Ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass ich nicht eine Kategorisierung sehe von denen, die für das Gesetz stimmen, und denen, die gegen das Gesetz stimmen, dass man hier das Recht hat, zu sagen, dass die einen die Guten und die anderen die Schlechten sind und dass die einen moralisch und die anderen unmoralisch sind.
Wir werden lernen müssen, dass wir in einer Gesellschaft leben – wahrscheinlich war es immer schon so, aber es wird eben jetzt immer deutlicher –, wo es unterschiedliche ethische und moralische Vorstellungen gibt, wo es den Wahnsinn gibt, den wir erleben rund um unterschiedliche Terrororganisationen, wo Kriege geführt werden aus pseudomoralischen Gründen und wo auch Götter zitiert werden oder wo aufgrund von religiösen Motiven brutalste Vorgangsweisen Realität sind. Also ich glaube, dass wir lernen müssen, in einer Welt zu leben mit unterschiedlichen ethischen und moralischen Vorstellungen. Es müssen auch unterschiedliche ethische und moralische Vorstellungen nebeneinander gelebt werden können.
Wir als Gesetzgeber überlassen es mit diesem Gesetzesbeschluss, wenn er heute so die Mehrheit findet, aus meiner Sicht jeder Familie, jedem Menschen, weiterhin auch nach seinen eigenen ethischen und moralischen Vorstellungen zu leben. Das ist eine Kernaufgabe eines Gesetzgebers. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
13.12
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ministerin Heinisch-Hosek. – Bitte.
13.13
Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek: Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Liebe Sabine Oberhauser, ich vertrete dich heute hier sehr, sehr gerne. Eine gewisse Symbolhaftigkeit hat es auch, weil ich als Frauenministerin hier stehen darf und ich gleich auf die Mehrdimensionalität der heutigen Debatte eingehen möchte. (Vizepräsident Himmer übernimmt wieder den Vorsitz.)
Aber zunächst einmal ein kurzer Rückblick. Wenn Sie sich gemeinsam mit mir erinnern, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen: der lange Weg, bis wir das Gesetz zur eingetragenen Partner-/Partnerinnenschaft gehabt haben, die vielen Verhandlungen. Heute stehen wir – und die Reparatur ist bis 31. Dezember zu tun – auch vor der Debatte um ein Adoptionsrecht homosexueller, gleichgeschlechtlicher Paare.
Das heißt, Schritt für Schritt nähern wir uns einer, würde ich sagen, Lebensrealität im 21. Jahrhundert an. Die Aussage vieler Rednerinnen und Redner heute ist auch gewesen, dass das 21. Jahrhundert verschiedenste Lebens- und Familienformen hat, in denen wir uns auch selbst wiederfinden. Stellen Sie sich vor, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – oder vielleicht ist es auch in realiter so –, dass Söhne von Ihnen vielleicht schwul sind oder Töchter von Ihnen vielleicht lesbisch sind und diese dann auch einen Kinderwunsch äußern. Das kann uns ja im täglichen Leben, in unserer eigenen Geschichte, in der eigenen Familie passieren, das ist so. Statistisch gesehen müssten hier auch Menschen sein, deren Kinder vielleicht gleichgeschlechtlich lieben und leben möchten, auch eine Familie haben möchten und einen Kinderwunsch haben. Ich denke also, wir sollten uns hier doch nicht einer Realität verwehren, die gelebt wird.
Weil heute auch gesagt wurde, Familie ist ein Ort, wo Kinder geliebt werden sollen – das wurde auch von einer der Vorrednerinnen, von Bundesrätin Ana Blatnik gesagt –: Es ist nicht sicher, dass in heterosexuellen Familien Kinder immer so geliebt werden, wie es der Fall sein sollte. Ich denke da an Gewalterfahrungen, Missbrauchserfahrungen von Kindern, auch ganz kleinen Kindern. Da haben wir auch eine hohe Dunkelziffer, würde ich glauben, an Missbrauchsfällen, die wir gar nicht erahnen und kennen.
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite