BundesratStenographisches Protokoll822. Sitzung / Seite 72

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bracht wird – oder sehr wenig –, dann stellt sich die Kapitalgesellschaft in Summe in Frage.

Die Haftung mittels Eigenkapital ist wesentlich, weil man für getätigte Entscheidungen mithaftet, für das eingegangene Risiko geradesteht und Mitverantwortung übernimmt. Wer eigenes Geld in ein Unternehmen steckt, der verhält sich in der Regel verant­wortlicher als jemand, der mit fremdem Geld arbeitet. Das gilt natürlich auch besonders für den Bankenbereich, wo es, wie ich schon erwähnt habe, sinnvoll wäre, das Eigenkapital auf 20 Prozent der Bilanzsumme in die Höhe zu bringen, damit nicht mehr so riskante Kredite vergeben werden und sich auch die Spekulationen aufhören.

Für Regierungsmitglieder gilt dasselbe: Wenn eine Mithaftung vorhanden wäre, dann würde man mit dem Geld der Steuerzahler etwas anders umgehen. Wer mit eigenem Geld selbst mithaftet, geht sorgfältiger mit fremdem Geld um als jemand, der für getätigte Entscheidungen keine Haftungen, keinen Selbstbehalt trägt.

Eine Absenkung des GmbH-Mindeststammkapitals von 35 000 auf 10 000 € ist ohne späteren verpflichtenden Aufbau von Mindesteigenkapital abzulehnen. Stammkapital bietet auch Schutz für Lieferanten. 1-€-GmbHs sind aus diesem Grund sowieso abzulehnen.

In Österreich dominiert komplett die Fremdkapitalfinanzierung über Banken. Wir haben viel zu viele Kredite, viel zu wenig Eigenkapital. Wir brauchen eine Entwicklung hin zur Finanzierung der Unternehmen via Eigenkapital und weniger über Fremdkapital und Schulden, das heißt eine Finanzierung aus dem eigenen Cashflow. Auf den Staat übertragen, hieße das auch: eine Finanzierung aus den Steuereinnahmen und ohne zusätzliche Kreditaufnahmen. Gesellschaften sollten ihre Investments überhaupt nur mit maximal 50 Prozent fremdfinanzieren dürfen.

Wir sind also für Mindest-Eigenkapitalanforderungen für GmbHs.

Gesundes, nachhaltiges Unternehmenswachstum entsteht parallel zur Zunahme des Eigenkapitals. Ungesundes, zu schnelles Wachstum über Fremdkapital ist möglich, birgt aber bei Konjunkturrückgängen das Risiko in sich, dass die Zinslast nicht mehr bedient werden kann und aufgrund dessen das ganze Unternehmen in seiner Existenz gefährdet ist.

Unser gesamtes System, bis hin zu den Banken, krankt daran, dass wir viel zu viel Fremdkapital haben, zu viele Schulden einsetzen, zu wenig Eigenkapital haben. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Wir unterstützen jede Entscheidung, die Eigenkapital stärkt und Fremdkapital reduziert. Aber eine Stammkapitalabsenkung einer GmbH ohne späteren verpflichtenden Aufbau eines Mindesteigenkapitals können wir leider nicht unterstützen. – Danke. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab. – Heiterkeit bei der ÖVP.)

12.43


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Kneifel. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.43.48

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, man lernt nie aus im Gesellschaftsrecht, im Handelsrecht, wenn man sich das anhört. Es werden immer wieder neue Horizonte und Perspektiven eröffnet. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Man fährt, glaube ich, am besten damit, dass man sich seine eigene Meinung darüber bildet.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir leben in einer Zeit, in der wir merken, dass die Wirtschaft ins Stottern gerät, dass die Betriebsgründungen, die Firmengrün-


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