tourismus betrifft.

Im Regierungsprogramm sind diese Schwerpunkte in der Tourismuswirtschaft meiner Meinung nach richtig gesetzt. Der Bericht über die Lage der Tourismuswirtschaft in Österreich 2006 stellt daher sehr wesentlich die Ziele in das richtige Licht, und wir versuchen auch weiterhin, in diese Schiene zu kommen, weiterhin diese Ziele umzu­setzen. Ich möchte daher diesem Bericht meine Zustimmung erteilen und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.09


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Perhab. Ich erteile es ihm.

 


14.10.13

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich in dieser Tourismusdebatte als


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aktiver Gastwirt und Beherberger zu Wort melden und freue mich sehr, dass unsere Kollegen hier im Bundesrat sich ausschließlich positiv über die Entwicklung des öster­reichischen Tourismus geäußert haben, hoffe aber, und da bin ich einer Meinung mit der Kollegin Konrad, dass das auch eine langfristige positive Tourismusgesinnung nach sich zieht, denn auch ich stehe hinter dem Bericht, den das Bundesministerium verfasst hat. Er ist, glaube ich, eine Erfolgsstory des österreichischen Tourismus, breit dokumentiert.

Ich darf mich nun aber ein bisschen der betrieblichen Ebene zuwenden, und da schaut die Sache – Kollege Mitterer hat das schon ausgeführt – doch teilweise etwas anders aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir von Tourismus reden und von den Leistungsträgern im österreichischen Tourismus, dann kommen wir an einigen Problemfeldern nicht vorbei. Wir reden vom Arbeitsmarkt, wir haben heute schon über Saisonniers gesprochen, wir haben über Ausländerbeschäftigung gesprochen. Der Winter steht vor der Tür, und ich kann Ihnen heute schon versichern, dass das Geran­gel und die Bittstellung um Mitarbeiter im österreichischen Wintertourismus bereits wieder begonnen hat.

Es ist leider Faktum, dass es – und das resultiert aus einer Tourismusgesinnung, die ich ad hoc nicht ganz verstehe – immer weniger Österreicher gibt, die bereit sind, diese Herausforderung im Tourismus anzunehmen. Wir sprechen hier nicht nur von Fach­kräften, sondern vor allem auch von den Hilfskräften, denn es hilft das schönste Vier- und Fünfsterne-Hotel nichts, wenn es keinen Abwäscher beschäftigt, wenn es kein Zimmermädchen hat, wenn es keinen Empfangschef hat, wenn es keine Dienst­leistung bieten kann, die dieser Kategorie entspricht.

Daher sind wir mit dem heurigen Saisonnier-Kontingent von 7 000, das ja das Minimum ist, hoffentlich ausreichend bedient. Ich denke aber, wenn nicht inzwischen unsere deutschen Kollegen in den westlichen Bundesländern die Arbeitsplätze im Tourismus auffüllen würden, könnte so manche Region am Arlberg oder sonst wo diese positiven Ergebnisse nicht erzielen.

Da Kollege Klug am Vormittag schon über den Metaller-Abschluss berichtet hat: Ich freue mich für jeden Mitarbeiter in der Metallindustrie über 3,6 Prozent plus eine Einmal-Prämie, wenn die Gewinne in dieser Branche so gut sind. Ich möchte aber davor warnen, das branchenmäßig zu verallgemeinern. Es ist im Tourismus sicherlich nicht möglich – unsere Kollektivvertragsverhandlungen stehen ja auch bald an –, auf einem solchen Niveau abzuschließen. Wir wissen aus den Kennzahlen – sie werden im Bericht auch angeführt –, dass in der Hotellerie der Personalkostenanteil bereits zwischen 30 und 35 Prozent liegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie in Ihrer Bilanz eine Personal­kostenziffer von 34 Prozent haben, sind Sie bereits ein Risikofall für die Betriebs­prüfung geworden. Das ist auch – das nur nebenbei – für das österreichische Betriebs­prüfungssystem im Finanzamt schon der Fall. Wenn Ihre Daten hier nicht stimmen, dann scheiden Sie schon aus der Masse aus. Die Ertragssituation ist bei Weitem nicht vergleichbar mit einer Industrie, wie es die Metallindustrie ist, und daher möchte ich schon bitten, in Zukunft doch zu differenzieren und den Tourismus dahin gehend zu unterstützen, dass man diese Unterschiede auch anerkennt.

Grundsätzlich muss ich, was die Tourismusgesinnung angeht, schon sagen, ich freue mich, wenn vor allem Lehrer positiv zum Tourismus eingestellt sind, aber ich habe persönlich schon in Schulen, in Pausengesprächen erlebt, dass der Lehrer zu einem Poly-Schüler, der vielleicht den Beruf eines Kochs oder eines Kellners erlernen will,


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sagt: Du wirst doch was G’scheites lernen wollen! Du wirst doch nicht so dumm sein, Samstag und Sonntag zu arbeiten, an den Feiertagen zu arbeiten!, und so weiter.

Das gehört auch zur Tourismusgesinnung, dass man bereits in den Schulen positiv darüber denkt und nicht nur in den Genuss eines tollen Angebotes im Tourismus kommen will.

Wenn wir die Rahmenbedingungen der österreichischen Gastronomie und Hotellerie anschauen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann frage ich auch in diesem Haus, wie es möglich sein kann, dass man in Sonntagsreden positiv zum Tourismus steht, dann aber jede Gelegenheit nützt, die Rahmenbedingungen im Tourismus zu verschlechtern; ich denke an das Tabakgesetz, ich denke an die 0,5-Promille-Problematik. In Wirklichkeit sind das Rahmenbedingungen, die 70 000 österreichische Gastwirte in Bedrängnis bringen. Das ist keine Frage für mich. Und wenn Sie das nicht glauben, dann schauen Sie sich die Umsatzergebnisse an! Es sind jetzt nicht nur zufällig die Trafikanten, die nächste Berufsgruppe könnten die Gastwirte sein, die hier massiv in Bedrängnis kommen.

Daher möchte ich schon bitten, vor allem die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, den 70 000 österreichischen Gastwirten eine Chance zu geben, selbst zu entscheiden, ob sie ein Nichtraucher- oder Raucherlokal führen wollen (Bundesrat Ing. Einwallner: Das ist doch ohnehin jetzt schon der Fall!), und die Entmündigung und Bevormundung des österreichischen Gastes hintanzustellen. Denn das ist, glaube ich, nicht Sinn und Zweck einer Politik, und es ist schon gar nicht gesellschaftspolitisch wünschenswert. Wir streben in Österreich einen mündigen Bürger an, der selbst entscheidet, ob er in ein Raucher- oder Nichtraucherlokal geht.

Wenn man hier immer wieder internationale Vergleiche heranzieht: Es wird nirgends so viel geschwindelt wie in Italien! (Hallo- und He-Rufe bei der SPÖ.) Sie können heute mit jedem Unternehmer in Italien sprechen: Es sind die klimatischen Voraussetzungen dort andere. Es gibt Kollegen in Italien, die sagen, um 23 Uhr wird die Haustüre zugesperrt, und dann wird im Lokal geraucht! Argumentieren Sie also da vielleicht ein bisschen praxisorientierter und nicht nur theoretisch!

Ich würde Sie wirklich bitten, diese Dinge ernst zu nehmen, denn leichter wird es für die Gastronomen in Österreich ohnehin nicht. Wir haben andere Bestimmungen, die ich begrüße, wie etwa das Betrugsbekämpfungsgesetz ab 1. Jänner. Jeder Arbeit­nehmer muss vor Arbeitsantritt bei der Gebietskrankenkasse angemeldet werden – da werden wir erst sehen, ob wir das technisch überhaupt schaffen –, was bei Aushilfs­kräften in der Gastronomie doch einige Probleme bereiten wird. Ich denke hier nur an die Ausflugsgastronomie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, positiv anzuführen ist die Österreich Wer­bung – sie wurde heute noch nicht erwähnt –, mit 33 Außenstellen eine, wie ich glaube, einzigartige Institution weltweit, um die uns viele Mitbewerber im Tourismus beneiden. Meine Bitte und mein Vorschlag wäre, dass wir die Außenstellen der Österreich Werbung in Zukunft noch mehr vernetzen, vielleicht mit den Außenwirt­schaftsstellen der WKO, denn wir haben 70, plus 30, dann haben wir 100, und damit sind wir besser aufgestellt. Das wird in Zukunft für den internationalen Wettbewerb auch notwendig sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer und Ing. Kampl.)

14.18


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizepräsident Weiss. Ich erteile es ihm.

 



BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 91

14.18.09

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist hinlänglich bekannt, dass man unter der Funktion einer Länderkammer des Parlaments Verschiedenes verstehen kann. Herr Kollege Einwallner hat heute darunter verstanden, eine im Vorarlberger Landtag geführte Diskussion hier aufzuwärmen und fortzuführen. Ich verstehe die Versuchung, dass man, wenn man im eigenen Land in der Minderheit geblieben ist (Rufe bei der SPÖ: Noch! Noch!), das anderswo noch einmal artikulieren möchte. Es gibt natürlich Dinge mit roter Farbe, die durch das Aufkochen besser werden, zum Beispiel Gulasch, aber nicht jede politische Argumentation! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Einwallner hat den Eindruck zu erwecken versucht, dass man von oben herab – „man“ personifiziert als der Herr Landeshauptmann – versucht habe, dem Montafon ein ungeliebtes Kulturprojekt aufs Auge drücken zu wollen.

Wer hat dieses Projekt tatsächlich betrieben? – Das waren die Bürgermeister des Tales, und nicht unmaßgeblich beteiligt war einer, der der sozialdemokratischen Fraktion angehört. Er hat zu den Hauptbetreibern dieses Projektes gehört, was ich aus der Sicht seiner Gemeinde nachvollziehen kann, weil er sich touristischen Nutzen für sich davon versprochen hat. Er liegt ja ziemlich in der Nähe dieses Projekt-Standortes.

Also keine Rede von „von oben“, sondern das kam von unten, von den Gemeinden – natürlich, das weiß man heute, unter nicht befriedigender Einbindung der Bevölkerung. Aber daran hat auch der zitierte Bürgermeister von St. Gallenkirch seinen Anteil, weil es ja mehrere Gemeinderäte gegeben hat, die die mangelnde Informationspolitik im Gemeinderat beklagt haben.

Das also zu der Frage, wer dieses Projekt tatsächlich betrieben hat.

Nun zu der Frage: Was hat der Herr Landeshauptmann gemacht? – Er hat nichts anderes gemacht als die Frau Bundesministerin Dr. Claudia Schmied: Er hat eine Subventionszusage gegeben, im Gegensatz zur Frau Bundesministerin unter der Bedingung, dass das Projekt überhaupt bewilligungsfähig sein wird, und unter der zweiten Bedingung, dass es in der Talschaft entsprechend getragen und gewünscht wird. Das hat sich als nicht zutreffend herausgestellt, und daher war der Herr Landes­hauptmann der Erste, der diese Subventionszusage dann als gegenstandslos angesehen hat.

Herr Kollege Einwallner ist, wie die meisten wissen, ein guter Optikermeister. Ich zähle auch ... (Rufe bei der SPÖ: Ein hervorragender! – Bundesrat Schennach: Nur für alle anderen da herinnen: Sagen Sie bitte noch drei Stichworte zum Projekt!) Ja, gerne, Sie haben ja völlig recht. Herr Kollege Einwallner hat das auch nicht näher ausgeführt.

Es ging darum, dass der bekannte, sich der modernen Musik widmende Vorarlberger Komponist Herbert Willi zusammen mit den Gemeinden das Projekt entwickelt hat, auf der Bieler Höhe, also in 2 000 Meter Höhe, eine Musikarena zu bauen, weil er die Inspiration für diese Musik auch aus dieser Gegend, aus der er stammt, gewonnen hat. Und das wollte er auch bei der Wiedergabe der Musik vermitteln.

Nun ist ein solcher Standort, abgeschieden in 2 000 Meter Höhe, natürlich hinter­fragenswert, und das ist in der Folge dann auch Ausgangspunkt dieser Diskussion gewesen, unter anderem auch die Frage der Verkehrsbelastung und dergleichen mehr, der geologischen Besonderheiten und so weiter. Das waren dann also alles Gründe, die dazu geführt haben, dass es erheblichen Widerstand diesem Projekt gegenüber gegeben hat. – So weit zu der vom Kollegen Einwallner unterlassenen Aufklärung. (Bundesrat Schennach: „Live is life“ am Kitzsteinhorn von OPUS!)


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 92

Ja, aber das sind Formen des Tourismus, die wir eigentlich in Vorarlberg nicht unbe­dingt gefördert wissen wollen.

Nun zum Kollegen Einwallner zurück. Er ist ja, wie die meisten wissen, ein guter Optikermeister; ich zähle auch zu seinen Kunden. (Bundesrat Schennach: Aber nicht mehr lange!) Aber wie wir alle wissen, leidet eigenes Handwerk gelegentlich Not, und ich würde ihm sehr raten, etwas gegen die eigene politische Kurzsichtigkeit zu unternehmen. (Heiterkeit, Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

14.22


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir erleben jetzt eine Vorarlberger Kulturdebatte. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Ing. Einwallner. – Bitte. (Bundesrat Dr. Kühnel: Er will sich entschuldigen! – Heiterkeit.)

 


14.22.50

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Staatssekretärin! Ich möchte mich in erster Linie einmal bedanken für die kurze Werbeeinschaltung. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube tatsächlich, dass ich ein gut geführtes und qualitativ sehr hochwertiges Optikerfachgeschäft in Bregenz betreibe. (Heiterkeit.) Aber nicht nur der Kollege Weiss gehört zu meinen Kunden, auch der Kollege Mayer gehört zu meinen Kunden, und beide sehen wunder­bar! (Neuerliche Heiterkeit.)

Aber offenbar passiert auch hier im Bundesrat etwas, was im Vorarlberger Landtag immer wieder passiert: Wagt man es, Kritik am Herrn Sausgruber anzubringen, dann werden Sie nervös und sind geblendet. Da helfen nicht einmal die besten Brillen vom Einwallner etwas. Und es war dieses Projekt durchaus auch auf eine Initiative des Herrn Landeshauptmannes zurückzuführen. Und – und das ist der qualitative Unter­schied zwischen der Frau Bundesminister Schmied und dem Herrn Bundesminister Molterer –: Frau Bundesminister Schmied hat Bedingungen schriftlich dargelegt, und was zwischen Molterer und Sausgruber passiert ist, wo man über 500 000 € einmal so nebenbei verhandelt bei einem Kurzbesuch, darüber gibt es keine schriftliche Unterlage, da wird einfach gemauschelt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist die Politik der ÖVP, und wir werden sehen, wie die Beantwortung der Anfrage, die ich an Molterer gestellt habe in dieser Sache, aussieht. Das ist die Politik im Land Vorarlberg: Sausgruber gibt Geld aus – 2 Millionen € – für ein Projekt, das in der Bevölkerung nicht verankert ist. Und es stimmt: Ein SPÖ-Bürgermeister ist auch dafür. Ein SPÖ-Bürgermeister ist auch dafür, aber das ändert nichts an meiner Kritik, dass ich sage, wir müssen die Bevölkerung einbinden, wenn es um so sensible Projekte geht. Und die Opposition, die Grünen und die SPÖ, haben dieses Thema aufgegriffen, und erst auf Initiative der SPÖ ist es zustande gekommen, dass die Betreiber dieses Projektes erstmals in einem Ausschuss des Landtages sprechen konnten.

Angesichts all dessen zu sagen, das Land habe damit nichts zu tun, ist daher nicht korrekt. Der Bürgermeister von Schruns, der Hauptbetreiber, einer der bekanntesten ÖVP-Politiker im Land – und der Herr Sausgruber hat davon nichts gewusst?! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist nur eine vergleichsweise kleine Gemeinde, er leistet aber gute Arbeit dort. Aber der Grund dafür, dass ich es hier zum Thema gemacht habe, ist nicht, dass ich eine Landtagsdiskussion in den Bundesrat bringen will, sondern es war als ganz klares Beispiel dafür gedacht, dass man Projekte nur dann verwirklichen kann, wenn man sie von unten nach oben macht und die Bevölkerung einbindet. Und genau das ist da nicht passiert. Darum kam es in dieser Debatte zur Sprache.


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Wenn ich schon am Rednerpult stehe, muss ich noch einen Satz zum Tabakgesetz sagen. (Bundesrat Schennach: Nein, bitte nicht!) All jene, die glauben, dass Passiv­rauchen nicht schädlich sei und dass die Nichtraucher nicht geschützt werden müssten in diesem Land, sind auf dem falschen Dampfer unterwegs. (Ruf bei der ÖVP: Wahlfreiheit!) Die Wahlfreiheit, Herr Kollege, gibt es schon! Sie können morgen Ihr Lokal als Nichtraucherlokal deklarieren. Da brauchen Sie keine Gesetzesänderung, das können Sie sofort machen. Was wir brauchen, ist ein effektiver Schutz der Nicht­raucher und auch ein effektiver Arbeitnehmerschutz in diesen Bereichen. Das müssen die Ziele dieses neuen Gesetzes sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.26


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mayer. – Ich erteile es ihm. (Heiterkeit. – Ruf: Schon wieder Vorarlberg!)

 


14.26.51

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin fast versucht zu sagen: Liebe Landtagskollegen! Herr Kollege Einwallner beginnt hier eine Diskussion, die sich im Vorarlberger Landtag wirklich bis zum Exzess durchgezogen hat. Und ich muss jetzt, obwohl ich Einwallner-Brillenträger bin – ich bekenne das und setze damit auch noch diese Werbeein­schaltung fort –, ganz klar erklären, dass ich kein kurzsichtiger Brillenträger aus dem Einwallner-Shop bin. (Heiterkeit.)

Wenn du, lieber Kollege, behauptest, dass das Montafon den Landeshauptmann praktisch zu einer Initiative gezwungen hat, so muss ich dem klar widersprechen. Der Herr Landeshauptmann wurde von diesem Projekt informiert, aber es ist nicht aufgrund seiner Initiative entstanden. Es war eine Initiative von Stand Montafon, und ich muss das jetzt erklären: Der Stand Montafon ist eine regionale Vertretung, wo alle Bürger­meister mit eingebunden sind, und in diesem Stand Montafon wurde schon vor Jahresfrist das ganze Projekt mit dem Kollegen Willi diskutiert. Also hat auch der liebe Bürgermeister aus St. Gallenkirch, der Herr Salzmann, dieses ganze Projekt mitge­tragen. Deshalb wurde dann von diesem Stand Montafon die weitere Situation so ausgehandelt, dass man den Landeshauptmann informiert hat, der, wie Kollege Jürgen Weiss bereits erklärt hat, dann auch bei der Ministerin vorstellig geworden ist.

Außerdem muss ich sagen, lieber Kollege Einwallner: Du versuchst verzweifelt, einen Toten zum Leben zu erwecken! Dieses Projekt Arena ist inzwischen gestorben, weil der Stand Montafon diese Arena mit einer Abstimmung von 6:4 sozusagen auf Eis gelegt hat. Also ist die Diskussion jetzt künstlich herbeigeführt, weil einen Toten zum Leben zu erwecken, das schafft die SPÖ, aber sonst niemand im Lande Österreich. Das muss ich Ihnen einfach in diesem Zusammenhang sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Ing. Einwallner: Danke, das ist ein Kompliment!)

Abschließend, bevor wir das bis zum Exzess diskutieren: Wenn es ein Mehrheits­verhältnis in einer derartigen Situation gibt, auch im Land Vorarlberg, dann hat man diese Mehrheitsverhältnisse zu akzeptieren. Das ist in einer Demokratie, lieber Herr Kollege, überall so. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.29


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön.

Jetzt gelangt Frau Staatssekretärin Marek zu Wort. Ich erteile es ihr.

 


14.29.20

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Christine Marek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte, ohne jetzt ein Lachen


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 94

zu provozieren, ein Stichwort vom Herrn Bundesrat Einwallner aufgreifen, und zwar etwas sehr Ernstes, und ich glaube, dass es da um etwas geht, was uns allen ein großes Anliegen ist. Er hat nämlich den Posterwettbewerb zum Thema Kinder-Sex­touris­mus angesprochen, den das BMWA im letzten Jahr ausgeschrieben hat. Ich durfte ja im März die Sieger des Projektes küren, und ich habe das zum Anlass genommen, hier auch wieder breitere Aktivitäten zu starten, und ich möchte Sie über diese Aktivitäten informieren.

Wir haben hier gemeinsam mit der NGO, die hier aktiv ist, mit ECPAT, und den Tourismusverantwortlichen in der Wirtschaftskammer, aber auch Professor Friedrich und anderen, die hier sehr aktiv sind, gemeinsam eine Kampagne gestartet, wo wir Informationsmaterial, Broschüren und so weiter, auch DVDs für die Reisebüros und die Reiseveranstalter entsprechend erarbeitet haben und zur Verfügung stellen. Es gibt Karten, die den Reiseunterlagen beigelegt werden, für die entsprechenden Desti­nationen, um die Touristinnen und Touristen zu sensibilisieren und klarzumachen, dass sexueller Missbrauch von Kindern kein Kavaliersdelikt ist.

Wir sprechen da von einem Potential von 2 500 bis 4 000 Personen, die jedes Jahr in diese Länder zum Zweck der sexuellen Ausbeutung von Kindern anreisen. Das ist in Österreich ein Delikt, das ist strafbar, aber wir können nur bestrafen, wenn wir Zeugen haben, wenn wir es beweisen können. Hier geht es uns darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, und da darf ich Sie alle bitten, hier entsprechend mitzuarbeiten, denn ich glaube, es ist klar, dass wir uns alle gegen solche Personen verwahren.

Wir haben erreicht, dass zumindest die Austrian Airlines ein diesbezügliches On-board-Video beim Flug in diese Destinationen abspielen. Ich habe alle Airlines ange­schrieben, auch die „Billig-Airlines“ – unter Anführungszeichen –, ich habe urgiert; leider gibt es hier noch keine Antwort. Auch mit den Betreibern des City Airport Train habe ich Kontakt aufgenommen, dass in diese Richtung über die Bildschirme etwas gemacht wird.

