BundesratStenographisches Protokoll843. Sitzung / Seite 164

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Leistungsdruck resultiert meinem Dafürhalten nach genau daraus, dass man nicht schritt­weise gelernt hat, auch ein bisschen etwas auszuhalten.

Das möchte ich zum Berufsausbildungsgesetz quasi als Erläuterung einbringen, weil es ja etwas ist, was uns grundsätzlich immer wieder beschäftigt, nicht nur bei diesem Gesetz, sondern bei anderen auch. Der Hauptgrund unserer Ablehnung ist jedoch, dass die Sozialpartner wieder alles kontrollieren, die Politik fest mit ihren Fingern hi­neingreift. Das lehnen wir ab, obwohl wir im Grunde unseres Herzens und unseres Hirns auch bei den Lehrbetrieben für eine ordentliche Qualitätssicherung sind. (Beifall bei der FPÖ.)

18.37


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Junker. – Bitte.

 


18.37.04

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Mühlwerth, jetzt müsste ich eigentlich ganz, ganz viel auf einmal übereinander, hintereinander und aufeinander sagen. Aber ich fange einfach der Reihe nach an. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Singen werde ich nicht, ich bin ein Schütz’!

Mit der Änderung des Berufsausbildungsgesetzes soll in erster Linie sichergestellt wer­den, dass der ausgewählte Beruf auch erlernt wird, dass die Kompetenz, die ein Beruf erfordert, in der Lehre erworben werden kann. (Beifall der Bundesrätin Blatnik.)

Zu den Kompetenzen gehört natürlich auch, dass man selbständig arbeitet, dass man mit Arbeits- und Lernsituationen umgehen kann, auch in Stresssituationen. Das sind die sogenannten Handlungskompetenzen. Ich glaube auch, dass die Änderung dieses Berufsausbildungsgesetzes darauf abzielt, dass die Menschen diese erlernen können.

Ich bin die Letzte, die auf die Unternehmer etwas abladen will, denn an und für sich haben wir schon genug. Nur eines muss schon festgestellt werden: Wenn wir gut aus­gebildete Fachkräfte wollen, dann muss auch der Unternehmer mitarbeiten, aber nicht nur der Unternehmer allein, sondern auch die Sozialpartner, die Jugendlichen, die ei­nen Beruf erlernen wollen und sich da auch die drei Jahre durchbeißen müssen. Wir wissen alle, dass man zwischen 16 und 18 Jahren ab und zu einen Hänger hat. Das muss man dann eben gemeinsam durchstehen. Gemeinsam heißt vor allem auch mit den Eltern! Auch die Eltern tragen Verantwortung, dass junge Menschen, ihre Kinder auch in schwierigen Zeiten durchhalten, dass sie zu den Kindern stehen, dass sie aber auch zur Leistung stehen.

Wenn wir jetzt unsere Berufe nicht weiterentwickeln, nicht verändern, nicht den neuen Zeiten anpassen, werden uns die jungen Menschen ausgehen, die uns für die duale Ausbildung zur Verfügung stehen. Als Konsequenz werden uns die Facharbeiter feh­len. Das System der dualen Ausbildung ist unumstritten. Es kommen von Amerika, von überall her Unternehmer und auch Politiker, die sich anschauen, wie wir die Berufs­ausbildung vollziehen. Warum haben wir eine verhältnismäßig geringe Arbeitslosig­keit? – Es ist unser duales Ausbildungssystem, in dem die Jugendlichen von Jugend an im Arbeitsprozess verankert sind.

Eine Studie hat jetzt gezeigt, dass sich sogar in Tirol die Zahl verringert hat. Bis jetzt haben sich dort 51 Prozent der Schulabgänger für die duale Ausbildung entschieden, in der Zwischenzeit sind es 47 Prozent. Österreichweit sind es überhaupt nur noch 40 Pro­zent, die sich für die duale Ausbildung entscheiden. In Tirol haben wir sogar 7 000 jun­ge Menschen, die keinen Schulabschluss haben, und diese 7 000 Menschen sind wahr­scheinlich die, die in die Armutsfalle tappen. Wenn ein leistungsfähiger junger Mensch keinen Abschluss hat, ein Schulabbrecher ist, der die Pflichtschule nicht beendet hat,


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