BundesratStenographisches Protokoll850. Sitzung / Seite 21

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Und das Allerwichtigste: Es muss an einer wirklich nachhaltigen Bekämpfung von Fluchtursachen und an der Schaffung von legalen Fluchtmöglichkeiten gearbeitet wer­den. Ich glaube, fast jeder hier kennt die erschreckenden Bilder von ausgedörrten und ausgehungerten Kindern in Aleppo. Erst heute sind wieder Berichte eingetroffen, dass dort wieder Randgebiete bombardiert worden sind. Vielleicht haben schon manche von Ihnen die Zeitung gelesen oder die Info bekommen. Hier muss dringend gehandelt werden, und es dürfen nicht nur leere Worthülsen dieser Bundesregierung folgen. Ich spreche hier nicht die 40 Millionen € im Rahmen der EU-Hilfe an, die ohnehin im EU-Budget vorgesehen sind, sondern die beinahe null Euro – die unter anderem auch in die Ressortzuständigkeit des Außenministers fallen –, die von Österreich an das World Food Programme überwiesen worden sind.

Fast null Euro! Das ist beschämend, das ist rücksichtslos, hier herrscht umgehend Handlungsbedarf! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

9.50


Präsident Josef Saller: Zu einer ersten Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. Ich erteile es ihm. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


9.51.01

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrtes Präsidium! Herr Präsident! Sehr verehrte Mitglieder des Bundesrates! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte doch auf einige Punkte eingehen: Wir haben im vergangenen Jahr, als Menschen an unserer Grenze gestanden sind, die dringend Nahrung benötigt haben, die dringend medizinische Versorgung benötigt haben, geholfen. Das zeichnet Österreich aus. Es haben sich nicht die durchgesetzt, die gesagt haben: Hilf lieber niemandem, denn allen in der Welt kannst du nicht helfen, also ist es besser, gar niemandem zu helfen!, son­dern es sind viele engagierte Österreicherinnen und Österreicher quer über alle Partei­grenzen, viele überhaupt nicht parteipolitisch organisiert, auf die Bahnhöfe, an die Grenzen gefahren und haben Menschen geholfen.

Wir haben unsere auch international bekannte Hilfsbereitschaft – egal, ob bei der Ungarnkrise oder während des Jugoslawienkriegs – auch letztes Jahr bewiesen, als wir mehr als 90 000 Menschen die Möglichkeit gegeben haben, bei uns einen Asylan­trag zu stellen. Wir haben Hunderttausenden Menschen, in Summe nahezu 95 Prozent jener, die zwischen August und Dezember zu unserer Grenze gekommen sind, so eine Versorgung angedeihen lassen, dass sie weiter nach Deutschland und einige davon weiter nach Schweden fahren konnten. Wir haben auch im Vorjahr die Europäische Union und alle Mitgliedsländer darauf aufmerksam gemacht, dass nur ein gemein­sames Vorgehen das Menschenrecht sichert, nur ein gemeinsames Vorgehen mit einer Verteilung in Europa die Möglichkeit bietet, das zu sicherzustellen, was wir uns alle wünschen, nämlich Menschen, die vor einem Krieg flüchten, auch die Chance auf Schutz zu geben, und dass das nicht drei Länder alleine tragen können.

Ich bin, 90 000 Anträge später, ein Jahr später, der festen Überzeugung, dass unsere Aussage im Vorjahr, es können in dieser Frage nicht drei Länder für die ganze Euro­päische Union einspringen, richtig ist. Das müssen wir heute noch deutlicher machen, aus einem sehr einfachen Grund, Herr Kollege Stögmüller: Wenn ich sagen würde – nur durchgedacht mit Ihnen –, Österreich springt ein, ganz egal, wie sich Deutschland verhält, ganz egal, wie sich Schweden verhält, ganz egal, wie sich die anderen Mitglie­der der Europäischen Union verhalten, wir nehmen alle, die heuer zu uns kommen wollen und ein Asylrecht haben, ohne Richtwert und Obergrenze – Herr Kollege, wenn Sie sich das einmal durchdenken –, dann muss ich Ihnen sagen, das schaffen wir nicht!


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