Wir sind auch dabei, ein Paket für die Tourismusschulen, Berufsschulen entsprechend vorzubereiten, dass die jungen Menschen bereits in der Ausbildung sensibilisiert werden.

Ich wollte Sie über diese Maßnahmen informieren und darf Sie herzlich einladen, hier mitzutun, um gemeinsam einen Schulterschluss gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Tourismus zu schaffen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

14.32


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke, Frau Staatssekretärin.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? Zum Montafoner Kulturprojekt vielleicht? (Allgemeine Heiterkeit.) – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle hier die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 95

14.32.357. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Patent­ver­träge-Einführungsgesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Markenschutz­gesetz 1970 und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden (216 d.B. und 238 d.B. sowie 7775/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Gerald Klug. Ich bitte um den Bericht.

 


14.32.50

Berichterstatter Mag. Gerald Klug: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 17.10.2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Marken­schutzgesetz 1970 und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden, bringen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29.10.2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Franz Breiner. Ich erteile ihm dieses.

 


14.33.45

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nicht die unmittelbaren Änderungen sind es, die von uns eine Ablehnung erfordern, sondern der Inhalt des Patentrechtes, das nach unserer Meinung nicht vollständig oder nicht zielführend geändert wurde.

Sie werden sicher wissen, dass Patente auf Leben, auf Teile von Pflanzen, auf Teile von Lebewesen mit diesem Patentgesetz möglich sind und daher in die wirtschaftliche Abhängigkeit oder eine wirtschaftliche Zuordnung zu Firmen gelangen. Diese Firmen sind meistens – da es ja um große Forschungssummen geht – große Firmen, die durch die Patente Abhängigkeiten hervorrufen können, die wir so nicht akzeptieren können. Seien es Abhängigkeiten in der Medizin, seien es Abhängigkeiten in der Land­wirtschaft, indem diese Patente ausgenützt werden, um Bauern nicht mehr zu ermöglichen, Saatgut selbständig zu vermehren, selbständig weiterzuverwenden, sie abhängig zu machen, Saatgut zu nehmen, das produziert wird, das gentechnisch verändert wird, von dem wir nicht einmal wissen, wie es sich im Laufe von vielen Jahren, vielen Jahrzehnten auf uns Menschen auswirken wird.

Ich verstehe es einfach nicht, dass wir so etwas in Österreich per Gesetz zulassen. Sie können sich sicher noch erinnern, dass 1,2 Millionen ÖsterreicherInnen das Gen­technik-Volksbegehren unterschrieben haben. Es kann doch nicht sein, dass sich die alle geirrt haben, auf so viele Jahre hinaus geirrt haben und bei dieser Novelle wiederum die Notwendigkeit nicht gesehen wird, dieses Gesetz dahin gehend zu ändern. Ich verstehe schon, dass wir immer wieder sagen, ja, wir sind Teil der EU, und in der EU ticken die Uhren in manchen Bereichen anders. Ich glaube hingegen, dass wir eine Aufgabe in Europa haben, nämlich die, dass wir den Auftrag des Gentechnik-Volksbegehrens versuchen in Europa mit durchzusetzen. Es gibt auch in Europa mächtige Partnerinnen und Partner, die hier mit agieren.

Wir haben im Nationalrat einen Entschließungsantrag gestellt, der die Regierung auffordert, auf EU-Ebene und auf internationaler Ebene dafür einzutreten, dass Gene,


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 96

Pflanzen, Tiere und Teile des menschlichen Körpers nicht patentiert werden können. Wir haben einen Antrag gestellt, dass die WTO dahin gehend reformiert wird, dass Bäuerinnen und Bauern ihr aufbewahrtes Saatgut ohne Einschränkungen durch Patente wieder verwenden können. Das geht zurzeit teilweise nicht.

Ich habe vor kurzem einen Beitrag über Kartoffeln gehört. Diese Erdäpfel kann man nicht verwenden, weil sie einer Firma gehören. Wenn die Firma aufhört, diese auszuliefern, dann gibt es sie halt nicht mehr. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich glaube nicht, dass ich mich geirrt habe, ich habe den Bericht zumindest gesehen. (Bundesrat Mayer: Das ist das Kartoffelgerücht des Tages!)

Wir haben die Regierung aufgefordert, dafür einzutreten, dass die Bestimmungen der Konvention über die biologische Vielfalt in das TRIPS-Abkommen übernommen werden.

Meine Damen und Herren, es geht hier um ein Thema, das uns jetzt schon seit Jahren verfolgt, und ich kann es mir fast nicht vorstellen, dass es hier nicht auch von Seiten der ÖVP, der SPÖ Stimmen gibt, die sagen: Dieses Risiko wollen wir nicht. Wir wollen es nicht für uns, wir wollen es aber auch nicht für unsere Landwirtschaft, wir wollen keine Abhängigkeit in der medizinischen Versorgung haben. Ich kann nicht verstehen, warum hier nicht aktiv vorgegangen wird in Richtung der eigenen Gesetze, in Richtung der europäischen Gesetze.

Für uns ist daher klar, dass wir dem Patentgesetz beziehungsweise dieser Änderung des Patentgesetzes nicht zustimmen können. Da es sich hier um ein Konvolut von Gesetzen handelt, bleibt unsere Ablehnung für den ganzen Teil dieser Änderung aufrecht. (Beifall bei den Grünen.)

14.39


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schim­böck. Ich erteile es ihm.

 


14.40.06

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen hier vor einer Änderung des Patentgesetzes, des Markenschutzgesetzes und weiterer Gesetzesnormen im Zusammenhang mit dem europäischen Patentüberein­kommen. Ich sehe diese Materie eher sehr positiv, denn wir haben uns ja das ambi­tionierte Ziel gesetzt, in diesem Land die Forschungsquote auf 3 Prozent zu erhöhen. Und ich muss da vorweg gerade unserer Forschungsstaatssekretärin wirklich gratu­lieren, denn in den letzten Monaten oder im letzten Jahr hat es unzählige Initiativen gegeben, gerade Klein- und Mittelbetriebe mit ins Boot der Forschungs­förderung zu holen.

Und wenn wir hier vom Patentgesetz reden: Die Grundlage, das Fundament dazu ist natürlich eine entsprechende Forschungstätigkeit, eine Innovation. Ich kann da unserer Forschungs-/Innovationsstaatssekretärin wirklich nur gratulieren, denn es ist gar nicht so einfach, alle zehn Wirtschaftskammern mit ins Boot zu holen, dass die da mittun, das mit transportieren. Es hat dank ihrer Initiative eine Vielzahl von Informations­veranstaltungen in den Bundesländern gegeben, und so manchem Betrieb, der sich vielleicht gar nicht so als forschend oder innovativ gefühlt hat, ist dann klar geworden, dass hier viele Chancen sind. Auch der Know-how-Export blüht in diese Richtung.

Ich habe mir die Zahlen angesehen: Wir haben 2006 3 666 Erfindungen gehabt, die beim Patentamt angemeldet wurden; 1 664 kommen aus Österreich. Als Ober­öster­reicher freue ich mich, sagen zu können – der Gottfried schaut schon ganz stolz –, 744 kamen aus unserem Bundesland. Gottfried, das ist wirklich ganz beachtlich, das ist


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wirklich toll, wiewohl es natürlich auch über die anderen Bundesländer hier viel zu sagen gäbe. International gesehen hat das Patentamt eine großartige Rolle, denn es wird hier viel Recherchearbeit gemacht.

Alleine, wenn man sich die ganze Palette der Themen ansieht – ich weiß schon, und da bin ich auch beim Vorredner, man muss natürlich mit einem großen Finger­spitzen­gefühl an gerade diese sensiblen Themen herangehen –: Die Biotechnologie ist ein Bereich, die Verkehrsforschung. Österreich gehört wirklich zu den Marktführern im Bereich der Verkehrsforschung – eine ganz wichtige Sache. Ein weiterer Bereich ist die Luftfahrt/Raumfahrt. Man würde es gar nicht glauben, auch hiefür ist Oberösterreich ein hervorragender Standort: Mattighofen im Innviertel. Weiters: Werkstoff-, Nano­technologie, Informationstechnologie, Umwelt-, Energietechnologie. Ich glaube, diese Schritte müssen wir in diesen Bereichen weitergehen.

Es ist ganz beachtlich, dass auch die Europäische Union ihr Budget in diesem Bereich der Forschung sogar verdoppelt hat. Es waren nur 19 Milliarden in den Jahren 2002 bis 2006; es werden im Budget 2008 der Europäischen Union immerhin 54 Milliarden sein. Also ich rechne auch hier damit – und da baue ich auf unser Regierungsteam in diesem Fachministerium –, dass wir von diesem Kuchen ein großes Stück abkriegen.

Aber was ich zu dem Thema noch unbedingt anmerken möchte: Ich glaube, es ist ganz wichtig, auch die intellektuellen Ressourcen zu schaffen und zu fördern, die das über­haupt möglich machen, dass wir eine so reichliche Forschungstätigkeit haben können, innovativ sein können, und da müssen wir diesen Bereich wirklich als Querschnitts­materie sehen. Mein Vorredner ist ja ein Mann der Schule. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir unsere ganze Bildungsdiskussion im Zusammenhang mit dem wirt­schaftlichen Fortgang dieses Landes sehen. Und das, was der Bildungsforscher heute so flockig „Bildungsrendite“ nennt, ist eigentlich nichts anderes als Innovationen in Betrieben, Forschung in Betrieben. Da gibt es viele Segmente. Jetzt ist uns leider unser Touristiker abhanden gekommen, aber ich sage Ihnen, ich habe als Wirtschafts­treibender kein Problem, wenn die Metaller einen guten Abschluss haben, denn das sind eigentlich meine, auch seine potenziellen Kundinnen und Kunden. Und er kann eigentlich sein Personal auch nur motivieren, innovativ zu sein, wenn dieses auch entsprechende Gehaltszahlungen bekommt. Also ich glaube, das ist eine ganz wichtige Geschichte. (Beifall bei der SPÖ.)

Um diese Bildungsdiskussion ein bisschen mit diesem Punkt zu verknüpfen, möchte ich hier ein Zitat bringen: Der PISA-Befund ist klar: Im Vergleich mit anderen Nationen haben wir Nachteile im primären Sektor. Wir haben eine zu geringe Durchlässigkeit zwischen den Systemen und gesellschaftliche Schichten mit zu wenig Abschlüssen im tertiären Sektor. – Das ist ein Zitat, damit es ein bisschen unverdächtig ist – Kollegin Zwazl ist nicht da –, des Generalsekretärs der Wirtschaftskammer Österreich, Dr. Mitter­lehner, der als ÖVP-Abgeordneter im Nationalrat tätig ist, und ich kann ihn dazu nur beglückwünschen. Ich weiß, es haben ihn nicht alle in seiner Partei zu dieser Äußerung beglückwünscht. Ich finde das ganz toll, denn eine ordentliche Bildungs­politik führt im zweiten Schritt zu vielen Innovationen, zu Forschungstätigkeit, und ich glaube, das müssen wir wirklich als Querschnittsmaterie sehen, an dem müssen wir arbeiten.

Unsere Fraktion bittet Sie, meine Damen und Herren, diesem Gesetzesbeschluss Ihre Zustimmung zu geben, denn es ist ein Schritt nach vorne für unsere Wirtschaft, für unsere Arbeitsplätze in diesem Land. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

14.46



BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 98

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich darf nachträglich Frau Staatssekretärin Christa Kranzl herzlich hier begrüßen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Preineder. Ich erteile es ihm.

 


14.46.20

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Mitglieder des Bundesrates! Ich glaube, und das ist auch unbestritten gewesen, dass die Änderung zum Patentrechtsgesetz in ihrer Breite durchaus eine positive Auswirkung hat.

Herr Kollege Breiner, ein paar Antworten auf Ihre Frage. Es steht mir nicht zu, Sie als Lehrenden zu belehren, aber vielleicht ein paar Erfahrungsberichte aus der Praxis.

Saatgut wieder zu verwenden ist in der Landwirtschaft – und ich selbst bin Biobauer – kein Problem, das darf erfolgen und wird auch gemacht. Das ist gesetzlich erlaubt und mit keinerlei Barrieren behaftet. Der einzige Hemmschuh dabei ist, dass es nicht weiterverkauft werden darf, ohne dass der Lizenzinhaber etwas dafür erhält, aber er hat ja auch die Kosten der Sortenentwicklung gehabt. Das zum Thema Saatgut.

Zum zweiten Thema: Es wird kein Patent auf Leben entwickelt, sondern eben auf eine Sorte, die gezüchtet wurde.

Im Bereich der Gentechnik und der Gentechnikfreiheit ist man sich in Österreich auf breiter Ebene einig, und mit dem Koexistenzgesetz ist, soweit es uns die europäische Gesetzeslage erlaubt, gewährleistet, dass gentechnisch verändertes Saatgut, dass gentechnisch veränderte Pflanzen nicht ausgesät werden, und das hat bisher auch funktioniert. Gerade Österreich ist hier Vorreiter, und Minister Pröll versucht es immer wieder, diese Meinung auf europäischer Ebene zu vertreten. Und wenn die „Kleine Zeitung“ heute titelt: Der Damm gegen Genmais zerbröckelt, dann ist das deshalb, weil in der Europäischen Union eine breitere Meinung besteht, dass Gentechnik verstärkt angewendet werden soll – nicht in Österreich und auch nicht seitens der Land­wirtschaft.

Grundsätzlich glaube ich, dass diese Veränderungen im Patentgesetz durchaus positiv zu bewerten sind, vor allem dort, wo es um den Bereich zum Schutz der geo­graphi­schen Herkunft geht, zum Schutz der Ursprungsbezeichnungen, weil es den öster­reichischen Weg der Landwirtschaft stärkt, unterstützt und absichert, wenn regionale Produkte auch als solche geschützt werden dürfen und einen höheren Schutz genießen, ob das jetzt das Weinviertler Wild ist, der Waldviertler Karpfen, der Marchfeld-Spargel, die Wachauer Marille, das steirische Kernöl. Wir können viele solche Produkte, die Regionsbezug haben, aufzählen. Aus meiner Gegend sei erwähnt der Apfelmost aus der Buckligen Welt oder das Schneeberglandrind.

Diese Genussregionen, wovon es mittlerweile an die 90 in Österreich gibt, auch entsprechend abzusichern, auch dazu dient dieser Vorschlag, weil Lebensmittel mit Herkunft die Regionen stärken und somit auch einen Beitrag zum Klimaschutz liefern. „So schmeckt Niederösterreich“ ist auch ein Thema, das uns in Niederösterreich mit den regionalen Produkten verbindet. Mir schmeckt dieser Gesetzentwurf. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.49


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Kranzl. Ich erteile es ihr.

 


14.49.50

Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Christa Kranzl: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte eine Klar-


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 99

stellung treffen, weil die erste Wortmeldung meines Erachtens vielleicht irreführend sein kann. Ich kann Ihnen hier zustimmen, das Gentechnik-Volksbegehren habe ich selbst auch unterschrieben, das ist mir ein sehr wichtiges Anliegen.

Sie wissen aber, dass aufgrund dieses Volksbegehrens durch die Entschließung des Nationalrates auch das Monitoring-Komitee eingerichtet worden ist, dem ich ein Kompliment aussprechen muss, weil von diesem bisher ausgezeichnete Arbeit geleis­tet worden ist. Es ist mittlerweile auch ein erster Bericht erarbeitet worden. Dieser wird in Kürze in den Ausschüssen des Parlaments diskutiert werden.

Aber Sie wissen auch, dass wir selbstverständlich die Intention haben, diesem Entschließungsantrag Rechnung zu tragen. Ein Entwurf ist bereits in Begutachtung gegangen. Es hat aber unzählige unterschiedliche Stellungnahmen gegeben, weshalb jetzt diese Änderung in dieser Novellierung des Patentgesetzes nicht enthalten ist, weshalb aber das Patentamt zu einem Round Table eingeladen hat. Dieser Round Table wird am 7. November stattfinden, um wirklich die in diesem Entschließungs­antrag enthaltenen Intentionen in mehrheitlicher Übereinstimmung beziehungsweise in Eintracht umsetzen zu können.

Das heißt, es ist noch nicht vorbei. Jetzt geht es einfach darum, in dieser Gesetzes­novelle das umzusetzen, was seitens der Europäischen Union vorgeschrieben ist. Was das andere betrifft, so hoffe ich, dass wir es gemeinsam erarbeiten und überein­stimmende Formulierungen finden können.

14.51


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit ge­schlos­sen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Stimmenmehrheit fest. Der Antrag ist somit ange­nommen.

14.51.518. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Gesetz geän­dert werden (217 d.B. und 239 d.B. sowie 7778/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mosbacher. Ich bitte um den Bericht.

 


14.52.15

Berichterstatterin Maria Mosbacher: Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Maut­gesetz 2002 und das ASFINAG-Gesetz geändert werden, liegt Ihnen allen schrift­lich vor. Es erübrigt sich daher eine Verlesung, und ich beschränke mich nun auf die Antragstellung.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 100

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Oktober 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erste Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile es ihr.

 


14.53.00

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei dieser Änderung des Mautgesetzes gäbe es natürlich auch ein paar Punkte, mit denen auch die Grünen einverstanden wären, und zwar teilweise mit der Umsetzung der EU-Wegekostenrichtlinie – da würden wir schon nicht nein sagen –, aber auch mit der Erweiterung der Verordnungsermächtigung für Mautzuschläge. Womit ich aber ein sehr großes Problem habe, ist die Senkung des Strafrahmens für Mautprellerei. Warum man diesen um 25 Prozent herabsetzt, wo momentan doch nicht wirklich ein Erfolg sichtbar ist und es nach wie vor vorkommt, dass Menschen ohne Vignette, ohne Maut bezahlt zu haben, unterwegs sind, verstehe ich diesen Schritt nicht. Diese Absenkung des Strafrahmens ist meiner Meinung nach absolut grundlos.

Ein weiterer Punkt, der für uns ein Grund ist, nicht zuzustimmen, ist die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einführung der Korridorvignette. Die Korridorvignette ist an und für sich eine billige Tagesvignette für einen bestimmten Streckenabschnitt, um den Ausweichverkehr durch das Ortsgebiet zu verhindern. Nur: Das wirkliche Problem dabei wird durch diese Tagesvignette sicher nicht gelöst werden. Das wirkliche Problem im Raum Bregenz ist, dass dort 90 Prozent des Verkehrs hausgemacht sind und sich deshalb wohl kaum werden umleiten lassen. (Bundesrat Mayer: Das stimmt nicht!) Doch! Es gibt Studien dazu, dass diese 90 Prozent stimmen.

Ein weiterer Punkt, warum ich persönlich meine, dass diese Tagesvignette nicht der große Erfolg sein kann, ist der Umstand, dass man diese Tagesvignette erst lösen und dann entwerten muss. Das ist doch mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden, und man weiß nicht, wie sich dieser zusätzliche Zeitaufwand auf der Straße auswirkt. Ob dann die Leute nicht erst recht durch das Ortsgebiet fahren, weil es so vielleicht doch schneller geht, ist sehr wohl auch in Betracht zu ziehen.

Dieses vorliegende Modell der Tagesvignette widerspricht sowohl dem Vorarlberger Lan­desverkehrskonzept als auch einem Landtagsbeschluss in Vorarlberg. Und Bre­genz ist ein erster Vorstoß in Richtung Mautreduktion, sodass zu befürchten ist, dass noch viele andere Gemeinden auf diese Idee kommen und fordern könnten: Das möchte ich auch, und ich möchte auch, dass bei mir die Autobahn billiger wird, damit die Leute auf der Autobahn fahren und nicht durch mein Ortsgebiet! – Dadurch besteht die Gefahr, dass unser Mautsystem durchlöchert wird, und das ist sicher nicht Sinn und Zweck einer Mautgesetz-Änderung.

Im Übrigen haben wir im Ausschuss gehört, dass voraussichtlich 2 bis 3 Millionen € für diesen Pilotversuch ausgegeben werden. Wie hoch die Einnahmen-Verluste der ASFINAG dadurch sind, dass diese Tagesvignette günstiger ist, ist da noch gar nicht miteinberechnet. Wenn die ASFINAG jetzt wirklich so viel Geld hätte, dass sie es großartig verteilen könnte, dann könnte man darüber reden. Aber die ASFINAG hat schon angekündigt, dass wir bei Lärmschutzwänden sparen müssen, weil kein Geld mehr vorhanden ist. Und dann sehe ich schon gar nicht ein, dass man Mauteinnahmen reduziert. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.)

Dass die ASFINAG kein Geld hat, wer erzählt mir das? (Bundesrat Bieringer: Wenn Sie dort wohnen, dann können Sie erfahren, dass die Anrainer etwas anderes er-


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 101

zählen!) Ich wohne auch an der Autobahn. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundes­rates Bieringer.) – Es geht jetzt nicht darum, dass ich möchte, dass der Straßen­verkehr über die Ortsgebiete führt. Das ist nicht das Ziel! Aber ich bin der Meinung, dass die Tagesvignette keine Lösung für dieses Problem ist. Das habe ich ganz am Anfang meiner Rede gesagt. Vielleicht sollten Sie schon am Anfang meiner Rede zuhören. (Bundesrat Bieringer: Es ist trotzdem so –  ob ich Ihnen zuhöre oder nicht!)

Des Weiteren würde mich interessieren, welche Maßnahmen im Raum Bregenz jetzt gesetzt werden, um die Schiene zu stärken. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.) Eben, da sollte man zuhören und nicht reden, wenn man drinnen sitzt. Reden sollten die, die draußen stehen.

Nun zur Umsetzung der EU-Richtlinie: Prinzipiell ist die Querfinanzierungsmöglichkeit, die im neuen Mautgesetz drinnen stehen wird, erfreulich. Sie hätte schon früher um­gesetzt werden können. Uns ist es wichtig, dass da alle Möglichkeiten genützt werden, dass wirklich in allen sensiblen Gebieten diese Querfinanzierungsmöglichkeit ausge­reizt wird.

Ein Punkt im Gesetz ist sehr vage beschrieben: Die nötige gesonderte gesetzliche Regelung als Grundlage der möglichen Einführung von Mautzuschlägen im Sinne von Stau- und Umweltlenkungsgebühren ... – Da möchte ich gerne wissen, wann denn nun endlich etwas in diese Richtung unternommen wird, sprich, wann diese gesonderte Gesetzgebung vorgesehen ist.

