BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 65

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len. Ich sage deswegen „dreieinhalb“, weil wir einen Kritikpunkt noch im Ausschuss dis­kutiert haben, nämlich dass der Straßenbau der Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit und der Eisenbahnbau der Landesgerichtsbarkeit untersteht. Darüber haben wir im Aus­schuss diskutiert, und da hat mich ein Mitarbeiter des Ministeriums darauf hinge­wiesen, dass da ein Missverständnis vorliegen kann. Ich habe es bis zur heutigen Sit­zung nicht geschafft, das jetzt juristisch zu prüfen. Deswegen lasse ich dieses Kapitel sozusagen aus. Wir lehnen diese Vorlage aber trotzdem ab, nämlich noch aus drei anderen Gründen.

Erstens: Der Rechtsschutz wird aus unserer Sicht bei dieser Novelle völlig durchlö­chert. Zum Beispiel gibt es keine aufschiebende Wirkung mehr bei Beschwerden. Das halten wir für in höchstem Maße bedenklich.

Was heißt das? – Das heißt, selbst wenn ein Gericht einen Baustopp verfügt, darf ein Jahr weitergebaut werden. Ich meine jetzt nicht die Sicherung der Baustelle, das wäre ja nachvollziehbar. Wenn ein Gericht sagt: Baustopp, jetzt muss einmal das Gerichts­verfahren durchgehen!, dann wäre nachvollziehbar, dass mit baulichen Maßnahmen die Baustelle gesichert wird, bis weitergebaut werden darf. Nein, nein! Es darf ein Jahr einfach weitergebaut werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Ein Jahr darf wei­tergebaut werden!

Das widerspricht allerdings der Aarhus-Konvention und widerspricht auch EU-Richtli­nien, und ich finde es in höchstem Maße nicht nachvollziehbar, dass Österreich hier in­ternationale Abkommen einfach bricht.

Der zweite Kritikpunkt ist das sogenannte Neuerungsverbot, für mich auch völlig un­nachvollziehbar. Wenn ein Anrainer ein Verfahren anstrengt und von der ersten Instanz zur zweiten Instanz geht, dann darf er in der zweiten Instanz keine neuen Argumente mehr vorlegen! Das verbietet das Gesetz. Er darf nur dieselben Gründe angeben wie in der ersten Instanz. Wenn sich weitere Gründe ergeben – es vergeht ja auch Zeit –, dann darf er oder sie diese nicht vorbringen. Das ist in keinster Weise nachvollziehbar.

Und unser dritter Kritikpunkt ist ein demokratiepolitischer: Es ist ein höchst komplexes Gesetz, es betrifft insgesamt, ich glaube, zwölf Gesetze – ich habe es jetzt nicht mehr gezählt, aber zirka zwölf Gesetze sind es –, und es gab für dieses Gesetz genau zwei Wochen Begutachtungsfrist, obwohl Zeit genug war. Wenn selbst das Bundeskanzler­amt sagt, dass sie es nicht im vollen Umfang prüfen und begutachten konnten, weil die Frist nicht reichte, dann hätte man sich mehr Zeit gönnen müssen für so ein kom­plexes Gesetz. Auch deshalb lehnen wir es ab. – Danke schön. (Beifall des Bundesra­tes Dönmez.)

11.52


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Lampel. – Bitte.

 


11.52.37

Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Auf­grund der vorher erwähnten Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 wird die Einfüh­rung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit ab 1. Jänner des kommenden Jah­res verfassungsrechtlich verankert. Das hat natürlich zur Folge, dass Anpassungen in den einfachen Materiengesetzen innerhalb der verschiedensten Ressorts erforderlich sind. Durch die eingangs genannte Novelle schaffen wir, das ist meine Meinung, durch­wegs eine Verwaltungsvereinfachung, eine Verfahrensbeschleunigung und meiner Mei­nung nach auch mehr Rechtssicherheit.

Um diese aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 erforderlichen An­passungen auch im Verkehrsressort durchführen zu können, debattieren wir heute das


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