BundesratStenographisches Protokoll863. Sitzung / Seite 166

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18.43.43

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir waren ja eigentlich eh schon mitten in der Diskussion – ich kann also jetzt dort fort­setzen, wo ich aufgehört habe.

Ich möchte schon sagen: Es ist nicht alles so toll, wie das jetzt dargestellt wird. In Wirk­lichkeit, sage ich Ihnen, ist das Bildungssystem – nicht von Ihnen, Frau Minister Ham­merschmid, dazu sind Sie noch viel zu neu im Amt, aber von Ihren Vorgängern – ein­fach an die Wand gefahren worden. Wir hatten und haben zum Teil noch immer ein ganz gutes System, aber da hängt es dann schon sehr von der Schule ab und nicht so sehr vom System im Allgemeinen.

Begonnen hat diese Geschichte, als man in den Siebzigerjahren unter SPÖ-Ministerin Hertha Firnberg beschlossen hat, Matura müsse es für alle geben – ohne zu berück­sichtigen, dass es eben nicht alle schaffen können. Nicht alle sind nämlich gleich be­gabt, nicht alle sind gleich lernbegabt, aber auch nicht alle sind lernwillig und lernfähig. Was war die Folge? – Man hat das Niveau senken müssen, um diesem Anspruch ge­recht werden zu können, und es ist natürlich immer weiter hinunter gegangen.

Dann hat man begonnen, darüber nachzudenken, dass die Kinder bildungsferner Schich­ten leider am Schulsystem scheitern, was ja heute auch schon angeklungen ist. Da möch­te ich an die Worte meiner Kollegin Rosa Ecker anknüpfen: Man fragt sich dann schon unwillkürlich, wie frühere Generationen von Kindern, die keine Akademikereltern hat­ten, es trotzdem geschafft haben, wenigstens Lesen, Schreiben und Rechnen in einem ausreichenden Maße zu lernen und in ihrem Beruf tüchtig zu sein, ohne dass diese Seg­nungen des heutigen Bildungssystems über sie hereingebrochen sind.

Die sind zu dreißigst oder zu vierzigst in einer Klasse gesessen! Zugegeben, es war die Erziehung noch nicht so individualisiert, wie sie das heute ist, das darf man natürlich auch nicht vergessen, dennoch war das System eines, in dem man sehr gut und auch sehr nachhaltig gelernt hat. Das haben wir in der Zwischenzeit verloren.

Ich stehe nicht an, zu sagen, dass der Nationale Bildungsbericht wirklich gut gemacht ist, wie ich es im Ausschuss schon gesagt habe. Er ist unglaublich informativ, es ste­hen unglaublich tolle Sachen drin – nicht erst seit 2015, sondern seit es ihn gibt. Bei all diesen tollen Sachen, die wir jetzt auch schon seit zwanzig Jahren hören, frage ich mich jedoch, und ich frage vor allem Sie: Wann ist das jemals da im System angekom­men? – Wir haben 30 Prozent Risikoschüler, wir haben 25 Prozent Schüler, die nicht aus­reichend lesen und schreiben können – nach neun Schuljahren!

Das ist ein Wahnsinn, und das ist ja nicht erst seit gestern so – das ist alles Ihr hochge­lobtes System, das jeden individuell fördert und fordert, da dürfte das ja eigentlich über­haupt nicht passieren! Es passiert aber dennoch, die Schere zwischen Spitzenschülern und ganz schlechten Schülern geht immer weiter auf. Ihr Rezept dagegen, Ihr Allheil­mittel ist die Gesamtschule, und jetzt kommt noch die Ganztagsschule dazu – na toll!

Es kommen immer wieder die Beispiele Estland und Finnland und ich weiß nicht was. Das mit Finnland stimmt ja, wobei ich trotzdem behaupte, die sind Mittelmaß, wenn auch auf sehr hohem Niveau. Finnland will keine Eliten haben – verhindert die Elitenbildung, das sagen auch finnische Erziehungswissenschafter – und hat einen Ausländeranteil von 1,5 Prozent. Bei den Esten gibt es auch die Gesamtschule, die Ganztagsschule, ganz toll – der Ausländeranteil ist auch ungefähr so niedrig wie bei den Finnen. (Bundesmi­nisterin Hammerschmid: 25 Prozent!)

Dann nenne ich Ihnen zum Vergleich Schweden. Schweden hat das gleiche System wie Finnland, und wo ist Schweden? – Abgestürzt! Warum ist Schweden abgestürzt?


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