BundesratStenographisches Protokoll829. Sitzung / Seite 47

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

11.19.12

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Bundesminister! Österreich mangelt es an Nachwuchs. Unsere Gesellschaft ist überaltert. Wirtschaftskrisen und steigende Arbeitslosigkeit verstärken den Trend zu weniger Kindern. Unsere Geburtenrate liegt nur noch bei 1,4 Kindern pro Frau. Österreich entwickelt sich immer mehr zum Altersheim Europas.

Um die Bevölkerungszahl ohne Zuwanderung konstant zu halten, wäre eine Gebur­tenrate von 2,1 Kindern pro Frau notwendig. Eine alternde Bevölkerung mit zu geringer Geburtenrate und zu wenigen Kindern hat auch negative demographische Effekte auf das Wirtschaftswachstum und auf eine nachhaltige Pensionsfinanzierung. Eine sinkende Bevölkerungszahl führt zu Nachfragerückgängen und stagnierendem Wirt­schaftswachstum. Wenn wir Wirtschaftswachstum wollen, müssen wir unsere Gebur­ten­rate wieder erhöhen.

Im Sinne einer zukunftsorientierten Investitionspolitik, welche reale volkswirtschaftliche Werte schafft, sind Investitionen in Familie, in Kinder, in Frauenpolitik ganz klar Priorität Nummer eins von Team Stronach. Die Familie ist die kleinste wirtschaftliche Einheit unserer Volkswirtschaft. Jede Familie ist ein kleiner Familienbetrieb. Die privaten Haushalte machen durch ihre Konsumausgaben zwei Drittel unseres Bruttoinlands­produkts aus. (Bundesrat Schreuder: Familie ist aber schon ein bisschen mehr als Wirtschaft, oder?)

Vergessen wir nicht, 80 Prozent der unbezahlten Familienarbeit wird von Frauen erledigt. Unsere Mütter leisten in der Kinderbetreuung und Kindererziehung enormen volkswirtschaftlichen Nutzen und verrichten wesentliche Haushalts- und Familienmana­ge­mentaufgaben. Diese Leistung muss von unserer Volkswirtschaft auch ökonomisch entlohnt werden. Der Wert der unentgeltlichen Leistungen, der Frauenarbeit in öster­reichischen Familien beträgt pro Jahr 50 Milliarden €, berechnet nach Mindestlohn­tarifen.

Die gesellschaftliche Wertschätzung von Kinderbetreuungstätigkeit durch nicht-berufs­tätige Mütter ist enorm wichtig. Die Diskriminierung privater Kindereigenbetreuung durch die eigene Mutter gegenüber externer öffentlicher Kinderfremdbetreuung muss beendet werden. Dieser aktuelle Trend zur Auslagerung der eigenen Kinder ist kinderfeindlich. Kein Pädagoge kann ein Mutterherz aufwiegen, und schon gar nicht in den ersten drei Lebensjahren. (Zwischenruf des Bundesrates Füller.)

Es ist unverständlich, dass eine Frau, die das Nachbarkind betreut, zur Tagesmutter mit echter Arbeit wird, wenn sie aber ihr eigenes Kind betreut, gilt sie bei uns in Österreich in der Regel nur als Mutter ohne echte Arbeit oder sogar als arbeitslose Mutter. Das ist wirklich pervers.

Ich möchte hier ganz deutlich und klar aussprechen: Kinderbetreuung ist Arbeit und gewaltige Leistung im Interesse des Staates! Kinderbetreuung ist ein 24-Stunden-Fulltime-Job. Kinderbetreuung ist die wertvollste Arbeit überhaupt, und jeder sollte das anerkennen und wertschätzen – und auch finanziell wertschätzen. Nicht-berufstätige Mütter sollten im Falle von Kinderselbstbetreuung als Abgeltung dafür, dass keine Förderung für öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen wie Kinderkrippen oder für Tagesmütter in Anspruch genommen wird, diesen Förderanteil als Kinderselbstbetreu­ungsgeld erhalten (Bundesrätin Kurz: Geh bitte! Schrecklich!); zirka 200 € pro Monat wären hier angemessen. Nach Schätzungen des Wifo betragen die direkten Kinder­kosten pro Monat und Kind zirka 500 €. Auch ein Muttergehalt für nicht-berufstätige Mütter in Höhe der Mindestsicherung wäre zu überlegen. (Bundesrätin Kurz: Die Zeiten sind vorbei, guter Mann!)

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite