BundesratStenographisches Protokoll805. Sitzung / Seite 58

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sich bei Ihnen in der Beziehung auch sehr dafür (neuerlicher Zwischenruf des Bun­desrates Schreuder), dass Sie vor allem das Unrechtsbewusstsein fördern, indem Sie hier dagegen stimmen und nicht der Gerechtigkeit den Vortritt lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Bundesministerin, Sie haben in dieser Novelle dafür gesorgt, dass mit dem Institut des Rechtsschutzbeauftragten im Innenministerium, der weisungsfrei und ungebunden ist, der die volle Dienstleistungsorganisation im Innenministerium zur Verfügung hat, darauf geachtet wird, dass hier in Zukunft kein Missbrauch stattfinden wird. Denken wir nur an die Einführung des Lauschangriffes seinerzeit zurück! Schauen Sie in die Kriminalstatistik hinein: Wie viele Lauschangriffe hat es 2010 gegeben? – Zwei; wenn man alles zusammenzählt, fünf. Auch damals gab es die Diskussion: Lauschangriff, das wird die österreichische Gesellschaft zerreißen, denn jeder Zweite wird Opfer eines Lauschangriffes werden! – Nichts davon, die Realität hat uns eines Besseren belehrt.

Abschließend vielleicht Folgendes, meine Damen und Herren: Wir werden uns ent­scheiden. Wir von der ÖVP werden dieser Novelle natürlich zustimmen, weil es uns wichtig ist, dass wir der Polizei und den Sicherheitsbehörden jene Mittel zur Verfügung stellen, die die Sicherheit in Österreich erhöhen, sodass sich die österreichische Bevölkerung in Zukunft in Sicherheit wiegen kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.53


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


11.53.08

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Kollege, es ist mir ganz neu, dass es jetzt schon Prophezeiungen darüber gibt, welche Reden nachher folgen und welche Inhalte nachher vermittelt werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich darf Ihnen einen Tipp geben: Hören Sie einfach zu! Das ist immer noch das Beste, statt zu raten, was jemand sagen könnte.

Sie haben allerdings – und dafür bin ich Ihnen dankbar – das Beispiel Norwegen genannt. Was ist der Unterschied in der Reaktion der Politik auf die schrecklichen Attentate des Breivik in Norwegen? – Der norwegische Ministerpräsident tritt vor die Presse und sagt: Nein, wir lassen den Terrorismus nicht gewinnen, wir stehen zu Freiheit und Bürgerrechten, denn wenn wir die aushöhlen, dann hat der Terrorismus gewonnen.

Und wie reagiert Österreich? – Es kann nicht genug noch schärfere Maßnahmen geben, die die Bürgerrechte aushöhlen! Das ist das, was wir heute mit dem Sicher­heitspolizeigesetz beschließen, und deswegen lehnen wir es ab. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben vollkommen zu Recht gesagt: Natürlich müssen wir der Polizei technische Mittel zur Verfügung stellen. Das sagen wir ja auch – aber doch nicht ohne richterliche Genehmigung!

Es treten wohl nicht zufällig am 1. April – und das ist leider kein Aprilscherz – dieses Gesetz und die Vorratsdatenspeicherung in Kraft. Am 1. April gibt es einen – der „Falter“ hat das übrigens sehr gut ausgedrückt, im aktuellen „Falter“ wird das von der hervorragenden Journalistin Ingrid Brodnig so genannt – Paradigmenwechsel des liberalen Rechtsstaats. Besser könnte ich es auch nicht ausdrücken, weil das bedeutet, dass die Exekutive Dinge tun darf und die Judikative nichts mehr zu genehmigen hat, weil sie einfach keine Rolle mehr spielt.

 


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