Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Natur- und Kulturlandschaften können nur erhalten werden, wenn es noch genügend Menschen in den Tälern gibt. Ohne Arbeitsplätze werden die Wälder bis an die Wohnsiedlungen heranwachsen. Die Vergabe von Wohnbauförderungsmitteln muss gezielt für von Abwanderung bedrohte Gebiete erfolgen.
Die sicher wichtigen Einrichtungen, Vereine im Sport- und Kulturbereich, auch die religiösen Einrichtungen müssen für Frauen noch mehr geöffnet werden. Ein funktionierendes Vereinswesen hilft gegen Abwanderung, reicht jedoch nicht aus, um die Abwanderung zu stoppen.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ob der ländliche Raum eine Zukunft hat, ich meine damit, ob dieser Raum auch bewohnt ist, hängt von vielen Faktoren ab. Dass sich die Menschen dort wohlfühlen, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen. Zum Wohlfühlen gehören die Chance auf Ausbildung, auf einen gut bezahlten Arbeitsplatz, eine soziale Absicherung, leistbares Wohnen, das Gefühl der Sicherheit, eine solide medizinische Versorgung und uneingeschränkte Mobilität.
Wenn wir den Menschen im ländlichen Raum diese Unterstützung nicht geben, werden wir die Abwanderung nicht stoppen können.
Ich bin nicht überzeugt davon, dass die bereits genannten Zentralisten im Bund, in den Ländern, in den größeren Städten und Gemeinden bereit sind, Arbeitsplätze und Geld und damit Macht an die Gemeinden des ländlichen Raumes abzutreten. Leider ist diese Entwicklung über alle Parteigrenzen hinweg festzustellen, auch bei den Verwaltungsreformen. Jeder will eine Verwaltungsreform, jeder weiß, wie man es machen könnte, jeder weiß, bei wem man sparen könnte, jedoch ist niemand bereit, Macht, Geld und Einfluss vom eigenen Land, von der eigenen Gemeinde, von den eigenen Interessen und von der eigenen Partei abzutreten.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich vermute, dass der Kantönligeist auch in Zukunft den ländlichen Raum begleiten wird. Ich würde mich freuen, wenn ich damit nicht recht hätte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
10.41
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dörfler. – Bitte.
10.41
Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Vorredner haben eigentlich im Grunde die Sorge, die auch ich und wohl wir alle in diesem Haus teilen, dass es eine weltweite Globalisierung, aber letztendlich auch eine nationale, eine österreichische Globalisierung gibt, die gemäß Fakten, Zahlen, Daten und auch nach den Aussagen meiner Vorredner im ländlichen Raum spürbar ist. Wir haben die große Sorge, dass Österreich auseinanderdriftet. Es gibt Zentralräume, die es ja auch nicht leicht haben. Der ländliche Raum ist aber tatsächlich in einer Situation, in der es ein Vielfaches an Maßnahmen geben wird müssen, wenn wir Österreich so bunt erhalten wollen, wie es ganz besonders auch der ländliche Raum garantiert.
Ich habe einige Zahlen aus dem Agrarstrukturbericht 2013 der Kärntner Landwirtschaftskammer hergenommen, um zu hinterfragen: Wie hat sich die Landwirtschaft in Kärnten – und das wird wohl in ganz Österreich ähnlich sein – entwickelt?
Seit dem EU-Beitritt 1995 gibt es in Kärnten einen Betriebsrückgang von insgesamt 21 Prozent. Die Zahl der Haupterwerbsbetriebe hat sich um 34 Prozent auf 4 595 reduziert, jene der nebenerwerbsbäuerlichen Betriebe um 24 Prozent auf 11 443. Von 1970, da hatten wir in Kärnten 31 332 landwirtschaftliche Betriebe, bis 2013 ist die Zahl um 13 866 auf 17 466 gesunken. Das ist ein Minus von 44 Prozent. – Auch diese Entwicklung wird wohl in Gesamtösterreich ähnlich sein.
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