BundesratStenographisches Protokoll865. Sitzung / Seite 83

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wahrscheinlich Asyl beziehungsweise einen Asylstatus bekommen oder hätten bekom­men sollen, und jenen, die sich einfach aus wirtschaftlichen Gründen auf den Weg gemacht haben, um hier ein besseres Leben zu haben.

Nun kann man es dem Einzelnen nicht verdenken, dass er ein besseres Leben haben will, aber wir können nicht die ganze Welt retten (Bundesrätin Kurz: Das wollen wir eh nicht!) und all die Milliarden Menschen, denen es nicht gut geht, nach Europa holen, um sie dann bestmöglich zu versorgen. Das wird nicht funktionieren, denn sonst schauen wir am Ende genauso aus wie jene Länder, aus denen sie gekommen sind.

Zu Estland: Gerade Estland war jenes Land, wo man gesagt hat, man nimmt durchaus Flüchtlinge auf. – Nun ist Estland ja nicht gerade ein großes Land, aber es wollte 550 Flüchtlinge nehmen. Und wie viele sind gekommen? – Gezählte sieben. Sieben! (Bundesrätin Kurz: 150! Neue Statistik, gerade hereingekommen!) – Ja, okay, jetzt gerade. Gut, wir können uns jetzt natürlich im Minutentakt ausrichten, wie viele kommen, Tatsache ist aber, dass 2015, als diese Migrationswelle da war, die Leute nicht nach Estland wollten. (Bundesrätin Kurz: 225 sind 2015 gekommen!) Sie wollten nach Deutschland, in die skandinavischen Länder, und ein paar wollten auch in Österreich bleiben, aber es war nicht so, dass Osteuropa für sie das Tor zum Ort der Sehnsucht war. Das stimmt ja nun wirklich nicht! (Bundesrätin Kurz: Das ist ja auch logisch!)

Seit damals hat man erkannt – auch die EU hat das mittlerweile erkannt –, dass das mit dem Durchwinken vielleicht die falsche Lösung war, weil das die Staaten vor große Herausforderungen stellt. Wir wissen doch in Österreich, wie es mit jenen ist, die schon seit 20 Jahren hier leben und noch nicht integriert sind. Und nun wollen wir Tausende einfach so integrieren, weil das jetzt eine Geschichte ist, die so ohne Weiteres geht?! – Das glauben Sie ja wohl selbst nicht, es sei denn, man kann sich vom Wolken­kuckucksheim überhaupt nicht mehr lösen, dann glaubt man natürlich an alles Gute und glaubt, alles ist möglich, nur weil man sich das wünscht.

Schon seit damals, aber durch den Brexit natürlich noch verstärkt und verschärft, ist ja die EU in einer veritablen Krise und sollte und müsste sich eigentlich neu erfinden. Mittlerweile haben auch schon einige EU-Leute erkannt, dass das nötig ist – Juncker hat ein 5-Punkte-Programm vorgestellt, wie es künftig mit der EU weitergehen könnte –, die Frage ist nur, wann das passieren wird und wann man sich ernsthaft damit aus­einandersetzen wird. Die Probleme sind ja mannigfaltig, und wenn nicht bald etwas passiert, dann gibt es andere Leute als mich, die sagen, dass es die EU in einigen Jahren überhaupt nicht mehr geben wird.

Das Wichtigste für die EU wäre auf jeden Fall einmal, dass sie für ihre Grenzsicherung sorgt. Sie muss ihre Außengrenzen schützen, so wie wir unsere Grenzen schützen müssen, wenn das nicht funktioniert. Der Landeshauptmann von Tirol, Günther Platter, hat es ja heute gesagt: Wenn die EU das nicht kann, dann muss eben auch die Brennergrenze eine Schutzgrenze sein, dann müssen wir das eben innerstaatlich machen! Die EU und alle, die so stolz auf dieses Projekt sind und sagen, wie gut die EU nicht sei, sollten halt auch daran denken, dass die EU Aufgaben zu erfüllen hat.

Sie hat auch die Aufgabe zu erfüllen, dafür zu sorgen, dass diese Flüchtlingsströme nicht maßlos sind und nicht ziellos sind, und vor allem, dass man weiß, wer kommt, warum er kommt und wo er bleibt, wenn dann sein Asylverfahren läuft. – Es laufen ja Tausende herum, von denen niemand weiß, wo sie untergetaucht sind. Die sind einfach abgetaucht, und niemand weiß, wo sie sind.

Das, was die EU hervorragend gemacht hat – das sage ich jetzt aber ironisch –, ist, entgegen allen Regeln eine Schuldenunion aufzubauen. Das hat mit den Schulden von Griechenland begonnen. Die EU hat sich zwar als Regel selbst verordnet, keine Schul-


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