BundesratStenographisches Protokoll843. Sitzung / Seite 40

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Wenn wir heute diese zentrifugalen Wirkungen in Europa sehen, die Alleingänge, hö­here Mauern zu machen, befeuern wir das Geschäft der Schlepper – das wird nämlich nur teurer. Wenn ich heute als Tourist von der Insel Kos mit dem Boot kurz in die Türkei fahre, zahle ich 10 €. Fahre ich dort als Flüchtling, zahle ich 3 000 €.

Kommen wir noch ganz schnell zu Griechenland. Lieber Edgar! Jede Medaille hat zwei Seiten, wie du weißt. Von dem Geld, das Europa Griechenland gegeben hat, sind von 100 € 1,80 € tatsächlich in Griechenland angekommen. Was haben wir mit der Grie­chenland-Hilfe getan? – Wir haben ausländische Banken gerettet. Wir haben Versiche­rungen gerettet. Die ersten 200 Milliarden € sind überhaupt diesen Weg gegangen. Vor allem haben wir mit 75 Milliarden € von früheren griechischen Regierungen die Waffen­einkäufe  Das bringt ja noch einmal das Fass zum Überlaufen, wenn NATO-Gene­ralsekretär Stoltenberg sagt – wie gestern –, er warnt Griechenland, bei den Rüstungs­ausgaben zu kürzen.

Was wir heute de facto haben, ist, dass 35 Prozent der griechischen Bevölkerung nicht mehr gesundheitsversichert sind, dass die Suizidrate um 27 Prozent gestiegen ist, die Obdachlosigkeit um 25 Prozent. Da funktionieren diese Gesetze nicht mehr, die Versu­che mit Steuern, Massensteuern, Breitensteuern, da brauchen wir andere Rezepte als jene, die angeboten werden. 2009, als das erste Geld nach Griechenland gegangen ist, betrug die Staatsverschuldung 130 Prozent. Heute sind wir schon bei über 174 Pro­zent. Da kann doch irgendetwas nicht angekommen sein, um die Wirtschaft im Land anzukurbeln, um die Menschen in Arbeit zu halten und Arbeitsplätze zu erhalten. Da ist etwas komplett aus dem Ruder gelaufen.

Wenn wir sehen, dass zum Beispiel die größten Adoptionsangebote – also Kinder, die in Europa zur Adoption freigegeben werden – derzeit in Griechenland sind, dann ist das, weil die Eltern versuchen, den Kindern wenigstens über Adoption ein noch halbwegs menschenwürdiges Leben zu geben.

Kommen wir dazu, was im Hintergrund geschieht: Das sind die Austeritätspolitik und falsche Freihandelsabkommen, die wir schließen. Damit würgen wir uns derzeit in Eu­ropa alles ab.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wenn Sie bitte zum Schlusssatz kommen!

 


Bundesrat Stefan Schennach (fortsetzend): Ja, ich komme schon zum Schluss.

Würden wir zum Beispiel die goldene Regel der Finanzwirtschaft anwenden, dass die öffentlichen Hände zu Recht auch Verschuldungen eingehen können, um 

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Schlusssatz, bitte, Herr Kollege!

 


Bundesrat Stefan Schennach (fortsetzend):  die Märkte und den Arbeitsmarkt an­zufeuern, dann würde die Konjunktur in Europa einen anderen Weg einschlagen. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der Grünen sowie der Bundesrätin Zwazl.)

11.05


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Mühlwerth. – Bitte.

 


11.06.10

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Mitglieder des Europäischen Parlaments! Sehr ge­ehrte Gäste! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause an den Bildschirmen! Zum ei­nen eine Bemerkung zu Edgar Mayer und auch zu einem Zwischenruf des Kollegen Schreuder: Ja, es stimmt, wir haben sehr viele Mitteilungen nach Brüssel gemeinsam beschlossen, auch wenn die Zugänge unterschiedlich waren. Es ist aber tatsächlich so, dass wir sehr wohl konstruktiv sind.

 


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