BundesratStenographisches Protokoll803. Sitzung / Seite 100

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Präsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Brückl. – Bitte.

 


14.29.40

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Tagesord­nungspunkt 5, Änderung des ORF-Gesetzes: Hinter dem, was sich hier so unspektaku­lär liest, steckt in Wirklichkeit ein sehr spektakulärer Inhalt, ein scheinbar kleines Ge­setz mit großen Folgen.

Es geht hier eben um die von den Bürgern so ungeliebten ORF-Pflichtgebühren, denn bislang war es ja so, dass nur derjenige ORF-Gebühren bezahlen musste, der ein ent­sprechendes Gerät besaß, dem es also zumindest theoretisch möglich war, ORF zu empfangen, egal ob er geschaut hat oder nicht. Nun aber wird dazu übergegangen, dass auch derjenige, der über keine Empfangseinrichtung verfügt, der zu Hause über keinen sogenannten DVB-T-Decoder verfügt, Gebühren zahlen muss, auch wenn er nicht einmal theoretisch ORF schauen kann. Nicht nur, dass man damit ja auch die Be­grifflichkeit einer Gebühr ad absurdum führt – denn eine Gebühr setzt eine Gegenleis­tung voraus, und die habe ich da nicht, also müsste man in Wirklichkeit von einer Steu­er sprechen; das wurde ja auch im Ausschuss erwähnt – und man den Begriff also der Wahrheit zuliebe ändern müsste, kann auch die Verfassungsmäßigkeit, so wie sie ja auch im Ausschuss hinterfragt wurde, nicht gewährleistet werden.

Darüber hinaus ist das natürlich auch eine Frage der Mehrkosten, eine Frage der Leist­barkeit für manche Menschen in unserem Land. Nicht für jeden ist die Anschaffung ei­nes solchen Empfangsgerätes, eines Decoders, eine Kleinigkeit. Man sagt zwar, das geht bei 30 € los, aber wir wissen alle, dass 30 € für manche Menschen sehr viel Geld sein kann. Da heißt es zwar, das ist zumutbar, das kann man jemandem zumuten – sicher, uns hier herinnen kann man es zumuten und vielen anderen Österreichern auch –, aber es gibt genügend Menschen, für die eine solche Anschaffung eine finan­zielle Herausforderung darstellt.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an eine Pressekonferenz des EU-Abgeord­neten und Präsidenten der Volkshilfe Dr. Josef Weidenholzer, der vor drei Wochen ge­sagt hat, dass es in Österreich eine Million Menschen gibt, die armutsgefährdet sind, und dass es 237 000 Menschen gibt, die im Winter ihre Wohnungen nicht ausreichend heizen können. Und für die ist diese Anschaffung sehr wohl eine Herausforderung.

Und sogar Klubobmann Karlheinz Kopf hat im Nationalrat zu diesem Punkt Folgendes gesagt:

„Wir reden hier in der Tat von keinen unbeträchtlichen Beträgen, vor allem für Men­schen mit kleinem Einkommen“.

Hohes Haus! Für viele Mitbürger stellt das durchaus eine finanzielle Herausforderung dar, weil sie dieses Geld einfach nicht haben.

Abschließend vielleicht noch ein Punkt zu den ORF-Gebühren, weil ja ORF-Generaldi­rektor Alexander Wrabetz im letzten Jahr, im Oktober 2010, angekündigt hat, dass er Gebührenerhöhungen in den kommenden beiden Jahren, also bis 2013, ausschließe. – Jetzt ist sie da, also nur gut ein Jahr später.

Zu den Pflichtgebühren noch ein Satz: Die Pflichtgebühren des ORF wurden in den letzten 30 Jahren im Schnitt jährlich um 4,1 Prozent erhöht – jährlich im Schnitt, wohl­gemerkt, bitte! Berücksichtigt man jetzt die laufende Inflationsrate, die bei etwa 2,6 Pro­zent liegt, ergibt das immer noch eine Nettoerhöhung der Gebühr von 1,5 Prozent – In­flationsbereinigung, wohlgemerkt!

 


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