BundesratStenographisches Protokoll847. Sitzung / Seite 24

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aus anderen Gründen zur Flucht gezwungen wurden.‘“ – Dann schreibt er weiter: „Un­ter brachialer Missachtung dessen, was an den Grenzen geschehen ist (…), redete man abermals kopflos jenem Magnetismus das Wort, der die gesetzliche Unterschei­dungspflicht ignoriert und damit das Asylrecht aus den Angeln hebt, und unter Preis­gabe staatlicher Ordnung, Steuerung und Souveränität zum Kollektivrecht aller wird.“

Ich denke, das ist eine sehr mahnende Beschreibung: Es ist unsere wirkliche Pflicht, einerseits Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten, aber, wie schon gesagt, dieses Asylrecht auch in der vollen Breite zu leben. Es sollte nämlich nicht wahr werden, was Ingeborg Bachmann seinerzeit gemeint hat, nämlich: „Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler.“

Wir wissen aus der Geschichte: Wenn sich eine Gesellschaft radikalisiert, wenn sich politische Kräfte an den Rändern radikalisieren, dann ist es mit dem Frieden sehr schnell aus. Daher sollten wir, die wir politische Verantwortung tragen, die ersten Schü­ler dieser Vergangenheit sein. So könnte gezeigt werden, dass die Geschichte, die lehrt, doch Schüler gefunden hat!

Ich darf alle bitten, in dieser Position der Mitte Politik zu gestalten und Sicherheit, Sou­veränität sowie Rechtsstaatlichkeit genauso wie das Menschenrecht auf Asyl hochzu­halten. Ich darf dir, Frau Ministerin, danken, dass du im Sinne unserer steirischen Be­völkerung eine klare Position bezogen hast! Alles Gute weiterhin! – Danke für die Auf­merksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

10.17


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Heger. Ich erteile es ihm.

 


10.17.17

Bundesrat Peter Heger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es noch so schwierig scheint, sollten wir uns auch bei den aktuellen Herausforderungen und bei der Suche nach europäischen Antworten auf den Grundgedanken besinnen, Menschen in Not, so gut es geht, zu hel­fen.

Als Burgenländer bin ich nahe des Eisernen Vorhangs aufgewachsen, der während des Kalten Krieges Ost- und Westeuropa geteilt hat. Dieser Eiserne Vorhang hatte im­mer etwas Bedrückendes für uns Burgenländer. Wer aber den Eisernen Vorhang ge­danklich nur mit Stacheldraht verbindet, der irrt: Es war die gesamte Grenze abgerie­gelt. Damit sollte vor allem verhindert werden, dass Menschen aus kommunistischen Ländern nach Westeuropa fliehen konnten. Zu diesen Grenzschutz-Anlagen gehörten neben Stacheldraht auch Schießbefehle, Hunde-Laufanlagen, Wachtürme, Selbstschuss­anlagen, Minenfelder und kilometerbreite Sperrzonen auf östlicher Seite.

Erst mit dem Ende des Kommunismus in Osteuropa und der Sowjetunion kam auch der Abbau des Eisernen Vorhangs. Den Anfang machte Ungarn im Mai 1989, und auch die Berliner Mauer, die 28 Jahre lang die Stadt Berlin geteilt hatte, fiel im November 1989. – Über diese Ereignisse im Jahr 1989 haben wir gejubelt und uns gefreut. Wir haben uns gefreut, dass dieses Symbol der Trennung endlich beseitigt war, und im Burgenland wurde damals rund 50 000 geflüchteten DDR-Bürgern geholfen.

Ich bin aber auch Bürgermeister einer Gemeinde, die seit 1979, also seit insgesamt 36 Jahren, in der Flüchtlings- und Asylwerberbetreuung überaus aktiv ist. Was bei uns 1979 mit Asylwerbern aus Polen begonnen hat, hat derzeit seinen Höhepunkt mit 100 Asylwerbern gefunden.

Dass das für eine Gemeinde mit weniger als 2 000 Einwohnern eine riesige Herausfor­derung darstellt, liegt auf der Hand. Das bedeutet, dass der Anteil der Asylwerber je nach-


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