BundesratStenographisches Protokoll807. Sitzung / Seite 51

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Auch wenn es natürlich notwendig ist, sich mit den EU-Staaten abzustimmen und, was die EU-Außenpolitik anbelangt, sich zu koordinieren, so hindert uns niemand daran, abseits des europäischen Mainstreams auch eigene politische Wege zu gehen. – Dan­ke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

11.39


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


11.39.21

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Vieles wurde von den VorrednerInnen schon gesagt, aber eines noch nicht, und ich sage das in Ihrem Namen auch – so unverschämt bin ich –: Einen herzlichen Dank an die VerfasserInnen des sehr übersichtlichen Berichtes. (Bun­desrat Boden: Da hast du wieder nicht aufgepasst! Da hast du wieder geschlafen! – Weitere Zwischenrufe.) Doch? – Verzeihung! Dann nehme ich das zurück. Dann ma­che ich das nur im Namen meiner Partei: Herzlichen Dank für den Bericht!

Was für mich nicht ganz nachvollziehbar ist, ist Folgendes: Dass wir den Bericht von 2010 erst jetzt diskutieren, liegt, nehme ich einmal an, daran, dass er recht lange beim Präsidium gelegen ist, oder auch daran, dass er zu spät zugeschickt worden ist. Auf jeden Fall würde ich mir, würden wir uns wünschen, dass wir den Bericht von 2010 vielleicht spätestens 2011 diskutieren. Dann ist zumindest eine zeitliche Nähe gegeben.

Nichtsdestoweniger zum Inhalt: – Was ich aus diesem Bericht herauslese oder auch an der österreichischen Außenpolitik etwas kritisiere, ist, dass sie zu sehr wirtschaftsorien­tiert ist. Am besten wird das daran deutlich, dass wir zum Beispiel fast nur dort neue Botschaften und Vertretungsbehörden errichten, wo es auch große Projekte abzuwi­ckeln gibt. Zum Beispiel „Nabucco“: In Aserbaidschan haben wir eine Vertretungsbe­hörde errichtet. Die gesamte Außenpolitik ist zu sehr – auch wenn es ein wichtiger Aspekt ist – von Wirtschaftsinteressen dominiert; das ist etwas zu kritisieren.

Ich werde nicht alle Punkte ansprechen können, aber ein zweiter Punkt, den ich her­vorheben möchte, ist folgender. Sehr geehrter Herr Vizekanzler, ich weiß jetzt nicht, ob ich Sie als Vizekanzler ansprechen soll, als Außenminister oder als Parteichef; es ist alles sehr schwierig. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber das Engagement, das Sie bei der Installierung des saudi-arabischen Zentrums in Wien an den Tag gelegt haben, ist wirklich nicht nachvollziehbar!

Unter dem Deckmantel des interreligiösen Dialoges und der Integration kann man an­scheinend wirklich alles, was Gott verboten hat, in Gang setzen. Ich bin nicht gegen den Dialog, ich bin für den Dialog – aber wenn wir den Dialog suchen, dann bitte mit jenen, die in Österreich ansässig sind! Da gibt es die Islamische Glaubensgemein­schaft in Österreich, die von 10 Prozent der in Österreich lebenden Muslime gewählt worden ist. Es gibt die Initiative der liberalen Muslime, die gerade auch für die österrei­chische Integrationspolitik sehr wichtige Beiträge leistet. Es gibt auch eine nicht zu ver­nachlässigende Gruppe von mindestens 50 000 Aleviten/Alevitinnen, die in Österreich leben. All diese Gruppierungen werden kaum oder fast nicht in diesen vermeintlichen Dialog einbezogen.

Warum es aus meiner Sicht noch sehr kritisch zu betrachten ist: Wir wissen, welche Form des Islams aus Saudi-Arabien exportiert wird; ich sage ganz bewusst: „exportiert wird“. Wir wissen aus Ländern, in denen diese Institutionen gegründet werden, welche Probleme es damit gibt. Wir brauchen den Blick nur nach Bosnien-Herzegowina zu richten: Das Erste, was nach dem Krieg gestanden ist, waren die Moscheen, finanziert von den Saudis; und wir wissen, welches Gedankengut dorthin exportiert worden ist und welche Auswirkungen das auf die Gesellschaft hat.

 


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