BundesratStenographisches Protokoll799. Sitzung / Seite 126

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Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Kickert. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.55.29

Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert (Grüne, Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Schon wieder keine Zustimmung, es tut mir leid. Ich habe mich auch bei der einzigen Wortmeldung, bei der ich zu einem Gesetz Ja sagen kann, aus Zeitgründen wieder streichen lassen. Das heißt, alle meine Reden sind heute ... (Ruf bei der ÖVP: Lieber umgekehrt!) – Lieber umgekehrt? – Das wäre wahrscheinlich zeitmäßig sparsamer gewesen, aber im Sinne dessen, dass man Ablehnungen auch begründen sollte, aufgrund dieser politischen Usance habe ich es umgekehrt gemacht.

Ziel dieses jetzigen Gesetzes ist die Anpassung der Rechtslage an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom September letzten Jahres – die bisherige Regelung war ja eine Mischung aus Anzahl von Mitgliedern und Dauer des Bestehens. Sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte haben erklärt, dass damit nicht ausreichend auf die individuelle Situation von verschiedenen Konfessionen eingegangen wird.

Stattdessen gibt es jetzt ein hoch kompliziertes System – also ich habe es dreimal durchlesen müssen, um es zu verstehen – mit drei verschiedenen Modellen, verschie­denen Klassifizierungen von Religionsgemeinschaften und Bekenntnisgemeinschaften mit unterschiedlichen Rechten. Ich muss sagen, das ist wahrscheinlich nicht wirklich das, was ich unter einer Verbesserung eines Gesetzes verstehe.

Die drei Modelle beruhen einerseits auf dem, wie es bisher war, in einer leichten Abwandlung, also ein 20-jähriges Bestehen allgemein, zehn Jahre davon in organisierter Form und fünf Jahre davon als Bekenntnisgemeinschaft. – Das ist ja noch relativ logisch.

Die Rechtsform der religiösen Bekenntnisgemeinschaft kann aber ersetzt werden, und zwar durch einen Bestand von mehr als 100 Jahren allgemein inklusive einem Bestand von zehn Jahren organisierter Tätigkeit in Österreich – auch das ist noch nach­vollziehbar –, also 100 Jahre weiß Gott wo auf der Welt, davon zumindest zehn Jahre in organisierter Form in Österreich.

Und dann kann aber noch das Kriterium der bisherigen Tätigkeit in Österreich durch einen allgemeinen Bestand von 200 Jahren ersetzt werden.

Angesichts dieser wirklich langen Zeitspannen, von denen im Gesetz die Rede ist – von 100 bis 200 Jahren und darüber hinaus –, ist es doch sehr verwunderlich, dass die Begutachtungsfrist für dieses Gesetz so kurz war, nämlich knapp etwas mehr als drei Wochen, also weit unterhalb der üblichen Norm von sechs Wochen.

Obwohl die Begutachtungsfrist so kurz war, hat es massive Einwendungen und Proteste gegeben. Einige dieser Einwendungen wurden dann auch eingearbeitet, und es gibt in der veränderten Form eine gewisse Bestandsgarantie für bestehende Bekenntnisgemeinschaften, aber es wird neuen Religionsgemeinschaften schwer bis unmöglich gemacht, anerkannt zu werden.

Aus diesen Gründen werden die Grünen gegen diese Gesetzesvorlage stimmen.

15.58


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Grimling zu Wort. – Bitte.

 


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