BundesratStenographisches Protokoll865. Sitzung / Seite 76

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Angesprochen wurde auch, dass es auf EU-Ebene ein klares Mandat für weitere Verhandlungen von Rückübernahmeabkommen gibt – das sind schon essenzielle Punkte –, bei den nordafrikanischen Staaten zum Beispiel mit Algerien, Marokko oder Tunesien, aber auch mit anderen Staaten wie Belarus, China oder Nigeria. Österreich hat die EU-Kommission wiederholt aufgefordert, diese Verhandlungen intensiv voran­zutreiben. Zusätzlich haben sich Afghanistan und die EU im Jahr 2016 in einer gemeinsamen Erklärung über den Joint Way Forward on Migration Issues geeinigt, in der für alle EU-Mitgliedstaaten auch die zwangsweise Rückführung afghanischer Staats­angehöriger vorgesehen ist.

Frau Kollegin Mühlwerth, angesichts dessen kann man nicht sagen, dass wir nicht in intensiven Verhandlungen stehen. Man ist auf EU-Ebene wirklich intensiv bemüht, Lösungen herbeizuführen – immer wieder auch aufgefordert von unserem Außen­minister, der diese Problematik bei jeder Gelegenheit entsprechend aufzeigt.

Auch die im Jahr 2016 vorgenommene Schließung der Westbalkanroute wurde seit dem Treffen der Staats- und Regierungschefs am 7. März 2016 wiederholt auf EU-Ebene bestätigt und bekräftigt. Es besteht Konsens auf EU-Ebene, diese Schließung beizubehalten. Hierbei hat sich Österreich – das wissen wir –, die österreichische Bundesregierung, aber auch unser Minister Sebastian Kurz, große Verdienste erworben. Das hat wesentlich zur Stabilisierung der öffentlichen Sicherheit und zur Stabilisierung des sozialen Friedens in Österreich beigetragen.

Nächster Punkt: OSZE. – Wir haben derzeit den Vorsitz bei der OSZE inne. In Hamburg wurden ganz klar die weiteren Ziele festgelegt. Österreich wird diesen Vorsitz bis Ende des Jahres innehaben, und wir werden in der ersten Dezemberwoche auch eine große OSZE-Konferenz in Wien abhalten. Es geht klar um Prioritäten: Ent­schärfung von Konflikten im Kampf gegen Radikalisierung, Wiederherstellung von Vertrauen – auch ein essenzieller Punkt –, und das ist auch eine Herausforderung für die österreichische Vorsitzführung.

Abschließend zur Türkei: Die Türkei wird im Bericht als Sonderfall bezeichnet. Das ist wirklich eine gelinde Bezeichnung. Die aktuellen Ereignisse erfordern auch ein Um­denken in der Frage des türkischen Beitritts zur EU. Unser Minister hat es so formu­liert: Ein EU-Beitritt dieser Türkei ist undenkbar! Und er befürwortet einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen.

Was sich inzwischen täglich an weiteren Eskalationen im Zuge der Volksabstimmung zur Einführung eines präsidialen Systems – ich möchte es jetzt einmal so bezeichnen –, sprich autoritären sunnitischen Gottesstaates, ereignet, ist unglaublich. Demokratische Systeme müssen sich als Nazis und Faschisten beschimpfen lassen. Das Tüpfelchen auf dem i ist die heutige Aussage von Außenminister Cavusoglu, der einen Teil der Flüchtlingsvereinbarung aufgekündigt hat. – Unglaublich!

Der AKP-Wahlkampf und die damit verbundene türkische Innenpolitik sollen in die mitteleuropäischen Staaten getragen werden. Wir wollen das nicht und wir brauchen das auch nicht! Wir sind keine Nazis und wir sind keine Faschisten! Wir bieten keinen Terroristen Schutz. Österreich ist ein Rechtsstaat, achtet die Menschenrechte und hat nicht Hunderte kritische Journalisten weggesperrt. Österreich hat nicht Tausende Men­schen verhaftet, die ohne faires Verfahren eingesperrt wurden. Und Österreich hat nicht mehr als 100 000 Beamte entlassen, die angeblich – angeblich! – einer anderen Gesinnung zugehörig sind.

Auch was die Doppelstaatsbürgerschaft betrifft – Frau Kollegin Mühlwerth, da kann ich deinen Argumenten folgen (Bundesrätin Mühlwerth: Aber auch jetzt erst!) –, sind wir dagegen. Wenn jemand die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hat, gibt es ganz klare Rechte und Pflichten. Jeder weiß, wenn er die österreichische Staats­bürger-


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