BundesratStenographisches Protokoll860. Sitzung / Seite 100

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An sich bin ich davon überzeugt, dass die Richtlinien betreffend den Gebietsschutz sehr gut und auch sehr wichtig sind. Aber natürlich ist es im Bereich der ländlichen Gebiete auch notwendig, diese Grenzen flexibler zu gestalten. Wir haben das schon einmal in Bezug auf die Hausapotheken thematisiert, und da waren wir alle der Meinung, dass die Berücksichtigung kleinerer Gebiete oft wichtig ist. Die Apotheke im Ort – das haben wir heute schon gehört – sichert auch die unabhängige Beratung und trägt zur gelebten Nahversorgung bei.

Jede Apotheke in Österreich hat – und das hat mich selber erstaunt – laut Apothe­kerkammer durchschnittlich 48 Stunden in der Woche geöffnet, und rund 280 Apo­theken sichern die Nachtdienste, die Feiertags- und Wochenenddienste, und, wie von Frau Dr. Reiter schon gesagt wurde, genau zu diesen Zeiten ist oft ein Bedarf für Angehörige und Kinder vorhanden. Da ist es sowieso schon schwierig genug, einen Arzt zu erreichen, aber oft hilft die Apotheke auch.

Im Fokus steht bei dieser Gesetzesänderung die Verbesserung der Arzneimittelver­sorgung. Durch eine Einzelfallprüfung kann man den Grenzwert von 5 500 Menschen im Einzugsbereich verkleinern, und genau das führt unserer Meinung nach eben zu einer Verbesserung der Arzneimittelversorgung. Aus diesem Grund werden wir diesem Gesetz auch zustimmen. (Beifall bei der FPÖ und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.07


Vizepräsident Mag. Ernst Gödl: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Dr. Reiter. – Bitte. (Bundesrätin Reiter: Als Letzte, Herr Präsident!) Als Letzter kommt der Herr Minister dran. (Bundesrätin Reiter: Der Herr Minister! Gut!)

 


15.07.39

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich denke, was wir an unseren Apotheken haben und welche Bedeutung wir ihnen beimessen, das ist heute in den Redebeiträgen schon ganz deutlich herausgekommen. Das ist auch nicht die Ursache dieses Gesetzes, sondern es stimmt, dass es eine Klage gab und dass ein EuGH-Urteil beanstandet hat, dass das Gesetz ein Abgehen von den 5 500 Personen nur im ländlichen Raum vorsieht. Also es geht in dem EuGH-Urteil nicht so sehr um den ländlichen Raum, sondern darum, diese Grenze sozusagen flexibler zu halten, wahrscheinlich deshalb, weil auch die Definition von ländlichem Raum und die Frage, wie das mit dem Bedarf gleichzusetzen ist, nicht so einfach zu regeln sind.

Der EuGH hat gefordert, dass das Abgehen von der 5 500er-Grenze auch außerhalb des ländlichen Raums möglich sein muss, „weil diese starre Grenze die kohärente und systematische Erreichung des mit der Bedarfsprüfung angestrebten Hauptziels – nämlich eine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln – nicht gewährleistet“.

Man muss eben auch bedenken: Wie mobil sind die Menschen in der Umgebung? Wie schaut es da mit öffentlichen Verkehrsmitteln und so weiter aus? Das alles sind Dinge, die auch den städtischen Raum betreffen. Es ist dann ein generelles Abgehen von diesem Mindestversorgungspotenzial möglich, „wenn aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke im Interesse einer ord­nungs­gemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung geboten ist“. Das trifft zu bei eingeschränkter Mobilität, in Stadtentwicklungsgebieten, aber auch im Umkreis von Krankenhäusern mit mehreren Ambulatorien. Aber auch dann – denken wir weiter! –, wenn es in Zukunft die schon genannten Primärversorgungszentren geben wird, wird es natürlich im Interesse der Bevölkerung sein, auch dort Apotheken zu haben. Das betrifft aber auch Gebiete, wo es Bahnhöfe, Flughäfen und so weiter gibt.

 


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