Ein weiteres Problem ergibt sich aus der geplanten Ökologisierung der Maut. – Da gibt es eine EU-Richtlinie. Diese EU-Richtlinie sieht vor, dass wir früher oder später, spätestens 2010, die Maut differenziert einheben, das heißt, dass die „schmutzigen“ Lkw mehr Maut bezahlen als die „sauberen“. Das Problem bei der ganzen Geschichte ist nur, dass die „schmutzigen“ Lkw ohnehin immer weniger werden und dass die „sauberen“ Lkw genau diejenigen sind, die weite Strecken fahren und häufig aus­getauscht werden. Die, die weite Strecken fahren, sind die Transit-Lkw.

Wenn wir jetzt die Transit-Lkw durch diese Differenzierung billiger machen, so ist das meiner Meinung nach ein Schritt in die falsche Richtung, denn die Uralt-Stinker haben eine geringe Laufleistung und deren Zahl wird sich früher oder später reduzieren. Auf der anderen Seite werden die Transit-Lkw, die bessere Abgaswerte aufweisen – das ist unbestritten –, aber eben weitere Strecken fahren und sicher noch mehr zu vermeiden wären, weniger Maut zahlen. Daher ist das meiner Meinung nach ein falscher Schritt.

Dazu kommt eine Zunahme der Lkw am Brenner um 15 Prozent. In einer Studie der Arbeiterkammer habe ich erst vor kurzem gelesen, dass der Transitverkehr im Lkw-Bereich nach wie vor unterschätzt wird. Eine Bevorzugung der Transit-Lkw durch die Mautdifferenzierung ist daher alles andere als positiv. Meiner Meinung nach müsste man – zumal man gegen diese Form der „Ökologisierung“ nichts auf EU-Ebene unternehmen konnte – auch auf EU-Ebene dafür eintreten, dass eine wirkliche Ökologisierung der Mautkosten stattfindet. Dass sich dafür der Minister einsetzt, würde ich mir wünschen.

Eine wirkliche Ökologisierung der Maut wäre erreichbar durch eine flächendeckende Lkw-Maut – dazu müsste man nicht einmal zur EU gehen, das müsste man vor allem in Österreich einmal regeln, es wirklich angehen wollen –, durch eine Einbeziehung der externen Kosten und durch die Schaffung von nötigen Kapazitäten auf der Schiene.

Wir haben dann später noch den Bericht der Schienen-Control GMBH zu behandeln. Nur ein Wort in diesem Zusammenhang: Es ist nach wie vor ein Problem, dass


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 102

Gütertransport oft auch daran scheitert, dass die Kapazität auf der Schiene gar nicht vorhanden ist oder nicht umgesetzt werden kann. (Beifall bei den Grünen.)

15.00


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Molzbichler. Ich erteile es ihm.

 


15.00.39

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Staatssekre­tärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Richtlinie des Europäischen Parla­ments und des Rates über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, kurz gesagt, die sogenannte Wege­kostenrichtlinie der Europäischen Union, steht hier heute im Mittelpunkt. Es soll die Differenzierung der Mauttarife nach EURO-Emissionsklassen bis spätestens 2010 festgelegt und eingeführt werden. Diese Ökologisierung der Lkw-Maut war meines Erachtens schon längst fällig, und ich befürworte natürlich eine frühere Umsetzung. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Es ist höchst an der Zeit, unterschiedliche Mauttarife für Lkw einzuführen, das heißt, ältere und vor allem umweltschädliche Lkw mit höheren Mauttarifen zu belasten, neuere und umweltschonende Lkw mit geringeren Mauttarifen zu belasten. – Frau Kollegin Kerschbaum, da sind wir nicht einer Meinung.

Die derzeitige Staffelung nach Fahrzeuggrößen greift einfach zu kurz. Ich kenne auch die Kritik der heimischen Transportwirtschaft, da ihre Lkw für den Nahverkehr meist ältere sind als die Lkw im Transit. Bei einer früheren Umsetzung der EURO-Emissions­klassen wäre zu überlegen, ob es nicht für die heimischen Transportunternehmer zeitlich begrenzte Ausnahmeregelungen geben soll/geben kann.

Während beispielsweise bei schweren Lkw der Kategorie EURO-0 der Stickoxid­ausstoß bei 15,8 Gramm pro KW/h liegt – Lkw seit 1988 –, liegt dieser Wert bei den EURO-4-Lkw noch bei 3,5 Gramm, und bei den neuesten Modellen, bei den EURO-5-Lkw, die es ab 2008 geben soll, sinkt der Stickoxidausstoß auf 2 Gramm pro KW/h

Die Zunahme des Lkw-Transits durch Österreich, meine Damen und Herren, ist sehr beträchtlich. Immerhin ist der Lkw-Transit in den letzten 20 Jahren um das Zweiein­halbfache angewachsen. Er weist stetig steigende Zahlen auf. So fuhren 2006 um 7 Prozent mehr Lkw durch Österreich als 2005; auch 2007 ist mit einer Steigerung von zirka 7 Prozent zu rechnen. Gleichzeitig verlor jedoch die Bahn an Marktanteilen.

Das heißt, wenn man sich zum einen den Kohlendioxidausstoß und die Stickoxid­belastung durch Lkw und deren Baujahr anschaut und zum anderen das stetig steigende Aufkommen des Lkw-Verkehrs in Österreich in Betracht zieht, dann muss man für eine frühe Umsetzung der Emissionsklassen sein und vor allem auch Alter­nativen, wie etwa Transit auf Schiene, verstärkt fordern.

Im Zuge dieser EU-Richtlinienanpassung werden auch die Bemautung von Bundes­straßen und die Änderung bezüglich Mauttarifbildung geregelt. Diese Novelle beinhal­tet die Ermächtigung zur befristeten Festlegung höherer Mauttarife in Ausnahmefällen bei Verkehrswegen in Bergregionen.

Nach Befassung der Europäischen Kommission ist es auch möglich, einen Maut­aufschlag für bestimmte Straßenabschnitte zu erheben. Die Bedingungen dafür sind: Erstens: Diese Straßenabschnitte müssen von einer akuten, den ungehinderten Verkehr beeinträchtigenden Verkehrsüberlastung betroffen sein. Zweitens: Deren Be­nut­zung durch Fahrzeuge verursacht erhebliche Umweltschäden. Der Mautaufschlag darf maximal 15 Prozent der Mauttarife betragen. Werden aber die erzielten Ein­nahmen in grenzüberschreitende Abschnitte vorrangiger Vorhaben von europäischem


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 103

Interesse im Hinblick auf die Infrastruktur in Berggebieten investiert, darf der Aufschlag maximal 25 Prozent betragen.

Mit dieser Wegekostenrichtlinie könnte man – laut Regierungsvorlage – auf der Bren­ner Autobahn jährlich mit zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 21 Millionen € rechnen, die zweckgebunden für den Bau des Brenner-Basistunnels verwendet werden sollen.

Apropos Einnahmen und Ausgaben der ASFINAG: Während wir Betriebsräte schon jahrelang mit Personaleinsparungen von jährlich mindestens 15 Prozent zu kämpfen haben, wurde noch eiligst vor den letzten Wahlen der ASFINAG-Vorstand, wie bekannt, von zwei auf drei Vorstände aufgestockt. Mittlerweile hat Minister Faymann Gott sei Dank diese teure Einrichtung beendet – auch wenn ich als Betriebsrat die Abfertigungssummen sicherlich nicht akzeptieren kann. (Beifall des Bundesrates Reisenberger.)

Meine Damen und Herren! Ein Mitarbeiter kostet im Jahr zirka 25 000 €. Das heißt, stimmen die Abfertigungssummen, die in den Medien kolportiert werden, dann könnten dafür zirka 100 Mitarbeiter in unseren Betrieben auf dieser Basis ein Jahr lang bezahlt werden.

Interessant bei der ASFINAG sind vor allem die ehemaligen Entscheidungsträger. Da gibt es zum einen den Ex-Verkehrs- und Infrastrukturminister Gorbach, den Geschwin­dig­keits- und London-Liebhaber. Aus London wurde leider nichts. Und auch die viel zu gefährliche und sehr teure Teststrecke mit einem Geschwindigkeitslimit von 160 km/h bei mir in Kärnten wurde Gott sei Dank von Minister Faymann wieder aufgelassen. (Bundesrat Mag. Baier: Da hat der Kanzler 200 km/h ausprobiert!)

Zum anderen gibt es den Ex-Minister Reichhold, der dank einjährigem Gastspiel im ASFINAG-Vorstand bald zu den reichsten Bio-Bauern in Österreich gehört.

Meine Damen und Herren, es bleibt abzuwarten, wie der neue ASFINAG-Vorstand agiert; immerhin kennen beide Vorstände das Unternehmen schon seit Jahren.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Trotz aller Kritik an Bundesminister Faymann muss man einige Dinge festhalten: Die teure Geisterfahrerstrecke des Ex-Ministers Gorbach wurde zurückgenommen, und der ASFINAG-Vorstand wurde auf zwei Vorstände reduziert. Dafür mein Lob!

Ich erwarte mir von unserem Infrastrukturminister, dass es keine weiteren Personal­einsparungen an der Basis gibt. Und was den Kärntner Bereich betrifft, erwarte ich mir die Aufhebung der Vignettenpflicht und den Vollausbau der S 37 in Kärnten. In einer Resolution am 23. Oktober – Kollege Kampl, du wirst das bestätigen können – wurde dies einstimmig in der Landesregierung mit Verkehrsreferent Dörfler beschlossen. Ver­wundert hat mich allerdings die Aussage des Verkehrsreferenten Dörfler, der drei Tage später gegenüber der „Kleinen Zeitung“ erklärte, im Vergleich zu Preisen in Italien seien wir in Kärnten und in Österreich ein Billigland.

Dazu muss ich sagen: Er hätte schon vor Jahren mit dem damaligen Verkehrsminister Reichhold die Möglichkeit und die finanziellen Mittel gehabt, diese Misere zu beenden. Dieses doppelbödige Spiel des Verkehrsreferenten Dörfler in Kärnten muss er den Pendlern und auch den Wirtschaftstreibenden entlang der S 37 erklären. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.08


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


15.08.53

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 104

Herren des Bundesrates! Es fügt sich gut, dass ich nach meinem Kollegen Molzbichler reden darf, wir verstehen uns nämlich immer sehr gut, aber wenn man gegenseitig bezüglich Verantwortlichkeit in der Politik etwas ausrichten will, dann macht man es hier. Wir haben aber die Gelegenheit daheim, und wir nützen das: du bei deinen Leuten und ich bei meinen Leuten, und so soll es auch bleiben, denn wir in Kärnten halten natürlich schon zusammen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ASFINAG wurde 1982 mit einer be­stimmten Überlegung gegründet: Die Überlegung im Jahre 1982 war, die ganze Ver­antwortlichkeit für die Entwicklung des Verkehrsaufkommens zu bündeln. Die Bun­desregierung, und zwar SPÖ und ÖVP, hat sich damals Gedanken gemacht: Wie könnte man die ganze Problematik im Straßenbau einer besseren Lösung zuführen? Und da hat man die ASFINAG gegründet.

Die ASFINAG ist eine Gesellschaft des Bundes. Seit 1997 wurden die Aufgaben für die ASFINAG erweitert. Die ASFINAG hat auch mit allen Bundesländern einen Vertrag: Jeder Landeshauptmann muss unterschreiben und hat damit auch ein Mitspracherecht in bestimmten Bereichen des Straßenausbaues.

Die Aufgabe der ASFINAG ist der Betrieb und die Erhaltung von Autobahnen und Schnellstraßen, Kernaufgabe ist aber der Bau, der Betrieb, die Maut und die Telematik. Und letztere Aufgabe, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird sich in Zukunft wesentlich verschärfen, das können wir feststellen, jeder von uns.

Wenn ich nach Wien fahre, fahre ich 300 Kilometer: Also, was sich da teilweise schon jetzt auf der Autobahn, auf der Autostraße abspielt!? – Ein kleiner Unfall, und es steht alles, eine Stunde bis zu zwei Stunden! Und das wird so weitergehen und das wird sich noch wesentlich verschärfen. (Ruf bei der ÖVP: ... 160 km/h!)

Die ASFINAG finanziert ihre Leistungen aus folgenden jährlichen Einnahmen: Pkw-Maut 310 Millionen €, Road-Pricing 825 Millionen € und Sondermaut 115 Millionen €, das heißt also, wir haben Einnahmen von 1,250 Milliarden €.

Für die Aufgaben des fließenden Verkehrs hat die ASFINAG weitere Mitarbeiter ange­stellt, und zwar 150 Mitarbeiter, die die Aufgabe haben, dass der fließende Verkehr reibungslos weitergehen kann.

Ein Kriterium für die Bemautung ist aber, dass die Straße bestimmte Kriterien erfüllen muss: Die Fahrbahnen müssen getrennt sein, keine Kreuzungen im höher gelegenen Bereich. Straßen und Schienen oder Gehwege dürfen die Straße nicht kreuzen. – Nun haben wir in Kärnten ein Problem mit dem neuen Gesetz, und zwar: Das neue Gesetz wurde angewandt zwischen der Landeshauptstadt Klagenfurt und der alten Landes­hauptstadt St. Veit, wo man eine bestehende Schnellstraße bemautet, die ganzen Anbindungen und Abzweigungen der Straße sperrt und die Bevölkerung und die Wirtschaft dadurch große Nachteile haben.

Diese Nachteile lassen sich mit jährlich 2,1 Millionen € beziffern, weswegen wir der Meinung sind, dass hier nicht verantwortungsvoll umgegangen wurde und wir daher das Gesetz ablehnen! (Bundesrat Molzbichler: Von Dörfler und Reichhold!)

In Kärnten haben folgende Straßenzüge aufgrund des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 die Kriterien einer Bemautung: Die A 10, die Tauern Autobahn, die A 2, die Süd Autobahn, und die A 11, die Karawanken Autobahn. Leider sieht aber – und hier kommt das Problem – die neue Wegekostenrichtlinie sieht vor, dass auch auf nicht transeuropäischen Straßennetzen Maut eingehoben werden kann, wenn eine Ausweichstraße vorhanden ist. – Diese neue Regelung trifft in Kärnten auf die B 317, die Friesacher Bundesstraße, zu, und da gibt es bereits das Problem, das ich geschildert habe.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 105

Wir haben aber auch ein anderes Problem, und zwar: Diese Straße hat nicht zwei Absperrungen beziehungsweise zweispurige Richtungsfahrbahnen, eine bauliche Mittel­trennung der Richtungsfahrbahnen ist nicht vorhanden, es müsste die Einrichtung von mindestens zwei Mautabschnitten sein und es sind nicht alle Zu- und Abfahrten in Form von Anschlussstellen vorhanden. Und jetzt ist das Problem, dass wir zwar einen Vertrag haben, den das Land Kärnten unterschrieben hat, dass sich aber die ASFINAG derart Zeit lässt. Und, lieber Kollege Molzbichler, hier beginnt das Problem ... (Bundesrat Molzbichler: Ja! Das Problem hat, wer Reichhold und Dörfler ...! So schaut es aus!) – Du kannst ja nach mir noch einmal reden, aber hier beginnt bereits das Problem, dass dieses Vertragswerk nicht rasch ausgeführt wird.

Man hat Zeit bis 2011, das sagt man jetzt – es wird 2015 werden! Es ist nicht nur so, dass der Bezirk St. Veit mit den ganzen umliegenden Tälern, dem Görschitztal, dem Gurktal, dem Metnitztal, große Nachteile hat, sondern auch der nahe gelegene Bezirk der Steiermark, das ist der Bezirk Murau – die Leute von dort fahren ja auch diese Strecke. Und alle müssen diese Ausweichstrecken fahren, die sind zum Teil sehr, sehr schmal, unübersichtlich und sehr zeitraubend!

Es ist einfach nicht verständlich, dass man so viele Jahre, bevor der Ausbau stattfindet, bereits eine Bemautung durchführt. Das verstehen unsere Bürger, die die Straßen brauchen, überhaupt nicht. (Bundesrat Molzbichler: Landeshauptmann-Stellvertreter Dörfler ...! Bleib bei der Wahrheit! Diese Straße zu bemauten!) – Das ist im Parlament beschlossen worden! Im österreichischen Parlament ist dieser Beschluss gefasst worden, und Landesrat Dörfler als zuständiger Referent hat diesen zu vollziehen. Er kann aber nur das vollziehen, was die ASFINAG beziehungsweise das Gesetz erlaubt!

Und jetzt gibt es noch ein Problem, wo ich dir, lieber Kollege Molzbichler, voll zustimme: Es kann nicht sein, dass in Zukunft aufgrund des neuen Gesetzes – es wird die Tiroler treffen und es wird die Kärntner bei der Tauern Autobahn treffen, was du angeschnitten hast –, durch die Verteuerung des Autobahnbaus eben diese Bemau­tung dann höher sein wird. Das heißt, die Betroffenen, die sowieso Nachteile haben ... – Schauen wir uns das Inntal an, oder schauen wir uns das Mölltal beziehungsweise das Lieser- und Maltatal an, wo diese Straßen sind. (Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum) Es kommt zu großen Nachteilen! Es kommt zu großen Nachteilen, meine Damen und Herren, für den, der dort wohnt! Dort ist kein Tourismus! Da müssen wir in die Täler hineinfahren, deshalb brauchen wir eben diese Straßen und deshalb sind wir auch sehr froh, dass diese Straßen gebaut werden, aber nicht mautmäßig verteuert werden dürfen.

Dazu kommt noch ein Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren – und jetzt komme ich wieder auf meinen Kollegen Molzbichler zu sprechen –: Kollege Molz­bichler, du hast Recht, die österreichische Bevölkerung versteht das nicht: 12 Prozent der österreichischen Bevölkerung liegt wirklich unter den 900 € Monatseinkommen, wo wir sagen, das ist die Armutsgrenze. Und dass man dann hergeht und drei Vorstands­direktoren mit je 720 Millionen € abfertigt?!

Meine Damen und Herren, da sind wir schuld, da ist das Parlament schuld, weil so kann es ja nicht sein! (Bundesrat Molzbichler: Deine Parteikollegen waren das, vor Jahren! Deine Parteikollegen!) – Na ja, bitte schön, lieber Kollege Molzbichler, diese undurchschaubare Situation in diesen verstaatlichten Gesellschaften geht schon über Jahrzehnte! Die Bevölkerung ist dessen schon überdrüssig, sie geht bis zu 50 Prozent nicht mehr zur Wahl, weil sie sagt: Die sind nicht in der Lage, saubere Politik zu machen. (Bundesrat Molzbichler: Ihr habt jahrelang Zeit gehabt, diese Misere abzu­stellen!)


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 106

Meine Damen und Herren, ich mache Sie alle heute darauf aufmerksam: Wir sollten uns darüber im Klaren sein und sollten eigentlich alle diese Gesellschaften einmal heranführen und prüfen: Na, wie schaut es denn aus bei euch? Wer hat denn eure Verträge so wunderbar gestaltet? Wer hat denn eure Verträge mit allem Drum und Dran gestaltet? Das waren die ÖVP und die SPÖ. (Bundesrat Molzbichler: ... Gorbach!)

Das ist kein Neidkomplex, meine Damen und Herren – von uns hier sicher nicht! –, aber die Bevölkerung versteht das nicht mehr. Die Bevölkerung ... (Bundesrat Molz­bichler: Wer bietet solche Verträge an? Gorbach!) – Lieber Kollege Molzbichler, ich bin am Wort! Deine Leute, auch in Kärnten, sind diejenigen, die euch nicht mehr wählen, weil sie fragen: Wo sind denn die Vertreter des kleinen Mannes? Sind sie ausgewandert oder ausgestorben, oder was ist passiert? – Meine Damen und Herren ... (Weitere Zwischenrufe.) – Ja, so ist es! Ja! (Bundesrat Molzbichler: Deinem Parteifreund hast du das zuzuschreiben, dass es dir in deiner Gemeinde ...!)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Wir in Kärnten wollen von der ASFINAG das Problem gelöst haben. Frau Staatssekretärin, es kann nicht sein, dass man dort Beschlüsse fasst und sagt: So, da wird bemautet!, und dann muss die Bevölkerung das jahrelang hinnehmen, sie muss das einfach schlucken, und wir haben dann die kleinen Randstraßen in die Landeshauptstadt zu befahren. Bitte, das gehört beschleunigt und mautgerecht ausgebaut.

Das ist die Adresse, die vom Land Kärnten und von den Abgeordneten ausgeht, und ich glaube, da sind wir Kärntner Abgeordnete uns alle einig: Kärnten hat den Anspruch, auch diese Straße zeitgerecht benützbar zu machen, und auch das Bundesland Steier­mark wartet darauf, dass dieses Anschlussstück der Obersteiermark von der Kärntner Seite aus einmal verbessert wird. – Danke schön. (Bundesrat Molzbichler: Kollege Kampl, wer war jahrelang verantwortlich? FPÖ! BZÖ! – Bundesrat Ing. Kampl – das Rednerpult verlassend –: Wer hat die ASFINAG gegründet? Rot und Schwarz!)

15.19


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kritzinger. – Bitte.

 


15.20.26

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Liebe hoch geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Transit-Problem wird uns in Tirol noch viele Jahre begleiten. Es gibt, so möchte ich sagen, zwei Schlüs­selprobleme, nämlich erstens die Abgase – da hat man jetzt eine sehr kluge Regelung gefunden – und zweitens die Dichte des Verkehrs, wenn über 2 Millionen Fahrzeuge über den Brenner fahren – und es kommen ja immer mehr! Das ist eine Strecke, die ich sehr oft befahre, und ich kann ein Lied davon singen, dass es Staus von acht bis 20 Kilometern Länge gibt.

Das Problem der Dichte des Verkehrs werden wir nicht so schnell lösen, außer es kommt wirklich der Durchstich des Brenner-Basistunnels, des Eisenbahntunnels. Da könnte man, da kann man eine Lösung finden – wir hoffen es zumindest. Auf alle Fälle trägt dieses Gesetz dazu bei, einen vernünftigen Schritt in diese Richtung zu machen. Von 2010 an soll eine jährliche Zuwendung von 21 Millionen € – so hoch sind die Berechnungen, das glaubt man wenigstens nach dem heutigen Einkommen – von der ASFINAG bereitgestellt werden, damit man diesen Bau beginnen kann.

