BundesratStenographisches Protokoll787. Sitzung / Seite 22

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Natürlich wären das jetzt alles keine Ablehnungsgründe von unserer Seite für einen Antrag oder für eine Novelle, für die wir Bundesräte durchaus Sympathie haben, aber dem steht natürlich der Lissabon-Vertrag entgegen, der ja noch immer nicht vom Tisch ist. Es ist zwar die Klage vom Verfassungsgerichtshof abgewiesen worden, aber wir sagen, aus durchsichtigen formalen Gründen. Inhaltlich geprüft wurde es ja nicht.

Unsere Meinung hat sich ja diesbezüglich nicht geändert, dass der Lissabon-Vertrag einer Volksabstimmung hätte unterzogen werden müssen. Daher sehen wir diese Begleit­novelle jetzt so ähnlich wie bei einem schwebenden Gerichtsverfahren. Hier wollen wir nicht eingreifen, indem wir substanziell eine Zustimmung erteilen, auch wenn wir die Tatsache der Möglichkeit einer Gleichstellung von National- und Bundesrat, was Subsidiaritätsrüge und -klage betrifft, durchaus gut finden.

Aber solange das Thema Lissabon nicht geklärt ist – und wir überlegen, das ist ja schon durch die Medien gegangen, eine neuerliche Klage einzubringen –, können wir dem nicht zustimmen. Wenn Sie also so wollen, werden wir diese Gesetzesnovelle wohlwollend ablehnen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

9.16


Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

 


9.16.24

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zum wiederholten Mal, weil ja die Initiative vom Bundesrat ausgegangen ist, setzen wir uns sehr intensiv mit dieser Lissabon-Begleitnovelle auseinander, und das zu Recht.

Es wurde bei der Debatte im Nationalrat, die ich zur Gänze verfolgt habe, mehrmals darauf hingewiesen, dass es sich hier um eine sehr wertvolle Initiative des Bundes­rates handelt und der Nationalrat diese Initiative aufgegriffen hat. Man soll Begriffe wie „Sternstunde“ nicht überstrapazieren, aber in der Geschichte des Bundesrates, der Länderkammer ist das zweifellos eine Sternstunde, weil es sich bei dieser Geset­zesinitiative des Bundesrates meiner persönlichen Meinung nach um eine der wich­tigsten Verfassungsgesetznovellen in der Zweiten Republik handelt, und zwar deshalb, weil 1995 nach dem Beitritt Österreichs und dem Beitrittsvertrag bestimmte Rechte natürlich den nationalen Parlamenten eingeräumt wurden, aber es war damals noch nicht absehbar, dass das in diesem Ausmaß und in dieser Qualität erfolgen würde. Jetzt gibt es laut dieser Novelle, die Bestandteil unserer Verfassung ist, ein Recht der Mitsprache, der Mitgestaltung im europäischen Entwicklungsprozess.

Natürlich gibt es auch andere Instrumente, etwa die durch den Lissabon-Vertrag geschaffene Möglichkeit eines europäischen Volksbegehrens. Es gibt jetzt auch für die nationalen Parlamente das Instrument der Subsidiaritätsrüge und der Subsidia­ritäts­klage, und die zuständigen Organe dieses Hauses haben die Chance ergriffen, sind selbst in Vorlage getreten und haben diesen Gesetzesantrag formuliert. Ich halte das auch für ein Modell, wie man in Zukunft mit wichtigen Fragen in dieser Republik um­gehen kann. Man kann dieses Modell durchaus verwenden, um andere wichtige Fragen für den Nationalrat entsprechend aufzubereiten und diese dann gemeinsam zu beschließen.

Europa ist immer in Bewegung, Europa ist eine ständige Herausforderung, Europa ist immer eine Demokratiewerkstatt, wenn man das so bezeichnen will, und Europa ist immer auf dem Weg. Und dieser Weg geht aus der Sicht Österreichs in eine gute Rich­tung, da wir jetzt als nationales Parlament mehr Rechte erhalten, die wir selbst verlangt haben.

 


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