BundesratStenographisches Protokoll793. Sitzung / Seite 60

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Lassen Sie mich abschließend zitieren. In unserer Bundesverfassung heißt es:

Es „ist Kindern und Jugendlichen die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen, damit sie zu gesunden, selbstbewussten, glücklichen, leistungsorientierten, pflichttreuen, musischen und kreativen Menschen werden, die be­fähigt sind, an den sozialen, religiösen und moralischen Werten orientiert Verantwor­tung für sich selbst, Mitmenschen, Umwelt und nachfolgende Generationen zu über­nehmen.“

Wenn uns das allen wirklich wichtig ist – und mit „wirklich wichtig“ meine ich nicht nur Reden, derer es heute sehr viele zu diesem Thema gibt; das hat mich auch nicht ge­wundert –, also wenn uns das allen wirklich wichtig ist, auch in unseren Taten, dann wird es auch gelingen, Kinder und Jugendliche in Zukunft so gut wie jetzt und noch besser vor all dem Missbrauch zu schützen, das in unserer Welt auf sie zukommt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

12.26


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesrätin Köberl. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.27.08

Bundesrätin Johanna Köberl (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man auf einer Rednerliste ganz hinten steht, dann ist klar, dass schon sehr viel gesagt wurde.

Ich denke aber, dass mit diesen Bestimmungen, die wir heute beschließen, einfach einklagbare Rechte beschlossen werden, und diese Bestimmungen dienen insgesamt dem Schutz und der Förderung der Entwicklung der Kinder. Die Rechte werden auch in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte gestellt.

Mit diesem Bundesverfassungsgesetz werden, wie gesagt, durchsetzbare Rechte ge­schaffen. Es sollten aber auch alle Gesetze auf Bundes- und Landesebene dahin ge­hend überprüft werden. Es geht um einheitliche Jugendschutz- und Kinderschutzbe­stimmungen.

Wie meine Vorrednerin Kollegin Posch-Gruska schon erwähnte, ist im „Standard“ vom 26. Jänner eine Studie, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend herausgegeben wurde, aus dem Jahre 2009 zitiert, wonach Körperstrafen in 70 Prozent der Familien in Österreich üblich sind, die sogenannte „g’sunde Watsch’n“ zum Erziehungsrepertoire der Österreicher gehört und 16 Prozent der Eltern das „Hin­ternversohlen“ mit der Hand für legitim halten. Nur 32 Prozent der Erziehungsberech­tigten wissen, dass Gewalt in der Erziehung verboten ist.

Es geht aber meiner Meinung nach beim Thema „Erziehung“ nicht nur um körperliche Gewalt und um Missbrauch – davon ist in den Medien sehr oft zu lesen, und das hinter­lässt oft auch sichtbare Spuren –, sondern es geht auch um seelische Misshandlungen.

Ich war leicht schockiert, als ich Auszüge aus dem Bestsellerbuch „Die Mutter des Er­folgs“ – so lautet der deutsche Titel – gelesen habe. Das klingt so, als wäre es ein Er­ziehungsratgeber. Der Titel heißt übersetzt „Schlachtgesang der Tigermutter“. Es han­delt sich um ein Buch der US-Chinesin Amy Chua, die binnen Wochen zur Bestseller­autorin wurde. Zu den Erziehungsmethoden der Tigermutter zählen nicht nur Fernseh­verbot oder das Verbot von Computerspielen, sondern auch der Entzug der sozialen Kontakte.

Jede schlechtere Note als ein „Sehr gut“ wird nicht akzeptiert. Aber das ist noch harm­los im Vergleich zu ihren anderen Erziehungsmethoden, die sie dort beschreibt. Das dreijährige Kind hatte etwa die Wahl zwischen Klavierspielen oder bei Minustempera­turen ins Freie zu gehen, oder es wurde angedroht, alle Kuscheltiere zu verbrennen, wenn das Klavierstück nicht perfekt gespielt wird.

 


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