BundesratStenographisches Protokoll829. Sitzung / Seite 90

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14.06.40

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Wir haben uns ja schon vorhin über historische österreichische Beiträge zum Eurovision Song Contest unterhalten. Zu diesem Akt fällt mir 1992 ein: Tony Wegas, „Zusammen Geh’n“. Ich glaube, das war der 10. Platz.

Auch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union wollen ja im Justizbereich und im innenpolitischen Bereich ein Stück „Zusammen Geh’n“. Die Einzigen, die nicht mitgehen, sind die Freiheitlichen. Das gilt halt für alle rechtspopulistischen und nationalistischen Parteien in Europa. Sie wollen nicht „Zusammen Geh’n“, sie gehen irgendwelche eigenen Wege, von denen ich vermute, dass sie nur in den Abgrund führen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist ein Wunschdenken!) – Da bin ich mir aber ganz sicher, Nationalismus hat immer nur in den Abgrund geführt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei.

Was ich auch nicht verstehe – an die Freiheitliche Partei gerichtet –, ist, warum man Berichte ablehnt, weil man deren Inhalt ablehnt. Ich bekomme auch oft Berichte. Ich kann die Inhalte als falsch empfinden, ich kann sie politisch falsch finden, aber ich bekomme den Bericht. (Bundesrat Brückl: Wir nehmen ihn nicht zur Kenntnis!) Würde ich den Bericht nicht bekommen, könnte ich ja nicht beurteilen, ob ich ihn falsch finde. Daher lehnen wir Berichte nur dann ab, wenn wir die Informationen, die wir aus einem Bericht haben wollen, nicht bekommen. Ich verstehe nicht, wie man einen Bericht ablehnen kann, aber das haben wir ja schon öfter diskutiert. Ich verstehe es jedenfalls nicht. (Bundesrat Krusche: Macht ja nichts! Du musst ja nicht alles verstehen!) – Ich glaube, ich verstehe schon, worum es euch geht: Es steht „EU“ drauf, und deswegen lehnt man es automatisch ab. Punkt. – So sehe ich das.

Aber gehen wir zurück zur gemeinsamen Justizpolitik, die innerhalb der Europäischen Union geplant ist. Da kann man auch wieder einen Bogen zum letzten Tagesord­nungspunkt spannen, und zwar, wenn es um den Europäischen Staatsanwalt geht, der nämlich – Rufzeichen, Doppelpunkt, Rufzeichen – weisungsfrei sein wird. Auch das sei noch angemerkt.

Da ja schon vieles gesagt worden ist, möchte ich mich relativ kurz fassen, aber noch auf den Bereich Eurojust eingehen. Seit dem Vertrag von Lissabon hat sich die euro­päische Innen- und Justizpolitik ja doch dramatisch geändert, indem nicht mehr ein Land blockieren kann, sondern das Mehrheitsprinzip gültig ist. Das gibt natürlich einem derartigen thematischen Feld auch einen Auftrieb. In der Frage von Eurojust sehen wir ein Problem: Die neuen Regelungen basieren nämlich auf der Tatsache, dass man im Prinzip davon ausgeht, dass es in allen Mitgliedstaaten ein ähnliches oder gleiches Rechtswesen gibt. Wenn man genauer hinschaut, gibt es das aber eben nicht.

Als Beispiel sei der europäische Haftbefehl genannt, der in den Mitgliedstaaten total unterschiedlich gehandhabt wird. In Deutschland oder in Österreich wurde er in der Praxis nur in sehr enge Grenzen, in Polen hingegen bereits tausendfach angewendet, auch für ganz kleine Delikte. Daher kann man nicht davon ausgehen, dass die Rechts­perspektiven in allen Mitgliedstaaten gleich sind.

Der Ausbau der Verfahrensrechte ist aus unserer Sicht grundsätzlich zu begrüßen. Inhaltlich sehen die Richtlinien ein Schutzniveau vor, auch das ist zu begrüßen. Die tatsächliche Anhebung des europäischen Rechtsschutzniveaus im Strafvollzug kann aber immer nur innerstaatlich umgesetzt werden, aber da unterscheiden sich die Vollzugspraxen innerhalb der europäischen Mitgliedstaaten so stark voneinander, dass aus unserer Sicht auch da noch dringend Schritte notwendig wären. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

14.11

 


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