BundesratStenographisches Protokoll813. Sitzung / Seite 54

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Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Schreuder. – Bitte.

 


11.09.10

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ich bin vorhin, Herr Minister, das muss ich gestehen, bei Ihrer Erklärung kurz hängengeblieben, denn ich habe den Namen des Staatssekretärs bisher immer auf der zweiten Silbe betont, Sie auf der ersten Silbe. Obwohl wir Sie schon jahrelang begleiten, weiß ich jetzt nicht, wie man den Namen richtig ausspricht: Lopatka oder Lopatka? Vielleicht können Sie uns später darüber aufklären. (Heiterkeit bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

Als Grüner stehe ich nicht an, Ihnen viel Erfolg zu wünschen in Ihrem Job. In der Außen- und in der Europapolitik sind Parteigrenzen nicht wirklich interessant. Da geht es darum, wie sich Österreich in der Außenpolitik und Europapolitik positioniert, dies natürlich in demokratischer Auseinandersetzung und auch mit sehr unterschiedlichen Konzepten, die wir entwickeln werden und worüber wir noch genug streiten werden, aber im Prinzip wünsche ich Ihnen alles Gute dabei.

Wenn bei der ÖVP Personalentscheidungen fallen, beobachten wir Grüne das mit großem Interesse, weil wir dann immer fragen, welches System denn gerade angesagt ist: Aus welchem Bundesland muss man kommen und welcher Teilorganisation muss man angehöhren? – Ich muss ehrlich gestehen: Mir ist es relativ wurscht, dass Sie Steirer sind. Ich verstehe auch die einschlägigen Ausführungen nicht. Mir geht es nur um die Qualifikation, und diesbezüglich werden wir Sie genau beobachten. Wir geben Ihnen jetzt die besten Glückwünsche mit auf den Weg, aber wir werden Sie natürlich kritisch begleiten, wie wir das bekannterweise immer tun.

Wenn der Betreffende schon für Sport zuständig war und für Finanzen und jetzt für Europa- und Außenpolitik zuständig ist, auch schon mal für die Partei zuständig war und in diesem Zusammenhang angeblich auch Dirty Campaigning bei den Republi­kanern kennengelernt hat, schauen wir uns das natürlich an. Die Europapolitik ist aber derzeit, wie gesagt, einfach zu wichtig, als dass wir jetzt ausschließlich innen­politisches Kleingeld wechseln wollten. Gleichzeitig ist genau das auch das Problem der Europapolitik, wie wir alle wissen. Europapolitik wird derzeit viel zu wenig im Europa­parlament und viel zu sehr von nationalen Regierungen gemacht, die sich allerdings keiner europäischen Öffentlichkeit stellen müssen, sondern immer nur der jeweiligen innenpolitischen Öffentlichkeit, und immer nur bis zu den nächsten Wahlen denken.

Herr Kollege Kneifel hat davon gesprochen, dass wir über die Organisationsstruktur der Europäischen Union nachdenken müssen. Sie haben allerdings auch gesagt – und das hat mich sehr irritiert –, dass wir eine starke Führungsstruktur brauchen, ohne zu erklären, was Sie damit meinen. (Bundesrat Kneifel: Europa braucht ein Gesicht, ja!) Wenn ich starke Führung höre, befürchte ich immer eine Entdemokratisierung, das sage ich ganz ehrlich. Da sind wir natürlich ganz anderer Meinung. Wir sind der Meinung, dass Europa viel mehr Demokratie braucht und nicht mehr ausschließlich von nationalen Regierungen geführt werden soll.

Europa steht derzeit – das haben wir alle in den letzten Jahren bemerkt – tatsächlich an einem Scheideweg. Wir werden uns entscheiden müssen und wir werden auch öffentlich diskutieren müssen, wohin die Reise geht. Propheten und Prophetinnen haben wir derzeit viele. Die einen sprechen davon, dass Europa schon morgen zerfal­len sein wird, andere sprechen davon, dass wir jetzt die Vereinigten Staaten von Europa brauchen. Das sind sozusagen die zwei (Ruf bei der ÖVP: Pole!) – danke, jetzt ist mir das Wort nicht eingefallen – Pole, zwischen denen wir uns bewegen und über die wir diskutieren.

 


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