Auch wir sind mit der Regelung nicht hundertprozentig zufrieden, Kollege Kampl – die Kärntner vielleicht auch nicht; ich habe mir das jetzt angehört. Wenn man zum Beispiel die Vorausschau von heute bis zum Jahre 2012 betrachtet, wo die ASFINAG 7,3 Mill-


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iar­den € erhält – der größte Teil dieses Geldes kommt ja vom Treibstoff, dem Diesel und so weiter, aus der Mineralölsteuer – und wir in Tirol aus dieser ganzen Summe ein einziges Projekt mit einer kleinen Summe gefördert erhalten, und das ist der Tschirganttunnel, sind wir auch nicht hundertprozentig zufrieden, obwohl wir sagen, wir müssen diesem Gesetz zustimmen. Da gibt es kein Wanken. Es ist ein guter Schritt, ein vernünftiger Schritt! (Bundesrat Ing. Kampl: Es muss verbessert werden!)

Wir zahlen – das möchte ich noch sagen; viele wissen es nicht: wir sind die größten Mautzahler mit der Brenner-Autobahnmaut – jährlich 80 Millionen € an die ASFINAG, netto. Das ist eine Nettozahlung, also da sind alle Abgaben, Steuern und dergleichen schon abgezogen! 80 Millionen € sind auch kein Pappenstiel!

Wir hoffen, dass dieser Dauerbrenner (Ruf bei der SPÖ: „Dauerbrenner“?!), der große Transit, durch den Bau des Brenner-Eisenbahntunnels geregelt wird, der ja in unseren Augen eine europäische Dimension hat.

Wir alle freuen uns, dass dieses Gesetz vom Großteil der Anwesenden voll und ganz getragen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.24


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Einwallner. – Bitte.

 


15.25.00

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Staatssekretärin! Es scheint heute ein bisschen ein Vorarlberg-Tag zu sein. (Bundesrätin Zwazl: Ja, Festspiele!) – Die wunderbaren Festspiele der Vorarlberger. – Ich hoffe, dass wir uns bei diesem Thema in größerer Einheit zeigen als beim voran­gegangenen Thema.

Meine Damen und Herren! Die „einheitliche Meinung“ der Kärntner hat man gerade mitbekommen, wenn man sich die Zwischenruf-Diskussionen zwischen den Bundes­räten Kampl und Molzbichler angehört hat. Ich hoffe nicht, dass wir beide in eine ähnliche Situation kommen, Herr Kollege Mayer.

Zum Bundesstraßen-Mautgesetz wurde schon das eine oder andere gesagt; ich kann mich da auf einen ganz speziellen Punkt konzentrieren und der freut mich als Vorarl­berger Bundesrat ganz besonders. Ich halte es für einen ganz wesentlichen Punkt und einen großen Fortschritt, dass es gelungen ist, das Modell der Korridorvignette in dieser Novelle zu etablieren.

Frau Kollegin Kerschbaum, ich bin verwundert über Ihren Debattenbeitrag, ich kann Sie nur einladen, einmal nach Bregenz zu kommen. Bregenz ist eine der schönsten und besten Städte, die es in Österreich gibt. Es hat eine wunderbare Lage zwischen dem Bodensee und dem Pfänder, aber das einzige Problem, das besteht, ist, dass es zwischen See und Berg nur eine Straße gibt – und diese ist nicht mehr ausbaufähig. Die Bevölkerung im Großraum Bregenz ist durch eine sehr, sehr stark vorhandene Vignetten-Flucht geplagt.

Wenn Sie, Frau Kollegin, davon sprechen, dass 90 Prozent – und ich kann mir nur vorstellen, dass ich mich verhört habe, als Sie gesagt haben, 90 Prozent – des Verkehrs hausgemacht sei, dann müssen Sie wirklich einmal nach Bregenz kommen. Dann fragen Sie einmal Ihren grünen Vizebürgermeister in Bregenz, wie viel er meint, dass davon hausgemacht ist! Er ist auch gegen diese Vignette, er ist gegen viele Entlastungen, die etwas für die Bregenzer Bevölkerung bringen würden. Aber mit so falschen Zahlen getraut sich nicht einmal ein grüner Kommunalpolitiker in Bregenz auf die Straße zu gehen.


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Ich habe keine Ahnung, wo Sie die Zahlen herhaben, es würde mich sehr interes­sieren, wie Sie auf 90 Prozent kommen. (Bundesrätin Kerschbaum: Ich werde sie Ihnen zukommen lassen!) – Ihre Ausführungen waren bemerkenswert. Frau Kersch­baum, ich sage Ihnen nur eines: Sich Informationen zu holen, ist bei weitem kein Luxus! Das sollten Sie das nächste Mal tun, wenn Sie über eine so spezielle Situation sprechen.

Der Großraum Bregenz ist seit Jahrzehnten eine verkehrsbelastete Region, und das hat sich durch die Einführung der Autobahn-Vignette massiv verschärft. Natürlich ist es nicht das einzige Problem, dass die Vignetten-Flüchtlinge da sind, aber auf der anderen Seite ist auch die Landespolitik beim Thema Verkehrspolitik im Land einiges schuldig geblieben. – Da wird es Zeit, dass es vernünftige und innovative Verkehrs­lösungen auf Landesebene gibt und dass das nicht ewig auf die lange Bank geschoben wird, wie das leider im ÖVP-dominierten Vorarlberg der Fall ist.

Viele Vorarlbergerinnen und Vorarlberger haben große Hoffnungen in ihn gesetzt – ich sage das ganz ehrlich –, als Hubert Gorbach Verkehrsminister wurde, weil man dachte, Hubert Gorbach könne, weil er diese Situation so gut kennt, eine Lösung für den Großraum Bregenz bringen, aber: Hubert Gorbach hat auf allen Ebenen enttäuscht, auch in dieser Frage hat er enttäuscht: Er hat nichts zuwege gebracht für die Entlas­tung der Bregenzer Bevölkerung. Ich bin wirklich sehr froh darüber, im Verkehrs­ministerium jetzt einen Minister zu haben, der sich gleich nach Amtsantritt die Sorgen und Anliegen der Bregenzer Bevölkerung angehört, das aufgenommen und Ver­ständnis gezeigt hat für diese – ich sage es so – fast einmalige Situation in Österreich, die da besteht.

Das ist etwas, wofür ich hier auch wirklich noch einmal einen Dank an das Ministerium, aber natürlich ganz speziell an Werner Faymann aussprechen möchte, weil er gegen Widerstände, die es auch im Land in der ÖVP gegeben hat, engagiert aufgetreten ist. Er ist engagiert aufgetreten und hat gesagt: Das müssen wir versuchen! Es ist einen Versucht wert, die Korridorvignette in diesem Bereich einzusetzen!

Es ist auch festgehalten, dass das evaluiert wird. Es wird angeschaut: Bringt es den gewünschten Entlastungseffekt oder nicht? – Das sind vernünftige Lösungen, die hier angegangen werden, und sie richten sich nach den Anliegen, den Sorgen und Problemen der Bevölkerung.

Ich glaube schon, dass man hier den richtigen Ansatz sehen muss, und wenn es nicht zum Erfolg führt, dann wird man sicherlich auch diese Lösung wieder revidieren. Diese Lösung bietet auf jeden Fall eine große Chance und eine große Möglichkeit für die Bodensee-Region, endlich einmal vom Verkehr etwas entlastet zu werden. Ich bin froh darüber, dass wir heute das Gesetz in dieser Form beschließen werden, denn es ist ein wesentlicher Schritt dazu, das Verkehrsaufkommen an diesem Knotenpunkt auf das hochrangige Straßennetz zu verlagern und die Bevölkerung zu entlasten.

Folgendes noch: Wenn der Kritikpunkt und die Nachfrage kommt, was man denn im Bereich der Schiene macht, denn rennt man bei mir offene Türen ein – natürlich! Aber ich darf nur daran erinnern, dass es noch nie eine Regierung gegeben hat, die so viele Mittel für Investitionen in Schiene und Infrastruktur zur Verfügung gestellt hat. Die Bundesregierung, Alfred Gusenbauer schafft es, da wirklich Akzente zu setzen! Wir investieren in die Schiene, und das ist natürlich der richtige Weg. (Bundesrätin Roth-Halvax: Eine gute Werbesendung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen Sie, wenn ich jetzt „Werbeeinschaltung“ höre, ist ganz klar: Für gute Sachen kann man gut Werbung machen, und für Dr. Alfred Gusenbauer und diese Regierung kann man gut und gewissenhaft Werbung machen. (Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube,


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dass wir auf dem richtigen Weg und gut unterwegs sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.31


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


15.31.20

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Tatsächlich sind heute irgendwie Vorarlberg-Festspiele; das zeigen auch die Kommentare, wenn man hier zum Rednerpult kommt. (Bundesrat Kneifel: Bregenzer Festspiele!) Vorarlberger Festspiele; das ist noch etwas Höheres als die Bregenzer Festspiele, Herr Kollege Kneifel. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Tatsächlich diskutieren wir die Umsetzung der Wegekostenrichtlinie ins Bundes­straßen-Mautgesetz und ins ASFINAG-Gesetz, was natürlich auch eine besondere Bedeutung für Vorarlberg hat. So, wie die Kärntner über Kärnten diskutiert haben, machen es wir Vorarlberger über Vorarlberg und natürlich, wie schon erwähnt wurde, besonders in Bezug auf die Landeshauptstadt Bregenz.

Dass die Mautpflichtigkeit des auch zur Umfahrung von Bregenz gebauten Pfänder­tunnels Probleme aufwerfen werde, wurde bereits 1996 geltend gemacht. Das ist also nicht erst eine Diskussion der letzten Wochen und Monate, sondern da gibt es Versuche seit 1996. Es war also absehbar, dass viele Durchreisende den maut­pflich­tigen Pfändertunnel meiden, die kürzere Route durch das Stadtgebiet von Bregenz wählen und einen in der Regel verkraftbaren Zeitverlust in Kauf nehmen.

Das war früher der Fall; derzeit haben wir eine Situation, die wirklich ganz extrem ist und eine extreme Belastung für die Landeshauptstadt Bregenz und die umliegenden Gemeinden darstellt. Dazu kam, dass eine pragmatische außergesetzliche Regelung – wie zum Beispiel in Kufstein, wo die Vignetten-Kontrolle erst nach der Ortsdurchfahrt erfolgt – von vornherein nicht zugestanden wurde und eine solche Lösung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten auch nur einen Teil des Stadtgebietes von Bregenz entlastet hätte.

In weiterer Folge kam es zu zahlreichen Vorstößen für entlastende Begleit­maß­nahmen, die von der Einführung einer Tagesvignette bis hin zur Mautfreistellung reichten. Sie wurden regelmäßig von den zahlreichen Verkehrsministern unterstützt und vom jeweiligen Finanzminister – man höre: Edlinger oder Grasser – beharrlich abgelehnt. Der erste Finanzminister, der hier zustimmt, ist nun einmal unser Vize­kanzler Willi Molterer, der diesen Versuch auch unterstützen wird! (Beifall bei der ÖVP.)

Der neue Verkehrsminister hat eine parlamentarische Anfrage der Vorarlberger Bun­desräte Weiss, Einwallner und Mayer nach seinen Plänen für eine Änderung der Bemautung oder andere geeignete Maßnahmen zur Entlastung von Bregenz am 30. März 2007 lediglich mit einem Hinweis auf die für 2011 zu erwartende Fertig­stellung einer zweiten Tunnelröhre durch den Pfänder beantwortet. Herr Kollege Ein­wallner, ich muss jetzt einfach ein bisschen ins Detail gehen, weil du hier doch eure Situation und den Kollegen Bundeskanzler Gusenbauer verherrlicht hast. Aber wenn man zum Ergebnis kommt, muss man natürlich auch etwas dahinter blicken, und deshalb ist es jetzt mir auferlegt, auch in meinem Redebeitrag etwas ins Detail zu gehen.

Offenbar war nämlich in Vergessenheit geraten, dass der sozialdemokratische Partei­vorsitzende – man höre: Gusenbauer – zur Bregenzer Gemeinderatswahl 2005 ein Wahlzuckerl namens Tagesvignette mitgebracht hat. Nach einer Schrecksekunde,


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weil die Bundeskanzler-Partei jetzt für die Einlösung von Wahlversprechen verant­wortlich zu machen ist, machte sich der Verkehrsminister nun doch auf die Suche nach einer Lösung, schloss die Tagesvignette aus finanziellen Gründen sowie eine generelle Sonderregelung für Bregenz bald aus und landete schließlich bei der schon früher diskutierten Korridorvignette, die als Versuchsprojekt nun doch zu einem maßge­schneiderten – das gebe ich zu: maßgeschneiderten – Lösungsansatz für den Raum Bregenz wurde.

Um 2 € kann man die Strecke zwischen der deutschen Grenze und der Auto­bahnabfahrt Hohenems ein Mal in eine Richtung befahren, wobei es dem Autofahrer freisteht, für die Fahrt in den Bregenzer Wald oder in Richtung Zürich nur eine Teilstrecke zu befahren. Wichtig ist: Fährt man 12 Mal durch diesen Korridor, das sind beispielsweise sechs Fahrten aus Deutschland in die Schweiz und wieder zurück, dann hat man bereits den Preis einer Schweizer Jahresvignette ausgelegt. – Dies zur Erklärung, warum eher der österreichischen als der Schweizer Vignettenpflicht aus­gewichen wird.

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz auf die im Ausschuss erörterte Frage eingehen, ob Korridorvignetten bei den Vorverkaufsstellen nur tagesaktuell oder auch auf Vorrat gekauft werden können. Das wäre wesentlich kundenfreundlicher, und wir sollten diese Möglichkeit nutzen, die Verwendung der Korridorvignette so einfach wie möglich zu machen. Frau Staatssekretärin, ich rege daher an, bei den Umsetzungs­arbeiten auch diese Möglichkeit im Auge zu behalten.

Am Ende ist jetzt ein vom Land mitgetragenes Versuchsprojekt herausgekommen, das zeitlich befristet ist und auf die Ungewissheit Rücksicht nimmt, ob die Entlastung in Bregenz nicht durch eine gravierende Belastung anderer Gemeinden wie zum Beispiel Lustenau erkauft wird. Das wird davon abhängen, ob es zu einer Auffächerung des Verkehrs auf mehrere Grenzübergänge oder beispielsweise, wie schon erwähnt, zu einer Konzentration auf Lustenau kommt. Diese Auffächerung wäre beim Korridor bis Altach leichter möglich gewesen, weil ein erheblicher Teil des Verkehrs in Richtung Graubünden und Oberitalien über diese Abfahrt geht und dies auch für die Autofahrer mit Korridorvignette gilt. Ob die beabsichtigte Entlastung von Bregenz eintreten wird, ist schwer zu beurteilen, zumal auch ein erheblicher Teil der Stauprobleme hausgemacht ist.

Um noch einmal auf Ihre Zahl einzugehen, Frau Kollegin Kerschbaum: Wenn Sie, wie ich glaube, gesagt haben, dass neun von zehn – nicht „90 Prozent“, sondern neun von zehn – Autofahrern solche sind, die aus dem Großraum Bregenz kommen, dann muss ich das wirklich als Nonsens darstellen. Es ist ein Nonsens, wie Kollege Einwallner gesagt hat, und da gebe ich ihm recht.

Kommen Sie nach Bregenz zu den Festspielen, setzen Sie sich in diese Stauzone, und dann zählen Sie einmal Kennzeichen! Dann werden Sie feststellen, es sind so viele deutsche Kennzeichen mit dabei, dass Sie niemals auf diese von Ihnen hier genannte Zahl, neun von zehn, kommen können. (Bundesrätin Kerschbaum: Fahren wir einmal nach Bregenz ...!) Das ist ein Nonsens, und das stelle ich hier mit Kollegem Einwallner eindeutig fest! (Bundesrätin Kerschbaum: Es geht um Bregenz ...!) Wenn Sie von einem Gebiet in Österreich keine Ahnung haben, dann reden Sie auch nicht darüber, Frau Kollegin Kerschbaum! Das muss ich in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Es gibt also, wie Kollege Einwallner gesagt hat, zwischen dem Pfänder und dem Bodensee nur eine Straße und eine Schiene. Wenn Kollege Einwallner sagt, dass die ÖVP in Vorarlberg nichts zur Entlastung der Verkehrssituation beigetragen habe, stimmt das natürlich nicht. Herr Kollege Einwallner, wenn es nur eine Möglichkeit gibt,


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hin und her zu fahren, und dort zudem noch Gleise sind: Was sollen wir anderes machen? Einen Tunnel haben wir bereits, eine zweite Tunnelröhre ist geplant. Dann ist es also hier wirklich einfach, zu sagen: Die ÖVP in Vorarlberg hat die Mehrheit, aber sie hat nichts getan. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Einwallner.) – Da kann die Vorarlberger ÖVP genauso wenig dafür wie die Vorarlberger SPÖ, da sitzen wir im gleichen Boot und finden keine gemeinsame Lösung. Das ist die Problematik, Herr Kollege.

Eine Verunsicherung über die Wirkung des Vorhabens wird auch im Ausschussbericht des Nationalrates deutlich. Entgegen allen bisherigen Erkenntnissen wird der Aus­weich­verkehr durch die Stadt Bregenz auf die bauliche Engstellung des Pfänder­tunnels, der derzeit nur mit einer Tunnelröhre ausgebaut ist, zurückgeführt. Das erweckt den Eindruck, dass die Leute zwar gerne die Maut zahlen würden, aber nicht durch einen einröhrigen Tunnel fahren wollen. Tatsächlich ist es, von Einzelfällen abgesehen, gerade umgekehrt. Daher mutet auch die Schlussfolgerung merkwürdig an, dass die Korridorvignette, selbst wenn sie sich bewährt hätte, mit der ab 2011 erwarteten Verkehrsfreigabe der zweiten Tunnelröhre wieder wegfallen könnte.

Aber wir werden ja bis dahin wahrscheinlich wieder Nationalratswahlen haben. Dann gibt es wahrscheinlich wieder ein anderes Versprechen, das eingelöst wird – oder auch nicht.

Daher möchte ich in Übereinstimmung mit der positiven Haltung schon noch erwähnen, Frau Staatssekretärin Kranzl – und bitte, das auch Herrn Minister Faymann auf diesem Wege auszurichten –, dass dieser Versuch auch von Vorarlberg dankenswerterweise anerkannt wird, weil es ein Versuch zur Problemlösung ist und wir natürlich auch dankbar für diesen Versuch sind. Einem Sprichwort zufolge sei das Bessere der Feind des Guten, wie man sagt; es gibt aber auch Fälle, in denen die Umsetzbarkeit des Guten wichtiger als die Vision des Besseren ist.

Im Zusammenhang mit der ASINFAG muss ich noch kurz ein aktuelles Problem zur Sprache bringen. Der vormalige, heute schon mehrmals positiv erwähnte Minister Gorbach hat im Sommer 2003 ... (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Molzbichler.) Man kann auch etwas positiv ausführen, wenn es nicht unbedingt positiv ist, Herr Kollege Molzbichler.

Minister Gorbach hatte im Sommer 2003 zugesagt, dass entlang der Rheintal- und Walgau-Autobahn bis Ende 2008 Verkehrsbeeinflussungsanlagen zur Verfügung stehen würden. Am 14. August 2007 druckten die „Vorarlberger Nachrichten“ ein Inter­view mit Frau Staatssekretärin Kranzl ab, wobei unter anderem Folgendes zu lesen war. Ich darf zitieren:

„Vorarlberger Nachrichten: Sie haben Landesrat Rein getroffen.

Staatssekretärin Kranzl: Wir haben den Prioritätenplan diskutiert und über Verkehrs­beein­flussungsanlagen besprochen. Der Kostenpunkt für den Ausbau solcher Anlagen liegt für Österreich bei 350 Millionen Euro, für Vorarlberg bei 1,5 Millionen Euro. Ich weiß, dass es von meinen Vorgängern viele Versprechungen gegeben hat, die nie umgesetzt wurden.

Vorarlberger Nachrichten: Und was ändern Sie?

Staatssekretärin Kranzl: Ich habe die Sache mit dem Büro Faymann abgeklärt und Landesrat Rein Folgendes zugesagt: Ab 2009 ist Vorarlberg dran, dann werden diese Verkehrsbeeinflussungsanlagen realisiert. Er sagte, er vertraue auf mein Wort. Und ich sagte, das sei wunderbar.

Vorarlberger Nachrichten: Das ist also eine definitive Zusage?


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Staatssekretärin Kranzl: Das ist eine definitive Zusage. Ein Versprechen.“ (Bundesrat Molzbichler: Bregenzer Festspiele!)

Herr Kollege Molzbichler, ich zitiere Ihre Staatssekretärin und bitte, aufmerksam zuzuhören!

Also noch einmal: „Staatssekretärin Kranzl: Das ist eine definitive Zusage. Ein Ver­sprechen.“

Jetzt kommt’s: Nach aktuellen Medienberichten sei dieses Projekt im neuen Budget­plan der ASFINAG nun allerdings um Jahre verschoben worden, was auch sofort zu entsprechenden Protesten geführt hat.

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Sach­verhalt klarstellen und den tatsächlichen Fertigstellungszeitpunkt präzisieren könnten.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion wird der Wegekostenrichtlinie und der Umsetzung im nationalen Recht die Zustimmung erteilen, wobei ich in Bezug auf die komplexe Vorarlberger Situation, was die Korridorvignette anlangt, um eine entsprechende Begleitung und Evaluierung ersuche. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.42


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer zweiten Wortmeldung erteile ich Frau Bundes­rätin Kerschbaum das Wort. – Bitte.

