BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 25

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10.05.00

Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Jachs spricht von Gefahren. Kollege Todt fragt: Wie werden wir in 20 Jahren leben? Meine Sorge ist, wie viel Freiheit wir in 20 Jahren haben werden (Bundesrat Todt: Wenn wir regieren, haben wir die Freiheit weiter!), wenn ich an das Forschungsprogramm INDECT denke. INDECT, meine Damen und Herren, ist ein Forschungsprogramm der Europäischen Union und steht für das totale Überwachungssystem. (Bundesrat Kraml: Wovor fürchtest du dich schon wieder?)

Wissenschaftler, Polizeibehörden, Wirtschaftsunternehmen arbeiten seit dem Jahre 2009 unter Hochdruck an einem Überwachungssystem zur Bespitzelung der Bevölke­rung. Automatische Datenscanner untersuchen Internettexte, Meinungsäußerungen, während eine Software in Verbindung (Bundesrat Todt: Das meinst du aber nicht ernst, oder?) – das ist ein Forschungsprogramm der EU! – mit Kameras und Beobach­tungsdrohnen verdächtiges Verhalten im öffentlichen Raum erkennen. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Stadler.) Durch biometrische Daten, Autokennzeichen, GPS-Daten von Mobiltelefonen können Personen erkannt, im Internet wiedergefunden und über Bewegungsprofile verfolgt werden. (Bundesrat Gruber: Das haben wir schon! Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben!)

Zusammen mit der bereits genehmigten Vorratsdatenspeicherung, den Volkszäh­lungen, den biometrischen Personalausweisen und Reisepässen und den Aktivitäten der Grenzschutzorganisation Frontex entsteht die größte Überwachungsoffensive, die es je gegeben hat. (Bundesrat Todt: Frau Bundesministerin Bures ist aber nicht die Frau Innenministerin!) – Das ist ein Forschungsprojekt der EU! (Bundesrat Gruber: Geht es um Forschung? Vielleicht einmal zum Thema! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dieser Forschungsauftrag der Europäischen Union ist mit 15 Millionen € budgetiert. Obwohl die Regierungen derartige Forschungen abstreiten, sind daran folgende Organisationen beteiligt: die Berg- und Hüttenakademie Krakau, die Technische Uni­versität Danzig, die Universität in Madrid, die Technische Universität Sofia, die Bergi­sche Universität Wuppertal, die Universität New York, die Technische Universität Košice, die Technische Universität Ostrava und die Fachhochschule Technikum Wien (Zwischenruf des Bundesrates Mayer) sowie die Firmen InnoTec DATA GmbH & Co. KG und X-ART ProDivison.

Die INDECT-Dateien speichern und analysieren automatisch Texte von Nachrichten­seiten, von Blogs, von Kommentaren, von P2P-Netzwerken, von Sozialnetzen, Foren, Chats und dem Usenet. Dieses Projekt muss als ein Traum der Europäischen Union vom Polizeistaat bezeichnet werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Neuwirth. – Bundesrat Mayer: Das sagt ein Polizist?!) – Ja, leider muss das ein Polizist sagen.

Begriffe wie Unschuldsvermutung und gerichtsfester Beweis werden in Zukunft keine Bedeutung mehr haben. Im Rahmen der „Zeit im Bild“ wurden Kritiker zitiert, die der Meinung waren, die zunehmende Datenspeicherung helfe nicht bei der Verbrechens­bekämpfung, sondern am Ende dieses Forschungsprojektes steht der gläserne Mensch. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Im öffentlichen Raum, also auf der Straße, auf Plätzen, in öffentlichen Gebäuden, Bahnhöfen, Flughäfen nutzt das INDECT-System die Signale aus bereits vorhandenen Überwachungskameras, um automatisch abnormales Verhalten festzustellen. Gleich­zeitig werden kleine, mit Kameras, Mikrofonen und Sensoren ausgestattete Drohnen eingesetzt, um verdächtige Personen zu verfolgen. Durch einen auto­matischen Ab­gleich mit hinterlegten biometrischen Daten wird die Identität der Personen sofort


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