BundesratStenographisches Protokoll850. Sitzung / Seite 26

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uns wohnen. Ich habe jetzt bei dieser Flüchtlingskrise 30 Personen aufgenommen. Sie sind mit allen Schwierigkeiten wirklich gut integriert. Aber ich sage euch etwas: Es war wesentlich schwieriger, diese Menschen jetzt aufzunehmen, weil wir ein anderes politi­sches Klima als 1992 haben. Es ist leider so, dass sich die politische Landschaft geändert hat.

Ich möchte eines ganz klar sagen: Es hilft uns keine politische Hetze gegen diese Menschen, die zu uns kommen. Es hilft uns überhaupt keinen Zentimeter weiter. (Bei­fall bei der SPÖ.) Das Einzige, was uns hilft, ist, dass wir wirklich hinter diesen Leuten stehen. Eine Diskussion darüber, ob diesen Menschen eine bedarfsorientierte Mindest­sicherung ausgezahlt wird oder nicht, ist eine, die wir jetzt wirklich nicht brauchen können. Wir sind ein Sozialstaat!

Und wenn Herr Kollege Dörfler sagt: Mir bricht das Herz, wenn die arme Bäuerin so wenig bekommt! Dann muss ich mir überlegen: Wenn ich in einem Sozialstaat etwas einbezahle, bekomme ich es zurück. Man muss auch schauen, was diese Dame einbezahlt hat und was sie nicht einbezahlt hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Dörfler.)

Jetzt höre ich von manchen Parteien: Alle sind jetzt arm. Ich möchte nur daran erin­nern, wer den Begriff Sozialschmarotzer geprägt hat. Und dazumal waren die Sozial­schmarotzer nicht die Flüchtlinge, denn wir hatten sie nicht. Dazumal waren die Sozial­schmarotzer diejenigen, die jetzt die bedarfsorientierte Mindestsicherung bekommen, hinter denen die Freiheitliche Partei jetzt angeblich so steht. Ich möchte das nicht mehr! Es hilft uns keine Hetze! Hört bitte auf zu hetzen! (Ruf bei der FPÖ: Sie drehen einem das Wort im Mund um!) Schaut auf die Menschen, die zu uns kommen und die da sind! Helfen wir ihnen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und Grünen.)

10.12


Präsident Josef Saller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Tiefnig. – Bitte.

 


10.12.53

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Werte Zuseher zu Hause! Mir kommt die Diskussion heute so vor: 1965, glaube ich, hatte der ORF die Möglichkeit, das Fernsehprogramm in Farbe auszustrahlen, aber die Zuseher konnten nur schwarz-weiß empfangen. Auch heute bei der Diskus­sion schaut es teilweise so aus – der Herr Bundeskanzler hat es ja angesprochen –, dass wir wirklich an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit durch die Flüchtlingsthe­matik stoßen, aber so manche wollen es noch nicht verstehen. Ich denke, auch in Ihrer Fraktion! Ich habe es von Herrn Lindner mitgekommen, dass auch er noch eine andere Anschauung hat als Sie, Herr Bundeskanzler, aber wir, seitens der ÖVP und auch besonders unsere Innenministerin hat ja schon vor Monaten, nämlich im September, diese Thematik des Zauns und der Grenzsicherung angeschnitten. Es war leider zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.

Ich bin selten mit Kollegen Dörfler einer Meinung, aber die Grenzsicherung ist sicher­lich ein wichtiger Punkt. Wenn wir es schaffen, dass wir bei einem Fußballstadion die Sicherheit herstellen können, wo Tausende Menschen aus- und eingehen, werden wir es wohl schaffen, dass wir 15 000 Menschen an der Grenze kontrollieren.

Ich erinnere mich noch genau an die Bilder von der A4 mit den 71 Toten. Wir sind alle schockiert gewesen. Ich verstehe auch, dass Österreich und Deutschland gesagt haben: Ja, bitte kommt! Wir wollen solche Szenarien nicht mehr sehen. Nur: Wir haben die Bilder täglich im Mittelmeer, wir haben die Bilder täglich, wie die Menschen durch


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