 


15.43.05

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine lieben Herren Kollegen aus Vorarlberg! Abge­sehen davon, dass ich es sehr nett finde, dass ich auch als Niederösterreicherin hier sprechen darf – das freut mich besonders –, möchte ich schon noch erklären, was hausgemachter Verkehr ist. Wenn du (in Richtung Bundesrat Mayer) nämlich erläuterst, wie viele fremde Kennzeichen man bei den Bregenzer Festspielen sieht, denkst du dann, dass diese fremden Kennzeichen um Bregenz herum- und nicht hineinfahren sollten? Oder wie stellst du dir das vor? (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Hausgemachter Verkehr heißt: Quelle oder Ziel in der Region. Das sind 90 Prozent. Ich lasse euch die diesbezügliche Studie gerne zukommen. (Bundesrat Mayer: Die Studie haben wir! Und die Köll-Studie geht ganz klar in diese Richtung! Aber ... – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.) Quell- und Zielverkehr heißt einfach, dass man nicht rundherum fahren kann. Da, hoffe ich, seid ihr meiner Meinung, oder? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Quell- und Zielverkehr in Bregenz heißt, dass man nicht rundherum fahren kann. (Bundesrat Dr. Kühnel: ... die Studie hier, und dann sage ich: jawohl!) Es muss nicht jeder ja sagen.

Herrn Kollegem Molzbichler wollte ich nur sagen, genau das, was du vorhin vorge­schlagen hast, befürchten wir, nämlich:

Wir machen jetzt eine große Ökologisierung, die ach so ökologischen modernen Transit-Lkw bezahlen weniger Maut, und die weniger ökologischen heimischen Lkw zahlen zwar mehr Maut, aber wir schauen zuerst einmal, ob wir vielleicht noch durch irgendeinen Schlupfwinkel durchkommen, damit die heimischen Frächter nicht belastet werden!

Dann rechne das einmal durch: Was kommt heraus? – Ein großes, dickes Minus!


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 113

Das soll es ja wohl nicht sein, weil meiner Meinung nach die ASFINAG nicht genug Geld hat, um irgendwo ein großes, dickes Minus zu schreiben, solange sie sich keine Lärmschutzmaßnahmen leisten kann. (Beifall bei den Grünen.)

15.45


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Staatssekretärin Kranzl das Wort. – Bitte.

 


15.45.12

Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Christa Kranzl: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist dies eine sehr offene Diskussion, viele Punkte sind hier aufgeworfen worden. Ich hoffe, sie einigermaßen beantworten zu können.

Ich möchte mit dem Kärntner Problem beginnen. Hier darf ich die Information geben, dass es ein Wunsch des Landes Kärnten gewesen ist, dass dieses Teilstück, nämlich B 317, als Schnellstraße übernommen wird. Zur Information: Es gibt ja die Über­tragungsverordnung, wonach Bundesstraßen den Ländern übertragen worden sind, mit Ausnahme jener Stücke, die von den Ländern nicht gewünscht sind. Die Kompetenz des Bundes betrifft daher ausschließlich Schnellstraßen, das heißt höherrangiges Straßennetz, Schnellstraßen und Autobahnen. Daher gibt es gar keine andere Möglichkeit, als diese natürlich auch entsprechend zu bemauten. Aber es ist ja, wie gesagt, mittlerweile im Bundesgesetzblatt ersichtlich, und ich nehme an, dass, wenn es ein Wunsch des Landes Kärnten ist, natürlich auch die Zustimmung des Kärntner Landtages gegeben ist.

Was Sie als zweiten Bereich angesprochen haben – von St. Veit in Richtung Scheifling –, das betrifft überhaupt ein vollkommen neues Projekt. Das heißt, es muss im Gesamtrahmenplan Berücksichtigung finden. Sie wissen aber auch, dass Kollege Faymann wirklich intensive Gespräche mit den einzelnen Ländern, mit den Landes­hauptleuten geführt und gemeinsam mit den Ländern einen Zeitplan erarbeitet hat, der auch in dieser Dimension umgesetzt werden soll. Ich weiß, dass in diesem Abschnitt bereits Vorarbeiten beziehungsweise Studien laufen, aber natürlich wird mit den vorhandenen Mitteln – auch wenn sie die insgesamt höchsten der letzten Jahre und Jahrzehnte sind, um Investitionen in Schiene und Straße ermöglichen – nicht alles sofort umgesetzt werden können. Ich bitte insofern um Verständnis, aber es wird Eingang in den neuen Rahmenplan finden. Der Zeitpunkt muss natürlich entsprechend abgestimmt werden.

Zum Zweiten, der Korridorvignette, die in vielen Debattenbeiträgen vorgekommen ist: Ich bin jetzt schon ein bisschen verwundert. Es ist richtig, dass sowohl Minister Faymann als auch meine Wenigkeit in Vorarlberg gewesen sind, dass es Treffen mit dem Landeshauptmann gegeben hat und dass dieser Wunsch beziehungsweise diese Problematik der Vorarlberger Verkehrsüberlastung in diesem Abschnitt wirklich von allen Seiten vorgebracht wurde. Wir haben das eigentlich als Entlastung für die dort ansässige Bevölkerung gesehen, weil die bisherige Praxis, dass es nur eine Zehn­tagesvignette gibt, die 7,70 € kostet – soweit ich es jetzt im Kopf habe –, teurer ist, als wenn man eine Tagesvignette kaufen müsste.

Daher hat es die Idee der Korridorvignette gegeben. Bitte: 2 € pro Fahrtrichtung, das heißt, wenn ich hin und retour fahre, sind es 4 €, die ich bezahlen muss; das ist aber trotzdem noch immer günstiger als 7,70 €. Das ist der einzige Grund gewesen, weil glaubhaft nachgewiesen worden ist, dass sich einfach viele, die dieses Straßenstück nur ein einziges Mal oder unregelmäßig benützen, keine Zehntagesvignette kaufen. Dass dann teilweise auf Ortsstraßen ausgewichen wird, das führt, wie gesagt, zu einer Situation, die wir alle nicht wollen.


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Ich muss aber dazusagen, es ist richtig, was Sie angesprochen haben. Die begleitende Studie ist ganz wesentlich, es wird der erste Zwischenbericht im Frühjahr 2009 vor­liegen. Es ist natürlich auch ganz wichtig, hier mitzuverfolgen, wie sich diese Korridor­vignette auswirkt. Wenn sich tatsächlich bewahrheitet, dass sie negative Auswirkungen hat, dann werden wir das sofort zurücknehmen! Aber ich bin überzeugt davon, dass es einen positiven Effekt vor allem für die sehr belastete Bregenzer Bevölkerung hat.

Eines ist auch festgeschrieben: Das ist eine Übergangslösung. Wenn nämlich der Pfändertunnel fertig gestellt ist – das ist 2011 –, dann wird diese Maßnahme, so hoffen wir, dazu führen, dass bei den Verkehrsteilnehmern die Bahn regen Zuspruch finden wird und sie diese entsprechend nutzen, und dann wird natürlich, wie gesagt, diese Maßnahme zurückgenommen werden. Aber ich hoffe wirklich, dass das jetzt absolut nicht irgendetwas damit zu tun gehabt hat, einen gegenteiligen Effekt zu erzielen, sondern wir wollten die ganz spezielle Situation in Vorarlberg mit dieser Korridor­vignette nutzen.

Zu der Tagesvignette, die auch angesprochen wurde: Selbstverständlich gibt es auch in weiteren Abschnitten in Österreich schwierige Situationen; ich erinnere hier nur an Kufstein. Aber das ist genau diese sensible Vorgangsweise: Man muss wirklich prüfen, wo man eine Ausnahme macht. Das ist die erste Ausnahme, die meines Erachtens begründet ist, die aber vor allem, wie gesagt, zeitlich befristet ist, bis eben die Verkehrssituation durch die Öffnung des Pfändertunnels eine andere wird.

Ein weiterer Bereich, der angesprochen wurde, waren die Strafen. Es sollte ein Best-Practice-Beispiel sein, dass man nicht immer nur Strafen erhöht, sondern durchaus auch einmal Strafen zurücknimmt. Frau Kollegin, es gibt fast keine Sünder, die die Maut tatsächlich nicht bezahlt haben. Das ist nachgewiesen. (Bundesrätin Kersch­baum: Fast nicht!?) – Fast nicht; ich habe nicht gesagt, 100 Prozent nicht, aber fast nicht, und daher sollte das, wie gesagt, auch einmal eine gegenteilige Aktion sein, nämlich anzuerkennen, dass die Österreicherinnen und Österreicher wirklich sehr gewissenhaft die Maut begleichen. Das wollten wir damit zum Ausdruck bringen, und daher durchaus auch einmal in die entgegengesetzte Richtung gehen. Sollte es sich bewahrheiten, dass es auf einmal wieder eine ansteigende Zahl von Maut-Flüchtigen gibt, dann wird man sicherlich wieder den Strafrahmen entsprechend anheben.

Zum Bereich Differenzierung, Euro-Emissionsklassen: Auch da muss ich sagen, dass besonders im Zusammenhang der Diskussion um den Klimawandel beziehungsweise die Erreichung, Umsetzung des Kyoto-Ziels der Verkehrsbereich als einer der Haupt­verursacher gilt. Deshalb ist es meines Erachtens auch der einzig richtige Weg, jene Lkw, die tatsächlich hohe Schadstoffmengen ausstoßen, entsprechend stärker zu belasten. Ich muss aber leider auch diese Information geben: Die Differenzierung der Mauttarife kann nur in der Art und Weise erfolgen, dass jene, die im Prinzip mehr Schadstoff ausstoßen, höher belastet werden, und jene, die schadstoffärmer sind, weniger belastet werden, weil das System insgesamt, und das ist EU-Recht, kostenneutral sein muss. Es dürfen also keine höheren Einnahmen erzielt werden, ohne dass entsprechend auch der Verkehr zunehmen würde. Grundsätzlich ist das aber eine Vorgabe der Europäischen Union, und die Separierung halte ich persönlich für den vollkommen richtigen Weg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen betref­fend, damit ich das ja nicht vergesse: Man kann natürlich alles zerreden, das ist so. Ich kann aber nur die Auskunft geben, und ich habe mich vergewissert, habe das durchchecken lassen, habe diese Auskunft vom Kabinett von Minister Faymann erhalten, dass ab 2009 Vorarlberg dran ist. Sie wissen, dass flächendeckend in Österreich Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen installiert werden. Diese Auskunft


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kommt, wie gesagt, direkt vom Ministerbüro, und ich nehme nicht an, dass der Minister der Staatssekretärin eine Falschauskunft erteilt.

In diesem Sinne hoffe ich auf eine breite Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.52


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

15.53.169. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003 geändert wird (275/A und 240 d.B. sowie 7779/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Sodl. – Bitte.

 


15.53.33

Berichterstatter Wolfgang Sodl: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Oktober 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht. – Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


15.54.21

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Ich eröffne hiermit wieder die Vorarlberger Fest­spiele, oder? (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Die nächste Runde der Vorarl­berger Festspiele.

Seilbahngesetz. Ich habe mir zusätzlich zum Seilbahngesetz auch noch den Tätigkeits­bericht des Verkehrsarbeitsinspektorats 2006 angesehen. In diesem Bericht ist nachzulesen, dass es gerade bei den Seilbahnunternehmen besonders viele Bean­stan­dungen gibt: 70 davon wurden im vergangenen Jahr inspiziert – bei 70 Prozent von diesen 70, also bei 49 gab es Beanstandungen. Was bei den Seilbahnunter­nehmen besonders ins Auge fällt: Es gibt besonders viele Beanstandungen pro Inspektion, durchschnittlich 12. Das heißt, was den Arbeitsbereich, den Arbeit­neh-


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merIn­nenbereich betrifft, ist die Seilbahnbranche eine besonders unsichere Branche – das ist leider so. Der Seilbahnsektor stellt unverändert in den letzten Jahren über 20 Prozent der Beanstandungen des Arbeitsinspektorats bei nur 12 Prozent der Betriebe und bei nur 1,1 Prozent der erfassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Bei den Seilbahnen ist oder wäre Folgendes besonders wichtig: Wenn ich mir als Touristin eine Liftkarte kaufe, dann ist diese üblicherweise nicht gerade kostengünstig. Jeder von uns weiß es: Schifahren ist nicht billig. Wenn ich nun so eine teure Liftkarte kaufe, dann erwarte ich mir also doch ein sehr hochkarätiges Service dazu, und dazu gehört für mich auch das Gefühl, besonders sicher unterwegs zu sein. Wenn man sich diesen Tätigkeitsbericht des Verkehrsarbeitsinspektorats ansieht, hat man nicht unbe­dingt das Gefühl, dass der Seilbahnsektor besonderen Wert auf Sicherheit legt. Man würde sich erwarten, dass der Minister sich gerade auch aufgrund dieses Berichts Maßnahmen einfallen lässt, wie man denn diesen Seilbahnsektor sicherer machen könnte.

Die vorliegende Änderung des Seilbahngesetzes hat jetzt aber interessanterweise nicht der Herr Minister erfunden, sondern es war wieder einmal ein Initiativantrag, der in erster Linie folgende Punkte beinhaltet: Die Ausweitung der Bewilligungsfreiheiten bei Umbau- und Erweiterungsprojekten, einen Rückschritt beim Stand der Technik bei Sicherheitsbauteilen und die Wiederermöglichung von Neuaufstellungen von Liftanlangen.

Wie gesagt, das alles wurde als Initiativantrag eingebracht. Ich habe dann im Aus­schuss gefragt, warum denn das Ministerium nicht selbst auf die Idee gekommen ist, wenn schon so ein dringender Handlungsbedarf gegeben ist, hier eine Vorlage zu produzieren. Da bekam ich die Auskunft, dass es ja ohnehin abgestimmt worden und der Initiativantrag prinzipiell ja eigentlich ohnehin vom Ministerium unterstützt worden ist, aber auf diese Art und Weise geht es nun eben einmal schneller als beim „nor­malen“ Gesetzgebungsverfahren.

Ich persönlich kann diese Eile nicht ganz verstehen. Nachdem ein Gesetz drei Jahre in Kraft ist, sollte meiner Meinung nach zuerst einmal evaluiert werden und das Ministerium sich anschauen, wo Handlungsbedarf gegeben ist. Und dann sollte das Ministerium, wenn es meint, dass Handlungsbedarf gegeben wäre, eine Vorlage vorlegen und nicht einen Initiativantrag unterstützen, der jegliche Stellungnahme von anderen Menschen und anderen Behörden hintanhält. Bei uns hat man gesagt, wer hudelt, macht Fehler. Wir sind der Meinung, dass diese Gesetzesänderung gehudelt ist, und wir sind der Meinung, dass diese Gesetzesänderung ein Fehler ist. (Beifall bei den Grünen.)

15.58


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.

 


15.58.33

Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Staatssekre­tärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund der Interpretation der Euro­päischen Kommission zum Geltungsbereich der Seilbahnrichtlinie 2000 bedarf es Anpassungen und Änderungen, die sowohl den Vollzug als auch die praktische Umsetzung des Seilbahngesetzes 2003 erleichtern sollen. Mit der nun vorliegenden Novelle wird diesem Umstand Rechnung getragen, insbesondere betrifft das die Anpassungen und verfahrensrechtliche Erleichterungen in Bezug auf die zuständigen Behörden und in Bezug auf den Verfahrensverlauf.


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Die Zuständigkeit zur Beurteilung der Bauentwürfe sowie die Erteilung der Bauge­nehmigung und Betriebsbewilligung für Zu- und Umbauten bei Seilbahnen wird aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an die Länder übertragen, zumal ab Betriebs­bewilligung sämtliche Unterlagen bei der jeweiligen Landesbehörde aufliegen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Spielraum für die mittels Verordnung zu regelnden genehmigungsfreien Bauvorhaben wird erweitert, und es wird eindeutig festgelegt, dass bei einer mehr als fünf Jahre dauernden Unterbrechung der Betrieb als gänzlich und dauernd eingestellt gilt. Weist eine Seilbahn innovative, bisher nicht ausgeführte Planungs- und Baumerkmale auf, können durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, sofern damit sicherheitsrelevante Auswirkungen verbunden sind, besondere Bedingungen für den Bau beziehungsweise für die Inbetriebnahme dieser Seilbahn festgelegt werden. Außerdem werden die näheren Voraussetzungen für das Wiederaufstellen einer Anlage durch eine Verordnung des Bundesministers festgelegt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Keine der geplanten gesetzlichen Änderungen ist als Aufweichung der heute geltenden Bestimmungen zum Schutz der Sicherheit der Fahrgäste und auch des Betriebspersonals auszulegen. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit, in einem größeren Ausmaß als bisher Umbauten an den Seilbahnen ohne vorausgehendes behördliches Bewilligungsverfahren durchzuführen. Dieses Recht des Betreibers ist von der zuständigen Behörde als Verpflichtung zu verstehen, die behördliche Überwachung der Einhaltung der relevanten sicherheitstechnischen Stan­dards und des Standes der Technik durchzuführen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es muss klar gesagt werden: So etwas wie wirtschaftlich zumutbare Sicherheitsstandards sind nicht akzeptabel. Eine Seilbahn, die nicht sicher zu betreiben ist, darf eben nicht gebaut oder wiedererrichtet werden.

Meine Fraktion wird der Änderung des Seilbahngesetzes 2003 ihre Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.01


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kritzinger. – Bitte.

 


16.01.51

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Hohes Haus! Die Änderung des Seilbahngesetzes bringt, wie Kollegin Mosbacher schon gesagt hat, eine ganze Reihe von Vorteilen, hauptsächlich Erleich­terun­gen im Bereich der Verwaltung, wo bisher Unklarheiten bestanden haben, Definitionen, Begriffsbestimmungen nicht klar waren. So wurden zum Beispiel die Begriffe „Stand der Technik“ und „Zu- und Umbauten“ in der Praxis immer wieder missverstanden. Das hat Probleme aufgeworfen. Nun werden diese Definitionen ins Seilbahngesetz aufgenommen. Zubauten werden als Neubauten behandelt. In der derzeit gültigen Fassung des Seilbahngesetzes war die Wiederherstellung von Seilbahnen nicht enthalten. Das wurde nun geändert. Laut dem vorliegenden Gesetz­entwurf spricht man von einer Wiederaufstellung, wenn der überwiegende Teil der Bauteile einer bestehenden Seilbahn weiter verwendet wird. Mit einer ent­sprechenden Verordnungsermächtigung wird nun die Wiederaufstellung solcher Anla­gen geregelt.

Handlungsbedarf bestand auch im Bereich der Konzessionen. Es hat sich gezeigt, dass bestimmte Verwaltungsverfahren wie die Abwicklung eines Konzessions­ansuchens oder die Verlängerung von Konzessionen für eine Seilbahn sehr kompliziert waren. Das hat man vereinfacht. Mit der Gesetzesänderung können Ansuchen nun schneller erledigt werden. Damit kommen wir den Bahnbetreibern entgegen und schaffen auch Anreiz für Verbesserungen, Verbesserungen im touristischen Bereich.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 118

Wir haben ja insgesamt 3 000 solcher Anlagen und über 14 000 Mitarbeiter, eine Einnahmequelle von 1,5 Milliarden €.

Das Interessante ist – auch das hat die Frau Kollegin bereits gesagt –, dass eine Kompetenzübertragung an die Länder damit verbunden ist. Künftig werden Länder die Beurteilung der Bauentwürfe und die Erteilung von Baugenehmigungen und Betriebs­bewilligungen von Zu- und Umbauten von Sesselbahnen regeln. Gerade als Länder­kammer muss man das als Vorteil sehen. Schon aus dem Grund allein müsste man ja zu diesem Gesetz sagen.

Laufend werden Kapazitäten der Bergbahnen ausgebaut, parallel dazu sind auch die Sicherheitsstandards immer besser geworden. Insgesamt zählen Österreichs Seil­bahnen zu den sichersten der Welt. Und damit es so bleibt, dazu bedarf es unseres Ja zu diesem Gesetz. – Danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

16.05


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


16.05.57

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Mein Vorredner Helmut Kritzinger hat das als Tiroler natürlich schon auf den Punkt gebracht: Frau Kollegin Kerschbaum! Die Novelle beeinträchtigt die Sicherheit der österreichischen Seilbahnen ganz sicher nicht. Im Gegenteil! Ich lade Sie gerne ein, einmal zu einer Seilbahnverhandlung zur Konzessionserteilung zu kommen. Da müssen Sie sich aber drei Tage Zeit nehmen. Ich glaube auch, dieser Raum hier wäre fast zu klein für die Akten, zum Beispiel von der Neukommissionierung bis zur neuen Konzessionserteilung an eine Seilbahn. Ich denke also, wir sind von der Kontrolle und von den Auflagen her am Limit angelangt. Und wenn dazu noch ein UVP-Verfahren kommt, dann sind diese Dinge ja sowieso fast nicht mehr umsetzbar.

Als großer Vorteil dieser Novelle ist zu sehen, dass wir in Österreich, wie schon erwähnt, 3 003 Anlagen haben, wovon 973 Seilbahnen, 2030 aber Schlepplifte sind. Und sofern Private Schleppliftbetreiber sind, kann man ihnen natürlich als Klein­unternehmer nicht zumuten, dass die das gesamte umfangreiche behördliche Ver­fahren haben wie ein Seilbahnbetreiber. Ich denke, das ist ja auch für uns als Parlamentarier nachvollziehbar.

Vielleicht ein paar Fakten: Ich habe mir auch die abweichende persönliche Stellung­nahme der Kollegen Moser und Zwerschitz im Nationalrat angeschaut. Ich meine, der Vergleich mit dem tragischen Unglück in Kaprun ist natürlich ein Vergleich, der nicht gültig ist, denn dort ist ja nicht der Stand der Technik überprüft worden. Es war zum Teil menschliches Versagen und leider eine Verkettung unglücklicher Umstände. Tragisch genug, dass so etwas passieren kann, aber so etwas ist letzten Endes, glaube ich, auch mit der besten behördlichen Auflagenverordnung nicht wirklich verhin­der­bar. Ein Restrisiko, so denke ich, werden wir in dieser Hinsicht haben.

Frau Kollegin, wenn man 476 Millionen Beförderungen im Jahr leistet, dann kann man schon sagen, dass die Seilbahnen sichere Unternehmen sind. Von der wirtschaftlichen Seite her betrachtet: Für das Jahr 2007/2008 getätigte Investitionen in Höhe von 523 Millionen €, davon 266 Millionen € in Sicherheit und den von Ihnen ange­sprochenen Komfort. Vielleicht ein kleiner Sidestep zu den Liftpreisen: Komfort der Seilbahnen. Sie haben gesagt, Sie möchten, wenn Sie eine sehr teure Tageskarte kaufen, auch den nötigen Komfort und die Sicherheit haben. (Bundesrätin Kersch­baum: Sicherheit vor allem!)

