BundesratStenographisches Protokoll863. Sitzung / Seite 130

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de des Zweiten Weltkrieges noch immer nicht vollendet ist, vor allem, wenn man sich die rasant ansteigende Zahl der rechtsextremen Straftaten ansieht.

Ich glaube, in Österreich haben wir mit unseren Gedenkstätten grundsätzlich eine sehr gute Erinnerungskultur aufgebaut, die auch gerade für die nachfolgenden Generationen wichtig ist. Braunau als Geburtsstadt von Adolf Hitler, aber auch als Grenzstadt zwi­schen Österreich und Deutschland ist in diesem Zusammenhang natürlich immer sehr stark im Fokus gestanden, und man war sich seiner Bedeutung immer bewusst. Gera­de der Altbürgermeister Gerhard Skiba hat immer sehr aktive Gedenk- und Erinne­rungsarbeit geleistet und dadurch große Verdienste erworben.

Braunau selbst hat eigentlich in der Geschichte keine große NSDAP-Vergangenheit. Während in anderen Regionen oder Städten die NSDAP in den 30er-Jahren schon Wahl­ergebnisse um die 20, 30, 40 Prozent hatte, waren es in Braunau weniger als 10 Pro­zent. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Unabhängig davon, wie häufig und intensiv dieses Haus Vorstadt 15 von rechtsextre­men Kreisen oder von Neonazis als Pilgerstätte besucht wird, muss es in Zukunft da­rum gehen, dass man dieses Haus entmystifiziert und es sinnvoll nutzt. Dass das not­wendig ist, hat erst gestern die Verurteilung eines 27-jährigen Innviertlers gezeigt, der wegen einer rechtsextremen Straftat im Umfeld dieses Hauses zu 15 Monaten beding­ter Haftstrafe verurteilt worden ist.

Uns muss klar sein, dass diese Enteignung und auch eine neue Nutzung des Hauses die Probleme mit rechtsextremen Netzwerken im Innviertel, im restlichen Oberöster­reich oder auch grenzüberschreitend in Bayern nicht lösen wird. Gegen diese Umtriebe braucht es ein konsequentes Vorgehen und eine scharfe Linie der Strafbehörden.

Ich glaube, diese Enteignung ist ein wichtiger symbolischer Schritt, durch den wir dann als öffentliche Hand Gestaltungshoheit haben. Mein Vorredner hat es schon angespro­chen: Jahrelang wurde mit der Besitzerin intensiv über andere Möglichkeiten verhan­delt. Die Besitzerin wollte aber aus dem Besitz dieser Liegenschaft – weil öffentliches Interesse daran besteht – auch noch Kapital schlagen und hohe Preise oder Mieten ver­langen. Das war und ist nicht mehr länger vertretbar.

Mit der vorgesehenen Enteignung haben wir jetzt die Möglichkeit, die Liegenschaft po­sitiv zu nutzen und einen Kontrapunkt zur historischen Bedeutung zu setzen. Ich glau­be aber, dass es wichtig ist, bei der Nachnutzung die handelnden Personen vor Ort, die Stadt Braunau, die Sozialorganisationen und die gesamte Region und die Bevölke­rung breit und gut einzubinden, denn letztlich muss diese positive Nutzung auch vor Ort breit getragen sein. – Wir stimmen dieser Enteignung natürlich zu. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

16.18


Vizepräsident Mag. Ernst Gödl: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mühl­werth. – Bitte.

 


16.18.36

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Meine beiden Vorredner haben ja schon ausführlich erläutert, wo­rum es geht und warum hier eine allgemeine Zustimmung erfolgt.

Ich gebe zu, die FPÖ hat mit der Enteignung gewisse Probleme gehabt, aus dem ein­fachen Grund, weil wir als Freiheitliche Partei generell gegen Enteignungen und für Privateigentum sind. Soweit ich weiß, hat sich aber auch Kollege Rosenkranz aus dem Nationalrat den Akt genau angesehen, hat auch versucht, mit der Dame Kontakt auf­zunehmen, die aber war für niemanden erreichbar. Es ist daher nicht so – der Vorwurf stand im Raum –, dass das Innenministerium da zu wenig getan hätte, sondern ganz


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