BundesratStenographisches Protokoll849. Sitzung / Seite 73

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Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2015 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Ernst Gödl: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Stögmüller. – Bitte.

 


12.53.47

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Sozialminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich zum ersten Mal diese Regierungsvorlage durchgelesen habe, habe ich mir gedacht: Echt jetzt?

Diese Regierung – und da schaue ich jetzt auch bewusst auf die linke Seite, in Rich­tung SPÖ – möchte die tägliche Höchstarbeitszeit für Lehrlinge von bisher acht Stunden auf zehn Stunden erhöhen, inklusive passiver Reisezeit, und das, obwohl es gegen die EU-Jugendarbeitsschutz-Richtlinie verstößt.

Ich habe das extra nachgelesen, weil wir im Ausschuss davon geredet haben. Lesen Sie bitte die Richtlinie 94/33/EG Abschnitt III Art. 8 Abs. 1a durch! Da steht, es ist im Rahmen der dualen Ausbildung maximal „8 Stunden pro Tag“ und „40 Stunden pro Woche“ zu arbeiten. Ansonsten muss man Meldung machen, denn dann verstößt man gegen diese Richtlinie.

Bevor wieder das Argument mit dem Montagelehrling kommt, das Sie mir gleich entgegensetzen werden: Meiner Meinung nach rechtfertigen die wenigen Montage­lehrlinge keine Ausweitung des Arbeitsschutzes für alle 20 000 Lehrlinge in Österreich. Das kann ich mir nicht vorstellen. Auch bei den Ausgelernten schmuggelt man jetzt in diesem Paket einfach die passive Zeit in eine aktive Zeit ein.

Bei uns in Oberösterreich ist die Wahlzeit ja noch nicht so lange vorbei, und da wurde immer wieder – gerade von Ihnen von der SPÖ – geredet, berichtet und plakatiert: Wir wollen eine Arbeitszeitverkürzung! – Da bin ich jetzt von dieser Seite schon ein bisschen enttäuscht. Das ist keine Arbeitszeitverkürzung, wenn man von acht auf zehn Stunden hinaufgeht. (Bundesrat Bock: Verlagerung! – Bundesrat Pfister:  … Verla­gerung …!) – Das ist für mich keine Arbeitszeitverkürzung.

Wir wissen, dass es eine immer größere Schere zwischen angebotener Arbeit und Menschen, die eine Beschäftigung suchen, gibt, und wenn man auf Dauer nicht zigtausende Menschen ohne Arbeit akzeptiert, dann muss Arbeit neu und anders verteilt werden. Das geht nicht anders. Das steht für uns Grüne eindeutig außer Frage, und dazu ist eine wirkliche Arbeitszeitverkürzung notwendig, nicht so etwas wie das, was da geboten wird.

Ein weiterer Punkt, nämlich was die tägliche Ruhezeit für Saisonbetriebe betrifft, wurde ebenfalls noch hineingepeitscht. Ich war selbst in einer Tourismusschule, habe selbst im Gastgewerbe gearbeitet und bin in Tirol auf Saison gewesen. Daher weiß ich ganz gut, dass die Arbeitsbelastung – gerade im Saisonbetrieb, gerade im Bereich Kellnern und Kochen – massiv ist. Da ist man froh über die verpflichtende Ruhezeit, weil sie die einzige Zeit ist, in der man sich ausruhen kann. Dass man diese jetzt einfach hin­sichtlich des Durchrechnungszeitraums von zehn Tagen auf das Ende der Saison verschiebt, ist für mich nicht akzeptabel – auch gerade wieder, weil es einen Niedrig­lohn­sektor betrifft und einen Bereich, in dem hauptsächlich Frauen arbeiten. (Zwi­schenruf des Bundesrates Preineder.)

 


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