BundesratStenographisches Protokoll844. Sitzung / Seite 129

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Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Schreyer. – Bitte.

 


15.42.14

Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (Grüne, Tirol): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe KollegInnen und ZuseherInnen hier und zu Hause! Die Überar­beitung des Erbrechts ist ein sehr notwendiger Schritt gewesen. Wir stimmen in den meisten überarbeiteten Punkten auch mit Ihnen überein und werden auch gerne dem Gesamtpaket zustimmen, obwohl aus unserer Sicht in einigen Punkten doch eine weitreichendere Reformierung notwendig gewesen wäre.

Ich möchte auf zwei Punkte genauer eingehen, die zufällig vorher auch schon von meinen VorrednerInnen erwähnt worden sind. Die Ansprüche der LebensgefährtInnen im Erbrecht sind zwar teilweise umgesetzt, wenn man sich die Regelung aber im Detail ansieht, dann sieht man, dass LebensgefährtInnen doch kaum zum Zug kommen. Ein/e Lebensgefährte/in erbt nämlich nur dann, wenn der oder die Verstorbene keine oder kaum Familie hatte, was ja doch eher selten vorkommt.

Es wäre aus unserer Sicht sehr sinnvoll gewesen, auch tatsächlich ein gesetzliches Erbrecht für LebensgefährtInnen einzuräumen. Wir denken da vor allem praktisch, zum Beispiel bei allgemeinen Gebrauchsgegenständen aus dem Haushalt, also Elektro­geräten, Computer, Auto, Einrichtungen. Sie werden ja oft gemeinsam angeschafft, auch wenn man nicht verheiratet ist. Es ist in dieser Reform enthalten, dass solche Gegenstände noch weiter genutzt werden können, aber da hätte man aus unserer Sicht etwas weiter gehen können.

Der zweite Punkt ist die Anrechnung von Pflegeleistungen bei Erbansprüchen. Wir finden es prinzipiell natürlich gut. Es ist ja auch bisher schon möglich gewesen, Pflegeleistungen einzuklagen, jetzt wird es direkt in das Erbrecht eingebaut. Das hört sich als Vereinfachung des Prozesses gut an. Tatsächlich glauben wir allerdings, dass das sehr viel Konfliktpotenzial innerhalb der Familien birgt.

Wir befürchten einerseits, dass dadurch die Pflege vermehrt in den privaten Bereich gedrängt wird. Unsere Sorge ist, dass sich Angehörige, vor allem Frauen, wie Susanne Kurz es auch schon angesprochen hat, die ja den Großteil der Pflegearbeit leisten, in die Übernahme von Pflegeleistungen stürzen und damit dann total überfordert sind, weil Pflegeleistungen, Pflegearbeit einfach physisch und psychisch sehr anstrengend sind.

Andererseits befürchten wir auch viele finanzielle Konflikte in der Familie. Die An­rechnung von Pflegeleistung bei den Erbansprüchen bedeutet natürlich, dass die anderen Erbberechtigten um eben diese Abgeltung der Pflegeleistung weniger erhalten. Es wird auch schwer quantifizierbar sein, wie viel, wie lange und wie intensiv gepflegt wurde. Von daher würden wir dafür plädieren, dass es nicht im Erbverfahren, sondern schon vorher vertraglich geregelt würde.

Dieser Punkt ist auch in der Entstehung der Novelle ein großer Diskussionspunkt gewe­sen, den der Herr Sektionschef im Ausschuss auch ausführlich erklärt und geschildert hat.

Wie gesagt, wir werden dem Erbrechts-Änderungsgesetz trotz einiger Kritikpunkte zustimmen, und ich möchte abschließend noch einmal darauf pochen, dass das Pflegesystem und Betreuungseinrichtungen durch diese Novelle auf keinen Fall aus der Pflicht genommen werden dürfen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.45


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter. – Bitte, Herr Minister.

 


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