Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es auch für sinnvoll, dass ein islamisch-theologisches Studium an der Universität Wien eingerichtet wird – im Gesetzentwurf steht, bis spätestens 2016 –, um eben diese Zusammenarbeit auf eine solide Basis zu stellen und auch klarzumachen, dass wir unsere Pflichten gegenüber dieser Religionsgemeinschaft ernst nehmen.
Ich glaube, dieses Gesetz trägt dazu bei, den Respekt gegenüber den unterschiedlichen Religionen, den unterschiedlichen Religionsausübungen in unserem Staate Österreich besser zu regeln, sowie dazu, dass mehr Miteinander als Gegeneinander in dieser Republik stattfindet. Insofern halte ich dieses Gesetz für einen großen Fortschritt und für eine Weiterentwicklung, um die uns andere Staaten in Europa beneiden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
11.03
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Kollege Schennach. – Bitte.
11.03
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Lieber Efgani Dönmez, ich glaube, 95 Prozent aller, die hier sitzen, wollen, dass du bleibst und dass du nicht weggehst aus Österreich.
Ich meine, wenn man heute hier am Rednerpult sagt, der Islam gehört nicht zu Österreich – das sind 600 000 Mitbürger und Mitbürgerinnen –, dann muss man gleich dazusagen: Und die nächsten 600 000 können sich auch gleich auf den Weg machen. Das sind nämlich die Anhänger oder Anhängerinnen der Orthodoxie: russische Orthodoxie, ukrainische Orthodoxie, serbische Orthodoxie – Serben, hört ihr das, vielleicht gehört ihr auch nicht zu Österreich? – mazedonische, griechische Orthodoxie. Die Orthodoxie ist gleich stark wie die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich. Sie gehören zu uns!
Man kann nicht immer davon ausgehen, dass das Kaiserreich, das Gott sei Dank Geschichte ist, ein bisschen einen Weitblick hatte, aber 1912 hatte es einen Weitblick, und zwar den Weitblick, der zum Beispiel in der modernen Verfassung Bosniens bis heute wirkt, mit dem Islam-Gesetz jenen Bereich von Bosnien-Herzegowina, der – okay – militärisch annektiert worden war, dem Einfluss der Osmanen zu entziehen, was den Glauben betrifft. Und damit ist 1912 im Grunde die Geburtsstunde – in der moderneren Zeit – des europäischen Islam.
Bitte, wir hatten
den europäischen Islam als einen Inspirator, als einen Schaffer bis heu-
te unverzichtbarer Werte ja auch in Spanien, bis ihn der
Katholizismus – sowohl die sephardischen Juden als auch den
Islam – zerstört hat. Das sollten wir nie vergessen, was hier
an Architektur, was hier an Medizin und Wissen schon einmal von der anderen
Seite Europas gekommen ist.
Zu dem, was wir derzeit diskutieren – und die Rede von Kollegin Mühlwerth hat ja gezeigt, dass man hier alles vermischt –: Erstens, von vier Gläubigen des Islam sind drei nicht arabisch. Das muss man, bitte, einmal zur Kenntnis nehmen. Der Islam ist eine sehr stark prosperierende Religion, deren Anhänger in der überwiegenden Mehrheit außerhalb der arabischen Welt zu finden sind.
Dass der Islam heute eine dunkle Zeit durchlebt, müssen wir aus unterschiedlichen Blickwinkeln sehen und müssen es bekämpfen, und wir müssen vor allem all jene stärken, die dagegen in aufklärerischer Weise ankämpfen. Bitte, welche dunklen Zeiten hatte denn unser Christentum? Ich erwähne nur etwa die Bartholomäusnacht. Oder: Ich habe noch gelernt, dass die Kreuzzüge – der größte Raubzug! – etwas mit dem christli-
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