BundesratStenographisches Protokoll798. Sitzung / Seite 94

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Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gruber. Ich erteile es ihm.

 


14.44.57

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Brückl, ich verstehe deine Ängste, aber ich sage halt, zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Vielleicht kann man gleich bei dieser Gelegenheit sagen, es ist fast symbolisch, dass einer jener Auslöser für diese Wahlrechtsreform heute zwar nicht rechtskräftig, aber immerhin zu einem halben Jahr unbedingt verurteilt worden ist und eine Geldstrafe in Höhe von 7 200 € bekommen hat. Dies war einer jener Auslöser, der zu dieser Novelle geführt hat.

Meine Damen und Herren, wenn wir heute das Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 be­schließen, bedeutet das bei Nationalratswahlen, bei Bundespräsidentenwahlen, bei Wahlen zum Europaparlament, bei Volksabstimmungen, bei Volksbegehren, dass es zu folgenden Neuregelungen kommt:

Erstens: Geändert wird die Frist für das Rückeinlangen der Wahlkarten. Zweitens: Auch bei der Beantragung einer Wahlkarte beziehungsweise einer Stimmkarte wird es zu massiven Änderungen kommen. Drittens: Die bisherigen Wahlausschließungs­gründe werden aufgrund eines Erkenntnisses des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte neu definiert. Und viertens kommt es zum Wegfall von Wahlaus­schließungsgründen für Familien und ihre Mitglieder, die ehemals regiert haben.

Meine Damen und Herren, mit der vorliegenden Lösung ist ab jetzt sichergestellt, dass nur Wahlkarten, die am Wahltag um 17 Uhr in Gewahrsam einer Wahlbehörde sind, in die Ergebnisermittlung mit einbezogen werden können. Um aber Härten zu vermeiden, werden bei Postpartnern und Postpartnerstellen hinterlegte Wahlkarten vor der Schließung von diesen zu den Wahlbehörden gebracht. Das heißt, das ist für Wähle­rinnen und Wähler eine zweite Chance, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen.

Aber auch die Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreicher, meine Damen und Herren, sollen durch das frühere Rückeinlagen der Wahlkarten keine Nachteile haben. Da wird durch ein früheres Rollout der Wahlkarten eine Gleichstellung herbeigeführt, damit es zu keiner Schlechterstellung oder Ungleichbehandlung kommt.

Ein wesentlicher Punkt bei diesem Wahlrechtsänderungsgesetz ist, dass man jetzt seine Identität nachweisen muss – egal, ob ich die Wahlkarte beantrage oder ob die Wahlkarte ausgefolgt wird. Das heißt für die Zukunft: Die missbräuchliche Verwendung von Wahlkarten anderer Stimmberechtigter – wie leider in der Vergangenheit passiert – ist damit abgestellt. Außerdem wurde vom Verfassungsgerichtshof klargestellt, dass telefonische Beantragungen von Wahlkarten nicht zulässig sind.

Bei dieser Reform wurden aber auch Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte aufgenommen. Zwei wesentliche Entscheidungen möchte ich hier anführen. Erstens: Personen können nur dann vom Wahlrecht ausgeschlossen wer­den, wenn der Ausschluss durch ein Gericht erfolgt. Dafür gibt es einen Katalog von Straftaten. Und zweitens werden Personen in Hinkunft vom Wahlrecht ausgeschlos­sen, wenn sie wegen einer strafbaren Handlung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind.

Parallel dazu, meine Damen und Herren, werden im Rahmen dieser Reform Wahl­ausschließungsgründe für Mitglieder ehemaliger regierender Häuser aufgehoben. Hintergrund dafür ist ein OSZE-Bericht anlässlich der Bundespräsidentenwahl 2010, dem hier Rechnung getragen wurde. Das heißt im Klartext: Habsburger können in Zukunft bei der Wahl zum Bundespräsidenten kandidieren. Das heißt aber auch, dass


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