BundesratStenographisches Protokoll829. Sitzung / Seite 91

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Präsident Michael Lampel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter. Ich erteile es ihm.

 


14.11.14

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Liebe jugendliche Gäste! Gestatten Sie mir nur eine ganz kurze Bemerkung zu dem, was zuletzt diskutiert wurde: Ich sage Ihnen ganz offen, auch dieses jetzt vorliegende Legislativ- und Arbeitsprogramm enthält keine besonderen Aufreger. Es gibt derzeit nichts, was wir akut umsetzen müssten, und es ist nichts enthalten, was von österreichischer Seite einen besonderen Hand­lungsbedarf auslösen würde.

Alles, was hier gesagt wurde, war für mich durchaus wichtig und anregend. Gestatten Sie mir nur eine ganz kurze Bemerkung, denn es war und ist ja auch für mich eine durchaus neue Erfahrung, wie Rechtsetzung auf europäischer Ebene erfolgt und inwieweit die österreichische Legislative dadurch natürlich auch geprägt wird. Wir sind Mitglied der Europäischen Union, wir haben daher einen guten Teil der Regelungen der Europäischen Union auch umzusetzen und nur noch einen gewissen Spielraum für innerstaatliche Freiräume. Das ist im Rahmen der Europäischen Union so angelegt und das ist auch gut so, denn es soll auch juristisch zusammenwachsen, was zusam­mengehört.

Es gibt nur einen Punkt, auf den ich aufmerksam machen möchte, und das entspricht meiner persönlichen Erfahrung bei den Justizministerräten, die ich in der Zwischenzeit hinter mich gebracht habe. – Herr Bundesrat Brückl, nebenbei möchte ich noch bemerken, dass mir das freie Mandat heilig ist und ich überhaupt keine Ahnung habe, in welcher Form Sie mir als Bundesminister dienstrechtlich unterstellt sein könnten. Ich kann Ihnen jedoch versprechen, ich gebe Ihnen sicher nie eine Weisung. Das ist ein­mal klar.

Ein Punkt Ihrer sehr sachlichen Ausführungen hat mich jedoch dazu veranlasst, auf etwas hinzuweisen, was mir vorher auch nicht so bekannt war: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich mit guten legistischen Konzepten, mit guten Ideen auf EU-Ebene sogar durchsetzen kann. Dieses Europa ist ein Europa des Wettbewerbs und der Ideen und der Chancen. Wir haben die Chance, uns mit guten legistischen Konzepten auch auf europäischer Ebene durchzusetzen, mit unseren Regelungen auch auf europäischer Ebene durchzudringen.

Ein konkretes Beispiel – und darüber habe ich mich wirklich sehr gefreut und zuerst gewundert – ist die Richtlinie zum Opferschutz, die jetzt geplant ist. Wenn Sie diese durchlesen, dann werden Sie feststellen, dass hier unser Gesetz abgekupfert wurde. Das ist ja nur legitim. Das ist ja genau das, was wir innerstaatlich haben. Auch im Bereich des Jugendstrafrechts werden Sie feststellen, dass aus unserem Recht Anleihen genommen werden.

Und das ist das, was ich meine: Wir sollten nicht immer nur aus einer Abwehrhaltung heraus sagen, dass da etwas Böses aus Brüssel kommt – weil EU draufsteht, daher Abwehrhaltung. – Das wollen wir nicht! Warum nehmen wir nicht die Chance wahr – und sie ist real, das möchte ich vor allem der Jugend sagen – und versuchen, mit unseren Argumenten, mit unseren legistischen Konzepten auf europäischer Ebene Erfolg zu haben? Es geht! Nur setzt es halt voraus, dass man wirklich konstruktiv in die Diskussionen hineingeht und sich nicht immer von vornherein in einer Abwehrhaltung befindet. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) Ich glaube, das funktioniert!

Sie können sicher sein, wir haben den Ehrgeiz entwickelt, genau das möglichst oft zu schaffen, und zwar im Sinne eines besseren Europa – und das braucht auch ein


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