Die Preissituation im Seilbahnbereich wäre eine eigene Debatte wert. Ich denke da über folgenden Vergleich nach: Wenn ich in Wien für meinen Pkw für acht Stunden


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 119

Tiefgarage 32 € zahle, dann kann ich 38 € für eine Seilbahnkarte, mit der ich 150 Liftanlagen acht Stunden lang benützen kann, durchaus für einen adäquaten Preis ansehen. (Bundesrätin Kerschbaum: 150 Liftanlagen, wo gibt es das schon?) Mich fragt in Wien eigentlich auch niemand, ob ich mir das leisten kann oder nicht. Auch in diesem Zusammenhang sind Angebot und Nachfrage wichtig.

127 Millionen € wurden heuer in Beschneiungsanlagen investiert – ein wesentlicher Faktor, der garantiert, dass es auch in der kommenden Wintersaison hoffentlich zu den nötigen positiven betrieblichen Ergebnissen kommen wird – und 130 Millionen € in den Neu- und Ausbau von Pisten, Gastronomiebetrieben und die Neuanschaffung von Pistengeräten. Meine Damen und Herren! Die österreichische Seilbahnwirtschaft ist gerüstet für den nächsten Winter, und wir gehören zu den modernsten Branchen in Europa. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

16.09


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Frau Staatssekretärin Kranzl. – Bitte.

 


16.09.46

Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Christa Kranzl: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich kann Ihnen versichern, dass das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Tech­nologie sicherlich keinem Antrag zugestimmt hätte, der die Sicherheit der Gäste von Seilbahnen, Liftanlagen und so weiter gefährdet hätte. Sie haben es angesprochen, in den Mund genommen: Wir alle können uns an dieses furchtbare Unglück von Kaprun erinnern, und wir wollen selbstverständlich und müssen auch alles tun, damit so etwas nicht wieder vorkommen kann.

Ich kann Ihnen aber versichern, dass der Antrag auch Punkte enthalten hat, die gestrichen worden sind, weil wir gesagt haben, dass damit unter Umständen tatsächlich eine Verschlechterung eintreten könnte. Diese Punkte befinden sich nicht mehr in diesem Gesetz.

Fairerweise muss man aber auch sagen: Alle reden von Verwaltungsvereinfachung, und das ist ein Best-Practice-Beispiel dafür, dass man nämlich bei bestimmten Vorhaben, die einfach sehr minimal sind, nicht unbedingt ein Genehmigungsverfahren braucht, wenn es etwa nur um den Einbau eines WC geht. Das ist bei den genehmigungsfreien Vorhaben auch enthalten. Für strenge Erstkonzessions-, Erstbau­ge­neh­migungsbewilligungen ist aber selbstverständlich weiterhin das Ministerium zuständig. Das heißt: Die Grundvoraussetzung liegt vor, aber ich meine, dass für den Fall, dass Adaptierungen und Umbauarbeiten nötig sind, diese Zuständigkeits­verän­derung Richtung Länder durchaus Sinn macht.

Frau Kollegin Kerschbaum! Ja, die Beanstandungen durch das Arbeitsinspektorat, die Sie angeführt haben, hat es gegeben. Persönlich sage ich, dass hier auch eindeutig Regelungen, die Arbeitnehmer betreffen, verletzt wurden. Daraus kann man aber keinen Schluss auf die Sicherheit der Anlagen ziehen, sondern das waren leider Gottes tatsächlich Verletzungen, die die Mitarbeiter betroffen haben.

Ihre Kritik, dass das keinem ordentlichen Begutachtungsverfahren unterzogen wurde, nehme ich zur Kenntnis. Ich gebe Ihnen recht, dass man nach Möglichkeit prinzipiell alle gesetzlichen Veränderungen im normalen Wege der Beschlussfassung zuführen sollte. Diese Kritik nehme ich zur Kenntnis.

Es steht aber, wie gesagt, der Winter schon vor der Tür, und nachdem wir festgestellt haben, dass es sich nicht um Verschlechterungen, sondern tatsächlich um Verbes­serungen und Vereinfachungen handelt, hat das BMVIT in Übereinstimmung mit den


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 120

Ländern, dem Fachverband und mit Experten diese Novellierung sehr wohl unter­stützt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

16.12


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

16.12.4710. Punkt

Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GMBH – Eisenbahnregulierung 2006 (III-327-BR/2007 d.B. sowie 7780/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.

 


16.12.48

Berichterstatterin Maria Mosbacher: Hohes Haus! Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GMBH – Eisenbahnregulierung 2006 liegt Ihnen allen schriftlich vor. Ich darf mich daher auf die Antragstellung beschränken:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Oktober 2007 den Antrag, den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GMBH – Eisenbahnregulierung 2006 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


16.13.41

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt heute der erste Bericht über die Tätigkeit der Schienen-Control GMBH – Eisenbahnregulierung 2006 vor. Es ist dies eine Premiere, denn es ist dies der erste Bericht der Schienen-Control GMBH, nachdem 2006 ins Eisenbahngesetz die Bestimmung aufgenommen wurde, dass dieser Tätigkeitsbericht jährlich vorzulegen ist.

Frau Staatssekretärin, ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen nicht verabsäumen, mich bei den BeamtInnen, die diesen Bericht verfasst haben, zu bedanken, und ich möchte auch gleich sagen, dass die SPÖ, unsere Fraktion, diesen Bericht positiv zur Kenntnis nehmen wird.

Die Arbeit der Schienen-Control GMBH umfasst sehr viele Arbeits- und Themen­bereiche, die für die verschiedensten Eisenbahn-Verkehrsunternehmen sehr wichtig sind, um ihre Dienstleistungen auf der jeweiligen Bahninfrastruktur erbringen zu können. Die Hauptaufgabe der europaweit eingerichteten Regulierungsstellen ist es, dafür zu sorgen, dass es da zu keinen Benachteiligungen kommt. Die Liberalisierung der Schienennetze wurde im Einklang vorgenommen, und damit es zu keinen


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Benachteiligungen gegenüber privaten EVUs kommt, gibt es diese Schlichtungsstelle, die dafür zu sorgen hat, dass alles passt.

Wie im vorliegenden Bericht nachzulesen ist, gelingt das in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Ländern sehr gut. Bisher konnte noch jeder an die Schienen Control Kommission herangetragene Beschwerdefall gegen den größten Netzbetreiber, die ÖBB Infrastruktur Betrieb AG, einvernehmlich gelöst werden. In anderen Ländern finden nicht selten langwierige Prozesse statt. Dies spricht für den Erfolg und für die Arbeit dieser Regulierungsstelle.

Ich erlaube mir, über einige Themenbereiche aus diesem umfangreichen Bericht einige Sätze zu sagen.

Erstens möchte ich einige Worte zu den Kosten der Schienen‑Control GMBH als Unternehmen sagen. – Wie man dem Bericht entnehmen kann, ist das Unternehmen in hoheitlicher Funktion als beliehene Gesellschaft tätig und nicht auf Gewinn ausge­richtet, es ist also verpflichtet, ein Nullergebnis aufzuweisen. Der Aufwand des Unter­nehmens wird im Umlageverfahren von den Eisenbahnverkehrsunternehmen, die auf österreichischer Infrastruktur verkehren, im Verhältnis der von ihnen entrichteten Benüt­zungsentgelte getragen.

Als zweiten Punkt erwähne ich das Thema Marktentwicklung im Bereich Personen- und Güterverkehr. Im Bereich Personenverkehr hat die Liberalisierung in Österreich noch kaum Veränderungen bewirkt. Der Anteil an PV-Unternehmen auf dem ÖBB-Netz außerhalb des ÖBB-Konzerns hat sich im Berichtsjahr so gut wie nicht verändert. Das hat natürlich auch einen tieferen Hintergrund: Ohne gemeinwirtschaftliche Bestellung durch die öffentliche Hand ist es kaum möglich, den Personenverkehr, vor allem auch den Personennahverkehr, wirtschaftlich zu führen.

Ein Beispiel dafür: Bei der ÖBB-Personenverkehr AG macht der Anteil der gemein­wirtschaftlichen Leistungen am Umsatzerlös immerhin 25 Prozent aus.

Meiner Meinung nach ist es aber unbedingt notwendig, auch in Zukunft gemeinwirt­schaftliche Bestellungen durch die öffentliche Hand vorzunehmen, um gerade auch in den ländlichen Regionen ein Angebot aufrechterhalten zu können, das es den vielen Pendlerinnen und Pendlern, Schülerinnen und Schülern und Lehrlingen ermöglicht, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zur Arbeit, in die Schule oder zur Lehrstelle zu kommen.

Auf den Punkt gebracht – und ich habe das schon sehr oft in verschiedenen Beiträgen hier gesagt –: Es ist wirklich wichtig, diesen Personennahverkehr speziell für die ländlichen Regionen aufrechtzuerhalten – und nicht abzubauen, wie es in der Vergangenheit in der vorhergehenden Regierung immer zur Diskussion gestanden ist. Wir brauchen diesen Nahverkehr, der gerade für unsere ländlichen Regionen sehr wichtig ist.

Ein positiveres Bild ergibt sich beim Güterverkehr: Im Gegensatz zum Personen­verkehr hat sich in Österreich relativ rasch nach der Einführung gesetzlicher Spiel­regeln für den Netzzugang eine Anzahl von traditionellen, teils neu gegründeten Bahn­unternehmen mit der Abwicklung von Güterverkehr beschäftigt. In Österreich betreiben derzeit zehn EVUs außerhalb des ÖBB-Konzerns Güterverkehr auf dem ÖBB‑Netz. Der Marktanteil liegt knapp unter 10 Prozent. Der Rest, also zirka 90 Prozent, wird nach wie vor von der ÖBB-Konzernfirma RCA abgewickelt.

Besonders fällt im Bericht auf, dass die privaten Eisenbahn-Verkehrsunternehmen im Bereich Güterbeförderung überwiegend Ganzzüge führen. Das heißt, ein Ganzzug wird von Bahnhof A nach Bahnhof B befördert, ohne dass dazwischen irgendwelche Ver­schub­bewegungen oder großer Aufwand notwendig sind. Die Aufwandskosten sind


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daher sehr gering. Im Gegensatz dazu befördert die RCA im Konzern ÖBB alle Arten von Zügen. Diese Art von Güterbeförderung ist sehr oft nur mit hohem Personal­aufwand und auch mit sehr viel Zeitaufwand, und somit gleichzeitig mit einem höheren Kostenaufwand verbunden. Ich glaube, das zeigt aber auch die hohe Qualität des ÖBB-Konzerns gegenüber den vielen privaten EVUs.

Als dritten wichtigen Punkt möchte ich den Zustand des österreichischen Eisenbahn­netzes kurz ansprechen: Ohne das Schienennetz könnten auch private Eisenbahn­unternehmen nicht existieren. Für einen schnellen und sicheren Transport von Personen und Gütern ist der Netzausbau beziehungsweise die Erhaltung des Netzes nach heutigen technischen Standards unbedingt erforderlich.

Laut dem vorliegenden Bericht ist das österreichische Schienennetz im Großen und Ganzen für alle EVUs gut ausgebaut und erhalten. Geht es nach den Aussagen unseres Verkehrsministers, dann brauchen wir uns auch in Zukunft keine Gedanken zu machen. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit stellte er fest, dass der Bahnsektor sowohl budgetär als auch inhaltlich ein wichtiger Arbeitsbereich des Ministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist. Der von ihm und seinem Ressort vorgelegte Rahmenplan soll deshalb gleich Klarheit und vor allem finanzielle Sicherheit in die Investitionspolitik im Eisenbahninfrastruktursektor bringen. – Dafür sage ich herzlichen Dank!

Der vierte und sehr wichtige Punkt betrifft natürlich die Sicherheit: Wie aus dem vorliegenden Bericht deutlich hervorgeht – und ich glaube, das ist uns allen auch vorher schon bewusst gewesen –, ist die Bahn das sicherste Beförderungsmittel. Dies hat vielerlei Gründe. Ganz wichtig dabei ist sicherlich das Personal. Gut geschulte, motivierte Mitarbeiter sind eine gute Basis für ein erfolgreiches Unternehmen. Ich möchte daher den vielen Tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ÖBB-Konzerns für ihren Einsatz und für ihre Leistungen danken! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der Grünen.)

Sie hatten es in der Vergangenheit nicht immer leicht. Ich denke jetzt nur an einige Aussagen, die von dieser Stelle aus von so manchen Politikern und Politikerinnen der Gott sei Dank vergangenen und abgewählten Regierung gefallen sind. Besonders wichtig ist mir, darauf hinzuweisen, dass auch in Zukunft eine sehr gute Ausbildung der Mitarbeiter gewährleistet sein muss. Besonders gilt das natürlich auch für die vielen privaten EVUs. Es darf nicht vorkommen, dass aus Gründen des Wettbewerbs, aus Kostengründen die Ausbildung, aber auch die laufende Fortbildung auf der Strecke bleibt. Es geht dabei um die angesprochene Sicherheit im Bahnbetrieb, und diese darf nicht auf der Strecke bleiben.

Zum Schluss meiner Ausführungen spreche ich noch einen ganz wichtigen Punkt an, nämlich das Verhältnis Güterbeförderung Straße – Schiene. Bei den vorhergehenden Punkten wurde dieses Thema schon einige Male erwähnt, und es ist mir und wahr­scheinlich uns allen ganz besonders wichtig. Allerdings haben wir gehört und können dem Bericht entnehmen, dass, obwohl die gesamte Güterbeförderung auf der Schiene erfreulicherweise im Berichtszeitraum 2006 zugenommen hat, bei der Güterbeför­derung die Schere zu Lasten der Schiene weiter auseinandergegangen ist. Wie aus dem vorliegenden Bericht deutlich hervorgeht, ist, obwohl europaweit schon seit vielen Jahren am Ziel einer Renaissance der Bahn gearbeitet wird, nach wie vor eine Dominanz der Straße zu beobachten. Vom oft zitierten Slogan „Von der Straße auf die Schiene!“ kann kaum die Rede sein. Dennoch sollte gerade jetzt, da wir laufend über Klimawandel und Umweltschutz diskutieren, der zuvor genannte Slogan ernsthaft an Bedeutung gewinnen.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 123

Frau Staatssekretärin, gehen wir es an! Machen wir Ernst! Unsere Unterstützung haben Sie. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.23


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

 


16.23.42

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Der Bericht der Schienen-Control GmbH zeichnet ein ganz interessantes und – wie ich sagen möchte – auch positives Bild von der Arbeit der Bundesbahnen, der Infrastruktur GesmbH und aller, die damit befasst sind.

Eindrucksvoll war für mich, als ich den Bericht gelesen habe, dass wir einen Zuwachs von 7,1 Prozent Bruttotonnenkilometern beim Güterverkehr zu verzeichnen hatten und eigentlich von einem guten Eisenbahnjahr sprechen können. Wenn wir diesen Bericht aufmerksam verfolgen, können wir feststellen, dass sich der Marktanteil im Güter­verkehr innerhalb eines Jahres geringfügig von 5,9 auf 7,7 Prozent erhöht hat. Das ist eine relative Steigerung von knapp einem Drittel, und dabei ist wieder interessant, dass von diesem Zuwachs 40 Prozent auf Kosten der Privatbahnen gegangen sind. Die Tatsache, dass ein 40-prozentiger Zuwachs erzielt werden konnte, ist für mich ein Beweis, dass die Öffnung der Bahn zu mehr Markt und zu mehr Wettbewerb zu einem Vorteil für die Bahn und für den Schienenbereich geführt hat. Ich glaube, das ist ein gelungener Weg, der fortgesetzt werden sollte!

Auf die zehn privaten EVU hat mein Vorredner schon hingewiesen. Ich glaube, dass das eine gute Ergänzung zum bisherigen Angebot der Bundesbahnen ist.

Mir liegt besonders am Herzen, dass wir zu einem sinnvollen Nebeneinander oder – besser gesagt – zu einem sinnvollen Miteinander der verschiedenen Verkehrsträger kommen und die Nahtstellen und Schnittstellen von einem Verkehrsträger zum anderen ebnen beziehungsweise die Übergänge erleichtern können. Das ist ganz wichtig, denn jeder Verkehrsträger hat seinen Platz und seine Funktion. Die Straße, die die Schiene und die Wasserstraßen sind meiner Meinung nach die wichtigsten Verkehrsträger, und diese haben ihren bestimmten Platz in unserem logistischen System. Und ich halte es für falsch, den einen gegen den anderen auszuspielen. Wir brauchen nämlich alle.

Sie werden mir zum Beispiel Recht geben, wenn ich sage, dass man eine Fuhre Sand oder Schotter für den Hausbau nicht mit der Bahn an Ort und Stelle bringen kann, und das ist auch mit dem Schiff nicht möglich. Man wird immer den Lkw für bestimmte Transporte brauchen. Jeder soll seine spezifische Aufgabe und seine spezifische Rolle und Funktion behalten, und das zu definieren und zu verfeinern ist eigentlich unsere Aufgabe. Wir haben die notwendigen Regulierungsmaßnahmen zu setzen.

Ein wichtiger Aspekt beim Schienenwesen in unserem Land ist für mich auch, dass unsere Bemühungen, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, nicht zu Lasten der Bewohner oder der Anrainer gehen dürfen. Ich glaube, wir sollten hier auch den Aspekt im Auge behalten, dass Bahn auch Lärm bedeutet, vor allem wenn nicht der modernste Stand der Technologie der Schienen und des Fuhrparks erreicht wird.

Es gibt allein in meiner Gemeinde Enns zwei Bürgerinitiativen gegen den Bahnlärm. Die Leute kommen und sagen: Es ist schön, dass ihr den Verkehr vermehrt von der Straße auf die Schiene verlagern wollt, aber bitte nicht auf Kosten unseres unmittel­baren Lebensraumes! Ich glaube, darauf sollten wir auch achten! Damit meine ich konkrete Maßnahmen wie zum Beispiel Fahrzeugumrüstungen auf leisere Waggons


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 124

und Loks sowie bauliche Maßnahmen zum Lärmschutz et cetera. Es gibt bereits intensive Bemühungen der Bahn – das darf man nicht in Abrede stellen –, aber diese Bemühungen müssen zügig umgesetzt werden, damit eine Balance zwischen den Notwendigkeiten des Verkehrs einerseits und den berechtigten Interessen der An­rainerin­nen und Anrainer, die unmittelbar an Bahnhöfen, Verschiebebahnhöfen und so weiter leben, hergestellt wird. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht führt auch aus, dass die Personenverkehrsliberalisierung und die Frage der Fahrgastrechte noch nicht gelöst sind. Ich glaube, daran müssen die Regierung und insbesondere das Ressort noch weiter arbeiten.

Wichtig sind mir auch die europäischen Aspekte unseres Schienennetzes, insbeson­dere in Richtung der neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, und es geht dabei auch um den Weg der Kooperationen unserer Bahn mit den Nachbarn, insbesondere mit der Bundesrepublik Deutschland, aber auch mit Ungarn. Das sind meines Erach­tens interessante Perspektiven, damit wir das Konzept der europäischen Netze auch in unserer Nachbarschaft zügig und konsequent umsetzen können. Dazu gehört der Ausbau der großen Verkehrskorridore im Rahmen der transeuropäischen Netze, und wesentlich dabei ist auch der Ausbau der Logistikdrehscheiben. Ich habe schon gesagt: Die Schnittstellen müssen geebnet und verbessert werden, damit der Transfer von einem Verkehrsträger auf den anderen leichter vor sich geht.

Folgendes ist mir auch aufgefallen: Es ist wichtig, dass man gerade bei Betrieben, die auf die Bahn setzen – und das finde ich doch positiv, dass Betriebe sagen, sie sind überzeugt von den Qualitäten der Bahn! –, deren Kundenwünsche berücksichtigt.

Wir haben bei der großen Katastrophe nach dem Orkan Kyrill gerade wieder erlebt, dass nicht genügend Waggonmaterial für die verladende Wirtschaft bereitgestellt wer­den konnte. Das ist ein Thema, das uns bewegt, weil es wichtig ist, wenn wir den Anspruch von mehr Verlagerung auf die Schiene beherzigen und umsetzen wollen. Da ist noch viel zu tun. Das Waggonmaterial ist veraltet und auch die Quantität ist zu klein. Da gilt es, noch weiter zu justieren und vor allem noch weiter zu investieren, damit wir dieses sinnvolle Miteinander von Straße, Schiene und Wasser in Zukunft besser um­setzen können.

Ich meine auch, dass die Frau Staatssekretärin in den letzten Wochen ein gutes Signal gesetzt hat, insbesondere im Bereich des Donauausbaus. Da ist noch viel zu tun, und es gibt klare Konzepte. Ich stehe nicht an zu sagen, dass diese Veranstaltung wieder den Fokus auf dieses Thema gerichtet hat, und ich glaube, es gilt jetzt, auch ent­sprechende Umsetzungsmaßnahmen zu setzen, damit wir zu einer befriedigenden Lösung für die einzelnen Verkehrsträger kommen. Die Donau spielt im Konzert von Straße und Schiene ebenso mit, und jeder Verkehrsträger hat seinen richtigen Platz. (Beifall bei der ÖVP.)

16.32


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte. (Bundesrat Schennach: Dem Herrn Kühnel zu Ehren! Bundesrat Dr. Kühnel: Mir zu Ehren? Danke!)

 


16.32.12

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatsekretärin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Kneifel, nur, weil kurz angesprochen wurde, es gehe nicht nur um den Verkehrsträger Schiene und man dürfe den Lkw nicht verteufeln: Wenn der Lkw wirklich nur diese Rolle übernehmen würde, die du angeschnitten hast, nämlich die Zubringerrolle von der Schiene zum Ziel direkt vor Ort  (Bundesrat Kneifel: Von


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„verteufeln“ habe ich nicht gesprochen! Das habe ich nicht gesagt!) – Du hast nur gemeint, man solle alle ernst nehmen, alle seien wichtig, und vor allem habe jeder seine Rolle. – Also: Wenn der Lkw sich auf die Rolle beschränken würde, von der Eisenbahn zum Haushalt zu liefern, dann hätten wir einen anderen Modal Split in diesem Bereich, und dann wäre ich auch ganz zufrieden. – Das wollte ich dir nur sagen. Da stimme ich dir zu. Wenn wir uns da einig sind, müssten wir allerdings noch einige Maßnahmen initiieren.

