BundesratStenographisches Protokoll856. Sitzung / Seite 25

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Meine Damen und Herren, ich treffe bei meinen Terminen sehr oft auf junge Men­schen. Wenn ich in Schulen gehe, wenn ich mit Jugendlichen in ihren Zirkeln rede, so wollen sie mit mir nicht über Soll und Haben sprechen – darüber sind aber 98 Prozent meiner Gespräche –, sondern sie wollen über Sein und Sinn diskutieren, über Werte­haltungen, über die großen Fragen unserer Zeit: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Welche Gefahren, Risiken und Probleme gibt es? Aber auch: Welche Chancen können ergriffen werden? – Es mangelt nicht an Fragen, aber es mangelt daran, den Versuch zu unternehmen, Antworten zu geben. Ich denke, dass es Aufgabe einer ver­antwortungsvollen Politik ist, Antworten zu bieten, Ziele zu haben, Visionen für und mit den Menschen zu erarbeiten.

Ich will diesen Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz und den Vorsitz im Bundesrat nicht überbewerten – das wird ja manches Mal durch ganz große Übergabe-Zeremo­nien und Schwerpunktsetzungen, was in Österreich gelöst werden muss, gemacht. Und dann hat sich gar nichts geändert; das ist ohnehin bei jedem Vorsitz zu befürchten, aber es wäre schlecht. Ich will das nicht überbewerten, aber ich will den Vorsitz nutzen, um Perspektiven aufzuzeigen. Aus dieser Verantwortung für unsere Republik heraus entstand auch das Symposium „Österreich 22“, das wir in Graz im Oktober abhalten werden, wo herausragende Persönlichkeiten im Vorfeld des Nationalfeiertages mitein­ander diskutieren werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Welt ist ein einziger Krisenherd, und diese Krisen machen vor unserer Haustür nicht halt. Wissen Sie, wenn Sie erleben, was Michael Schickhofer und ich und die Regierung und der Landtag im ersten halben Jahr unserer neuen Zukunftspartnerschaft erlebt haben: drei Tage nach der Angelo­bung diese Amokfahrt! Wir wussten, dass das jederzeit passieren kann, aber man will es nicht wahrhaben, dass das, was wir täglich im Fernsehen sehen, bei uns vor der Haustür passiert. Abgelöst von einer Flüchtlingstragödie, die meine Generation noch nicht gekannt hatte, der damals nicht vorhandenen Zusammenarbeit der Bundesregie­rung – das hat sich Gott sei Dank geändert –, der Ohnmacht des Staates, als 3 500 Men­schen über die Grenze marschieren.

Ich denke mir, dass das uns alle ermuntern soll, nicht zu schüren, sondern gemeinsam in ein paar Grundfragen alles zu tun, dass die Verunsicherung der Bevölkerung nicht weiter steigt. Es braucht daher entschlossene Politik und Politiker, die glaubwürdig agieren und auch Reformen angehen. Denn diese großen Herausforderungen können nur dann gelingen, wenn wir zusammenarbeiten. – Ein steirisches Glückauf! (Anhalten­der Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zelina.)

9.54


Präsident Mario Lindner: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Ausfüh­rungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Gödl. Ich erteile es ihm.

 


9.55.19

Bundesrat Mag. Ernst Gödl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause vor den Fernsehgeräten, die diese Debatte im Bundesrat mitverfolgen!

Nur wer das Ganze im Auge hat, kann für seinen Teil etwas erreichen. – Diese Prä­misse möchte ich meinen Ausführungen voranstellen, rückt ja gerade zu Beginn dieser Sitzung des Bundesrates die Bedeutung des Föderalismus, dieser Staatskonstruktion, in den Vordergrund, zumal Hermann Schützenhöfer als Landeshauptmann der Steier-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite