BundesratStenographisches Protokoll838. Sitzung / Seite 78

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12.59.14

Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (Grüne, Tirol): Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Sehr geehrte Zuseher hier und zu Hause! Ich möchte gern nahtlos an meinen grünen Kollegin Marco Schreuder anknüpfen und sagen, auch ich freue mich wirk­lich sehr, denn der hier heute vorliegende Gesetzentwurf ist ein sehr wichtiger Schritt – weg von der Diskriminierung und hin zur Gleichstellung! Es ist ein sehr wichtiger Schritt für unsere Gesellschaft, dass homosexuelle Frauen nicht nur ganz gleichberechtigt Steu­ern zahlen dürfen, sondern auch ganz gleichberechtigt wie alle heterosexuellen Frauen in Österreich dieselben Angebote legal in Anspruch nehmen dürfen.

Ich möchte noch auf ein paar Meldungen von vorhin eingehen. Liebe Frau Kollegin Mühlwerth, die Grünen wollen die Familie nicht abschaffen, wie das immer wieder gern propagiert wird. Wir wollen, dass es eine Gleichstellung und eine Gleichwertigkeit für alle Familienformen gibt, die es in Österreich gibt. Das ist die klassische Vater-Mutter-Kind-Familie – zu der ich ja selbst gehöre, die will ich natürlich nicht abschaffen –, das sind AlleinerzieherInnen, das sind Patchwork-Familien und das sind eben auch Fami­lien mit gleichgeschlechtlichen Elternteilen. Für uns, für die Grünen ist eine Familie ein­fach die Gemeinschaft, in der Kinder und Eltern glücklich sind. So einfach ist das, mehr wollen wir nicht. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Das Zweite: Es sind auch die Vorredner schon darauf eingegangen; ich möchte noch ein bisschen präzisieren und wirklich auch für die ZuseherInnen zu Hause noch einmal konkretisieren, was mit Präimplantationsdiagnostik genau gemeint ist. Die Präimplanta­tionsdiagnostik ist wirklich nur im Ausnahmefall zulässig, und es ist immer eine Einzel­fallbeurteilung.

Präimplantationsdiagnostik wird durchgeführt im Vier- bis Zehnzellstadium, also wirk­lich in einem ganz, ganz frühen Beginn nach Zusammenführung von Eizelle und Sa­menzelle. Sie ist nur zulässig, wenn vorher drei oder mehr Übertragungen nicht funktio­niert haben, wenn es vorher zumindest – das hat der Kollege vorhin auch schon ange­sprochen – drei ärztlich nachgewiesene Fehl- oder Totgeburten gegeben hat – da muss also wirklich schon sehr, sehr viel passiert sein – und wenn aufgrund der genetischen Disposition von zumindest einem Elternteil die ernste Gefahr besteht, dass es zu einer Fehl- oder Totgeburt beziehungsweise zu einer Erbkrankheit des Kindes kommt. Das ist auch schon angesprochen worden.

Eine Erbkrankheit wird im § 2 dieses Fortpflanzungsmedizingesetzes so definiert: Un­ter Erbkrankheit wird verstanden, dass das Kind „während der Schwangerschaft oder nach der Geburt ... nur durch den ständigen Einsatz moderner Medizintechnik“ oder den fortdauernden Einsatz anderer medizinscher und pflegerischer Hilfe am Leben er­halten werden kann, wenn „schwerste Hirnschädigungen“ zu erwarten sind oder wenn das Kind auf Dauer unter „nicht wirksam behandelbaren schwersten Schmerzen“ leidet.

Wir reden da also nicht von irgendwelchen kleinen Fuzi-Krankheiten, sondern wir re­den wirklich von schwersten Erkrankungen.

Gut, ich möchte jetzt aber – das hat der Kollege schon angekündigt – auf eine weitere sehr große Gruppe in der österreichischen Gesellschaft eingehen, die noch von der Mög­lichkeit zur künstlichen Befruchtung ausgenommen ist, und möchte da auch gleich an Sie, verehrte Frau Ministerin, meinen Appell richten. Ich möchte hier für die alleinste­henden Frauen mit Kinderwunsch sprechen. Trotz des Antrages von uns Grünen im Nationalratsausschuss kommen alleinstehende Frauen nämlich noch nicht in diesem Gesetzesantrag vor.

Hier im Bundesrat sind über 70 Prozent der Abgeordneten Männer, und Männer kön­nen sich bekanntlich bis ins hohe Alter uneingeschränkt fortpflanzen. Daher möchte ich jetzt die Situation von Frauen ein bisschen ausführlicher beschreiben, damit meine Ar­gumentation hier auch nachvollziehbar ist.

 


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