Aber zurück zum Bericht der Schienen-Control GmbH: Dieser Bericht ist wirklich sehr informativ und sehr umfassend. Er wirft jedoch einige Fragen auf, allerdings nicht an die Schienen-Control GmbH, sondern eher an das Ministerium. Zum Beispiel stellt sich folgende Frage: Wenn der Herr Minister im Vorwort davon schreibt, dass die finanzielle Sicherheit im Zusammenhang mit der Investitionspolitik im Eisenbahn-Infrastruktur­sektor durch den ÖBB-Infrastruktur-Rahmenplan 2007 bis 2012 gegeben wäre, dann ist diese Aussage nicht nachvollziehbar, denn meines Wissens platzen die meisten Projekte ja schon jetzt aus allen Nähten – und da ist noch nicht einmal der Brenner Basistunnel mit einberechnet.

Wie der jetzt auf die Idee kommt, dass alle Infrastrukturmaßnahmen, die geplant wären, ganz einfach finanziert werden könnten, ist nicht ganz klar und auch nicht erklärt.

Wenn man dann noch dazu im Bericht sieht, dass es eine Menge von Langsam­fahrstellen gibt – und deren Anzahl immer größer wird –, muss man sagen, das ist ein großes Problem, gerade im Nahverkehr! Und dann dürfte, so denke ich, mit der Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen vielleicht doch nicht immer alles so schnell funktionieren, wie wir es gerne hätten.

Ein weiteres Thema sind die Nebenbahnen. Im Bericht ist nachzulesen, dass gerade bei den Nebenbahnen Infrastruktur manchmal zu nicht gerechtfertigten überhöhten Preisen beziehungsweise sogar zu Preisen zur Verfügung gestellt wird, die einen weiteren Verkehr darauf verhindern.

Es ist natürlich eine Frage, wie die ÖBB ihre Preise gestaltet. Auf der anderen Seite müsste sich, so denke ich, auch das Ministerium Gedanken darüber machen, wie man denn behaupten kann, Nebenbahnen rentieren sich nicht, die verursachen zu viele Kosten und müssen geschlossen werden, wenn auf der anderen Seite die ÖBB für diese Infrastruktur zum Teil derart hohe Preise verlangt, dass es dann gerade da­durch unrentabel wird.

Ein weiterer Punkt, der auch im Bericht angesprochen wird: Es gibt bei der Aus­schreibung von Strecken, auf denen die ÖBB – zum Teil gesetzwidrig! – nicht tätig ist, keine ausreichende Interessentensuche. Da wäre meine Frage auch an das Minis­terium: Wird es da Maßnahmen geben, dass diese Probleme künftig anders geregelt werden beziehungsweise wie kann man neue Interessenten finden, die einen Streckenabschnitt betreiben möchten, den die ÖBB derzeit eben gesetzwidrig nicht betreibt?

Ein weiterer Punkt, von dem ich schon ganz gerne hätte, dass ihn die Frau Staats­sekretärin beantwortet: Es gibt im Bericht einige Anregungen für Änderungen der Rechtslage, zum Beispiel, dass die Kompetenzen der Schienen-Control GmbH auf nicht vernetzte Bahnen ausgeweitet werden sollen, sofern da ein Diskriminie­rungsverdacht besteht. Wie weit könnte sich das Ministerium aufraffen, solche Vorschläge auch umzusetzen?

Schließlich möchte ich noch Folgendes anmerken – nur weil vorhin alles so bunt dargestellt und schöngeredet wurde; der Bericht ist auch wirklich schön, aber das heißt


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 126

nicht unbedingt, dass mit dem Schienenverkehr in Österreich immer alles so positiv abläuft: Auf der Umschlagseite steht ein sehr nettes Vorwort, das lautet:

„Ein symbolträchtiges Bild. 30 Jahre nach der letzten Fahrt einer Dampflok im Plan­betrieb und 15 Jahre nach Beginn der Liberalisierung mit der Richtlinie 91/440 steht das Signal für die alte Bahn zwar unwiderruflich auf ‚Halt‘, das für die Neue Bahn aber immer noch nur auf ‚Frei mit 40 km/h‘.

Das zeigt sich in zahllosen technischen und bürokratischen Hindernissen, aber auch in einer nach wie vor die übrigen Verkehrsträger bevorzugenden Verkehrspolitik in der EU und anderswo.

Die österreichischen Regulierungsbehörden – Schienen-Control Kommission und auch -GmbH – tun jedenfalls ihr Bestes, um das Signal endlich auf ‚Frei‘ zu stellen.“

Ich würde mir wünschen, dass auch das Ministerium sein Bestes dazu beiträgt! (Beifall bei den Grünen.)

16.37


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Staatssekretärin Kranzl, Sie sind am Wort. – Bitte.

 


16.37.50

Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Christa Kranzl: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja ausführlich auf den, so glaube ich, sehr positiven Bericht eingegangen worden, der hier vorliegt. Daher möchte ich darauf nicht im Detail eingehen, sondern nur auf einige wenige Anregun­gen:

Ich glaube, Sie werden mit mir übereinstimmen, dass der Verkehr wahrscheinlich eine der wesentlichen Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte darstellt. Sämtliche Studien weisen darauf hin, dass Österreich – besonders durch seine zentrale Lage innerhalb des sich erweiternden und ständig verändernden Europa – eine Schlüsselrolle einnimmt und dass der Verkehr – speziell der Güterverkehr auf der Straße – leider Gottes in ganz großem Maße, nämlich um 55 Prozent, zunehmen wird.

Das sind Prognosen, die ganz einfach gar keinen anderen Schluss zulassen, als dass nach Wegen und nach Möglichkeiten gesucht werden muss, wie es tatsächlich gelingen kann, bestimmte Verkehrsströmungen zu verlagern.

Ich bekenne mich offen dazu, dass der Lkw-Verkehr selbstverständlich für Nahegüter, für Güter, die innerhalb Österreichs transportiert werden, ganz wesentlich und wichtig ist, dass der Lkw-Verkehr vor allem in der Trimodalität ganz wichtig sein wird, wenn man ernsthaft Modal Split betreibt, und dass das natürlich auch ein ganz ausge­klügeltes logistisches System erfordert.

Ich bekenne mich aber auch dazu, dass es uns gelingen muss, den durchfahrenden Verkehr tatsächlich noch wesentlich stärker auf die Schiene zu bringen, und dass es da natürlich großen Handlungsbedarf gibt – auch was das vorhandene Waggon­material betrifft –, das ist überhaupt keine Frage.

Tatsache ist aber, dass man jene umweltfreundlichen Verkehrsträger sehr wohl wesent­lich stärker ansprechen muss. Man muss jedoch auch Kritikpunkte, die es durchaus auch von Logistikunternehmungen und von der Seite der Wirtschaft gibt, ernst nehmen, denn nur wenn der Schienenverkehr attraktiv gemacht wird, wird es auch gelingen, Güter tatsächlich verstärkt auf der Schiene zu transportieren.

Ich bedanke mich auch für den Hinweis, dass die Wasserstraße ein Hoffnungsträger ist. Es ist ein wichtiges Anliegen, genau diese Chance, dieses Potential, das in ihr liegt,


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 127

auf dem österreichischen Teil der Donau beziehungsweise auch in der Verbindung von Rotterdam nach Konstanza entsprechend zu nutzen.

Ich bedanke mich auch ganz besonders für das Kompliment, dass das Donau­symposium einen entsprechenden Impuls gegeben hat.

Es ist tatsächlich so, dass mittlerweile einerseits sehr großes Interesse am ökolo­gischen Donauausbau – sowohl in Ungarn als nun auch in Serbien – gegeben ist und dass andererseits riesengroßes Interesse seitens Deutschlands besteht, diese Schwach­stelle in Bayern tatsächlich einer Lösung zuzuführen.

Es kommt also Bewegung in die Sache, und ich bin, wie gesagt, überzeugt davon, dass Österreich dabei Vorbildwirkung haben kann, denn wir haben uns ja das Ziel gesetzt, bis 2015 unseren Gütertransport von derzeit zirka 9 oder 10 Millionen Tonnen pro Jahr auf rund 30 Millionen Tonnen zu steigern.

Ich glaube, wie gesagt, trotzdem, dass das nicht unbedingt ein einfaches Unterfangen sein wird, aber, Frau Kollegin Kerschbaum, wenn einmal mehr als 11 Milliarden € für Straße, aber auch für Schiene insgesamt investiert werden, dann ist das, so glaube ich, ein riesengroßer Betrag, der in den letzten Jahren einfach nicht zur Verfügung gestanden ist.

Ich stimme mit Ihnen selbstverständlich überein: Um alle Wünsche und alle Notwendig­keiten zu erfüllen, brauchen wir wahrscheinlich noch dreimal so viel, aber da muss natürlich auch das entsprechende Budget bereitgestellt werden. Ich glaube jedoch, dass der Grundstock mit einem sehr ernst genommenen Rahmenprogramm gelegt worden ist, das übrigens öffentlich einsehbar ist und das auch Informationen darüber enthält, welche Maßnahmen in welchem Bundesland in welchem Zeitabschnitt umge­setzt werden können. Wenn Sie das nicht haben, bin ich gerne bereit, Ihnen das zukommen zu lassen.

Betreffend Brenner-Basistunnel: Bitte, das ist eine Sonderfinanzierung! Auch da gibt es bereits Einvernehmen, das muss man auch ganz klar sagen; das ist nicht in diesen bereitgestellten Mitteln für Straße, für Schiene enthalten.

Ihre Anregung beziehungsweise Ihr Kritikpunkt Nebenbahnen betreffend: Da habe ich soeben die Information erhalten, dass im § 29 Eisenbahngesetz bereits die verpflich­tende Interessentensuche enthalten ist, die ab nächstem Jahr auch entsprechend Gültigkeit hat. Es dürfte also nicht mehr passieren, dass entsprechende Strecken nicht befahren werden beziehungsweise dass es keinen entsprechenden Betreiber dafür gibt.

Ich stimme aber mit Ihnen überein, dass es uns selbstverständlich gelingen muss, die Bahn durchaus auch im Personenverkehr attraktiver zu machen. Dafür ist es natürlich in hohem Maße erforderlich, dass einerseits der Komfort passt, dass andererseits auch der Fahrplan passt – sprich, nicht zu lange Wartezeiten entstehen – und dass vor allem natürlich auch der Ticketpreis passt. – Da stimme ich Ihnen zu.

Ich glaube aber trotzdem, dass durch die derzeitigen Entwicklungen besonders am Rohölmarkt – die Preise gehen ganz einfach nach oben – mitunter das Interesse an öffentlichen Verkehrsträgern wieder zunehmen wird. Wir sind natürlich gefordert, diese Attraktivität auch zu bieten.

Wie gesagt: Es sind alle Fraktionen durchaus dazu eingeladen, Ideen vorzubringen, wie dies gelingen kann; ich stimme Ihnen aber auch zu, wenn Sie sagen, man muss zwischen städtischem und ländlichem Bereich unterscheiden, denn die Erreichbarkeit am Lande ist eine wesentlich schwierigere als in der Stadt.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 128

Ich spreche mich also auch klar dagegen aus, dass rigoros im Prinzip durchaus notwendige Verkehrsstrecken nicht weiter betrieben werden sollen, denn das sind, wie gesagt, existentielle Voraussetzungen, besonders für den ländlichen Bereich, um auch da die Attraktivität entsprechend zu erhöhen.

Ich möchte aber abschließend noch auf einen Punkt hinweisen, der mir besonders wichtig ist, weil mitunter oft das entsprechende Know-how österreichischer Firmen, die besonders im Eisenbahnsektor tätig sind, unterschätzt wird.

Ich darf vielleicht Folgendes besonders zum Anlass nehmen: Ich war kürzlich in Vene­zuela. Es gibt auf unserem heimischen Markt Spezialisten – ob das VAE ist, Spezialist für Weichentechnologie, ob das Siemens ist, Spezialist für entsprechende Schienen­fahrzeuge, ob das Frequentis ist, die im Bereich Informations- und Kommunikations­technologien tätig ist –, die wirklich – man muss es sagen – riesengroße Chancen eröffnen können. Das gilt zum Beispiel für den Infrastrukturbereich, denn Venezuela ist nicht nur ein Land, das mit Erdölvorkommen, mit Aluminium, mit Gold und Eisen gesegnet ist, sondern das vor allem auch riesengroße Infrastrukturvorhaben hat.

Da ist es gelungen, einerseits Übereinkommen – Memoranda of Understanding – zu vereinbaren, und auf der anderen Seite auch diese Kontakte zu eröffnen. Es wird ein Joint Venture mit einem venezuelanischen Partner geben, an dem VAE mittlerweile einige Jahre gearbeitet hat.

Es ist aber auch im Bereich eines Zellulose- und Papierstoffwerkes gelungen, ein Projekt der Firma Andritz, das 24 Jahre lang verfolgt worden ist, zu einer Vorvertrags­unterzeichnung zu bringen. Alleine dieser eine Vertrag bedeutet für Österreich 300 Mil­lionen US-Dollar in der Erstphase und 200 Millionen US-Dollar in der Zweitphase, also 500 Millionen. Insgesamt geht es für die Firmen, die dabei gewesen sind, um 1,3 Milliarden – die Chance für den österreichischen Wirtschaftsstandort und vor allem damit verbunden auch für den österreichischen Beschäftigungsstandort sind.

Ich möchte das nur unterstreichen, weil Österreich besonders im Eisenbahnbereich über ein riesengroßes Know-how verfügt. Da brauchen wir uns überhaupt nicht zu verstecken, ganz im Gegenteil: Das sollte noch wesentlich stärker betont werden!

Ich hoffe daher auf Ihre Unterstützung. Ich glaube, es gibt viel im Bereich Infrastruktur und Verkehrsstruktur zu tun. Ich bekenne mich dazu, dass vor allem umweltfreundliche Verkehrsträger wesentlich stärker forciert werden sollen, und wir sind auch offen für positive und konstruktive Ideen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Bundesräten der Grünen.)

16.46


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, und ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 129

16.46.4211. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Oktober 2007 betreffend einen Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (224 d.B. und 244 d.B. sowie 7781/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Todt übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

 


16.47.06

Berichterstatter Reinhard Todt: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich auf den Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Oktober 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für diesen Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


16.47.49

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Wir werden dem Wunsch des Berichterstatters nach Zustimmung nicht Folge leisten, wobei das keine Kritik an der Bundesregierung oder an der prinzipiellen Diskussion ist, ob die EU Eigenmittel braucht oder nicht oder wie das System der Finanzierbarkeit gestaltet sein soll, sondern es geht darum, dass das System in sich nicht gerecht ist.

Wir bekennen uns auch dazu, dass es Nettozahler gibt und Länder, die Unterstützung bekommen, denn die EU ist ja nicht nur ein Projekt des gemeinsamen Marktes, auch nicht nur ein Projekt der Friedenssicherung, sondern auch ein Projekt des sozialen und ökonomischen Ausgleiches. Lange hat der Westen Europas von den billigen Löhnen und den billigen Rohstoffen des Ostens gelebt, und es kommt durch diesen Ausgleich ein Teil zurück – keine Frage.

Der Rat hat sich nun neue fixe Regeln und Grundlagen für einen Finanzausgleich, könnte man sagen, gegeben, der wesentlich komplizierter ist als der heimische, aber umso seltsamer ... (Heiterkeit des Bundesrates Mayer.) – Heimischer Finanzausgleich, Kollege Mayer! Sie beginnen beim Finanzausgleich immer zu lachen, das scheint so ein Reizwort des Lachens zu sein! (Bundesrat Mayer: Das hat nichts mit Ihrer Rede oder Ihrer Person zu tun!) – Nein, mit dem Finanzausgleich; ich weiß, ist schon in Ordnung.

Trotz dieser fixen Spielregeln der Nettozahler geht es eigentlich immer wieder darum, dass die Nettozahler versuchen, durch Reduktionen irgendwelche Vorteile für sich herauszuholen. Nach wie vor schaut, glaube ich, das restliche Europa fassungslos auf den Britenrabatt. Was da einmal herausgehandelt wurde, bleibt offensichtlich ewig am Leben.

Meine Damen und Herren! Wir treten dafür ein – da können der Herr Staatssekretär, auch die österreichische Bundesregierung maximal im Rahmen des Finanz­ministerrates oder bei anderen Gelegenheiten initiativ werden –, wir brauchen eine


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 130

Debatte, wie die Europäische Union zu Eigenmitteln kommt. Das kann eine EU-Steuer sein – warum nicht? Warum wehrt man sich so dagegen, dieses heiße Eisen anzu­greifen? Es könnte bei allen Harmonisierungsbestrebungen der EU eine große Hilfe sein, sich zum Beispiel eine europäische Körperschaftsteuer zu überlegen. Eine europäische Körperschaftsteuer hätte mit Sicherheit den Vorteil, dass wir nicht ständig ganz komplizierte Harmonisierungsüberlegungen bei den verschiedensten Materien anstreben müssten.

In Zeiten des Klimawandels, in Zeiten tiefer Sorge um die Erreichung des Kyoto-Zieles und so weiter steht eine der wichtigsten Debatten aus, die zur Stärkung der Finanzierungskraft der EU beitragen könnte: die Überlegung, über Kerosinabgaben und Energiesteuern diesen Eigenmittelanteil zu stärken. Unabhängig davon gibt es auch noch die Diskussion über die Tobin-Tax.

All diese Dinge werden einfach nicht gelöst. Sie stehen jährlich auf der Agenda, aber das Thema, eine EU-Steuer in den 27 Ländern einzuführen, traut sich niemand anzugreifen. Meiner Meinung nach ist es höchst an der Zeit, dieses eher löchrige System: Wie versucht jeder Nettozahler, sich möglichst um seine Beiträge zu drücken?, abzuschaffen, denn gleichzeitig erwarten wir alle möglichst viele EU-kofinanzierte Projekte, ob das in den Regionen ist, da haben wir ja die INTERREG-Projekte in allen Regionen, oder anderswo.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen hier symbolisch nicht dafür. Aber, Herr Staatssekretär, ich hoffe sehr, dass zumindest seitens des Finanzministeriums beim Rat der Finanzminister Druck dahin gehend ausgeübt wird, dass man hier zu einem transparenten und gerechteren System der Eigenmittelfinanzierung und der Finanzierung der EU und ihrer Vorhaben im innereuropäischen Ausgleich kommt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.53


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Molzbichler. – Bitte.

 


16.53.17

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Dezember 2005 haben die Staats- beziehungsweise Regierungschefs der europäischen Mitgliedstaaten den Finanzrah­men der Europäischen Union für 2007 bis 2013 beschlossen. In diesem Zeitraum werden beispielsweise vorübergehend die Bruttonationaleinkommensbeträge für die Niederlande um 605 Millionen € und für Schweden um 150 Millionen € gesenkt, und der sogenannte Briten-Rabatt wird endlich – endlich! – schrittweise abgebaut.

Diese Neuregelung der EU-Einnahmen ist auch für Österreich grundsätzlich positiv, da es für Österreich zwar zu einer Erhöhung kommen wird, diese jedoch unter der pro­gnostizierten Steigerung angesiedelt ist.

Österreich zahlte im Jahre 2006 2,2 Milliarden € in den EU-Topf ein, und etwa 1,9 Milliarden € flossen im Rahmen von Strukturmaßnahmen und Förderungen wieder nach Österreich zurück. Somit betrug der Nettobetrag Österreichs 302 Millionen €.

Deutlich unter den Prognosen liegt, wie bereits zuvor erwähnt, die Abgabe für 2007 bis 2013. Laut Prognosen – aufgrund der EU-Osterweiterung wurde mit einem weitaus höheren finanziellen Aufwand für Österreich gerechnet – ist die Steigerung des österreichischen EU-Beitrages von voraussichtlich 0,83 Prozent auf 0,88 Prozent des österreichischen Bruttonationaleinkommens relativ kostengünstig.

Obwohl die Europäische Union aufgrund der längst fällig gewesenen Änderungen der Agrarsubventionen, die verstärkte Förderung von Forschung und so weiter meines


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 131

Erachtens in die richtige Richtung geht, fehlt es vor allem an transparenter Darstellung der EU-Abgaben. Nach wie vor existiert innerhalb der Europäischen Union kaum ein oder kein Gemeinschaftsgefühl der Bürgerinnen und Bürger. Die Europäische Union wirkt außerdem für viele wie ein undurchschaubarer Bürokratieapparat. Gerade die österreichische Bevölkerung gehört seit Jahren zu den EU-Skeptikern.

Darum ist eine verstärkte Transparenz der europäischen Ausgaben einzufordern. Auch ein intensiveres Augenmerk für Armutsbekämpfung, Bildung und Partizipation wäre zu begrüßen. Wünschenswert wäre aus meiner Sicht auch, wenn es trotz Einstimmigkeits­prinzip in der EU endlich eine gemeinsame Steuerharmonisierung, eine gemeinsam aufeinander abgestimmte KöSt, eine gemeinsame Kerosinsteuer und Tobin-Tax geben würde.

Ich weiß, meine Damen und Herren, dass dies aus heutiger Sicht kaum machbar erscheint, aber wer hätte vor 20, 25 Jahren daran gedacht, dass die Europäische Union im Jahr 2007 aus 27 Mitgliedstaaten besteht? – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.56


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


16.56.32

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schennach hat uns angekündigt, dass er dem nicht zustimmen kann, wobei ich schon sagen möchte, dass man bei der EU nicht ständig das Finanzielle in den Vordergrund stellen sollte, denn wenn wir auf die letzten 62 Jahre zurückblicken, dann müssen wir sagen, dass wir durch die Montanunion, die Europäischen Gemein­schaften, die EU mit 62 Jahren eine derart lange Friedenszeit hatten, dass wir eigentlich nur sagen können, dass unsere Generation glücklich ist. Daher möchte ich bitten, dass man das in den Vordergrund stellt und nicht das Finanzielle. Dass wir einen Beitrag für die Mitgliedschaft zahlen, ist wohl klar, wobei Kollege Molzbichler erklärt hat, wie das zustande kommt – ich werde darauf verzichten.

