BundesratStenographisches Protokoll843. Sitzung / Seite 147

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zusuchen und sie zu uns hereinzuholen und denen Asyl zu geben. Das ist eigentlich ein Argument dafür, dass wir die Grenzen dichtmachen müssten. Solche Maßnahmen können wir erst dann setzen, wenn wir nicht ohne unser Zutun täglich mit 250 bis 300 Asylwerbern sozusagen überschwemmt werden. Jetzt, zu dem Zeitpunkt, in der Situation noch in den Irak oder nach Syrien zu reisen, um dort Leute sozusagen he­rauszupicken und nach Österreich zu bringen, wäre wahrscheinlich ein bisschen zu viel des Guten. Wir müssten zuerst die Situation bei uns in den Griff bekommen, und dann können wir solche Maßnahmen setzen.

Kollege Dönmez hat auch gesagt, dass wir immer mehr Menschen ohne Perspektive produzieren. Wir produzieren sie nicht! Sie werden beispielsweise in Afrika produziert. Da kommt ein Problem auf uns zu, das von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr immer gravierender werden wird. Das wird eine Belastung und eine neue Herausforderung für uns werden, die uns jetzt wahrscheinlich noch gar nicht bewusst ist. Afrika hat derzeit zirka eine Milliarde Einwohner und wird im Jahr 2050 doppelt so viel, 2 Milliarden, ha­ben. Die Jugendarbeitslosigkeit der 15- bis 24-jährigen liegt in Afrika in etwa bei 60 Pro­zent, auch wenn es gelingen mag, sie auf 50 Prozent zu senken. In Anbetracht dieses demographischen Drucks, der da auf uns zukommt, haben wir wahrscheinlich noch weit größere Herausforderungen zu meistern, als wir sie jetzt schon haben.

Du, Kollege Mayer, hast ja einen brillanten Vorschlag gemacht, denn du hast nämlich gemeint, Grenzkontrollen würden dazu führen, dass wir noch mehr Asylwerber haben, da die, die durchreisen, ja nicht auffallen. Das ist eigentlich die Italien-Philosophie, der du da das Wort redest. Ich habe eigentlich im Hinterkopf, dass man die, die man an der Grenze aufgreift, nach Dublin III sofort wieder zurückstellt. (Bundesrätin Kurz: Aber das funktioniert ja nicht mehr!) Denn an unseren Grenzen sind ja sichere Drittstaaten. Ich wüsste kein Land, an das Österreich grenzt, das kein sicherer Drittstaat ist. (Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

Auf die Frau Kollegin Ebner will ich jetzt nicht näher eingehen – das war irgendwie eine vorbereitete Rede. Es ist ja eigentlich sinnlos oder für uns gar nicht gescheit, dass wir hier so eine Debatte überhaupt abführen, denn wir müssten eigentlich nur warten. Ihr wollt ja das gar nicht wahrnehmen, was die Frau Kollegin Ebner gesagt hat, nämlich, dass die Menschen verunsichert sind. Ja, sie sind verunsichert! Aber habt doch endlich den Mut, der Wahrheit ins Auge zu sehen, anstatt ständig so herumzulavieren! Deshalb ist die Einführung von Grenzkontrollen ein wesentlicher Schritt. (Beifall bei der FPÖ.)

17.29


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun die Frau Bundesministe­rin. – Bitte.

 


17.30.07

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Herr Präsident! Meine Da­men und Herren! Wir haben in der letzten Stunde über ein äußerst sensibles Thema debattiert, ein Thema, das uns alle intensiv beschäftigt, und ich habe allen von Ihnen ge­nau zugehört, sehr genau zugehört.

Und glauben Sie mir eines: Ich bin fest davon überzeugt, weder das Schönreden auf der einen Seite noch die Panikmache und Angstmache auf der anderen Seite ent­spricht der Realität. Wahr ist, dass wir mit den Flüchtlingsströmen alle eine wahnsinnig große Herausforderung haben, dass wir große Herausforderungen haben, was die Un­terbringung betrifft, und wahr ist auch, dass die Menschen bei der Anzahl von ungefähr 300 Menschen am Tag, die zu uns kommen und Hilfe und Unterstützung suchen, Sor­ge haben, ja, dass manche Angst haben. Und ich glaube, es ist unsere Aufgabe, der Bevölkerung hier ganz klar zu signalisieren, wir differenzieren ganz klar zwischen den Kriegsflüchtlingen und jenen, die wir immer wieder sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge nennen.

 


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