BundesratStenographisches Protokoll845. Sitzung / Seite 65

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Was mir persönlich auch noch aufgefallen ist in der letzten Zeit – und das ist ja bei Ihnen nichts anderes –: dass wir in Europa schon einiges verschlafen haben. Ich habe mir das speziell herausgenommen: Wir haben immerhin 500 Millionen Menschen und Bürger, die irgendwann einmal vor zwei, drei Monaten festgestellt haben: Ja, passiert denn da auf dieser Ebene überhaupt nichts? Wenn ich an die Griechenland-Krise denke, da haben wir im Grunde genommen in Permanenz getagt. Ich denke da an die Frau Bundesministerin und den Herrn Justizminister, die irgendwann versucht haben, das ein bisschen ins Spiel zu bringen, zu sagen: Jetzt werden wir die EU verklagen, damit diese Zahlen eingehalten werden. Dann hat die Kommissionssprecherin festge­stellt, dass man dafür momentan definitiv keine Zeit hätte, weil man bis Ende des Jahres einen Vorschlag ausarbeiten würde, und im Jahr 2016 soll es dann zu einer Systemänderung kommen.

Also das alles hat uns überrollt, keine Frage. Und deswegen muss ich auch wirklich sagen: Danke an unseren Bundeskanzler Werner Faymann, der mit der Bundes­kanzlerin Merkel jetzt das Ganze forciert und beschleunigt hat; und es ist ja wohl einiges passiert in den letzten Tagen.

Es ist keine Frage, dass das nicht das Ende der Fahnenstange sein wird. Aber wenn die EU jetzt rund eine Milliarde Euro für diesen Bereich bereitstellt, für die Türkei, Jordanien und den Libanon, wo die größte Zahl an Flüchtlingen derzeit untergebracht ist, und dass in Zukunft auch Hotspots eingerichtet werden, um die Leute dort zu registrieren, dann muss man denen, die versuchen, das zu umgehen und in die Länder hereinkommen, schon sagen: Freunde, da gibt es unter Umständen ein Problem, dass sie dann wirklich nicht mehr die Möglichkeit haben, bei uns zu bleiben.

Ja, okay, als Bürgermeister ist man das wahrscheinlich gewohnt, in Zeiten wie diesen. Ich habe mir am Sonntag das angeschaut, was Herr Vilimsky von sich gegeben hat: dass er den Herrn Orbán insofern unterstützt, den Zaun noch höher zu bauen bezie­hungsweise dass er Angst vor einer Islamisierung hat. – In Kärnten, glaube ich, haben wir momentan 3 361 Flüchtlinge. Ich hoffe nur nicht, dass er daran denkt, dass wir in Österreich einen Schießbefehl herausgeben, denn das wäre ja dann das Schlimmste, was schlussendlich noch passieren kann.

Wir von der SPÖ stellen uns gegen diese Polarisierung, wir stellen uns gegen den Deckmantel der Anonymität, diese Internetforen, diese Hass-Postings – das wurde heute auch noch nicht angesprochen; wenn man sich das anschaut, das ist ja im Grunde genommen wirklich eine Katastrophe, es werden auch schon viele Leute verfolgt, was das anbelangt – und dass die Zäune höher gebaut werden. Also Hu­manität gegen Gruppenegoismus. Das muss ich jetzt an dieser Stelle sagen: Sie von der FPÖ wissen sehr genau, dass das Aufhetzen der Menschen, wenn sie Angst haben, sehr gut funktioniert, und moralisch wird da von eurer Seite auf niemanden Rücksicht genommen.

Unser Bundeskanzler Werner Faymann hat einmal festgestellt: Es gibt zwei Möglich­keiten (Zwischenruf des Bundesrates Krusche): Entweder hetzen wir die Leute gegen­seitig auf, dann haben wir einen Wahlerfolg, weil wir Schuldige vorführen – oder wir verfolgen jenen Weg, und den haben wir eingeschlagen, diesen bedauernswerten Menschen zu helfen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns für den zweiten Weg entschieden und wir können uns noch im Spiegel anschauen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.48


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


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