Eines möchte ich aber schon grundsätzlich unterstreichen, nämlich dass die EU nicht nur Frieden, sondern auch Wohlstand in Europa gebracht hat. Wir sehen aufgrund des Andrangs, Mitglied der EU zu werden, wie attraktiv die EU mit der Zeit geworden ist.

Eine Fiktion oder einen kleinen Traum darf ich in dieser Rede auch kurz erwähnen: Was wäre gewesen, wenn zum Beispiel im Jahre 1985 Jugoslawien Mitglied der EU gewesen wäre? – Wir hätten uns all die Kalamitäten, die wir auf dem Balkan hatten, sicher erspart.

Zum Finanziellen möchte ich noch etwas anderes sagen: Die EU braucht unbedingt Eigenmittel, denn es werden immer mehr Aufgaben von den einzelnen Mitgliedstaaten an die EU delegiert. Ich darf an die Friedensmissionen in Mazedonien und jetzt auch in Bosnien erinnern. Die EU will im Tschad einen gewissen Beitrag leisten und versuchen – ich sage ausdrücklich: versuchen –, den West-Sudan im weitesten Sinne zu befrieden. Das wird noch einiges kosten.

Dazu kommt, dass die EU in hohem Maße danach strebt, für die Palästinenser ein einigermaßen lebenswertes Auslangen von der finanziellen Seite her zu sichern. Auch hier sind Eigenmittel notwendig.

Ich darf daher zusammenfassend sagen: Meine Fraktion ist dafür, dass wir diesen Beschluss, der so schnell in unser Parlament gekommen ist, ratifizieren. Ich kann


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 132

daher sagen, es geht doch auch in Europa einiges schnell – vielleicht nur beim Finanziellen, aber es geht schnell.

Und das Zweite ist, dass wir der EU ruhig etwas mehr geben sollten, damit sie mehr Möglichkeiten hat, denn ein kleines Beispiel negativer Art ist Frontex. Wir haben Frontex gebraucht. Alle Länder oder fast alle Länder haben ihre sozusagen Ressourcen eingemeldet. Als es aber dann dazu kam, diese Ressourcen von den einzelnen Ländern abzuberufen, haben sich einige geschraubt. Ich bin bereits in Brüssel tätig, um zu schauen, welche Länder ihre Versprechen nicht eingehalten haben.

Das Allerbeste war aber dann, dass Frontex im Rahmen des Mittelmeereinsatzes mit Ende August die Tätigkeit einstellen musste, weil keine finanziellen Mittel mehr vorhanden waren. Das war eine eher traurige Angelegenheit.

Daher noch einmal der Appell, dass für all die Missionen, die die EU führt, die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.00


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


17.00.55

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schennach hat ja eingangs eine sehr allgemeine Betrachtung vorgenommen, lassen Sie mich ein wenig zu den Fakten kommen, denn ich glaube, ein Erfolgsprojekt Europäische Union kann es nur dann geben, wenn man diese Dinge an Erfolgen, an ganz konkreten Schritten festmachen kann.

Ich habe mir die Zahlen sehr genau angesehen und muss sagen: Kollege Kühnel, soweit ich weiß, ist das Projekt Grenzagentur Frontex im Budget auf 30 Millionen € aufgestockt worden. (Bundesrat Dr. Kühnel: 40!) Dass das irgendwie obsolet ist oder nicht mehr stattfindet, ist mir nicht erinnerlich. Aber vielleicht fragen Sie, wenn Sie in Brüssel tätig sind, noch einmal nach, vielleicht bekommen Sie dort dieselben Zahlen wie ich.

Den Briten-Rabatt betreffend sind wir, glaube ich, zumindest auf einem guten Weg in die richtige Richtung.

Zu den konkreten Zahlen – sie wurden ja schon genannt –: Erhöhung von 0,83 Prozent auf 0,88 Prozent des BIPs. Was heißt das konkret? – Wir zahlen 2,2 Milliarden €, 1,9 Milliarden fließen zurück – das hat sich sogar um 24 Millionen € verbessert –, es sind also de facto 302 Millionen.

Aber was ist das eigentlich Interessante daran? – Die Ausweitung unserer Exportaktivi­täten. Da gibt es immerhin ein Plus von 12,1 Prozent. Wir haben Exporte in der Höhe von 97,3 Milliarden. Schauen wir einmal genau, wohin die gehen, wo wir dieses Plus eigentlich lukrieren. Das ist ganz interessant und betrifft die neuen EU-Länder: plus 22 Prozent nach Polen, plus 31 Prozent nach Rumänien. Insgesamt ist es im Zeitraum von 1987 bis 2006 immerhin zu einem Anstieg der Exportquote von 33 auf 56 Prozent gekommen. Und das ist für mich ein guter Teil der wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte der Europäischen Union.

Wir haben ja heute bereits die Möglichkeit gehabt, uns bei den Tagesordnungspunkten betreffend Patente, Musterrechte, Innovationen, Forschung, Förderung und so weiter mit Bildung auseinanderzusetzen. Für mich ist die Europäische Union ein ganz großes Bildungsprojekt. Ich weiß, Kollege Kühnel, verglichen mit dem Außengrenzschutz sind


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 133

das natürlich kleine Beträge, aber die EU wird von 2007 bis 2013 immerhin 13,7 Mil­liarden € für das Projekt „Lebenslanges Lernen“ einsetzen.

Die Menschen werden heute, wie der bekannte Forscher Zellmann, der heute bereits zitiert wurde, in Villach zu seinem neuen Buch referiert hat, nicht nur älter, sondern sie werden länger jünger sein, werden länger im Arbeitsprozess sein. Das wird die Erfolgsgeschichte sein, das muss glücken, das muss gelingen. Das ist nur eines dieser vielen Projekte.

Im Bereich der Forschung, im Bereich des Satellitennetzes Galileo sind weitere Aufstockungen im Budget vorgesehen. Der Forschungsbereich hatte 2002 bis 2006 19 Milliarden Dotierung und wird von 2007 bis 2013 54 Milliarden Dotierung haben. Ich meine, das geht in die richtige Richtung. Das ist eine gute Sache.

Um das zusammenzufassen: Natürlich, Herr Kollege Schennach, jeder, der sich mit der Wirtschaft auseinandersetzt, hat schon eine ganz große Sehnsucht nach einer Steuerharmonisierung. Unser Staatssekretär, der, glaube ich, ein glühender Anwalt dieser Sache ist, wird dazu sicherlich noch etwas sagen.

Wenn jetzt einige EU-Mitgliedsländer signalisieren: Wir fahren mit der Körper­schaft­steuer noch einmal nach unten!, dann, glaube ich, wird da wirklich langsam großer Druck entstehen, sodass es sehr wichtig sein wird, dass man sich diesem Thema widmet.

Ich meine, insgesamt kann man diesem Projekt Europäische Union und dieser wirklich sehr bescheidenen Aufstockung des Beitrages unserer Republik zu den Eigenmitteln nur zustimmen. Ich bitte auch die anderen Kolleginnen und Kollegen um Ihre Zustim­mung zu dieser Gesetzesmaterie. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bun­desrates Mayer.)

17.05


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

 


17.05.13

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gelingen der Euro­päischen Integration ist die zentrale Herausforderung dieses Jahrhunderts. Europa muss noch zukunftsfähiger werden. Europa muss nützen und schützen. Und wir brauchen, glaube ich, eine massive Aufwertung des europäischen Sozial- und Wirt­schafts­modells.

Das Ziel ist klar: Europa als Kontinent des Friedens und des Wohlstands.

Österreich profitierte und profitiert von der Europäischen Integration. Das Wirtschafts- und Sozialsystem in der Europäischen Union hat wesentliche Impulse und einen wesentlichen Nutzen hinterlassen.

Unsere Vision ist es, Europa zum lebenswertesten Kontinent der Welt zu entwickeln, das Wirtschaftswachstum zu fördern und insbesondere im internationalen, globa­lisierten Wettbewerb zu bestehen. Das heißt im Konkreten: Arbeitsplätze zu schaffen, soziale und ökologische Standards zu verbessern beziehungsweise zu halten, die Sorgen vieler Menschen ernst zu nehmen, die mit diesem Wandel und mit der Schnelligkeit nicht mitkommen und auch Ängste und Sorgen mit der Zukunft des glo­balisierten Arbeitsmarktes verbinden.

Warum sage ich das bei diesem Kapitel, das wir jetzt diskutieren? – Weil man dazu auch die entsprechenden finanziellen Ressourcen braucht, Geld braucht. Der Eigen­mittelbeschluss regelt die Finanzen des EU-Haushalts.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 134

Wir haben ja von meinem Vorredner schon gehört, dass sich der Beitrag Österreichs geringfügig erhöhen wird, nämlich von derzeit 0,83 Prozent auf 0,88 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Ich glaube, das ist richtig, und ich stehe dazu, dass wir Nettozahler sind, weil wir Verantwortung für dieses gemeinsame Europa haben und weil wir auch Nutznießer dieser Entwicklung sind; Beispiele dafür gibt es genug, man sollte sie, glaube ich, immer wieder anführen, weil es noch immer sehr viele Skeptiker gibt, die Europa kritisch gegenüberstehen. Ein Beispiel dafür ist, dass sich unsere Exporte seit dem Jahr 1995 wesentlich verbessert haben. Fast verzehnfacht haben sich die Exporte unseres Landes! Was das für Arbeitsplätze, Einkommen und Wohlstand bedeutet, möchte ich an einem bescheidenen 10-€-Schein darstellen. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt kriegt jeder 10 €!)

Von diesem 10-€-Schein (der Redner zeigt einen solchen) an Einkommen, das jemand zur Verfügung hat, kommen bereits 6 € aus Exporterlösen! 6 €, also mehr als die Hälfte unseres verfügbaren Einkommens, kommen bereits aus Exporten. Man könnte das zusammenfalten und sagen: So viel ist das bereits. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass das sehr anschaulich zeigt, dass wir zu Recht in diesen Topf einzahlen, dass wir zu Recht an dieser Europäischen Union teilhaben, die im Übrigen auch ein bedeutendes Friedens- und Chancenprojekt geworden ist.

Ich brauche gar nicht auf die Jugendaustauschmöglichkeiten, auf die Jugend­stipen­dien, auf die verschiedenen ... (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.) – Freut mich, dass du dich in diesem Zusammenhang als Jugendlicher fühlst, lieber Alfred. (Neuer­licher Zwischenruf des Bundesrates Schöls.) Ja, wir haben vom lebenslangen Lernen gesprochen, und das betrifft dich genauso wie alle anderen.

Hier wächst, meine sehr geehrten Damen und Herren – darüber freue ich mich immer wieder, wenn ich bei der Präsentation von Jugend-Europaprojekten dabei bin, von Schulen, von Lehrlingen und so weiter –, eine wirklich tolle neue, junge Generation heran, die vertraut ist mit den Usancen des Kontinents, die tolerant ist, die offen ist, die diese Welt auch entsprechend entwickeln und weiterentwickeln wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dieser Beschluss über das Sys­tem der Eigenmittel verdient unsere Anerkennung, unsere Kenntnisnahme. Er trägt dazu bei, dass unser Europa besser, friedlicher wird, und er trägt damit wesentlich zum Wohlstand des Kontinents und der Welt bei. (Beifall bei der ÖVP.)

17.10


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner: Herr Staatssekretär Dr. Matznetter. – Bitte, Sie haben das Wort.

 


17.10.16

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesrätinnen! Sehr geehrte Bundesräte! Natürlich bietet eine solche Beschlussfassung Gelegenheit, sich ganz grundsätzlich mit der Frage der Europäischen Union, im Besonderen aber mit ihrer Finanzierung auseinan­derzusetzen, und ich möchte ganz kurz auf ein paar der in der Diskussion aufge­worfenen Aspekte eingehen.

Teil eins: Es war eine der schwierigsten Einigungen, die unter britischer Präsident­schaft am 15. und 16. Dezember 2005 zustande gekommen ist. Warum? – Einerseits stand die Europäische Union vor der Herausforderung einer Erweiterung auf 27 Mit­glied­staaten und Reformen im Bereich der Agrarförderungen. Ein Anwachsen der Agrarförderungen hätte dazu geführt, dass die Finanzierbarkeitsgrenzen der Euro­päischen Union überschritten worden wären.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 135

Teil zwei: Vieles, aus zurückliegenden Diskussionen stammend – eines davon ist der Briten-Rabatt –, stand auf der Tagesordnung.

Es war ein Kompromiss – aber es war ein Kompromiss, wo unter anderem ein Ausstieg aus dem Briten-Rabatt unter britischer Präsidentschaft verhandelt wurde. Ich denke, das kann man anerkennen. Tony Blair hat es in dieser Situation von sich aus möglich gemacht, dass trotz der Anspannungen im Finanzrahmen ein Schritt in die richtige Richtung gemacht wurde.

Gleichzeitig – das muss man auch dazusagen – ist der Beitrag, den die Netto­zahler­staaten leisten, insbesondere natürlich an erster Stelle Deutschland, aber auch die Niederlande, Schweden und Österreich, deutlich gedeckelt worden, damit der Beitrag unter 25 Prozent geführt werden kann. Sie müssen sich auch noch verge­wärtigen, meine Damen und Herren, dass die Europäische Union nicht wie national­staatliche öffentliche Haushalte die Möglichkeit hat, Defizite aus der Gebarung heraus an die momentane Situation anzupassen. Ein Staatshaushalt kann ein Defizit haben, das durch Schuldenaufnahme finanziert und in guten Zeiten wieder beglichen wird.

Die Europäische Union hat – ich halte das für ein gutes Prinzip, weil sie ja kein Staat ist – ein System, wonach sie genau nach Maßgabe der Mittel budgetiert, die Über­schüsse aber auch zurückgeführt werden. Ein solches Prinzip erfordert aber, dass die notwendigen „Sicherheitsgurte“ enthalten sind, damit auch bei sparsamer Führung sichergestellt ist, dass die Europäische Union über den gesamten Finanzzeitraum handlungsfähig bleibt.

Ich stimme Bundesrat Schennach zu, dass es wünschenswert wäre, wenn die Euro­päische Union in stärkerem Ausmaß über eine eigenständige Finanzierungsbasis verfügen würde. Ich darf die Damen und Herren Bundesräte daran erinnern, dass die Europäische Union in ihrer ursprünglichen Gestaltung als EWG ja einmal eine sehr starke Einnahmenquelle hatte, nämlich die Zölle. Aber das, was wir als Erfolg eines zunehmenden Freihandels auf der Welt sehen, dass es nämlich durch eine Fülle von Abkommen gelungen ist, die Märkte zu öffnen, hat dazu geführt, dass bei der Bezollung von Waren ein Abbau stattgefunden hat. Das Positive auf der einen Seite ist daher negativ auf der anderen Seite, was die Einnahmensituation betrifft.

Ich gebe auch ehrlich zu, Österreich ist, was die Frage einer eigenständigen Finan­zierung der Europäischen Union betrifft, ein Land, das quer über die unterschiedlichen politischen Auffassungen hinweg diesen Projekten durchaus mit Sympathie entgegen­getreten ist. Die Schwierigkeit ist, dass jede Beschlussfassung über Steuern in der Europäischen Union der Einstimmigkeit unterliegt. Somit ist jede Veränderung schwer durchzusetzen. Wir bemühen uns, in diesem Bereich unsere Beiträge zu leisten, man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass der Weg zu einer zum Beispiel verein­heitlichten Körperschaftsteuer-Grundlage ein weiter ist.

Das Bundesministerium für Finanzen hat erst vor kurzer Zeit wieder alle Experten der anderen Finanzministerien in der EU in die Hofburg eingeladen – in dem Bemühen, eine Grundlage zu erarbeiten, damit die Europäische Kommission nächstes Jahr einen Richtlinien-Vorschlag für eine gemeinsame konsolidierte und harmonisierte Körper­schaft­steuer-Grundlage ausarbeiten kann. Das ist ein gutes Projekt, an dem Österreich federführend mit seinen Experten und mit seinen Erfahrungen mitwirkt.

Ich erinnere an die Tobin-Tax. Dieses Haus, der Nationalrat hat einstimmig eine Ent­schließung angenommen, dass wir es für wünschenswert halten würden, auf euro­päischer Ebene eine Tobin-Tax einzuführen, um eine nachhaltige Finanzierung der Europäischen Union herzustellen. Das Problem ist – ich habe das in Berlin beim Ratstreffen selbst angesprochen –: Der Widerstand, der in den anderen Ländern dagegen vorhanden ist, ist enorm. Manche EU-Staaten glauben, dass dies ein Nachteil


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 136

für den Finanzstandort wäre. – Eine absurde Feststellung. Diese Meinung vertreten zum Teil britische Vertreter, die selbst eine Börsenumsatzsteuer, aber keinerlei Nach­teile am Standort London haben!

Ich kann sagen, der Bundesminister für Finanzen, ich, die gesamte Regierung, wir bemühen uns in diesem Bereich – aber es ist ein weiter Weg.

Ganz, Herr Kollege Schennach, verstehe ich nicht, warum die grüne Fraktion dieser Regelung nicht zustimmen kann. (Ruf bei der ÖVP: Das wissen sie selbst nicht!) Denn in Wirklichkeit ist das keine schlechte Beschlussgrundlage. Sie bedeutet eine Ab­senkung des Briten-Rabatts, eine Beschränkung im Bereich der Agrarlastigkeit der Union – das ist nicht einfach, weder für die Bauern noch für alle anderen.

Es sind schon sehr viele richtige Dinge gesagt worden, daher vielleicht nur noch ein paar kleine Anmerkungen.

Was die Menschen draußen nicht wissen, ist, dass die Europäische Union nur einen kleinen Bruchteil des gesamten Steueraufkommens in Anspruch nimmt. Die Menschen glauben, ein überwiegender Teil der Aufwendungen fließt nach Brüssel. Das ist nicht der Fall! Auch mit einem Anstieg von 0,83 Prozent auf 0,88 Prozent des Brutto­nationaleinkommens ist der Beitrag in Relation dessen, was im Rahmen der Euro­päischen Union geleistet wird, eigentlich ein bescheidener.

Letzter Punkt, die Agenturen betreffend – ich glaube, Bundesrat Dr. Kühnel hat das angesprochen –: Die Finanzierung der Agenturen ist an sich sichergestellt, aber, meine Damen und Herren: Gerade im Bereich der Agenturen verlangt Österreich höchste Sparsamkeit von der Europäischen Union. Es kann nicht sein, dass alle zwei Jahre eine neue Agentur erfunden wird, die Kosten nachhaltig steigen, und es ist nicht sichergestellt, dass in diesen Institutionen mit der notwendigen Sparsamkeit gearbeitet wird. Wir werden auch als österreichische Bundesregierung Druck ausüben, dass die Europäische Union dies mit hoher Sparsamkeit tut. Denn nichts schadet der Idee der Europäischen Union mehr, als wenn Bürgerinnen und Bürger der Meinung sind, hier werde Geld verschleudert.

In diesem Sinne kann ich nur dazu einladen, dieser Vorlage die Zustimmung zu geben.

„Galileo“ betreffend möchte ich noch sagen: Mit Ihrem Beschluss hier, werte Bun­desrätinnen und Bundesräte, ist noch nicht sichergestellt, dass „Galileo“ finanziert ist. Da die Industrie die Mitfinanzierung nicht möglich macht, ringen wir derzeit um einen Finanzierungsbeitrag. Wir werden sehen, was vom Haushalts-ECOFIN-Rat hiezu kommt. Klar ist nur eines: Selbst wenn durch Umbuchung der Mittel aus übrig geblie­benen Agrarförderungen die notwendigen weiteren Finanzierungsschritte des guten Projektes „Galileo“ erfolgen, ist das Geld österreichischer Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler, denn die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bekommen weniger Rück­buchung der Gutschriften. In diesem Sinne müssen wir genau darauf achten, dass gute Projekte auch in einem halbwegs vernünftigen Kostenrahmen bleiben. Aber ich denke, die österreichische Position ist eine pragmatische und richtige. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.19


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird vom Berichterstatter ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 137

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.20.1812. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (200 d.B. und 245 d.B. sowie 7782/BR d.B.)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zur Abänderung des Abkommens zwischen der


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 138

Republik Österreich und dem Staat Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (201 d.B. und 246 d.B. sowie 7783/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Mazedonien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (225 d.B. und 247 d.B. sowie 7784/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zu den Punkten 12 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die Berichterstattung zu den Punkten 12 bis 14 hat Herr Bundesrat Schimböck übernommen. Ich bitte um die Berichte.

 


17.20.38

Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich berichte über die Beratungen des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Oktober 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich bitte um die nächsten Berichte.

 


17.21.26

Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Ich komme dem Wunsch der Präsidentin gerne nach und berichte auch zu Tagesordnungspunkt 13:

Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. Okto­ber 2007 betreffend ein Abkommen zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Oktober 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Zu Tagesordnungspunkt 14: Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Mazedonien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Oktober 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals. – Es liegen keine Wort­meldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Daher gelangen wir zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 139

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Die Stimmeneinhelligkeit ist gegeben. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel zur Vermeidung der Doppel­besteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Die Stimmeneinhelligkeit ist gegeben. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 18. Oktober 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Mazedonien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf auch er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Die Stimmeneinhelligkeit ist gegeben. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun stimmen wir ab über den Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Die Stimmeneinhelligkeit ist gegeben. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

*****

Ich möchte nicht verabsäumen, zwei Kollegen, die uns leider verlassen werden, alles Gute für die Zukunft zu wünschen. Es sind dies Frau Bundesrätin Mag. Knoll, die uns verlassen wird in Richtung des etwas größeren Sitzungssaals des Nationalrates, und Kollege Florianschütz, der in den Wiener Landtag beziehungsweise Gemeinderat gehen wird.

Ich glaube, dass ich in unser aller Namen beiden alles erdenklich Gute für die Zukunft wünschen darf. (Allgemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll749. Sitzung / Seite 140

17.27.33Einlauf

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt drei Anfragen eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, 22. November 2007, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 20. November, ab 13 Uhr vorge­sehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

17.28.35Schluss der Sitzung: 17.28 Uhr

 

 

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